Nr. 277. 29. Jahrgang.1. AcilM Ks, Amiirls" Mim Miisiilnlt.Pitt»««, 27. NoomStt 1912.Reichstag.70. Sitzung. Dienstag, den 26. Novembernachmittags 2 Uhr.Am BundeSratStisch: Niemand.Vizepräsident Dr. Paasche heißt die Abgeordneten herzlich will-rommeu und gedenkt der in den Ferien verstorbenen AbgeordnetenBach meier(Bauernbund>, v. Normann(k.), Dr. Willig.),Förster(Soz.). Zu Ehren des Andenkens der Verstorbenen er-heben sich die Abgeordneten von den Sitzen. Der B izepräsident ge-denkt ferner des verstorbenen Präsidenten des preußischen Abgeord-uetenhauses Frhrn. v. Erffa, des Hamburger Ersten Bürger-meisters Dr. B u r ch a r d t, des früheren Staatssekretärs Frhrn.Marschall v. Biber st ein, des Erbauers des ReickstagsW a I l o t sowie des Unglücks, das sich am 8. August auf der ZecheLothringen ereignet hat und bringt das Beileid des Hausesmit den Hinterbliebenen der verunglückten Bergleute zum Ausdruck.Hierauf tritt das Haus in die Tagesordnung ein.Petitionen.Eine Petition betr. reichsgesetzliche Regelung desIrren wesenS und durchgreifenden Schutz gegen unbegründeteEinsperrung in staatliche oder private Irrenanstaltenbeantragt die Kommission, dem Reichskanzler als Materialzu überweisen.Abg. Dr. Gerlach<Z.) verliest eine längere Rede, die auf derTribüne gänzlich unverständlich bleibt.Abg. Dombeck(Pole) betont im Hinblick auf einen speziellen Falldie Notwendigkeit, die Regreßpflicht dessen festzulegen, der jemandunrechtmäßig in eine Irrenanstalt interniert hat.Abg. Dr. Struve(Vp.): Das Jrrcnwesen ist bei uns somusterhaft geregelt wie in keinem anderen Staate.(Wider-spruch.) Wenn man freilich wie der Berichterstatter auf dem harm-losen Standpunkt steht, daß niemand gegen, seinen Willen in eineIrrenanstalt gebracht werden dürfe, ist man wohl in die Materienoch nicht genügend eingedrungen. Dem Kommissionsantrag stimmenwir zu.Abg. Bassermann(natl.): Im Volke ist jedenfalls die Meinungderbreitet, daß die nötigen gesetzlichen Garantien gegen die fahr-lässige Behandlung solcher Fälle nicht gegeben sind. Auchwir stimmen dem Kommissionsantrage zu.Der Kommissionsantrag wird angenommen. Petitionengegen die Einführung einer gesetzlichen Regelung der Sonntags-und Nachtruhe im Binnen schiffahrtsgewerbe beantragtdie Kommisston als Material zu überweisen.Von den Sozialdemokraten und dem Zentrum liegenAnträge auf Uebergang zur Tagesordnung vor.Abg. Schumann(Soz.):Wir beantragen, über die Petition zur Tagesordnung überzu-gehen. Die Petition wendet sich gegen jede gesetzlicheRegelung der Sonntagsruhe in der Binnenschiffahrt,weil eine einheitliche Regelung der Arbeitsverhältnisse in derBinnenschiffahrt nicht möglich ist. Das ist aber keineswegs der Fall,wie durch inanche Tarifverträge erwiesen ist. Der Zentralverein fürBinnenschiffahrt verschweigt, daß nicht weniger als 21 Arbeit-geberorganisationen sich für eine gesetzlicheRegelung der Sonntags- und Nachtruhe rn derBinnenschiffahrt ausgesprochen haben. Der Zentralverein fürBinnenschiffahrt wendet sich gegen alle Freunde der gesetzlichenRegelung der Sonntags- und Nachtruhe, die er unter den geist-lichen, den Kathedersozialisten und unter den Beamten findet, undbehauptet weiter, daß die Notwendigkeit der gesetzlichen Regelungweder durch die Verhandlungen des Beirats für Ärbeiterstatistik nochdurch das Gutachten des ReichSgefundheilSanrts erwiesen sei. Dabeifiat der Beirat Arbeitszeiten nicht nur von 18 und 24 Stunden.ondern selbst von36 und 40 Stunden ununterbrochen hinter einanderfestgestellt.'Das Gutachten des ReichsgesundheirsamtS hat eS denHerren vom Zentralverein besonders angetan, sie nennen seineSchlußfolgerungen unrichtig, wenig zuverlässig, vollständig ab-wegig und falsch.(Hört I hört l) Dabei schreien die Mißständespeziell in der Flößerei zum Himmel. Aber die Herrenvom Zentralverein haben nichts von dem humanen Geistder Zeit in sich aufgenommen, sie kennen nur das eine Ziel: rück-sichtSlose Vertretung ihrer Un tern e h m erint er-kleines f cuilleton.Kinderspiele. Im Schöneberger Stadtpark habe ich zwei Freunde,Fritz und Kurt. Zwei prachtvolle Bengel. keck und vorlaut und tapferund hochgemut wie Göltersöhne und voller Einfälle und Schnurren.So wie meine beiden Freunde sind alle Jungen, die ich kenne, undverzweifelt frage ich mich, wo kommen nur alle die mürrischen, zu-geknöpften und verärgerten Männer her? Fritzchens Papa ist Schau-fpieler und Kurtchen seiner Kunstmaler, das weiß ich seit dem erstenTage unserer Belamitschaft.Unlängst hat Fritz ein kleines Brett mitgebracht; darauf klebenseine Wassersarben und er ist eifrig bemüht, sie zu einein mißfarbigenBrei zusammenzuschmieren.„Was machst Du da", fragt Kurtchenneugierig, und Fritz antwortet bedächtig:.Ich werde Kunstmalerwie Dein Vater."„Hab' ich auch wollen." sagt Kurt wichtig.„Da hättest Du denRadau hören sollen. Raußgeschmissen hat mich mein Vater und ge-brüllt: Kunsthändler wirste und nich Maler."Fritzcken reißt die Augen auf:„Kunsthändler? So einer, dervi« Nahmen macht und das Glas und die Bilder im Fenster hat?"„Quatsch", sagt Kurt überlegen.„Das kennste nich. Woll'n waspielen? Ich bin Kunsthändler und Du Maler und Du brauchstnichts weiter zu sagen als: Ich heiße Lembcke und ich maleLembcke." Und schon wirst sich Kurtchen in die Brust und schreit:„Was ist daS für ein Mist, den Sie da malen. Das kann ich nicht�"�Srchchen:„Ich heiße Lembcke und ich male Lembcke."„Pfannkoch foll'n se malen, Hab ich gefacht", ruft Kurt ganzwütend..... �„..Liebermann zieht nich mehr und Lembcke is Mist."(Heiliger Vincent van Gogh, wie gebildet die Jugend vonheute ist i)„ Fritzcken stammelte wieder:„Ich heiße Lembcke und ich maleLembcke.-- und Kurl sckrelt:„Psannkoch soll'n Se malen, sonst ises mit dem Votickuß Eisig."......Da sieht er einen Freund und springt davon. Nach einer Weilekommt er wieder und fängt an zu drllamteren und fuchtelt mit denArmen und«ckließlich seufzt er mit glühenden Wangen:„Schau-spieler möchte uzz werden, wie oei» Vater."„Ach", sagt Fritzcken weinerlich,„da hat Vater Krach gemacht,wie lck das sagte. Tbeaterdirektor wirste werden, sonst kriegste Keile;da kairnste Auto fahren und der Mama Bouiongs kaufen, so hat ergesagt-"„Spielen wir Theaterdirektor", ruft Kurt begeistert.„Kann ich nicht." zuckt Fritzchen die Achseln.„Weißte, dannkommt Vater im», er ngch Hause und sagt: Nu ist er wieder pleite.Und wenn die Mama fragt: Wer denn? Dan» brüllt er: DerDirektor. Und dann muß Bater auf die Polizei und wenn er zurück-kommt, dann sagt er: Nu haben wir'neu neuen Direktor, aber aufTeilung. Und beim Essen schiebt Bater die Teller weg und sagt:Schlangenfraß, und die Mama heult dann." I- L. W.essen. Demgegenüber haben die Arbeiter am 10. und 11. Na-vember auf ihrer Tagung in Hamburg ihre Forderungen aufgestellt,die auf eine achtstündige Nachtruhe gerichtet sind, sowie aufeine vollständige Sonntagsruhe in der Schlepp-und Güterschisfahrt; in der Personenschiffahrt wird verlangt.daß jeder dritte Sonntag frei ist und daß in denübrigen Wochen dafür ein Wochentag frei ist. Vor allem istauch eine reichsgesetztiche Regelung des Bemannungswesens not-wendig, das in engem Zusammenhang mit der Sonntags- und Nacht-ruhe steht. Hoffentlich findet sich im Reichstage keine Majorität fürUeberweisung der Petition als Material. Am 21. November hat inKoblenz eine Konferenz von Interessenten für die Rhein-schiffahrt stattgefunden, wo auch der Regierungsvertreter füreine allgemeine Nachtruhe der Binnenschiffer eintrat, freilich nurfür eine sieben stündige, während die Arbeiterorganisationenbereits eine achtstündige errungen und in 17 Tarifverträgenfestgelegt haben. Eine Sonntagsruhe schlug der Regierungs-Vertreter einmal im Monat und außerdem am erstenFeiertag der drei hohen Feste und am Karfreitag vor. Das genügtkeineswegs. Wir verlangen also gesetzliche Regelung der Sonntags-und Nachtruhe der Binnenschiffer und beantragen deshalb über diePetition zur Tagesordnung überzugehen.(Bravo I bei den Sozial-demokraten.)Abg. Dr. Dahlem(Z.): Der Reichs taj) hat sich mit der Frageder Sonntags- und Nachtruhe bereits beschäftigt und seine Meinungzum Ausdruck gebracht; deshalb ist eine Ueberweisung der Petitionals Material unnötig, sondern wir können über sie zurTagesordnung übergehen. Die Vorschläge, welche das Reichs-amt des Innern aus der vom Vorredner erwähnten KoblenzerTagung gemacht hat, genügen nicht, auch die Binnenschiffer babendas Recht, den Sonntag als gesetzlichen Ruhetag zu genießen.(Sehrrichtig! im Zentrum.)Abg. Baffermarn»(natl.): Die Angriffe des sozialdemokratischenRedners auf den Zentralverein für Binnenschiffahrt waren nicht be-rechtigt. Für eine gesetzliche Regelung der Materie sind auch wir,aber die Schwierigleiten, die in der Verschiedenartigkeit der Ver-Hältnisse liegen, verkennen wir nicht. Da aber genügend Materialzu dieser Frage den Regierungen vorliegt, werden auch wir fürUebergang zur Tagesordnung stimmen.Abg. Dr. Burckhardt(Wirtsch. Vg.): Wir haben bereits frühereinmal Uebergang zur Tagesordnung über ähnliche Petitionen be-schlössen und werden heute hinter diesem Beschluß nicht zurückbleiben.Abg. Gothei»<Vp.>: Eine einheitliche Regelung dieser Materieist äußerst schwierig. Die Vorschriften für den Rhein würden nichtpaffen für die Ströme im Osten. Häufig liegt für den kleinenSchiffer, der Ladung genommen hat, die unbedingte Notwendigkeitvor, auch des Nachts weiter zu fahren. Im vorigen Jahre habendie Leute auf den Schiffen vier Monate lang nicht nur Sonntags-und Nachtruhe, sondern auch Wochentagsruhe gehabt. Dazu kommt,daß besser als durch eine zu weit gehende gesetzliche Reglementierungsolche Dinge durch Tarifverträge geregelt werden, wie das imBinnenschiffahrtsgewerbe vielfach geschehen ist. Die beste Lösungwären durchgängige Tarifverträge im Binnenschiffahrtsgewerbe. Er-folgt eine gesetzliche Regelung, so müßten jedenfalls verschiedeneAusfübrungSbestimmungen für die verschiedenen Ströme möglich sein;sonst würden die Arbeiter selbst am meisten geschädigt werden.Abg. Frhr. v. Gamp(Rp.): Ich kann dem Borredner, was jaselten vorkommt, durchaus zustimmen. Nach dem Verlauf derDebatte verstehe ich nicht, wie der Beschluß der Kommission hat zu-stände kommen können. Ich werde auch für den Uebergangzur Tagesordnung stimmen, da ich darin nicht die Zu-stimmung zur Förderung einer allgemein gleichmäßigen Sonntags-und Nachtruhe im ganzen Binnenschiffahrtsgewerbe erblicke.Abg. Molkenbuhr(Soz.):Die Frage hat den Reichstag schon seit Jahrzehntenbeschäftigt. Bereits am 7. Mai 18gS hat er in einerResolution den Reichskanzler ersucht, in der Kommission fürÄrbeiterstatistik auch Erhebungen über die Sonntagsarbeit in derBinnenschiffahrt und in Reedereibetrieben anstellen zu lassen. In derKommission wurde damals darauf hingewtesen, daß solche Er-Hebungen schon zehn Jahre vorher vorgenommen worden seien. DieKommission kam dann auf Grund ihrer Erörterungen dazu, die Er-Hebungen aus die tägliche Arbeitszeit in der Binnenschiffahrt auszu-dehnen, die zum Teil übermäßig lang ist. Durch eine solcheübermäßig lange Arbeitszeit wird nicht nur der betreffende Schiffer inseiner Gesundheit geschädigt, sondern wenn der Führer einesDampfers einschlaft, bedeutet das auch eine Gefahr für dieübrige Schiffahrt.— Die von Herrn Gothein erwähnte wochenlangeDie Freuden des Zwischenaktes. Im Pariser Theaterleben solleine Neuerung eingeführt werden, die über die gähnende Leereund Langweiligkeit des Zwischenaktes hinweghilft. Diese Pausen,die ja immer länger werden, sind mit der Zeit zu einer gefahr-vollen Klippe des Theaterbesuches geworden. Es sollen jetzt wäh-rend der Zwischenakte mit Hilfe des Lichtbildes den ZuschauernRätsel, Rebusfe und Scherzfragen aufgegeben werden; für diebesten Lösungen werden kleine Preise ausgesetzt. Es gab eine Zeit,da die Zwischenakte einen wesentlichen und nicht den unwichtigstenTeil des Theaterabends bildeten, da das Schauspiel vor der Bühnedie Gesellschaft mehr anzog, als das Spiel auf der Bühne. Ausdieser Blütezeit der Pause erzählen uns die Romane Balzacs, dieAufzeichnungen Stendhals; es war die Epoche, da die Theaterlogezum Rendezvous der„großen Welt" geworden war, da sich diegroßen Damen und die Dandys am sichtbarsten und doch am un-auffälligsten in den Rängen der Theater trafen, da die elegantenWunder und die intereffanten Intrigen der höchsten Kreise ihreLieblingsszcne vor den weltbedeutendcn Brettern aufgeschlagenhatten. In der Zeit des zweiten Kaiserreiches kannten sich nochalle, die„dazu gehörten". Die Besuche in den Logen, die Plaude-reien im Foyer hatten einen uns heute unbekannten Reiz. Frei-lich vor und nach dieser klassischen Periode des Zwischenaktes hatman sich auch schon, über seine Ausfüllung den Kopf zerbrochen. Diegute alte Zeit kannte da die beliebte„Zwischenaktsmusik", die inden Tagen Goethes und Schillers, wie in denen der Romantik ihreoft recht wcfcig passenden Weisen in den Ernst der Tragödienhineinklingen ließ. In neuester Zeit hat man diese musikalischeUnterhaltung im Foyer wieder aufleben lassen, wenngleich sie ausdem Bühnenraum verbannt blieb. Von einigen kuriosen Ideen,die Freuden des Zwischenaktes zu erhöhen, plaudert Paul Ginistyim„Journal des Debats". Beaumarchais träumte davon, wäh-rend der Pausen das alltägliche Milieu des Stückes weiterspielenzu lassen, um die Zuschauer in der Stimmung zu erhalten. ImZwischenakt sollten die Dienstboten auftreten und das Haus rci-nigen, in dem sich das Stück abspielte, die Uhren sollten gestelltwerden usw.(Aehnliches hat Reinhardt in einigen seiner Shake-spearcaufführungen versucht.) Findige Theaterdirektoren ver-anstalteten Gemäldeausstellungen im Foyer oder richteten Lesesäleein. Aber-s hat sich noch immer bish-r gezeigt, daß sich derTheaterbesucher gegen solche doppelten Genüsse gesträubt hat.Der Gesangverein„Kreuzberger Harmonie" gab inseinem Konzert in der Brauerei Friedrichshain Gelegenheit zuinteressanten Beobacktrnigen über Technik des Männerckorgesanges.Die ungefähr 110 Herren haben es unter Leitung ibreS ChormeistersFranz Bothe mit ersichtlich viel Aufwand von Proben zu einemim ganzen sorgfältig abgetönten Vortrag gebracht und erfreuen auchdurch deutliche Aussprache. Das nicht geringe Material der Stimmenwürde durch einige Vorsichten wohl noch besser zur Geltung konimen.Vor allem empfiehlt es sich, die Tenöre nicht so zu forcieren, wie eshier geschieht— beispielsweise in dem von U t h m a n n komponiertennorltzegischen Lied, dessen Vortrag ohnehin etwas zu sehr auf gleich-Ruhe nützt den Schiffern nichts, denn sie können doch nicht gewisser-maßen durch einen langen Winterschlaf ihr Ruhebedur f n« Sfür die übrige Zeit decken(Heiterkeit), sondern muffentäglich einmal schlafe». Fährt kein Schiff, so müssen dre Leute ebenandere Arbeit suchen. Vielfach kommt es vor, daß die Leute desNachts fahren und am Tage löschen und laden. Auf Grund derGewerbeordnung ist hiergegen nicht vorzugehen, da sie nur sur �Ze-triebe mit über zehn Angestellten in Betracht kommt. Die Unter-nehmer haben in ihrem Blatt für den Fall einer re i cks g e setz l i chenRegelung der Sonntags- und Nachtruhe in der Binnenschlssahrtbereits mit dem allerradikalsten Mittel der Syndikalisten, mit demGeneralstreik gedroht. Wir halten ein Eingreifen der Ge,ctz-gebung für notwendig, damit den Arbeitern in der Binnenschiffahrtwenigstens ein Mindestmaß von Ruhe gewährleistet wird. Wenndurch Tarifverträge teilweise mehr erreicht werden kann, werden wirdas natürlich begrüßen. Die Gesetzgebung sollte sobald wie möglicheingreifen, nachdem die Frage bereits jahrzehntelang geprüft wordenist.(Bravo I bei den Sozialdemokraten.)Damit schließt die Debatte.., �.Abg. Schwartz-Lübeck(Soz.) als Berichterstatter stellt fest, daßdie Sozialdemokraten bereits in der Koinmission den Antragauf Uebergang zur Tagesordnung gestellt haben.Der Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung wird an»g e n o m ni e n..„„,,.Eine Petition betr. Aenderung der Bestimmungen der Zivil»Prozeßordnung über den Offenbarungseid beantragtdie Kominission zur Kenntnisilahme zu überweisen.Abg. Dr. Bell(Z.): Es stehen keineswegs immer reiche Gläubigerarmen Schuldnern gegenüber, sondern oft liegen die Dinge geradeumgekehrt. Die Petition richtet sich gegen die Sorte vonSchuldnern, die nach dem Spruche handeln: Man manifestiert sich sodurch. ES handelt sich darum, den ehrlichen Erwcrbsstand, den gut-gläubigen Gläubiger gegen den gewissenlosen Schuldner zu schützen.Man sollte eine Statistik der Offenbarungseide aufnehmen; manwürde dann ihre erschreckende Zunahme feststellen können. Die Be-stimmungen der Zivilprozeßordnung über den Offenbarungseid sinddringend reformbedürftig.Abg. Giebel(Soz.):Wie will denn der Vorredner den vermeintlich gerissenen undbösartigen Schuldner von dem unterscheiden, der ehrlich bestrebt ist,seinen Verpflichtungen nachzukommen? Die in der Petition ge-forderten Verschärfungen sind reckt bedenklich, gerade auch fürden mittleren Erwerbsstand, dessen Angehörige sehr leicht in dieLage kommen können, den Offenbarungseid zu leisten. Die b e-rufsmäßigen Schieber wird man nicht treffen, die findenimmer Mittel und Wege, dem Gesetz ein Schnippchen zu schlagen;treffen wird man gerade die, die man schützen will, die An»gehörigen des Mittelstandes.(Beifall bei den Sozial-demokraten.)Die Petition wird zur Kenntnis genommen.Eine Petition auf Erweiterung des§ 1269 der Reichs ver»sicherungsocdnung beantragt die Kommission als Materialzu überweilen; die Abgg. A l b r e ch t und Genossen(Soz.) bean»tragen Ueberweisung zur Berücksichtigung.Abg. Hoch(Soz.):Den Versicherungsanstalten ist es überlassen, in solchen Fällen-wo eine drohende oder bestehende Invalidität durch ein Heil-verfahren beseitigt werden kann, dieses zu bewilligen oder zu ver-sagen. Die Petition wünscht, daß in solchen Fällen den Versiche«rungSanstalten die Pflicht auferlegt wird, das Heilverfahren zugewähren. Wir haben das schon bei der Beratung der R.-V.-O. be-antragt, sowie, daß auch den Invaliden Krankenpflege zuteilwerden solle. Alle Parteien des Reichstags erklärten das zwarfür notwendig, lehnten aber unseren Antrag in Rücksicht aus dieFinanzen des Reiches ab, doch sollte diese Verbesserung sehr baldnack Inkrafttreten der ReichSversickerung eingeführt werden. Zu demAntrag, daß wenigstens in den Fällen, wo durch das Heilverfahrendie Invalidität beseitigt, die Versicherungsanstalt entlastet werdenkann, sie zur Gewährung des Heilverfahrens verpflichtet sein soll,wurde von allen Parteien bemerkt, daß in einem solchen Falle daSHeilverfahren niemals verweigert werden würde.Die Praxis hat dieser Erwartung nicht recht gegeben. In einerganzen Reihe von Versicherungsanstalten wird anch in solchenFällen das Heilverfahren verweigert. Wird die Petitionnur als Material überwiesen, so bedeutet das, daß der Reichstageine Stellungnahme verweigert. Aber nach der Art, wie alleParteien bei der Beratung der Reichsversicherungsordnung Stellungmäßige Vehemenz eingestellt war. Sodann geht es ivohl auf daSBestreben, den einzelnen Ton sorgsam auszuschöpfen zurück, daß oft etloaSzaghaft eingesetzt und erst kurz nach dem Einsetzen der Höhepunkt desToneS angestrebt wird. Dadurch entsteht etwas Schleppendes undSentimentales, wie denn überhaupt das ganze Konzert einschließlichder übrigen Darbietungen einigermaßen unter dein Zeichen desSchwerfälligen stand. Eine Abhilfe dagegen würde wohl sckon dasStreben nach stärkeren und abwechselungsreicheren Akzenten sein.Die Auswahl der Chöre bot nichts Besonderes. Schubertund Schumann(dessen„Zigeunerleben" der Dirigent von derKlavierbegleitung aus leitete— ein schwierige? Kunststück!) sindnatürlich stets willkommen; ein Volkslied ebenso. Modernes wardurch den frühverstorbenen L. Thuille und etwa auch durch dennoch frisch wirksamen H. K a n n vertreten. Anch A. R ü ck a u fmöchte man wegen mancher Lieblichkeiten nicht niedrig einschätzen.Sonst aber könnten ein Kitsch, wie„llntcr einem Schirm" vonUlrich und eine Uebertafclmusik wie„Die Ablösung" vonHutter, sodann die typischen, in Wiederholungen schwelgendenSchmachtstiicke doch wobl wegbleiben oder etwa in einem typischenBeispiel gebrachl werden, wenn man sich zu einer historischenReihung entschlösse.Das„Berliner Sinfonie-Orchester" unter derDirektion von M. Fischer scheint zu seinen Darbietungen— gleichneun an der Zahl! � eine etwas gebundene Marschronle gehabtzu haben; sonst würde es wohl kaum den Eroica-Trauermarsch, dermatt hingezogen wurde, und das Lohengrin-Vorspicl, zu dem dieAusgeglichenheit und auch schon die Klangmasse fehlte, gebracht undsich eher mehr an Stücke wie die hübsch gelungene Mignon-Ouvertüre gehalten haben.— Die Solistin Frau Anna Reicher-Feiten besitzt in ihrer Stimme, zumal in der unteren Partie.einen sympathischen sonoren Klang und bemüht sich auch nach guterAussprache._ es.Notizen.— Emil R o s e n o w s„Kater Lampe", hiese aus den Quellenechten Humors gespeiste und von warmem Volksempfinden getrageneKomödie, ist jetzt als besonderer Band bei Hermann Essig. Groß-Lichterfelde. dem Herausgeber der gesammelten Dramen, erschienen.— Beethoven— st a a t S g e f ä h r Ii ch. Wie ausC h e r s s o n in Rußland gemeldet wird, verbot der dorrige Gouver»neur eine Aufführung von Beethovens„Troila", weil iv in dieserSinfonie eine unpassende Verherrlichung Napoleons I. erblickte.(Derverrückte Napoleonsknltus, der neuerdings in der deutschen Belletristikgetrieben wird, ist zwar»ich! staats- aber gcincingcfährlich.)— Die tlrform des Weizens. Professor Aaran Aaran-söhn, Direktor der landwirtschaftlichen Versuchsstation in Palästina.teilt mit, daß er nach jahrelangen Forschungen die Urform dcSWeizens aufgefunden habe. Sie wächst in Palästina wild, durchKreuzung mit anderen Weizensorten hofft er eine Varietät zu ent-wickeln, die für Halbdürre Regionen von großem Wert sein würde,da der Urweizen an die Bodcnbeschaffenheit nur geringe An-forderungen stellt.