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unker Ausschluß der Oefsenllichkeit geführt werden, da sie rein ge- schäftlichen Charakter trage. Aus der Zugehörigkeit der Berlagsanstalt Kaufmann u. C i e. zum Buch­druckerverein könne kein Vorwurf gemacht wer- den. da ihm auch eine Reihe Parteidruckereicn angehörten. Der Buchdruckerverband sei nun der Meinung, ein in diesem Prinzipals- verein geschaffener Fonds solle bei Streiks gegen die Arbeiter ver- wandt werden. Um diese Frage zu regeln, sei für den 29. November eine Sitzung einberufen worden, an der sich Vorstand und Ausschuß des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine, die Generalkom- Mission und der Buchdruckerverband beteiligten sollen. In der Debatte über diese Erklärung bemerkte Fräßdorf-Dresden : Die Auffassung und die Maßregeln des Vorstandes seien nicht zu billigen. Die Genossenschaftstage müßten wie bisher öffentlich tagen. Soweit das nicht möglich sei, weil geschäftliche Fragen behandelt werden, müsse die Oeffent- lichkeit auf besonderen Beschlutz ausgeschlossen werden. Er st e l l t e denAntrag, dievolleOeffentlichkeitderVerhand- lungen herbeizuführen. Seiner Meinung nach habe die Berlagsanstalt im Buchdruckerverein nichts zu tun. F l e i tz n e r- Dresden: Die Presse hätte schon des- halb zugelassen werden müssen, weil ihre Be- richte für unsere Sache agitatorisch nützlich sind. Der Fräßdorfsche Antrag könne ja nun nicht die Wirkung haben, daß hier die Presse vertreten ist. Es solle aber durch seine An- nähme ausgesprochen werden, daß die Versammlung mit den Matz- regeln des Vorstandes nicht einverstanden ist. Man müsse zu- geben, daß demVorwärts" durch dies ganze Versahren die Mög- lichkeit gegeben wurde, den Artikel zu schreiben. In der weiteren Debatte suchte nur der Vorsitzende des Aus­schusses. von Elm- Hamburg , das Vorgehen des Vorstandes und Ausschusses in vollem Umfange zu rechtfertigen. Seine Ausfüh- rungen suchte er durch einige Stinkbomben gegen denVorwärts" schmackhafter zu machen. Er führte nach einem uns vorliegenden Bericht aus: Der Ausschuß habe sich dahin verständigt, daß die Genossen- schaststage öffentlich sein sollen. Nur wenn rein geschäftliche Dinge verhandelt würden, solle auf besonderen Beschluß die Oeffentlich- keit ausgeschlossen werden. Auch diesmal gelte dies alles schon, es sei nur davon abgesehen worden, Einladungen zu verschicken. Der Vorwräts" habe durchaus nicht objektiv berichtet. Es gebe eben gewisse Herren, die den Genossenschaftlern immer Knüppel zwischen die Beine werfen müßten. Wenn derVorwärts" sich bei Kauf- mann über die Sachlage erkundigt hätte, dann wäre ihm erklärt worden, daß sein Vertreter ohne weiteres Zutritt habe. Es müsse ober ein Unterschied zwischen Pressevertretern und Korrespondenz- burcaus gemacht werden, bei denen man nicht kontrollieren könne, wo ihre Berichte hingehen. Unter Freunden hätte man sich erst über die Ding« ausgesprochen, ehe mit Keulen zugeschlagen worden wäre. Aber derVorwärts" sei eben kein Freund der Genossen- schaften. (Der Genosse v. Elm hätte seine geschmacklosen Anwürfe, die ,n der geradezu albernen Behauptung gipfeln,derVorwärts" sei eben kein Freund der Genossenschaften" vielleicht sich erspart, wenn er sich nach dem Wortlaut des Briefes des Genossen Kauf- mann erkundigt hätte. Oder nimmt er an. Kaufmann habe die Unwahrheit gesagt und ist ihm unbekannt, daß Kirchners Korre- spondcnz eine sozialdemokratische ist?) Redner führte ferner auS: Es sei gar nichts zu verheimlichen. Wenn man das wolle, so sei das schon durch die große Zahl der »Teilnehmer verhindert, durch die schon die Ocfsentlichkeit gegeben sei. Die Buchdruckerangelegcnheit sei schon seit langem Zeit Gegenstand von Verhandlungen. Er sei durchaus der Mei- «ung, daß die Verlagsanstalt dem Prinzipalsver- ein im Arbcitcrinteressc angehören müsse. Möglichst viele arbeitcrfreundliche Betriebe sollten darin Mlljied sein, damit dem Streben der Scharfmacher, das Tarifwerk scheitern zu lassen, energisch entgegengetreten werden könne. Kaufmann l>abc im Ver- ein durchaus im gewerkschaftlichen Sinne gewirkt. Ohne ihn wäre vielleicht ein neuer Buchdruckcrtarif gar nicht zustande gekommen! Der Fonds solle keinen Kampfzwecken gegen die Arbeiter dienen. Er sei bisher auch nur zu gewerblichen Zwecken verwendet worden. DaSHamburger Echo" sei früher auch Mitglied des Vereins gewesen. Geschäftslcitung und Preßkoinmission seien auch heute noch der Meinung, daß die Zugehörigkeit zum Verein zu empfehlen sei. Nur mit Rücksicht auf die Stimmung in den Massen habe man die Mitgliedschaft aufgegeben.«DasHamburger Echo" bestreitet. daß die Firma Auer u. Co. jemals Mitglied eines Prinzipals- Vereins gewesen sei; worauf es allein für uns ankommt, ist: wie kann Kaufmann nach Einrichtung des Anti streik- f o n d s dem Vereine noch angehören.) Wenn es zu einem Kampfe mit den Buchdruckern komme, brauche die Firma Kaufmann nicht auf der Ilnternchmcrseitc mitzumachen. Sie sei durch keine Bc- schliissc irgendwie gebunden. Aber es kann bei künftigen Tarif- Verhandlungen möglicherweise von wenigen Stimmen abhängen, ob die Buchdrucker in den Streik getrieben werden oder nicht. Kommt dann ein Kampf, der Millionen kostet, dann könne man der Verlagsanstalt Vorwürfe darüber machen, daß sie dem Prinzi- palsvcrcin nicht angehört und für die Gchilfeninteressen gewirkt habe. v Von keinem Debatteredner wurden die Beschönigungen b. Elms über die Zugehörigkeit zum A n t i st r c i kv e r c i n ge- billigt. Sie werden wohl in allen gewerkschaftlichen Kreisen mit Kopfschütteln und Bedauern aufgenommen werden. Auch der Ausschluß der Oeffentlichkeit wurde von keinem dem Vorstand oder Ausschutz nicht zugehörigen Mitglied verteidigt. Nur St üh in er von der Berliner Verwaltung gab einer entgegengesetzten Ansicht Ausdruck. Nach dem uns zur Ver- fügung gestellten Bericht wendete er sich scharf gegen denVor- wärts". Der hätte sich leicht beim Zentralvorstand telephonisch über die Angelegenheit orientieren können. Man könne nicht un- bedingt ein Recht der Presse, an den Tagungen teilzunehmen, an- erkennen. Auch die Gewerkschaften tagten oftmals bei bestimmten Fragen unter Ausschluß der Oeffentlichkeit. DerVorwärts" hätte die Sachewieder einmal gehässig ausgenutzt". Auch in der Frage der Mitgliedschaft beim Buchdruckcrverein sei dies der Fall. Die Konsumvereine würden leider für all das verantwort- lich gemacht, was Kaufmann in Hamburg tue. Die Verlags- anstalt gehöre nicht in den Unternehmerverein. Sie könne dort bei Streiks und Aussperrungen an die arbeiterfeindlichen Beschlüsse gebunden werden. Wenn es gelte, unter den gewerkschaftlich und politisch organisierten Arbeitern zu agitieren, könne die Zuge- Hörigkeit zu diesem Verein den Genossenschaften viel schaden. Den Versuchen, den Vorstand und Ausschuß durch eine Eni- stellung des wirklichen Sachverhalts reinzuwaschen, trat I a n tz e n- Hainburg entgegen. Er konstatierte, daß das ganze Verfahren des Vorstandes den Ausschluß der Presse bedeute. Sie habe aber ein Recht, anwesend zu sein und mit ihrer bisherigen Arbeit könne man durchaus zufrieden sein. von Elm habe eine eigenartige Aushöhlungstheo- r i e verfochten, die sei aber längst überwunden. Es gehe keines- falls an. daß Betriebe der modernen Arbeiterbewegung einem sol- chen Prinzipalsverein angehören, namentlich wenn man dadurch einem Reptilienfonds beisteuern müsse, der zur Unter- stützung gelber und blauer Organisationen ver- lvandt werde. Darauf wurde ein Schlußantrag gestellt. Fleißner- Dresden sprach gegen ihn, da es unbedingt notwendigt sei, auf die von Elmschen Ausführungen zu antworten. Dennoch wurde Schluß gemacht. Im Schlußwort suchte Lorenz einen Unterschied zwischen der Zurückweisung privater fsozialdemolratischer) Korrespondenz- bureaus und der Zurückweisung der Presse zu konstatieren. Unter lebhafter Zustimmung erwiderte ihm F l e i tzn e r- Dresden: Wer die Verhältnisse in der Parteipresse kenne, wisse doch auch, daß ein- zelne Parteizeitungen diese Korrespondenzbureaus mit der Bericht- drstattung beauftragen. Weise man diese zurück, so schließe man damit auch die Presse aus. Lorenz erklärte dann, die Oeffentlichkeit sei jetzt herge st ellt, denn ein Berichterstatter desHamburger Echo" sei anwesend. Nach diesem Rückzug wurde der Antrag auf Herstellung der Oeffentlich- keit unter Heiterkeit zurückgenommen. Als erster Punkt der Tagesordnung wurde dann über die Statutenänderung beraten. Darüber referierte Kaufmann- Hamburg. Es soll ein Generalrat eingesetzt werden, der aus je 12 Vertretern jedes Revisionsverbandes und der Großeinkaufsgesellschast gebildet wer- dn soll. Von vornherein sollen zunächst die Vorstands- und die Aufsichtsratsmitglieder der Revisionsverbände in den Generalrat kommen und nur die dann noch fehlenden Delegierten sollen bc- sonders gewählt werden. Die Vertreter der Großein- kaufsgesellschaft soll der Aufsichtsrat wählen. Der Generalrat hat die Tagesordnung der Genossenschafts- tage festzusetzen und über die Anträge, die dort gestellt werden, zu beraten. Diese Anträge kommen aber erst auf die Tagesordnung, wenn sowohl Vorstand als Ausschuß und Generalrat das bc- schließen. Der Generalrat hat weiter Vorschläge zu Delegationen usw. zu machen und endgültig über alle inneren Angelegenheiten zu beschließen, über die nicht der Genossenschaftstag entscheidet. Wenn sich Vorsttmi und Ausschuß in einer Frage nicht einigen können, entscheidet der Generalrat. Der Vorstand besteht aus drei beamteten und vier ehrenamtlichen Mitgliedern. Weiter wird im neuen Statut bestimmt, daß Produktivgenossenschaften nicht mehr aufgenommen werden dürfen, es sei denn, daß sie mit Kon- sumvereinen organisch verbunden sind. Dadurch sollen die Kon- sumvereine von der angeblichen Ausnutzung durch ungerechtfertigte und leichtfertige Genossenschaftsgründungen geschützt werden. Schließlich soll eine Verlagsgesellschaft m. b. H. gegründet werden, die durch Leitung und Aufsichtsrat in Personalunion mit dem Zentralverband der Konsumvereine steht. Die übrigen Aende- rungen sind von geringer Bedeutung. In der Debatte werden eine Reihe Abänderungsvorschläge gemacht. Einige bezwecken, die einzelnenGenossen- schaften möglich st unabhängig von den Be» schlössen des Genossenschaftstages zu machen. Sie werden abgelehnt. Die Genossenschaften waren bisher in der Beschickung des Ge- nossenschaftstages durch Delegierte unbeschränkt. Jeder Verein hatte aber ohne Rücksicht auf seine Größe nur eine Stimme. Da- gegen«enden sich eine Reihe von Anträgen, die von Güttler- Berlin . Adam- Kiel und F l e i tz n e r- Dresden begründet wer- den. Auch der Vorstand hat einen Eventualantrag gestellt, wonach Vereine mit unter 1009 Mitgliedern einen Delegierten, bis zu AM Mitgliedern zwei, 10 009 drei, 30 000 vier, 100 000 fünf und über IY0000 sechs Delegierte senden können. Alle diese An- träge w e r d e n a b e r a b g e l e h n t. da die Dreiviertelmehrheit nicht erzielt wird. Gegen die Art, in der die Delegierten zum Generalrat bestimmt wurden, wendet sich ein Antrag von Dresden , der eine demokratischere Regelung vorsieht. Er wird als dem Organisationssystem des Verbandes widersprechend abgelehnt. Dasselbe Schicksal hat ein Antrag Kiel , der verlangt, folgende Bestimmung aufzuheben: Beschlüsse des Generalrats, die von den Entschließungen des Borstandes und Ausschusses abweichen, bedürfen der Zustimmung dieser beiden Körperschaften." Das bleibt bestehen, obwohl Adam- Kiel meint, damit werde dem Generalrat jede selbständige Wirksamkeit genommen: Der Gcneralrat absolut, wenn er dem Vorstand den Willen tut i Die Borstandswahl ergibt die Wahl von Lorenz, Barth, Rade stock, Lieb- mann, Kaufmann. Dr. lWüller und B ä st l e i n durch Zuruf. Darauf erfolgt in geheimer Sitzung di» Gründung der Berlagsgesellschaft deutscher Konsumvereine m. b. H. Ihr Kapital soll 2 Millionen Mark betragen. 040 Vereine haben davon bereits 1923 000 Mark gezeichnet. *« * Die Vorgänge auf diesem nach vielen Richtungen hinaußer- ordentlichen" Genossenslhaftstag zeigen, wie dringend erforderlich eine tätigere Beteiligung unserer politisch und gewerkschaftlich organisierten Genoffen auch an den Verwaltungsangelegenheiten ist, damit die Genossenschaftsbewegung nicht denselben Charakter er- hält, wie jene, deren Vorgehen zu der Spaltung in Kreuznach führte. Die Genossenschaften müssen mit sozialistischem Geist er- füllt werden, um ein wirksames Hilfsmittel im politischen und gelverkschaftlichcn Kampf der Arbeiterklasse zu werden. Sie können es, Iveil die übergroße Anzahl der Genossenschaftsmitglieder aus politisch und gewerkschaftlich organisierten Genossen besteht. Die österreichische Genossenschaftsbewegung geht Hand in Hand mit den politischen und gewerkschaftlichen Organisationen der Arbeiter. Eine Mißachtung der gewerkschaftlichen und demokratischen Auf- fassungen der Genossen, wie sie leider einflußreiche Genossenschafts- Mitglieder auf diesem Genossenschaftstag deutlich zum Ausdruck ge- bracht haben, findet dort keine Stätte mehr. )?iis Induftrie und ftandel. Balkankrieg und Sparkassen. Durch die bedrohliche politische Situation sind ähnlich wie im Vorjahre während der Marokkokrise in diesem Oktober die Sparkassen milbetroffen worden. 237 Sparkassen, deren Ergebnisse bekannt sind, haben im Oktober nur einen Zuwachs der Einlagen von 8>/z Millionen Mark erfahren, während er im vergangenen Oktober 19.6 Millionen bclrng. Bei allen Sparkassen zusammen schätzt man den Rückgang des Zuwachses von 50 auf 22 Millionen. In den Großstädten, deren Bevölkerung über den Ernst der ursprünglichen Lage schneller und besser unterrichtet ist, waren die Rückzahlungen fast ebenso groß wie die Einzahlungen. Bei 27 der größten Kassen wurden 97 Millionen zurückgefordert und nur 98,3 Millionen eingezahlt. Die Zunahme betrag also nur 1,3 Millionen gegen 9 Rillionen im vorjährigen> Oktober. Einzelne Großstädte scheinen daher angesichts der«gen» blicklichen politischen Loge besondere Besorgnisse für die Einlage-» bestände ihrer Kassen zu hegen. So verbreitet Cha-rlotten« bnrg durch das Magtstratsnachrichtenamt eine Notiz, die die Sicherheit von Spargeldern bei öffentlichen Sparkassen betont. Für das Petrolenmmonopol. In Carl Heymanns Verlag (Berlin ) ist dieser Tage eine Bro« schüre von Dr. W. MöllerDas Reichspetroleummonopol s68 S, Preis 1 M.) erschienen, die sich für den vorgelegten Gesetzentwurf ins Zeug legt. Schon der geringe Umfang der Schrift zeigt, daß von einer eingehenden Erörterung des Gesetzentwurfes und seiner Probleme keine Rede sein kann. Der Preisfrage sind knapp zwei Seiten gewidmet! Aber der Inhalt ist nicht nur lückenhaft, sondern geradezu oberflächlich. Mit einer verblüffenden Leichtigleit die den Gedanken anderer Bciveggründe des Verfassers immer wieder aufdrängt springt der Verfasser über alle wichtigen und schwierigen Frage« hinweg, um immer von neuem die Weisheit des Gesetzentwurfs zu Preisen. Als offene Slreitschrift eines Interessenten, sagen wir der Deutschen Bank, würden wir sie hinnehmen. In anderer Gestalt kann sie nur zur Irreführung dienen. Vor einigen Jahren hat der gleiche Verfasser im Verlage für Fachliteratur(Berlin 1910: 99 Seiten in Quartformat ; Preis 8 M.) seine Dissertation überDie Versorgung der Welt mit Petroleum" veröffentlicht, die einen guten, wenn auch heute etwas veralteten Ueberblick gewährt. Dort wird die Frage des Reichsmonopols gründlicher und gewissenhafter behandelt und die begründeten Er- gebnisse stehen in direktem Gegensatz zu den jetzigen Behauptungen Möllers:«Auf Rußland , Rumänien und Galizien allein kann sich ein Reichsmonopol nicht stützen; außerdem würde Rußland ohne Zweifel dieselben Preise verlangen wie heute Amerila. Nun ist gesagt worden, die Standard Oil Co. solle noch keineswegs von den Lieferungen ausgeschlossen werden. Das mag durchführbar sein; die Standard Oil Co. würde sich auch notgedrungen an den Liefe- rungen beteiligen; nur eins bleibt hier im Dunkeln, was gerade das wichtigste ist: die Preisfrage I" Was hat sich seit 1910 an den Produktions- und Marktverhältnissen geändert, daß diese Anficht Möllers zu revidieren wäre? Klus der Frauenbewegung. Ausflüchte. Wir hatten geglaubt. Frau Regine Deutsch führte die Polemi! gegen denVorwärts", um sich gegen den Vorwurf der Inkonsequenz zu verteidigen. Jetzt scheint es aber, als ob sie nur Reklame für das demokratische WochenblättchenDas freie Volk" treiben wolle- Denn anstatt auf unsere NotizWahrheit oder Deutung" sachlich einzugehen, jammert sie über unser unbeabsichtigtes Versehen, daß wir in der Polemik den Ort ihr Ausführungen fortließen. Um unö nicht nochmals dieses Verbrechens schuldig zu machen, notieren wir pflichtgemäß, daß ihr Klageruf imFreien Volk", 3. Jahrg. Nr. 47, Berlin-Schöneberg, Preis 19 Pf.(genügt's?), zu finden ist. Schlimmer ist, daß Regine Deutsch in der gleichen Nummer deS Freien Volks' eine Taktik anwendet, die etwas stark an die Methoden gewisser anderer Wochenblättchen erinnert. Da eine an dasFreie Volk" von Fräulein L. D. eingesandte Berichtigung mit unseren Informationen über eine Mitgliederversammlung des Groß-Berliner Frauenstimmrechtsverbandes sachlich übereinstimmt, be» hauptet Regine Deutsch forsch,die Quellen des anonymenVorwärts"» Artikels" aufgedeckt zu haben. Wir betonen hier zwar, daß wir mit Fräulein L. D. in keinerlei Verbindungen stehen; konstatieren aber, daß die Methode, durch solche KombinatioNn von unS od» anderen Personen die Preisgabe unserer Vertrauensleute zu«»» pressen, die schärfste Brandmarkmg) verdient. Geradezu albern ist es. bei den Lesern desFreien Volks' die Vorstellung zu er« wecken, als stecke hinter unseren Artikeln über die Spaltung im Frauenstimmrechtsverband irgend eine besondere Anonymität. Für alle Artikel desVorwärts" trägt stets die Redaktion die volle Verantwortuirg und noch nie ist in unserer RubrikFrauenbewegung" ein Artikel mit Namen gezeichnet worden. Wenn Regine Deutsch , unter Verleugnung ihrer journalistischen Erfahrungen, durch derartige Mätzchen einer ernsten Polemik über die Bedeutung der Vorgänge im Stimmrechtsverband und ihre eigene Verleugnung demokratischer Prinzipien auSzulveichen sucht, verzichten wir auf jede weitere Be» schäfliguug mit ihr. Sind doch nicht nur Mitglieder des Stimm» rechtsverbandes sondern auch solche der Demokratischen Vereinigung von ihrer Polemik und ihren Ausflüchten angewidert worden. Noch in Nr. 54 desKleinen Journals" fetzt sie ihre bereits von anderer Seite als unehrliche Kampfesweise bezeichnete Deutung der Bor« gänge im Frauenstiminrechtsverband fort. Aus der Krawattenbranche. Die Verhältnisse in der Krawattenbranche wurden in einer Ver- sammlung von Krawattenarbeiterinnen und-arbeitern besprochen, die am Freitagabend im Königstadt-Kasino, Holzmarktstraße, statt- fand. Gustav Tri n ks vom Verband der Schneider, Schneiderinnen und Wäschearbeiter referierte. Um die Krawattenindustrie hat man sich bisher recht wenig gekümmert, selbst in der Gewcrbezählung von 1907 ist sie nicht besonders aufgeführt. Sozialpolitiker und Statistiker Wissen daher nichts von ihr. Freilich ist die Branche erst imZeitalter des steifen Kragens" entstanden, hat aber bereits eine bedeutende Ausdehnung gewonnen. Die Lohn- und Arbeits» bedingungen sind indessen ständig schlechter geworden; sie waren vor 10 bis IS Jahren besser als heute trotz der steigenden Teuerung. Die Arbeiterinnen verdienen heute kaum 20 Pf. pro Stunde und nur in Ausnahmefällen mehr. Das ganze Elend der Heim» arbeit zeigt sich hier. Die Fabrikanten suchen die Arbeiterinnen nach Möglichkeit zu täuschen und gegeneinander aufzuhetzen, um die Preise immer tiefer herabsetzen zu können. Sie richten auch Lehr» anstalten ein fürDamen besserer Stände", die in abgesonderten Räumen Unterricht erhalten. dasMaterial bezahlen und auch noch um« sonst arbeiten müssen. Berüchtigt sind dieK r a w a t t e n- A k a d e» m i e n", deren Leiter sich den lächerlichen Titel..Krawatten-Akademie» Direktor" beilegen, aber in Wirklichkeit die schändlichsten Ausbeuter sind. Sie stehen geivöhnlich mit Fabriken in Verbindung. Die.Lehr» linge" werden sofort entlassen, wenn sie Lohn verlangen, nachdem sie lange genug ohne Entgelt gearbeitet haben. Gefürchtete Kon- kurrenten auf dem Arbeitsmarkt sind die Frauen der kleinen Beamten und des Mittelstandes, die heimlich Krawatten für Schundlöhne nähen und sich schämen, als Arbeiterinnen bezeichnet zu werden. Auch städtische Behörden haben schon Kralvuttenschulen eingerichtet, zum Beispiel in Krefelv. Dort wollte man der Berliner Konkurrenz durch bessereAusbildung" begegnen. Tatsächlich sind nur die Löhne in Krefeld gedrückt worden. Eine Hauptschuld trifft auch die Arbeiterinnen selbst, weil sie die Organisation vernachlässigten.'Ohne Organisation gibt eS keine Hilfe. Andere Näherinnen, z. B. in der Wäschebranche, haben durch ihre, freilich auch erst sehr spät begonnene Organisation Ordnung in die Arbeitsverhältnisse gebracht und manche Verbesserung durchgesetzt. Die Ausführungen des Referenten über die bestehenden schlechten Verhältnisse wurden in der Diskussion bestätigt und ergänzt. Viel geklagt wurde über die Rücksichtslosigkeit der Unternehmer bei der Ablieferung der Waren, die in der Regel stundenlang dauert. Ein Zuschneider klagte darüber, daß die Krawattenarbeiterinnen auch an Sonn- und Feiertagen arbeiteten. Die Versammelten waren sich darin einig, daß der Orgauisationsgedanke mehr gepflegt werden müsse, denn nur durch den Verband können feste Tarife für die Preis« und andere Berbesferungen durchgesetzt werden.