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so Pf. vas Pfund kostet und daher nfemand nötig hat, Pferde- und Hundefleisch zu essen. Hochachtungsvoll stlnterschrift) Rosario . Santa Fe (Argentinien ), den 2. November 1S1Z. In der hiesigen Tageszeitung, genannt dt«Reaecion*, fand ich unter anderm beiliegenden Anitel. Ich frage nun, Herr Redakteur. ist dieses Geschreibsel wahr oder nicht? Wir hier in Rosario ivobnenden Deutschen halte» e« für eine Gehässigkeit. Wir können es nicht glauben, daß dt« dortige Regierung es zuläbt, daß ihre Untertanen mit Hundefleisch gefüttert werden; od«r da? betreffende Land ist als B o r b a r» n l a n d gekennzeichnet, und ein« solche Regierung hätte ihren Unterga»'g verdient. Em« Schmach und Schande ist«S für uns Ausländsdeutsche, wenn uns von den Hiesigen vorgehalten wird, datz bei uns in unserem Pater« lande Hunde und Kotzen den Menschen al» Nahrungsmittel gereicht werden. Do schickt man grohe Panzerkreuzer her nach Argentinien , um hier Deutschland » Macht und Größe zu zeigen und hier be- lächelt man die Barbarel. Au« Wollust oder wenn andere» Fleisch zu mäßigem Preise vorhanden, würde sicher kein Mensch auf die Idee klunmen, daß Hunde eßbar wären, und lediglich die Not zivingt die Menschen dazu. Daß Pferdefleisch in Deutschand ge- gessen wird und zwar hauptsächlich von kleineren und mittleren Beamten, da« habe ich trüber schon gewußt, al« ich noch drüben war. Konnte ich eS damals nicht begreifen, wie ein neben mir wohnender Zollaufseher abend« ein Stück Pferdewurst verzehrte, finde ich da» heute noch natürlich, aber Hundebraten...I Immer wird den Ausländsdeutschen zugerufen: Hallet fest an Eurem Deutschtum Z Da« ist wunderschön gesagt. Halt« so lange fest an Deinem Deutschtum, al« Du Dick seiner nicht zu IchSmen brauchst. Wenn Sie diese meine Zeilen in Ihrem werten Blatte verösfentlichen wollen, so habe ich nicht« dagegen und schtieße im Namen vieler, welche gleichen Sinnes mit mir sind. Hochachtungsvoll (Unterschrift.) DaS sind die moralischen Eroberungen, die unsere be- währte«nationale" Wirtschaftspolitik im Auslände verursacht! Läßt die Teuerung nach? Aus der fortlaufenden Beobachtung der Lebensmittelpreise an ca. 200 deutschen Plätzen ergibt sich, daß von September auf Ottober 1912 eine Senkung der Kosten de« NahruiigSmittelauswando««in- getreten ist. Daraus ist nicht ohne weitere« zu entnehmen, daß die Teuerung ihre» Höhepunkt überschritten habe. ES ist vielmehr zu berücksichtigen, daß in fast allen Teilen des Reiches künstlich auf die Preisbildung besonder» durch die verstärkte Zufuhr von Fleisch au« dem Auslande und teilweise Ausschaltung de« Zwischenhandels eingewirkt wurde. Die Bewegung der Fleischpreise ist dementsprechend zu bewerten. ES ist sehr wahrscheinlich, daß ohne das Eingreisen der großstädtischen Magistrate eine weitere Steigerung der Fleisch- preise eingetreten wäre. Einen ziemlich sicheren Gradmesser für den Verlaus der Teuerung erhält man, wenn man die Kosten de« wöchentlichen NahrungSmittelauf wände« einer vier- köpfigen Arbcitttfamilie, Eltern und zwei Kinder, in der Weise be- rechnet, daß man die dreifach« Verpflegungsration des deutschen Marinesoldaten zu Grunde legt. Alsdann ergibt sich im Durchschnitt der genannten 200 Städte für dl« Höhe der wöchentlichen HauShaltS- kosten solgende Indexziffer in Mark: Januar September Oktober iSU.... 23,50 24.77 24,88 1012.... 24,69 26,63 26 26 Demnach find die Kosten de« wöchentlichen Nahrungsmittel» aufwandeS einer vierköpfigen Arbeiterfamilie von September auf Oktober 1912 um 0.37 M. gefallen. Geil Januar 1912 ist ein« Steigerung der HauShaltSkosten um 1.S7 M. pro Woche eingetreten. Im vergleich zum Januar 1911 ergibt sich sogar«ine Per« teuerung um 2.76 M. pro Woche. Im Monat Oktober war der verlauf der Preisbewegung in den einzelnen Landesstellen durch« au« kein gleichmäßiger. Am stärksten sind die Kosten de« Nahrung«- mittel«, ifivandel im BerichlSmonat zurückgegangen in Thüringen , im Königreich Sachsen sowie in Broh-Berlin . Gerade in diesen Gebieten wurden größere Mengen ausländischen Fleische« verkauft. Ein vergleich mit dem Vorjahre fällt noch immer in allen Landes- teilen sehr zuu.rgunst.'n des lausenden Jahres aus. In einigen Ge- bieten ist von September aus Oktober 1912 noch eine Steige- run g der Kosten des Nahrungsmittelaufwandes eingetreten, so in Ostpreußen , Pommern , Schleswig-Holstein , Bayern , Oldenburg . Es ist recht auffallend, daß gerade die LandeSteile, in denen die Land- Wirtschaft vorherrscht, eine ungünstige Bewegung der Haushalts- kosten aufweisen. DaS Angebot deS Pommerschen BiehwertungSverbaudeS auf Lieferung von Schweinen hat der Magistrat Bertin erneut ab- gelehnt. Der verband hatte sich bereit«rllärt,»dem Magistrat von Berlin für die Dauer von b Jahren vom 1. Januar 19l3 bi» 8t. Dezember 1917 wöchentlich 1299 Schweine im Gewicht von 100 bi« 120 Kilogramm lebend frei Viehbofsrampe Zentralviehhof zu demselben Durchschnittspreis pro 60 Kilogramm Lebendgewicht abzüglich 20 v. H. Tara(SchlachtgewichtSpreiS) zu liefern, wie er für die gleich« Qualität Schweine in den der Vertragszeit vorher- gehenden 6 Jahren am Berliner Markt gezahlt worden ist." Da die Preise in den Jahren 1903 bis 1911 sehr hohe waren und da« laufende Jahr, da« die außerordentliche Teuerung brachte, für die Preisberechnung mit zu Grunde gelegt werden soll, ist die Forderung der pommerschen Landwirte in der Tat ungebührlich hoch. Außerdem stellt sich der Marktpreis noch teurer als der frei Bahnhof. Der Verband will also Marktpreis«, ohne die Uulosten vom Bahnhof bis zum Markt für Susbieten durch die Biehtreiber, VerficherungSgebühren, Futter und Streu, eventuell Provision an den Kommissionär, der da« Vieh im Auftrage der Stadt an die Mrtzger verkauft, zu übernehmen. Der Magistrat hat daher unsere« ErachtenS recht mit feinem Urteil. daß die Annahme des Angebot« keine Verbilligung der Fleiichpreiie im Gefolge haben, sondern nur dazu dienen würde, diese jahrelang hochzuhalten. Denn der vertrag sollte ohne Aeuderung des einmal festgesetzten Preise« fünf Jahre in Geltung bleibe». poUtilcke deberficbt. Berlin , den 80. November 1912. Da? Zentrum in der Opposition. Die Wut der Zentrumspresse über die Interpretation des Jesuitengesetzes durch den Bundesrat äußert sich in den wildesten Angriffen auf die Regierung und die kaiserliche Familie. Dieselbe Presse, die sonst in Entrüstung über- floß, wenn sozialdemokratische Blätter öffentliche Reden WUHelms II. kritisierten, stellt nun, da sie sich in ihren Er- Wartungen getäuscht sieht, den heiligenKampf für den Thron" verächtlich in die Ecke und greift ohne Bedenken so­gar die Kaiserin an, in der sie eine Widersacherin der Jesuiten vermutet. So schreibt die klerikaleAugsburger Postztg.": In Deutschland regiert nicht die Vernunft, die staats- männische Klugheit, die Toleranz, die den im Glauben ge- tftiwien katholischen Volksgenossen achten und in Frieden seine Wege wandeln läßt, wo da'« volle Verstehen für katholisch« Ein« richtungen fehlt. In Deutschland regiert der Evan« gelische Bund, unter dem Protektorat einer hohen Dame, die alS Gattin und Mutter als leuchtendes Beispiel dasteht, aber ihren Un- terricht über Katholizismus in Mecklenburg (?) genossen hat und kein« Gelegenheit hatte, nach ihrer Heber- siedelung in die Reichshauptstadt ihr« Auffassungen über Katho- liziSmus und katholische« Wesen zu korrigieren...... Man bedenke das Satirische der Situation: Umsturz. Anarchismus. Atheismus. Freimaurerei , sie all« dürfen gegen die Religion sprechen, gegen daS Christentum, gegen das Fun- dament, auf dem die Throne stehen. Aber der Herr Gendarm, die Hauptperson im Kulturstaate Deutschland, darf dem Jesuiten ein Schloß anlegen, wenn er für die Religion, für da« Christentum, für da» Fundament, auf dem die Throne stehen, sprechen will. Noch xabiater geberdet sich der Ableger derGermania ". dieMark. Volksztg.". die vielfach von Herrn Erzberger be- dient wird. Sie verkündet, daß durch die Entscheidung deS Bundesrats sich die politische Lage in Deutschland völlig ge- ändert habe, und die Ehre der Zentrumspartei erfordert, daß diese sich künftig auf dre Seite der Opposition schlägt. Sie erklärt kurzweg: Es handelt sich heute nicht mehr um die Jesuiten allein. sondern um die Mißachtung d er ganzen Zentrums« Partei; allen anderen Parteien kommt die Regierung ent- gegen; das Zentrum brüskiert man. Der Reichskanzler hat gar kein Hehl daraus gemacht, daß e« ihm gleichgültig sei, wie die ZentrumSfrattion sich zu der Sache stelle. Witter ist der Be- schluß eine Mißachtung aller deutschen Bischöfe. die einmütig für die Jesuiten eingetreten sind. Der Aachener Katholikentag fand kein Gehör. Di« Tausende von Kai höhten» Versammlungen mit ihren Petitionen, scheint der Bundesrat nicht gehört zu haben es waren ja nur Katholiken keine Juden und keine Sozialdemokraten. Gehört wurde nur einer: der Evangelische Bund. Er bestimmt das Matz der Freiheit für die Katholiken; er und sein Bannerträger Graf HoenSbroech haben diese Auslegung gefordert und sie nun er- halten. Man fasse all dies klar in« Auge, um zu erkennen» was der Bundesrat getan hat. Im Bundesrat aber fällt die ganze Verantwortung dem Reichskanzler zu: er hätte mit den 17 preu- ßlschen Stimmen eine andere Entscheidung herbeiführen können. Er hat eS nicht gewollt. Gut so mag er auch die Folgen tragen. Und diese sind nicht geringer Natur. Unsere ganze innerpelitische Lage hat sich seit dem lebten Donnerstag geändert. DaS Zentrum wird die parlamentarischen Konsequenzen auf der ganzen Linie ziehen und ziehen müssen; den» die Ehre der Partei ist engagiert. Man kann sich derartiges einfach nicht bieten lassen, ohne politischen Selbstmord zu begehen. Das Zentrum hat und wird diese Entscheidung so lange in den Vordergrund aller Politik stellen, bis der Bundesrat der Freiheit und dem Rechte eine Gasse bereiten wird. Weiter haben wir heute nichts zu sagen: Alle» Reden Hilst jetzt nicht»; e» muß gehandelt werden!" Man vergleiche mit diesem Verhalten daS feige Kriechen derinterkonfessionellen" Zentrumspresse vor der päpstlichen Enzyklika und dem EpiskopaL_ Tie preußische Regierung und die römische Karte. Ter Reichskanzler v. Bethmann Hollwea hat, wie die Frankfurter Zeitung " aus guter Quelle erfährt, am 27. No- vember einen bekannten Führer des ReichttagSzentrumZ zu sich gebeten und ihm mit voller Bestimmtheit erklärt, daß die lüngste päpstliche Enzyklika über die Arbeiterorgani- sationen daS Letzte sei. waS sich die preußische Regierung von der Kurie an Eingriffen in die Rechte des Staates und in die Selbständigkest der nichtkonfessionellen Arbeiter und sonstigen Verbänden habe bieten lassen. Sollte wieder der- artiges vorkommen, werde sie unbedingt die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan einstellen. Ein christlich-gewerkschaftlicheS Manifest. Die Delegierten zu dem christlichen Gewerkschaftskongreß in Essen erlassen an die Mitglieder der christlichen GeWerk- fchaften einen längeren phrascngespickten Aufruf, in dem es heißt: ..Vorbei ist die Beunruhigung, die durch die jüngsten Er- cignisse in unstrer Bewegung hervorgerufen wurde. Ver- gebenS war da» Bemühen der Gegner, Zersplitterung in unsere Reihen zu tragen. Zuschanden sind die Hoffnungen jener, die den Zerfall und daS Ende der christlichen Gewerkschaften her- beisehnen. Einmütig zurückgewiesen ist der Versuch, durch hämische Anzweifelung unserer religiösen Ueberzeugung und kirchlichen Gesinnung die gewerkschaftliche Arbeit zu erschweren. Mochten auch Feinde ringsum stehen: sie haben wieder einmal vorbei spekuliert. Nachdem der außerordentliche Kongreß erneut die uner- schütterliche und feste Haltung der christlichen Gewerkschaften zu ihren alten bewährten Grundsätzen öffentlich präzisiert hat, nachdem durch die Kundgebung maßgebender kirchlicher Instanzen festgelegt ist, daß den katholischen Arbeitern die Mitgliedschaft und Mitarbeit in den, christlichen Gewerkschaften ausdrücklich ge- stattet ist, und alle Befürchtungen wegen der zentralen Organi- sationssorm und der Selbständigkeit der christ- lichen Gewerkschaften ausgeräumt sind, richten die auf dem außerordentlichen Gewerkschaftskongreß versam- melien Delegierten an euch die dringende, herzliche Mahnung: Setzt nunmehr alle Bitterkeit und allen Mißmut beiseite; tretet mit der festen Entschlossenheit und begeisterten Arbeitsfreudig- keit. die vosi jeher unsere christliche Gewerkschaftsbewegung aus- zeichnete, unverzüglich in eine umfangreiche, nachdrückliche Werbetätigkeit ein!" Nachdem bekannt geworden ist, daß die christlichen Ge° Werkschaftsführer die Enzyklika-Jnterpretation der Bischöfe nur durchlöbliche" Unterwerfung unter die bischöfliche Auf» sicht erreicht haben, wirkt das ganze Gerede geradezu er- heiternd._ Die Aktion der Scharfmacher. Am 14. Dezember werden die vereinigten Scharfmacherverbände des Reiches in Berlin eine Konferenz abhalten, in der der Arbeitswilligen schütz das Hauptthema bildet. Der hier erstattete GeschäflSbertcht wird sich namentlich auf die großen Ar- beiterbewegungen beziehen, und Justizrat Dr. F u l d- Mainz referiert über da« Tbema«Streikposten und Bürgerliches Gesetzbuch'. Diese Tagung wird der Auftakt sein zu den Allionen, die man binsichllich der Lohnbewegungen im Baugewerbe für das näckiste Frühjahr in Aussicht genommen bat. Die Vorbereitungen scheinen so weit beendet zu fein, daß sie eine Uebersicht gestatten. Der Schleier, der noch über dem Material liegt, wird bereits von den Scharfmacherorganen ein wenig gelüstet. So wird der sreikonservativenPost' von industrieller Seite ge- schrieben: Auf die Umfrage de? deutschen HandelStage» darüber, ob besondere gesetzliche Maßnahmen zum Schutz« der Arbeitswilligen notwendig seien, haben sich bisher einige 60 Handelskammern ge­äußert. Nur wenige von diesen empfinden keine Ver- onlassung, über einen Mangel de« gesetzlichen Schutzes per Arbeitswilligen zu klage«. ES sind dies fast aus- nahmdloS kleinere. entlegener« und wenig industrielle Aammem. Die übrigen dagegen sind übereinstimmend der Meinung, daßeinstärkererSchutz der Arbeitswilligen nötig t e i. Ein Drittel von idnen glaubt zwar, daß man mit den bestehenden gesetzlichen Vorschriilcn zum Schutz der Arbeits- willigen auskommen könne, wenn diese Bestimmungen mit ge« »lügender Entschiedenheit gehandhabt würben. Die übrigen zwei Driltel aber sind der Ueberzeugung, daß weiter- gehende strafgesetzliche Bestimmungen durchaus geboien seien und sprechen sich namentlich, gleich vielen freien wirtschafllichen Körper- fchaften, meistens für ein Verbot des Streikposten- st e h e n s aus. Diese Talsache ist besonders dem Hansabund gegenüber zu erwähnen und dessen Freunden zur Beachtung zu empfehlen; denn der Hansabund... hält neue Gesetzesbestimmungen zum Schutze der Arbeitswilligen nicht für nolwenoig." In weiterem polemisiert diePost" gegen den Hansabund und gegen die nationalliberalen Abgeordneten im Reichstage, die bis auf sechs nichts von gesetzlichen Schutzmaßnahmen für die Arbeitswilligen Wissen wollten. Die Scharfmacher werden nun wieder starke Geschütze auffahren zum angeblichen Schutze der Arbeitswilligen; in Wirklichkeit aber zur Lahmlegung der Arbeiterbewegung und zum Schutze des Geld« facks. Sie werden jedoch die Arbeiterorganisationen gerüstet finden, und nichts könnte die Indifferenten mehr aufrütteln als der Versuch. ein ArbeitSwilligenschutzgesetz durchzusetzen. Zur Nachwahl in R«uh S. L. Die Nationalliberalen beabsichtigen für den durch den Tod de» Genossen Förster erledigten Wahlkreis Reuß ä. L.(Greiz ) den früheren Reichstagsabgeordneten Dr. Slrefemann aufzustellen. Streienlann ist von unseren Parteigenossen im Januar 1912 aus dem sächsischen Wahlkreise Annaberg hinauSgcwählt worden. Wie schon mitgeteilt, letzen die Nationalliberalen ihre ganze Hoffnung auf die Anwendung der alten Wählerlisten. Die Regierung wird ihnen natürlich den Gefallen tun. den Wahltermin so frühzeitig wie möglich anzusetzen. Der Wahlkreis ist ei» rein industrieller und seine geringe Größe sowie seine geoZ graphische Lage bringen es mit sich, dai, Arbeiter, die ihr« Stellung wechseln und noch einem benachbarten Orte ziehen, damit bereits den Wahlkreis verlassen haben. Die wirtschaftliche Lage der Arbeiter in der Hauptsache Textilarbeiter ist die deutbar schlechteste. Gegenwärtig sind wieder Tausends von Färbereiarbeitern ausgesperrt. Die starke Fluktuation der Arbeiter- schaft in diesem Kreise ist in der Tat nicht ganz unbedenklich für den Wahlausfall. Auch da« religiöse Sellenweien ist in dieiem Kreise ziemlich stark verbreitet und hat ihren Grund in der erbärmlichen Lage der Weberbevölkerung. In den nächsten Tagen werden un>sre Genossen ihren Kandidaten proklamieren und dann sofort mit aller Kraft in den Wahllanipf eintreten. Das Volksschulgesetz im sächsischen Landtage. Bei der weiteren Beratung des VolksichulgesetzeS wurden die Bestimmungen über die Einführung des FortbildungS- ichulzwangeS für Mädchen angenommen. Der Versuch der Konservativen, die Mädchen-FortbildungSschnle nur für Orte über 6000 Einwohner obligatorisch anzuordnen wurde abgeschlagen. Ge- strichen wurde in der Vorlage trotz der Einwendungen des Kultus« minister« die Bestimmung, noch der die Lehrer da« Gelöbnis der BekenntmStreue abzulegen haben. Abgelehnt wurde da» Verbot der Prügelstrafe. Dann begründete Genosse Lange einen Antrag, nach dem Beschränkungen der Lehrer in ihren staalS» bllrgerlichen Rechten unzulässig seien und Dienststrafen gegen sie wegen Anwendung dieser Rechte nicht ergehen dürien. Der Antrag wurde aber von den Nationalliberalen und den Konservativen ab- gelehnt._ Der schwarzblaue Block in Württemberg Tiegerl Die Nackwahlen zum Landtag in Württemberg am Freitag, de« 29. November, haben den Sieg des Zentrums gesichert. Dank dem Verrat der liberalen Wähler. Die Sozialdemokratie errang noch drei Mandüte, in Schorndorf . Reutlin gen- Amt und Heidenheim . Gewählt wurden die Genossen Hofchka, Kurz und Dietrich. Alle drei Wahlkreise wurden aus eigener Kraft geholt. Im ersten Wohlgange erhielt Genosse Hoschka in Schorndorf 1368 Stimmen, die Volkspartei, die sich den Luxu» zweier Kandidaten erlaubte, bra-tite es auf 1831 Stimmen, der Bauernbund erhielt 1215 Stimmen. Zum zweiten Wahlgang trat die VollSpartei noch mit einem Kandidaten an. Er erhielt 1637 Stimmen, der Bauernbündler ebenfalls 1637, Genosse Hosckka 1726. Da im 2. Wahlgang die relative Mehrheit genügt, ist Hoschka gewählt. In Reutlingen - Amt stand unser Genosse Kurz in schwerem Kampf mit dem von Vollspartet und Bauernbund direkt und indirekt unterstützten Nationalliberalen. Die Sozialdemokratie behauptete den Wahlkreis mit 2666 Stimmen gegen 2632, die auf den Nationalliberalen fielen. Wir konnten noch 700 Mann Reserven heranziehen, während die Stimmenzahl der Nationalliberalen dank der Unterstütznug durch sämtliche bllrgerlichen Parteien von 1696 auf 2632. fast um 1000 emporschnellte. Heidenheim holten wir zum ersten Male im Kampfe gegen Volkspartei und Bauernbund. In sämtlichen Kreisen, in denen un» Wahlunterstlltzimg durch die Liberalen zugesichert war, unterlagen wir. I« Waiblingen war uns Wahlunterstützung von Volkspartei und N a ti o n a lli berale n zugesichert worden. Wie dies« beiden Parteien ihr Wort hielten, lehren folgende Zahlen: Hauptwahl: Pflüger(Soz.) 1826, Volkspartei und Nationalliberale 1336. Bauern- bund 2067. Nachwahl: Sozialdemokratie 2331, Bauern» bund: 83031 In Leonberg erhielt Genosse Schumacher im 1. Wahlgang 2322 Stimmen, der von den Nationalliberalen unter- stützte Voltsparteiler 1070, der Bauernbündler 2674. Die Volks- parrei war verpflichtet, die Sozialdemokratie zu unterstützen, die Nationalliberalen schlugen sich zum Bauernbündler. DaS Resultat der Nachwahl ist: Sozialdemokratie 2927, Bauernbund 3731 Stimmen! So ist eS durchgängig im ganzen Lande. Da« Gesamtresultat der 24 Nachwahlen ist: Sozialdemokratie 8, Volkspartei 8, National« liberale 6, Bauernbund 6, Zentrum 2. Die 76 Bezirk«» Mandate verteilen sich auf die Parteien folgendermaßen: Sozial- demokratie 13, Volkspartei 16, Nationalliberole 9, Bauernbund 17. Zentrum 21. Die Rechte(Zentrum und Bauernbund) verfügen über 38 Mandate, dieLinke" einschließlich der Nationalliberalen über 37. Dabei ist zu beachten, daß die Nationalliberalen in sehr vielen Fragen mit der Rechten gehen, einzelne Mitglieder der national» liberalen Fraktion fast regelmäßig mit dem Bauern- bund und dem Zentrum stimmen. Die LandeSproporzwahlen werden an dem Resultat der Bezirkswahlen wenig ändern. Im Jahre 1906 fielen von den 17 Proporzmandaten dem Bauernbund 3. dem Zentrum 4 zu. Sozialdemokratie und Volkspartei erhielten je 4, die National« liberalen 2 Mandate. Die bei den Hanptwahlen am 16. November von den Parteien aufgebrachten Stimmenzahlen lassen als sicher