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die nicht mitkämpfen, die Schwachen, die Siechen, die kranken Frauen und Kinder bleiben übrig. Die kräftigsten jungen MännerwerdenzuZehntausendenweggefegt. Un- zweifelhaft ist der Rückgang der Bevölkerung in Frankreich zurück- zuführen auf die Hekatomben junger kräftiger Menschen, die in den grohen Kriegen Napoleons im Beginn des vorigen Jahrhunderts gefallen sind. Der Krieg stärkt nicht die physische Tüchtigkeit eines Volkes, sondern er schwächt sie.(Sehr wahr! bei den Sozial- dcmokraten.) Und was die Stärkung der sittlichen Tüchtigkeit an- langt, kann denn jemand mit gesunden Sinnen angesichts der Krirgsgrcuel, die wir in den letzten Wochen vom Balkan haben berichten sehen, behaupten, der Krieg hebe die sittlichen Kräsle. Gewiß, das Pflichtbewußtsein, Tapferkeit und Tüchtigkeit kann dabei, eine Rolle spielen, aber vielmehr größer ist die Ver- rohung, die dadurch einreißt.(Sehr richtig! bei den Sozialdemo- kraten.) An das Ungeheuere werden die Menschen gewöhnt, das Menschenleben wird nicht mehr g�chtet. Wenn sie noch am Anfang davor zurückschrecken, nach ein paar Wochen macht es keinen Eindruck mehr. wenn Berge von Leichen, jämmerlich zerstückelte Mrnschenlciber herumliegen. Reguläre und unreguläre Truppen kommen schließlich dazu, zu den allerbarbarischsten Mitteln zu greifen und Frauen und Kinder nicht zu schonen. Und da spricht man von hohen sittlichen Werten, die durch den Krieg erzeugt werden sollen. Nein, der alte Kant hat schon recht gehabt, als er vor mehr ab- 100 Jahren schrieb: Ter Krieg macht viel mehr böse Menschen, als er weg- nimm t.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Wir haben demgegenüber den Mut, uns als überzeugte und begei- sterte Anhänger der Weltfriedensidee zu erklären. (Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Man hat unsere Demonstrationen benutzt, uns als Vaterlands- lose Gesellen hinzustellen, anknüpfend an cinie Rede meines Partei- freundes Scheidemann in Paris. (Sehr richtig! rechts.) Sehr unrichtig, das ist eine böswillige Entstellung dessen, was Scheidemann gesagt hat!(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Und obgleich dieser Entstellung die Richtigstellung in verschiedenen Blättern auf dem Fuße gefolgt ist, hat man fortgefahren, sie zu benutzen, um gegen Scheidemann die Anklage auf Landesverrat zu schleudern. TaS ist ein Versahren, zu dessen Charakterisierung mir jeder parlamentarische Ausdruck fehlt.(Sehr richtigl bei den Sozial- dcmokraten.) Wenn ein Herr aus diesem Hause sich hinter diese Verleumdung stellt, so hätte er als Abgeordneter wenigstens die Pflicht in sich fühlen müssen, sich richtig zu informieren. Mein Freund Scheidemann hat in Paris gesagt, was wir überall gesagt haben, daß wir, die Arbeiter Deutschlands , nicht wünschen und kein« Lust haben, auf die Arbeiter anderer Länder zu schießen. Er hat ganz allgemein gesagt ich zitiere nach dem Bericht der.Franks. Ztg.". der auch von anderer Seite als authentisch nachgewiesen ist:Gegen die. die versuchen, uns in diese Bestialität eines europäischen Krieges hineinzustoßen, werden wir uns mit dem Mute der Verzweiflung wehren. Tie deutschen Arbeiter und die Sozialisten achten und lieben auch die französischen Proletarier und Sozialdeinokraten wie Brüder. Sie wollen nicht auf Euch schießen, sie wollen Euch im Gegenteil als Freund« und Kampfgenossen be- g r ü ß.e n. Unsere Feinde befinden sich an einer anderen Stelle. dort wo auch der Eure ist. Das ist der K a p i t a l i s m u s. Führen wir gemeinsam den Kampf. Genossen, für den Fortschritt der Humanität, für die Freiheit der Arbeit, für den Weltfrieden." Taraus kann nur böser Wille das machen, was der entstellte Bericht brachte, gewissermaßen eine Aufforderung für den Fall des Krieges an unsere Soldaten, eventuellen Befehlen nicht Folge zu leisten. Diese Frage ist gar nicht berührt, fondern es ist einfach gesagt. daß es dem Wunsche, dem sittlichen Gefühl der Arbeiter widerstrebt, auf ihre Arbeitsgenossen in anderen Ländern zu schießen.. Wie wenig man berechtigt ist, Scheidemann den Vorwurf zu machen, daß er nicht für berechtigte nationale Ansprüche eintrete, daß er ein Mensch sei ohne irgend welches Gefühl für Heimat, für Vater- land.(Scheidemann : Ehrloser 5lcrl hat man mich genannil) Ja. ich weiß ja. welcher gemeinen Ausdrucksweise sich gewisse Blätter bedienen, die dann uns Sozialdemokraten als Rauhbeine hinstellen und sich als die Gebildeten. Am 20. April löll hat Scheide- mann in Kassel eine Rede gehalten über die Frage: Was ist nationale Politik? Da sagte er nach dem Bericht unseres Kasseler Parteiorgans:.Für uns»st das Vaterland etwas mehr, uns ist es die Heimat, an der wir mit Liebe hängen; uns ist es das Band, das uns umschließt, als Glieder einer großen Kultur- gemeinschaft; uns ist es der Boden, auf dem wir Handel und Industrie und Landwirtschaft fördern, Kunst und Wissenschaft heben wollen. Wir kennen und lieben unser Vaterland, aber weil wir nicht nur seine natürlichen Schönheiten k-i -nen, sondern auch seine häßlichen Einrichtungen, des- halb sind wir Sozialdemokraten.(Sehr gut! bei den Sozialdemo- kraten.) Und als solche sind wir eifrig bemüht, unser Vaterland so einzurichten, daß alle Landeskinder nicht nur satt zu-fsen haben, sondern auch als gl ei chberechtigteVolksgenossen sich des Vaterlandes und seiner Kultur freuen können. Das ist nationale Politik in unserem Sinne, und wer in �diesem Sinne nationale Arbeit mitleisten will, der schließe sich der Sozialdemokratie an."(Lebhaftes Bravo! bei den Sozial- demokraten.) Sie(nach rechts) betätigen Ihre Liebe zum deutschen Volk dadurch, daß Sie ihm die staatsbürgerliche Gleichberechtigung vor» enthalten, daß Sie heute noch die deutsche Arbeiterschaft zu Heloten machen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wir bekennen uns zu dem Friedensideal und sind uns bewußt, daß wir damit ein altes christliches Jdeak aufgenommen haben. Man hat zwar auch ver- sucht, von theologischer Seite aus zu beweisen, daß der Krieg sich mit dem Christentum vertrage. Schließlich können ja Theo- logen fast alles beweisen; aber das wird ihnen doch schwer werden: die Religion, die als Fundament die Lehre hat: Liebet Eure Feinde, segnet, die Euch fluchen, tut wohl, denen, die Euch lMsien, bittet für die, so Euch beleidigen", als eine Religion hinzustellen, die es billigt, daß die Menschen sich mitMassen- m o r d m a s ch i n e n massakrieren, das ist allerdings ein srarkes Stück.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es gibt Leute, die sagen, der Krieg sei ein Gottesgericht; Gott er- greife das Mittel, um Ordnung zu schaffen in der Welt. Vom Standpunkt eines wirklich gläubigen Christen ist das die schwerste Gotteslästerung.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Das Christentum stellt Gott hin als den liebenden Vater und die Menschen als feine Kinder, Kinder Gottes, und dieser liebende Vater sollte die Streitigkeiten unter seinen Kindern mit Kruppschen Kanonen und Kleinkalibrigen richten dadurch, daß er den einen veranlaßt, dem anderen ein Bajonett in den Leib zu rennen? ES ist eine Frivolität, diese Dinge in Zusammenhang zu bringe« mit der christlichen Religion.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) WaS wir da sehen, ist der kapitalistische Zersetzungsprozrtz der christlichen Religion, das innere Verfaulen der altreligiösen Werte.(Unruhe rechts.) Entweder man ist Christ, dann vertritt man dies Ideal, nicht nur Sonntags und in der Kirche, sondern in der Praxis des Lebens.(Sehr gut! bei den Sozialoemokraten.) Oder man ist cs nicht, dann bekenne man das frei. Predigt man aber den Krieg. und sagt ans der anderen Seite: wir sind Christen so ist das eine Heuchelei.(Erneutes lebhaftes Bravo! bei den Sozial- dcmokraten.) Beim Balkankrieg hat man von einem Kreuzzug gegen den Halbmond gesprochen. Keine Protestrufe sind erschallt von christlichen Kanzeln gegen die drohende allgemeine Menschen- schlächtcrci. Im Gegenteil, man hat geschürt. Nur von einer Kanzel allerdings ist das Wcihnachtsevangclium der christlichen Kirche verkündet worden. Herr v. Payer glaubte, weil gestern mein Parteifreund Lcdebour auf die Vorgänge im Baseler Münster mit einer gewissen Begeisterung zu sprechen gekommen ist. das richr? wohl daher, daß wir ufiS gefreut haben, einmal wieder ,'k» Sie Kirche zu kommen. Ja. Herr v. Pa y e r. ich habe m,ch gefreut, aus diesem An- laß wieder in die Kirche zu komme«. Das war eine der schönsten Stunden meines Lebens, als die Glocken des Münsters den Zug der internationalen Sozialdemokratie de- gleiteten, und als die roten Fahnen im Chor der Kirche am Altar sich aufstellten, und als Orgelklang die Sendboten des Volkes begrüßte. Das war allerdings ein Eindruck, den ich nicht vergessen werde. Und die sozialistischen Kanzelredner, die dort ge- sprachen haben, waren freilich, wie man sagt, glaubenslose Menschen. Herr Spahn hat gemeint, wenn die Stifter des Münsters �darüber zu entscheiden gehabt hätlen, hätten sie doch wohl die Sozialdemokraten nicht zur Friedenskundgebung hinein­gelassen. Mag sein, ich kenne die Stifter nicht; aber wen» der Stifter der christlichen Religion mit zu entscheiden gehabt hätte. er hätte uns seine Stimme gegeben(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten), er hätte gesagt, an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, wenn sie sich auch nicht Christen nennen; wenn sie für mein Friedensideal eintreten, dann bin ich bei ihnen. Also mit gutem Gewissen haben wir uns gesagt: wir haben das Recht, die Kirche zu benutzen. Und wenn Herr v. Paye'r meint, er sähe gar nicht ein, was diese internationale Kundgebung denn für einen Zweck haben soll, wie man damit z. B. aus England einwirken solle aber Herr v. Payer, warum wollen Sie das nicht einsehen: wenn Sozialdemokraten aus England und Deutschland , aus Frank- reich und aus Rußland , aus allen Ländern zusammenkommen, gemeinsam die Marschlinie festsetzen, sich gemeinsam überzeugen, daß sie alle den Frieden wollen, meinen Sie nicht, daß, wenn sie nachher in ihr Land zurückkommen und darauf hinwirken, daß ihre Regierungen klaren Wein über den Willen der sozialistischen Arbeiter erhalten-�ist das«icht ein Weg, auf den allgemeinen Frieden hinzuwirken? Ich meine doch, Sie und Ihre Partei verfügen nicht über diese Armee, aber das muffen Sie sich doch sagen: diese Kundgebungen, hinter denen Millionen stehen, viele Millionen, die haben eine ganz andere Bedeutung alS die Kundgebungen von human denkende» Gelehrten, die sich zu einem Kongreß einfinden. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die sozialistischen Kanzelredner haben als glaubenslose Menschen, sagte ich, dort gesprockzen, und doch hatten sie mehr Glauben als die, die sich ihres Glaubens rühmen. Sie glauben nämlich an die Zukunft der Menschheit. Sie glauben an den Aufstieg zu einer höheren Kultur; hinaus aus diesem enl- setzlichen Verhältnis der gegenseitigen Bedrohung mit Massenmord. Sie glauben auch an einen Aufstieg zu Zuständen, wo die Gottes- kindschaft aller Menschen nicht im Sinne eines religiösen Dogmas, sondern in der allgemeinen Anerkennung und Wertschätzung jedes einzelnen Menschenlebens zu Recht besteht.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Sie glauben an das Kommen eineö Reiches Gottes, nicht im Sinne einer religiösen Verheißung, aber an das Reich der Ge- rechtigkeit und des Friedens auf der Erde. Diesen Glauben pflanzen sie ein in Millionen Herzen aller Länder. Wir zählen heute in Deutschland nicht nur die 414 Millionen Wähler, nein, über 20 Millionen der Bevölkerung stehen hinter unS, und wenn Sie die 10 Millionen sozialdemokratischer Wähler auf der Erd? in derselben Weise multiplizieren, dann wissen Sie, um lwas für eine Massenbewegung eS sich handelt. Und da wagt Herr Schultz, darüber zu lächeln, und auch Herr v. Paye'r sagt, man hätte diese Mitteilungen mit einem Lachen aufgenommen. Aber diejenigen, die so klug ihre Zeit zu verstehen glauben, die verstehen eigentlich die großen Dinge ihrer Zeit nicht. Auch die römischen Gelehrten haben gelacht, als die Fischer am See Genezareth auftraten.(Sehr gutl bei den Sozialdemokraten.) Häufig und Wohl immer kommen die großen Dinge von unten auf. Und auch hier ist e» so! WaS hier sich vollzieht. daS sollte Ihnen doch klar werden: die Massen hören auf, eine willenlose, gedankenlose Herde zu sein. (Lebhafte Zustiimnung bei den Sozialdemokraten.) DaS ist SaS Neue in der Geschichte. Früher haben die Massen sich blindlings von denen, die ein Interesse au einem Krieg« hatten, gegeneinander aufhetzen und in den Massenmord treiben lassen. Das hört auf, die Massen hören aus, willenlose Instrument« irgend- welcher Kriegsinteressenten zu sein.(Sehr richtig! bei den Sozial- demokraten.) Das ist ein gewaltiger Prozeß, der sich vor unseren Augen vollzieht, von einer kulturellen Bedeutung eminenter Art. Das stellt auch unsere Politik und Diplomatie vor ein« ganz andere Situation. Herr v. Payer hat es oberflächlich gestreift, wenn er meinte: die Diplomaten machen heute keinen Krieg mehr gegen die Völker. Wer sind die Völker? DaSsindzu9SProz. vie Arb« i te r mas sen, und«daß die heute sich nicht mehr ge- brauchen lassen, aus Ihr« Hetzereien hereinzufallen, das ist da» Ver. dienst der internationalen Sozialdemokratie.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Herr Bassermann sagt, das ist nicht so leicht, daS hat man in Italien gesehen. Gewiß ist diese Aufgabe nicht leicht, da gibt eS Vorurteile zu überwinden, die Jahrhunderte in den Köpfen gesteckt haben, der Verblödung S» und VerdummungSar beit, die von den.Herschenden in den Schulen ausgeübt wurde, ein Paroli zu bieten. In Italien war es noch nicht so weit, aber es ist falsch, daß die italienische Sozialdemokratie sich den Kriegshetzern ge» fangen gegeben hätte, sie hat sich bekanntlich an dieser Frage ge» spalten, und die große Mehrheit der Partei hat einen durchaus ablehnenden Glandpunkt eingenommen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Di« große Macht, die hier von unten wächst, die gestaltet die Friedensbotschaft aus der WeihnachtSnacht um. Sie ist jetzt nicht mehr ein bloher Traum, keine Hoffnung von oben, vom Himmel, oder von Menschen, die hochgestellt sind, nein, die Massen glauben daran nicht mehr. Aber diese Friedens» "Hoffnung ist solide begründet auf dem, worauf Kant schon hin­gewiesen hat, auf dem Interesse der Massen. Wenn die Massen ein- mal ihr Interesse erkannt haben, daß e», ob Sieg oder Niederlage, in jedem Falle auf Kosten der Kultur und des LebenSglücks der Massen geht, dann hat daS aufgehört, dann wollen sie die Eni- scheidung über ihr Geschick, über die Frage: ob Krieg, ob Frieden, indereigenen Handhalten. Das ist daS feste Fundament für die Friodenshofflrung. Seit 2000 Jahren ist sie unerfüllt ge- blieben, aber es wird nicht wieder 2000 Jahre-dauern, dann ist sie die sickere Errungenschaft der Kuliurmenschhcit.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) ÄuS der Erkenntnis der Ursachen, die heute den Menschen zum Feind des Menschen machen, und auS dem festen Willen, dies« Ursachen zu beseitigen, entspringt unsere Zu- verficht auf den Weltfrieden. Diese Ursachen zu beseitigen durch die Errichtung' einer sozial gerechteren Ordnung der Dinge, inner- halb-der Völker und von Volk zu Volk, und nicht im Sinne irgend- einer religiösen Verheißung, nicht im Sinne eines frommen uto- pistischcn Wunsches, haben die sozialistischen Kanzclrodner das Weihnachtsevangeli-um in die Welt gerufen. Nein, wir verkünden es als das Massengebot der erwachenden Völker: Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohl- gefallen!(Stürmischer, wiederholter Beifall bei tden Sozial- demokraten.) Abg. Fürst zu Löwenstein(Z.): Das Zentrum ist nicht der Ver- trauensmann des ErzherzorgS Franz Ferdinand , eS hat auch nichts mit der österreichischen Kriegspartei zu tun. Auf das Gebiet der hohen Kirchenpolitik Herrn David zu folgen, damit bin ich zu dumm; ist verstehe wirklich nicht, was die Frage eines serbischeii Hafens an der Adria mit der hierarchischen Eroberungspolitik zu tun haben soll.(Heiterkeit im Zentrum.) Die Pflicht, Oesterreich zu unterstützen, liegt für uns dann vor. wenn Oesterreich von i r- gend einem Dritten angeg r i fsen wird; ebenso wie Oesterreich sicher uns unterstützen würde, wenn den phantasti. sehen Fall angenommen wir Dänemark angreifen und deshalb vog Frankreich und Rußland angegriffeg Eüxden. Hexx t). Kl». derlen hätte nicht so sicher ftl dieser Situation auftreten könne«, wenn nicht hinter ihm Herr v. Tirpitz und Herr v. Hceringen, vor allem aber auch Herr Kühn ständen. Hier zeigt sich wiäer daS Verdienst der Parteien, die seinerzeit die Mittel beschafft hoben(Ahal-Rufe und große Unruhe links), die die Durchführung der Heeres- und Flottcnvorlage ermöglichten.(Bravo ! im Zentrum und rechts). Die Verhandlungen des Internationalen Kongresses in Basel waren außerordentlich lehr- reich Ein gewisser Mangel an Logik lag ja-darin, daß der Krieg dem Kriege gepredigt wurde. Einen Krieg zur Verteidigung des eigenen Landes haben die Redner dort nicht verworfen, das geht insbesondere aus den Ausführungen Greulichs hervor. Aber warum dann der Sturm der Entüstung, ivenn der ganze Unter- schied zwischen uns und Ihnen darin besteht, daß Sie bestimmen wollen, welche Kriege als gerecht gelten sollen, während das heute tioch den sogenannten Macht habern überlassen ist. Der Bat» kankrieg ist doch ein Krieg von Völkern gegen Völker, zn dessen Verhinderung das internationale Kapital seine ganzen Kräfte ein- gesetzt hat.(Sehr gut!>»> Zentrum.) Zweifellos war der Baseler Kongreß eine machtvolle D c in o n st r a t i o n, die nicht unter- schätzt werden sollte, aber von den sozialistischen Führern sehr über- schitzt worden ist. In dem Bestreben, alle vermeidbaren Kriege fernznhalteii, stimmen alle bürgerlichen Parteien init den Sozial- demokraten überein, ganz gewiß auch alle Kabinette Europas . Aber das Mittel, das die intcrnalionale Sozialdemokratie zur Beseiti- g»ng der Kriegsgefahr vorschlägt, zeigt eine erschütternde Verwir- rung der Geister, man will den Krieg nach außen durch eine Revo- lution im Innern bekämpfen. Krasser ist der Versuch nie gemacht worden, den Teufel durch Beelzebub auszutreiben. Viel graulicher als die Schrecken des Krieges sind die Schrecken des Bürgerkrieges ist das vielleicht Christentum? Herr Jaures l>at in Basel daS Herz gehabt, die Drohung auszustoßen, daß wie die Kommune dem Krieg von 1870 so eine schrecklichere Revolution einem neuen Kriege folgen würde.(Zurufe bei den Sozialdemokraten: Wenn Sie wollen!) Mehrere Redner haben deutlich erlenncn lassen, daß das nicht eine bloße Warnung, sondern die Ankündigung des festen Eni- schlusses ist, daß die Sozialdemokratie in einzelnen Staaten die eigene Regierung durch eine Revolution daran hindern würde, die Interessen des Vaterlandes gegen das Ausland zu verteidigen. Am deutlichsten hatdasKeirHardie getan, der es direkt als heilige Pflicht der Sozialdemokraten aller Länder hinstellte, in einem solchen Falle zu einem internationalen rcvolutionä, ren Generalstreik zu greifen. Bisher hatte man geglaubt, -daß es sich bei solchen Drohungen nur um Entgleisungen unver- antwortlicher Hetzer handelte. Aber jetzt hat sich die internationale Sozialdemolratie feierlich zu dem bekannt, tvas die bürgerlichen Parteien sonst als Valerlandsverrat bezeichnen. Von de» deutschen Delegierten hat sich keiner so deutlich ausgesprochen wie. Keir Hardie , darum möchte ich der sozialdemokratischen Fraktion des Reichstages Gelegenheit geben, sich sofort und init rücksichtsloser Deutlichkeit darüber zu äußern, ob auch Sie Deutschland an einem Kriege durch die Revolution verhindern wollen.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Diese offene Erklärung sind Sie dem deut- scheu Volke und Ihren eigenen Anhängern schuldig. Und da viel- leicht ein dritter Redner der Sozialdemokratie nicht mehr zum Wort kommt, kleide ich meine Frage u> die Form eines persönlichen An- griffs, damit Sie in persönlicher Bemerkung antworten können. und behaupte: Sie, Herr Ledebour , und Ihre Freund« wollen im gegebenen Fall nach dem Baseler Programm einen Krieg Deutsch ! an ds durch die Revolution verhindern. Redner fordert des weiteren von der Regie- rung, sie möge für Freiheit der Religionsausübung in den Balkan - staaten eintreten und für Reformen in Armenien sorgen, kritisiert die Anerkennung der portugiesischen Republik, die zur Unterdrückung jeder persönlichen Freiheit in Portugal greife, und führt den Un- tergang der Türkei auf die Machenschaften der internationalen Frei- maurer zurück. Die politische Gcwichtsverteilung unter den euro - päischen Mächten wird Wohl unverändert bleiben. Wir können mit Genugtuung eine Stärkung unseres Einflusses in Rumänien verzeichnen. DaL seit langer Zeit recht gespannte Verhältnis zwischen Oesterreich und Italien hat durch die letzten Ereignisse einem guten Verhältnis Platz gemacht, das nicht nur für die beiden Mächte, sondern auch für uns und für den Weltfrieden von groß- tem Vorteil ist. Das Pulverfaß am Balkan ist in die Luft ge- flöge» und es hat Europa nicht in Brand gesteckt. Heute besteht vielleicht weniger Grund zu einem europäischen Kriege als vor einem halben oder einem Dreivierteljahr. Oesterreichs Frie- dcnsliebe hat die Feuerprobe bestanden und das ganze deutsche Volk wünscht gute Beziehungen zu England. In ihrer Friedenspolitik findet die Regierung die volle Uiüerstützung meiner volitischcn Freunde.(Beifall im Zentrum.) Aby. Dr. Ocrtel(k.): Ich würde es für besser gehalten haben. wenn die Redner sich kurz gefaßt und nur erklärt hätten, daß die bürgerlichen Parteien hinter der Politik der Regierung stehen. Aber es ist gesündigt worden und ich sündige mit.(Heiterkeit.) Der sozialdemokratische Vorredner hat den deutschen Junkern in Aussicht gestellt, es würde ihnen ebenso ergchen wie den türkischen Junkern, wenn sie nicht endlich die sozialdemolratischen Lehren annehmen. Vor dieser Konsequenz muß ich allerdings in Ehrfurcht erstarren.(Heiterkeit rechts.) lieber den Dreibund sollte man eigentlich weniger viel reden nach dem alten Wort, daß die glücklichsten Ehen diejenigen sind, von denen am wenigsten gesprochen wird. Ich wünsche, daß der Drei- bund eine dreieckige glückliche Ehe sein möge.(Heiterkeit.) Fürst Bülow meinte einmal, die Dame Jtalia gebe manchmal eine Extratour. Wir glauben, daß Dame Jtalia jetzt wieder zu ihrem ehrlichen früheren Tänzerzurückgekehrt worden" ist.(Große Heiterkeit.) WaS Abgeordneter David sagte, gehörte eigentlich mehr in das österreichische Parlament und ich würde nichts dagegen einzuwenden haben, wenn Dr. David bald in die Lage käme, in dieses Parlament einzuziehen(Heiterkeit rechts), aber wir sollten unS hier doch nicht so sehr in die inneren Angelegenheiten einer verbündeten Macht einmischen. Ich stehe keinesivegs aus dem Standpunkt, daß der Dreibund uns verpflichtet, bei jeder Unter« nehmung eines verbündeten Staates ihm mit den Waffen zu Hilfe zu kommen. Das hat auch der Reichskanzler nicht gesagt, sondern er hat ausdrücklich betont, daß unser Eingreifen nur bei einer Bedrohung der Existenz unserer Verbündeten er» forderlich sei. Die Regierungserklärung in derNorddeutschen Allgemeinen Zeitung" ist nach meiner Meinung im Einverständnis mit Oesterreich erfolgt und konnte schon deshalb keine Unfreundlich- keit gegen Oesterreich sein. Der Abgeordnete v. Payer hat bc- mangelt, daß Graf Kanitz nichts über unsere Beziehungen zu Eng- land gesagt hat. Das war nicht notwendig, nachdem die Erklärung des Staatssekretärs vom BundesratStisch erfolgt war.(Zuruf des Abgeordneten Dr. Müller-Meiningen .) Dr. Müller, in diesen Fall gerät nur der, der seine Zunge nicht im Zaume halten kann. (Stürmische Heiterkeit.) Um uns nicht dem Vortvu.s-mszusetzen, daß wir doch noch kleine Sentiments gegen England hätten, so sei gesagt: Wir wünschen freundliche Beziehungen zu England, so freundliche, wie sie nur sein können, aber jedenfalls korrekte Beziehungen. Wir wünschen, daß das Vertrauen, von dem der Staatssekretär gesprochen hat, auf beiden Seiten vor- handen ist.(Bravo ! rechts.) Mehr sage ich nicht und Sie können nun zwischen meinen Zähnen lesen.(Stürmische Heiterkeit.) Ab- geordneter v. Payer hat boshaft auf die amtliche Abfertigung ver- wiesen, die meinem Freunde Heydebrand nach seiner Marokko . rede zuteil wurde. Wir bedauern diese amtliche Abfertigung nach wie vor. Diese amtliche Abfertigung wird vielleicht heute von der amtlichen Stelle mehr bedauert als von uns, denn unser Be- dauern bezog sich nicht auf uns, sondern nur auf jene Stelle. (Heiterkeit und Hört! hört! links.) Herr v. Heydebrand hat damals nur der Stimmung des Volkes Ausdruck gegeben. lSchallen- des Gelächter links.) Der Krieg kann eine weltgeschichtliche Not- wciidigkeit sein, der ewige Friede ist ein Traum. Deshalb wünschen ivir. daß unsere Jugend in einem kriegerischen Geilt erzogen wird, der die Sicherheit unseres Landes verbürgt. Ich möchte nicht, daß unsere Buben im Eiapopeia deS Weltfriedens aufwüchsen. (Brsvsl rechts.) W(i gll-v schlechten Begleiterscheinungen eine»