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Zerr Arendt von der freikonservativon Fraktion, die keine eigentliche Fraktion ist, ging schnell viele Stufen tiefer in seinen Ansprüchen an moderne Arbeiterorganisationen hinab. Er will nicht einmal die Harmonieduselei des Frei- sinns, er will die gelben Gewerkschaften von Unternehmers Gnaden. Und um diese Lieblinge der Scharfmacher zu schützen, machte er. wie immer, scharf gegen das Koalitions- recht und die modernen Gewerkschaften. Der Pole S e y d a pfefferte der Regierung eine kurze aber saftige Verwahrung wegen ihrer Ostmarkenpolitik ins Gesicht in der Jeimtenfrage'md die P'len mi� dem Zentrum ein Herz und eine Seele. Eine spaßige neue Note brachte derDeutsch-Hannovera- ner" Alpers in die Debatte, indem er in wohlausgedachter Rede das Programm der Welsen auseinandersetzte. Das Haus hörte den sonderbaren Schwärmer, der die Wieder- Herstellung des Königreichs Hannover verlangte, an manchen Stellen mit interessiertem Lächeln zu. Raum für alle hat der Reichstag , auch für solche Käuze. ch Der Stilnine aus der deutschen Vergangenheit folgte die Stimme der deutschen Zukunft. Genosse Lensch deckte in straffer Konzentration auf das Wesentliche und niit markigen Sätzen die treibenden Kräfte der wirtschaftlichen Entwickelung auf und erklärte daraus die Geschäftspolitik der herrschenden Oberschicht und ihr Widcrspiel, die Massenpolitik des Pro- letariats. Mit zwingender Logik wies er nach, daß der von den Hurra- und Prozentpatrioten so viel geschmähte Klassen- kämpf durch seinen siegreichen Ausgang überhaupt erst eine einheitliche Nation und Kulturgemeinschaft schaffe, und da- durch das Volk wahrhaft in den Stand setze, seine Geschicke in die Hand zu nehmen. Die heutige Wirtschaftspolitik, die in Wirklichkeit eine Raubpolitik ist, führt zu den großen sozialen Erschütterungen, von denen wir die ersten Anfänge jetzt erleben. Aber die klassenbewußten Arbeiter aller Länder stehen diesen Umwälzungen nicht mehr wie einst als willen- lose Objekte der Gesetzgebung und der herrschenden Klassen gegenüber, sondern in bewußter und gewollter Anteilnahme. Und sie werden alles daran setzen, auf daß die Entwickelung der neuesten Geschichte den Weg einschlägt, der in die weiten und freien Gefilde der sozialistischen Gesellschaftsordnung führt. Die dritte Lesung des Wassergesetzentwurfes. Am Donnerstag begann das Abgeordnetenhaus die dritte Beratung des Entwurfs eines Wassergesetzes. Die beiden konservativen Parteien, das Zentrum und die Nationalliberalen sind stolz auf ihre gesetzgeberische Arbeit, ihre Reden überboten sich förmlich in Ver- herrlichungen des Gesetzes, das einer von ihnen sogar als eine Großtat bezeichnete. An Mangel an Bescheidenheit leiden die Herren wahrhaftig nicht. Wasser in den Wein der künstlichen Begeisterung und der Selbstbeweihräucherung gössen nur die Abgeordneten Lippmann sVp.), sowie Genosse Liebknecht , der zwar die große Bedeutung eines Wassergesetzes unumwunden an- erkannte, aber scharfe Kritik daran übte, daß in dem Gesetz nicht das Gemeindeeigentum, sondern das Privateigentum zur Grundlage genommen ist. Wie ein roter Faden zog sich durch seine sachkundigen Ausführungen das Verlangen, daß die Fürsorge für das öffentliche Wohl im Vordergrunde zu stehen habe. Aus der Rede des LandwirtschaflsministerS Frhrn. v.(Schot- lernet ist seine Erklärung hervorzuheben, daß zwischen den Einzel- staaten Vereinbarungen gegen die Verunreinigung von einzelstaat- lichen Wasserläufen getroffen werden. Von einer reichsgesetzlichen Regelung will der Minister nichts wissen. In der Spezialberatung traten keine wesentlich neuen Momente mehr zutage. Am Freitag soll die dritte Lesung beendet und dann die Jnter- pellation über das Vorgehen des Berliner Polizeipräsidenten gegen den Verein Berliner Feuerwehrleute besprochen werden. Das klerikale Entrüstungsspiel. Die Zentrumspresse setzt das vom Abgeordneten Spahn im Reichstage inszenierte Spiel fort. Sie mimt tiefte Ent- rüstung über die Auslegung des Jesuitengesetzcs durch den Bundesrat, redet von einer Mißachtung der heiligsten Rechte des katholischen Volkes durch den Reichskanzler, predigt den unerschütterlichen Kampf fitr die bekannte schöne Partei- Gelegenheitsdevise des Zentrums:Für Wahrheit. Recht und Freiheit!" und droht mit ihrer grimmigen Rache. Ein wohl- berechnetes Spiel, das jedoch den einen Fehler hat, daß die Motive seiner Inszenierung allzu durchsichtig sind. Hauptmotiv ist ziveifellos, daß das Zentrum gar zu gerne in Rom die Meinung erwecken möchte, es führe trotz seiner an- geblichenJnterkonfesstonalität" einen unentwegten harten Kampf für die heilige katholische Kirche und wache mit Argus- äugen über deren Rechte. In Rom haben in letzter Zeit so manche Späße des Zentrums bittere Gefühle hervorgerufen, besonders das Gerede von der Jnterkonfessionalität sowie der beträchtliche Einfluß der Bachemiten auf die Zentruinsfraktion des Reichstags. Diesen Eindruck möchte die Zentrumsleitung gar gern in Rom verwischen und seine tteue katholische Ge- sinnung in bengalische Beleuchtung rücken. Zudem aber hält mau die Entfachung eines Kulturkampfes eu miniaturs für ein probates Mittel, die Zwistigkeiten im eigenen Lager zu dämpfen und die schöne päpstliche Enzyklika in den Hinter- grund zu drängen. Gerade deshalb wird sich aber auch das Zentrum hüten, es zum Biegen oder Brechen komnien zu lassen und eine Reichstagsauflösung heraufzubeschwören; denn mit einer erneuten Kaltstellung des Zentrums,>vie im Jahre 1906, wäre der römischen Kurie unter den heutigen Verhält- nisseu am allerwenigsten gedient. Das Zentrum wird also räsonnieren, schimpfen, drohen und der Regierung allerlei Ver- legenhcitcn bereiten, aber den Rückzug wird es sich offen halten. Vorläufig wird natürlich noch mit Allgewalt die große Entrüstungsposaune geblasen; so schreibt dieGermania ": In der gegnerischen Presse hat man vielfach, wie zum Beispiel in derPost", derTäglichen Rundschau" und dem Hannoverschen Courier", die Entrüstung des katholischen Volkes, die auch in der katholischen Presse zum Aus- druck kam, alsTheaterdonner" geschildert. Die gestrigen Vor- gänge im Reichstage sollten unsere Gegner davon über- zeugt haben, daß eS sich hier nicht um einenTheater- donner". sondern um ein wirkliches ernstes Gewitter handelt, das gestern zur Entladung gekommen ist, und zwar mit zündenden Blitze». Gleichwohl wird auch heute noch in derPost" die Behauptung aufrechterhalten, es handle sich nur um einen Theaterdonner, undwenn die Weihnachtsglockeu denFrieden auf Erden" in die Lande läuten, dann werde auch der Zorn des Zen. trums verraucht sein", und so werde nichts übrig bleiben, alseine unterhaltsame Episode im Einerlei des parlamentarischen Alltags­lebens nichts weiter! Je ruhiger und fester die Regierung bleibt, um so eher wird sich das Zentrum zur Zurücknahme seiner Kampf- ansage bequemen". DiePost" wird bald einsehen, daß sie sich in ihrer Auffassung über die Haltung des Zentrums und mit ihrer Vorhersage gewaltig irrt. Das Zentrum hat gegenüber der Be- Handlung, die ihm seit Fahren widerfahren ist. indem man ihm Recht und Freiheit, Parität und Toleranz versagte, lange genug Geduld geübt, und auch dem Langmütigsten muß einmal die Ge- duld reißen... Von anderer Seite wird heute auch die Frage auf- geworfen, ob die Zentrumsfraktion des Reichstages nun Opposition guand rnsrne treiben und alles auch das Budget ablehnen werde. Das wird nicht der Fall sein. Das Zentrum wird, wie es das niemals auch zu Zeiten des schärfsten Kultur- kanipfes nicht getan hat, in absoluten Staats- Notwendigkeiten keine Opposition treiben. Das hat eS erst vorgestern, als schon seine Haltung zur Jesuitenfrage als eine Frage der inneren Politik feststand, bei der Reichstags- debatte über die auswärtige Politik bewiesen, wo es durch den Mund des Abg. Fürst Löwenstein erklären ließ, daß die aus- wärtige Politik der Reichsregierung, indem sie unter voller Wahrung unserer Ehre und Selbständigkeit an der Erhaltung des Weltfrieden? arbeite und sich treu und fest hinter ihren öfter- reichischen Bundesgenossen stelle, die volle Unterstützung der Zentrumsfraktion finden werde.". Also keine Opposition guanä niems, sondern den Um- ständen entsprechend temperiert. Etwas voller nimmt das Maulwerk dieSchles. Volks- zeitung"; aber sie hat es auch nötig, denn sie ist gar schlecht beim Fürstbischof Kopp angeschrieben. Das Blatt meint entrüstet: Der Reichskanzler weiß heute, daß seine Stellungnahme zum Jesuitengesetz den geduldigsten Katholilen verletzt hat. daß er den katholischen Volksteil als eine geschlossene Front gegen sich hat. Nun sucht er einen anderen Ball zu werfen: er will sich hinter der Gewerkschaftsschaftsenzyklika des Papstes verschanzen und hier recht kräftige protestantische Worte sprechen. Der Beifall gewisser Leute wird ihm dabei nicht fehlen; bei den deutschen Katholiken hat er aber nichts mehr zu verlieren, wenn er sich in den Wirkungskreis der Bischöfe einmischt; er kann nur den Ausbruch eines neuen Kultur- kampfes beschleunigen." Zur Reichstagsnachwahl in Reutz ä. L. Unsere Parteigenossen stellten für die am IS. Dezember statt- findende Reichtagsersatzwahl den Genossen Max Cohen , Kauf- mann in Frankfurt a. M., auf. Genosse Cohen kandidierte bei den letzten Wahlen in Leipzig -Stadt, wo er gegen den Nationalliberalen Dr. Junck unterlag. Auch die Antisemiten haben jetzt einen eigenen Kandidaten gefunden. Der Antisemiterich Lattmann ist vom Christlichsozialen Verein in Greiz , von dessen Bestehen nur die wenigsten eine Ah- nung hatten, aufgestellt worden. In der Versammlung waren 14 Mitglieder anwesend, die mit 9 gegen 6 Stimmen dem Wunsche Lattmanns, ihn als Kandidaten aufzustellen, Rechnung trugen. Es stehen sich in diesem Kampfe also gegenüber: Cohen(Sog.), Dr. Stresemann(natl.) und Lattmann(Antisemit), Erledigte Mandate. Wie aus Lauenburg in Pommern gemeldet wird, ist der Reichs- und Landtagsabgeordnete des Wahlkreises Stolp-Lauenburg Will- Schweslin gestern abend im Alter von 64 Jahren in Schweslin verstorben. Es wird also sowohl für den Reichstag als für den Preußischen Landtag eine Nochwahl im Kösliner Wahlkreise nötig. Das Land­tagsmandat ist sicherer Besitz der Konservativen, und auch das Reichstagsmondat dieses Kreises, der seit 1893 stets konservativ vertreten war, wird schwer zu erobern sein, denn bei der letzten Wahl fielen auf den konservativen Kandidaten 15 406, den frei­sinnigen 8707, den sozialdemokratischen 2781, den nationalliberalen 978, den polnischen 451 Stimmen. Das Jnterpellationsrecht des Reichstags. Die Geschäftsordnungskommission des Reichstages ist am Don- nerstag zusammengetreten, um über die Streitfrage zu beraten, die anläßlich der sozialdemokratischen Tcuerungsinterpellation auf- geworfen worden ist. Damals hatten sich die bürgerlichen Parteien dagegen gewandt, daß nach dem neuen§ 33s. der Geschäftsordnung der zu einer Interpellation gestellte Antrag spezialisiert werden könne, in welchen Punkten oder inwieweit die Haltung des Reichskanzlers der Anschauung des Reichstags entspricht oder nicht entspricht. Unsere Fraktion hatte, um eine Abstimmung überhaupt herbeizuführen, einen neuen, nicht spezialisierenden Antrag einge- bracht, und zugleich wurde auf ihren Vorschlag die Geschäfts- ordnungskommisjion mit der Beratung der Streitfrage beauftragt. Vor Eintritt in die eigentliche Tagesordnung wurde auf Vor- schlag des Vorsitzenden, Genossen Haasc, dem der Abgeordnete Gröber(Z.) beitrat, beschlossen, an die Gesamtrevision der Ge- schäftsordnung erst dann und zwar vermutlich im Januar heranzutreten, wenn der Berichterstatter bestimmte Anträge zu stellen in der Lage sei, unter Berücksichtigung der Vorarbeiten, die gegenwärtig der Direktor des Reichstages vornimmt. Zum Gegenstaud der Tagesordnung selbst beantragte Abg. Kreth(k.) die Zuziehung von Vertretern der Regierung und schriftliche Berichterstattung. Genosse H a a s e wies darauf hin. daß im Laufe der früheren Verhandlungen im Frühjahr der Reichs- kauzler zu den Sitzungen der Kommission eingeladen worden sei, von der Einladung aber keinen Gebrauch gemacht habe. Gegen die Anträge des Abg. Kreth wandten sich die Redner aller übrigen Par- reien, so daß Herr Kreth schließlich den einen Antrag auf Zuziehung von Rcgierungsvertretern zurückzog; der andere wurde mit allen gegen die drei konservativen Stimmen abgelehnt. Abg. Kreth hatte indessen auch auf private Besprechungen der liberalen Parteien mit der Regierung angespielt. Sowohl die Ge- nassen H a a s e und Ledebour wie auch die Abgeordneten .Gröber(Z.), Dr. Junck(natlib.) und Dr. Müller- Mei- ningen(Vp.) erklärten, daß für die Kommission und den Reichstag solche Privatunterhaltungcn oder Privatabmachungen nicht existieren. Abg. Dr. M ü l l e r- Meinigen bemerkte, es sei den Konservativen natürlich unangenehm, daß auf diese Weise die Bc- antwortung derkleinen Anfragen" gesichert worden sei.(Dazu darf wohl bemerkt werden, daß trotz der liberalen Gespräche mit'der Regierung, auf deren Seite eine Neigung von Respekt bor den kleinen Anfragen" erst dann entstand, als ein großer Teil des Reichstags sich die anfänglich sehr patzige Art der Beantwortung nicht gefallen ließ!) Die Aussprache über die Auslegung des§ 33a der Geschäfts­ordnung wurde mit der Diskussion über die Existenzberechtigung der eigentlichen Bestimmung selbst beladen. Namentlich die Ab- geordneten Graf W e st a r p(k.) und Kreth(k.) hielten es für an- gemessen, immer wieder ihre prinzipielle Antivathie gegen jede Er- Weiterung der Rechte des Reichstages zum Ausdruck zu bringen. Die Abgeordneten Gröber(Z.), Dr. Müller(Vp.) und v. Payer(Vp.) wandten sich gegen die Möglichkeit der Speziali- sierung, die zu endlosen Konsequenzen führen würde und zur Er- setzung der Resolutionen und Initiativanträge durch Jnter- pellationen. Die Genossen Geyer, Ledebour und Dr. Frank bertraten dagegen die Möglichkeit der Spezialisierung, die sich auch daraus ergebe, daß gar keine bestimmte Formel beschlossen worden sei, in die ein Billigungs- oder Mißbilligungsvotum gefaßt werden müsse. Auch die Zentrumsabgeordneten Gröber und Dr. Bell sowie Dr. Junck(natl.) gaben zu, daß eine bestimmte Formel nicht vorgeschriebe» sei. Genosse Ledebour stellte aus den Aeutzerungcn der Redner vom Zentrum und dcL Liberalen fest, daß auch diese Parteien der Meinung sind, die Be- schlußfassung über eine Interpellation sei die schärfste Waffe, mit der die Regierung moralisch gezwungen werden könne, ihre Politik zu ändern oder abzudanken. Das veranlaßte den Grafen W e st a r p zu allerhand postHumen staatsrechtlichen Bedenken, denen Genosse Dr. Frank unsere Aus- fassung von der Verantwortlichkeit des Kanzlers entgegenstellte und zu einer Mahnung an die Nationalliberalen veranlaßte, doch so ge- fährliche Nachbarschaft zu meiden, worauf freilich Herr Dr. Junck ablehnend versicherte, er sei nicht so schreckhaft. Die Kommission stimmte dem sozialdemokratischen Antrag zu, die Auslegung des§ 33a der Geschäftsordnung zugleich mit der Gesamtrcvision vorzunehmen._ Belgien . Verstärkung des Militarismus. Brüssel , 5. Dezember. Der Kriegsminiswr unterbreitete heut« >dem Parlament das neue Militärgesetz. Danach wird das Jahres- kontingent auf 33 000 Mann gebracht, das bedeutet im Prinzip die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Es wird ferner das Ein- jährigeninstitut nach deutschem System eingerichtet, und es sollen etwa 2000 Mann jährlich Freiwillige eingestellt wenden. Die Linien- truppen werden nach dem neuen Gesetz,'das schon im Jahre 1913 in Knast treten soll, auf 150 000 Mann gesteigert. Das Kontingent in Kriegsstärke wird 333 000 Mann betragen. Die Dienstpflicht soll bis zum 33. Lebensjahre, also 13 Jahre, dauern. Die Dienstpflicht beträgt nach wie vor 15 Monate. Die Begründung des'Gesetzes wird erst später dem Parlament zugehen. Italien . Ein Sozialist in Stichwahl. Rom , den 2. Dezember.(Eig. Ber.) Bei der durch den Tod des bisherigen Abgeordneten, eines Ministeriellen, nötig gewordenen Ersatzwahl von Castel San Giovanni erhielt der Parteikandidat Nino Mazzoni 1174, der Ministerielle Piatti 1583 und der bürgerliche Radikale 858 Stimmen. Genosse Mazzoni kommt daher in Stich- wähl mit dem Ministeriellen, freilich mit geringer Aussicht auf Erfolg, da die Radikalen kaum ihre Stimmen auf den Sozialisten überwälzen werden._ Em der Partei. Ei» Achtzigjähriger. Man schreibt uns aus Baden: Unser badischer Parteinestor, Privatmann Karl Geck in Offenburg , feiert am 6. d. MIS. seinen 80. Geburtstag bei Gesundheit und geistiger Regsamkeit. Der K o m m e r z i e n- r a t s r." wie seine Bezeichnung im Firmenregister der roten Feldpost lautete blickt auf eine stille aber wirkungsvolle Arbeit in der sozialistischen Bewegung zurück, wobei ihm die Schergen der Vismarckschen Schandgesetzgebung in den achtziger Jahren schwer zusetzte». Zu den materiellen Opfern brachte Karl Geck auch Freiheilsopfer in zwei badischen Gefängnissen. Der Parteivorstand in Berlin erfreute den alten Kämpen durch eine Aufmerksamkeit, In der roten Feldpost hat Josef Belli seinen Exporteur und alten Freund verewigt._ Der neue Chefredakteur desAvauti". Rom , den 2. Dezember.(Eig. Ber.) In der Nummer vom 1. Dezember nimmt der bisherige Chefredakteur desAvanti", der vom Parteitag mit diesem Amt bekleidete Genosse Giovanni B a c c i Abschied von den Lesern, und Genosse M u s o l t n i gibt seine Uebernahme der Leitung des Zentralopgans zur Kenntnis. Bacci setzt die zwingenden Gründe auseinander, die ihn zum Rück- tritt bewegen: es handelt sich um unabweisbare Verpflichtungen. die er in der Parieibewegung der Provinz Ravenna schon vor dem. Kongreß von Rcggio übernonmicn hatte, und von denen er nicht ohne große Schädgung der dortigen Organisationen zurücktreten konnte. In herzlichen Worten wünscht er dem Zentralorgan weiteres Gedeihen und reiches Wirken für die Befreiung der Ar- beiterschaft und für den Sozialismus. Im Gegensatz zu den Erklärungen Baccis haben die Musolinis einen durchaus politischen Charakter. Seit dem Kongreß von Reggio Emilia hätte der Avanti" eine gemäßigte Haltung angenommen, die einen Heber- gang zwischen der bisherigen reformistischen Richtung und der in Reggio zum Siege gelangten revolutionären darstellte. Die sieg. reiche Fraktion hätte bis jetzt die Resolution Lerda ohne jede Strenge und Schärfe, im Sinne größter Duldsamkeit interpretiert. Nunmehr sei es an der Zeit, diese Haltung der Transition aufzu- geben und offener die revolutionäre Auffassung der sozialistischen Entwickelung zum Ausdruck zu bringen. Natürlich werde das Zentralorgan nach wie vor allen Richtungen in der Partei in gleicher Weise offenstehen, aber die Redaktion werde künftighin strenger und schärfer im Sinne der in Reggio siegreichen Resolution ihre Stellungnahme kundtun. Das Blatt werde revolutionärer sein als bisher. Die Erklärung schließt mit den Worten: Es lebe die sozialistische Partei, es lebe die soziale Revolution! Ob sich an den Wechsel der Chefredaktion ein solcher des Redaktionspersonals anschließen wird, ist nicht bekannt. Zurzeit sind in der Schrift- leitung des.Zentralorgans mehrere Journalisten tätig, die nicht organisierte Parteigenossen sind. Personalien. Für den Wahlkreis Hanau-Bockenhcim-Gcln- Hausen-Orb wurde an Stelle deS Genossen D i ß m a n n, per als Provinzialsekretär nach Frankfurt a. M. kommt, der Genosse M. Schna brich(seither Beamter des Schuhmacherverbandes) aus Frankfurt a. M. zum Parteisekretär gewählt. polireilicbes, Gmcbtticbes uf». Ein drakonisches Urteil wurde am Montag von der 2. Strafkammer des Hamburger Landgerichts über die Genossen Schönberg(Geschäftsführer des Verbandes der Staats- und Gemeindearbciter) und E. K ö p k e (Redakteur desHamburger Echo") verhängt wegen angeblicher Be- leidignng des Kaidireklors Winter. Dieser Beamte hatte zwei Staatöarbeiter, von denen einer zwölf Jahre im Kaibetriebe tätig war, entlassen, weil sie ein Gespräch, das sie in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des ArbeiterauSschussos mit ihm, dem Kmdireltor, gehabt hatten, dem Berbandsbeamten Schönberg falsch mitgeteilt haben sollen. Swönberg hatte von dieser Mitteilung in einem Artikel Gebrauch gemacht, den er demHamburger Echo" einschickte. Der Artikel erschien hier mit der Unterschrift Schöubergs im Sprechsaal". Trotzdem wurde nicht nur Schönberg als Verfasser, sondern auch der Verantwortliche unseres Hamburger Parteiorgans als Mittäter angeklagt und beide wurden verurteilt: Schönberg zu vier, Köpke zu zwei Monaten Gefängnis. Die Be- lcidigung wurde lediglich in der Behauptung gefunden, der Kai- direktor Winter habe gesagt, er wolle mit alle it Mitteln die Bekämpfung der freigewerkschaftlichen Arbeiter- Organisation in seinem Betriebe unterst ü tz e n. Als ent- schiedener Gegner der modernen Arbeiterbewegung hat sich der Kai- direktor Winter auch bor Gericht bekannt. Der Redakteur der Gewerkschaft ", Genosse Dittmer in Berlüi, ist wegen der gleichen Beleidigung" nur zu einer Geldstrafe verurteilt worden.