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E5 genügt nicht, dab der angeblich vollständig Mpolitische und neutrale»Katholische Arbeiterverein" die Kandidaten aufstellt, end- gültig approbiert sind sie erst, wenn sie vom Pfarrer empfohlen werden l_ Die bürgerliche Jugendfürsorge. die unter der Obhut von Staatsanwälten, Landräten und Gerichts- Präsidenten steht, schlägt immer werkwürdigere Wege ein. So wurde in der B r e s l a u e r Z e n t r a l e für Jugendfürsorge ein Antrag angenommen, der die gesetzgebenden Körperschafren auffordert, für alle jungen Leute, die Arbeiter werden wollen, eine zwangsweise einjährige Lehrzeit einzuführen. Und der Zeiitralgewerbeverein für Schlesien , dem der Antrag zur Begut- achtung überwiesen wurde, fand den Gedankensehr beachtenswert", nur glaubt er nicht an die Zustimmung des Reichstags. Dennoch soll die Sache weiter verfolgt werden. Militärjustiz. Ein Reservist war im Sommer dieses Jahres nach Memel zu einer vierzehntägigen Uebung eingezogen worden. Als Schauflüge veranstaltet wurden, erhielt er nebst anderen Mannschaften den S3efehl, den Platz, von dem aus die Flüge vor sich gehen follten, ab- zusperren. Die Menge wollte die Sperrkette durchbrechen. Das veranlagte einen Unteroffizier, einem Dragonergefreiten den Bc- fehl zu erteilen, in die Menge hineinzureiten!! Die Ausführung dieses Befehls suchte der Reservist dadurch zu ver- hindern, dag er das Pferd des Gefreiten an den Zügeln festhielt. Er wollte dadurch nur das Publikum schützen und ein Unglück ver- hüten. Wegen dieser Tat mußte er sich vor dem Kriegsgericht in Jnsterburg verantworten, das ihn zu sieben Monaten Gefängnis vernrtciltr und seine sofortige Verhaftung anordnete. Kasernenerziehung. In welcher Weise das ganze militärische System noch unter den Mannschaften die Sucht fördert, sich zu überheben und»schlagende" Beweise einer angemaßten Kommandogewalt zu liefern, zeigen zwei Verhandlungen, die sich am Mittwoch vor dein Kriegsgericht in Erfurt abspielten. Ein im zweiten Jahre dienender Kanonier vom 53. Feldartillerieregiment in Naumburg spielte sich am Bußtagabend den Rekruten gegenüber als Vorgesetzten auf._ Als ein Rekrut sich die Anmaßungen nicht gefallen ließ, zog der ältere»Kamerod" das Seitengewehr und schlug den Rukniten damit auf die Schulter. Das Kriegsgericht verurteilte den schlagfertigen Kameraden zu einer Woche Gefängnis. Im zweiten Falle hatte ein inzwischen zur Reserve entlassener Gefreiter von den Dragonern in Hofgeismar einen anderen Dragoner deshalb mit Ohrfeigen traktiert, weil dieser einen falschen Säbel trug. Der Geschlagene übte selbst Justiz. Er hieb den Gefreiten mit dem Karabiner über den Kopf, so daß der Gefreite zusammenbrach. Dergewöhnliche" Dragoner wurde dafür zu 7 Tagen Gefängnis verurteilt. Dagegen sprach da» Standgericht rn Sandershausen , wo der zur Reserve entlassene Gefreite sich zurzeit aufhält, diesen frei. Auf die vom Gerichlsherrn hiergegen eingelegte Berufung hob jedoch da« Kriegsgericht Erfurt daS Standgcrichtsurtcil ganz und gar auf und stellte das Verfahren als unzulässig ein, weil der Strafantrag nicht formgerecht gestellt sei. Die beiden kleinen Episoden zeigen, in welchem Umfange und mit welcher Lust in den preußisch-deutschen Kasernen heute noch geprügelt wird._ Wegen einer Lappalie fällte daS Kriegsgericht in Breslau ein drakonisches Urteil. Der Musketier Hachulla hatte sich einen Rausch angetrunken und war in diesem Zustande auf Nachtposten gezogen. Da er vor dem wach- haberrden Unteroffizier»keine militärische Haltung" annahm und sich einige respektlose Bemerkungen über ihn erlaubte, entwickelte sich daraus eine Anklage wegen folgender Verbrechen: Trunkenheit rm Dienst, Wachvergehen. Achtungsverletzung, Belügen von Vorgesetzten und Ungehorsam. Das Kriegsgericht bedachte dafür den Unglücklichen mit S Monaten Gefängnis. _ Rußland. Die Lotsenkalamität in den sinnischen Gewässern. Unser finnischer Mitarbeitet schreibt uns: Kurz vor der Eröffnung der diesjährigen Schiffahrt wurde die finnische Lotsenverwaltung bekanntlich von den Russen okkupiert, da, wie die Regierung behauptete, die Russifizierung der finnischen Lotsenverwaltung eine Lebensfrage für Rußland bedeute. Gegen die RussifizierungSmatznahmen protestierten die finnischen Lotsen durch massenhaften Austritt aus dem Dienste, worauf die Ver- waltung sich genötigt sah, vom Kaspijche» Meer her Ersatzmann- schasten nach Finnland zu schaffen. Diese erwiesen sich aber in ollen Hinsichten untauglich. Die finnischen Schären, die eine Welt für sich bilden, können nur von eingeborenen Seeleuten befahren werden, und da diese durch die Russifizierung aus dem Dienst ge- trieben lvarew, erlitt die Schiffahrt die größten Verluste und Nachteile. Während des verflossenen Sommers verging kein Tag ohne Klagen über die unerhörte Unordnung im Lotsenwesen. Schisse mußten warten, da keine Lotsen zu haben waren; oft erhielten sie auf ihre Anfragen überhaupt keine Antwort. Oft mußten Schiffe umkehren, ohne ihre Frachten abgeladen oder neue aufgenommen zu haben. Oft mußten die Schiffer, da keine Lotsen zu erlangen waren, die Einfahrt auf eigene Gefahr wagen. Zahllose Havarien loaren die Folge davon. Auch die Schiffe, die einen Lotsen er- halten hatten, waren denselben Gefahren ausgesetzt, da die un- geübten Lotsen sich als vollkommen unzuverlässig erwiesen. Nicht nur in der Führung der Schiffe, auch in der Absteckung des Fahr- Wassers bekundete die russifizierte Lotsenverwaltung ihre völlige llntauglichkeit. Häufig sind Schiffe gerade infolge der salschgelegten Wasserzeichen aufgelaufen und zugrunde gegangen. Wie ge­fahrvoll diese Zustände sind, beweist die Tatsache, daß ein kaiserlich- russisches Minenschiff hoffnungslos verloren ging. Ein anderes Minenschiff ist auf eine Sandbank festgerannt. Den Verlust des Minenschiffes Nr. 136 hat man erst jetzt bekannt zu geben gewagt. Ebenso bezeichnend ist es, daß selbst die Lotsendampfer oft aufge- laufen sind und Havarien erlitten haben. Von verunglückten deutschen Schiffen sei dieHaparanta" genannt. Das schwedische SchiffSerla" lag zwei Tage lang im schweren Sturm auf offener See weil kein Lotse zu haben war! Insgesamt sind im verflossenen Sommer 86 Schiffe in den finnischen Gewässern aufgelaufen, d. h. um 56 Prvz. mehr als im Verlauf von 87 Jahren! Orina. Der Anleihevertrag. Peking , iL. Dezember. Der von der Sechsmäch tegruppe ent- worfene Anleihevertrag, mit dem sich morgen in London eine Konfe- renz der beteiligten Bonken beschäftigen wird, sieht als Sicherung ,siir die 25 000 000 Pfund Sterling der Anleihe die Solzsteuer vor. Mit dem Crispschen Banksyndikat soll ein Uebereinkommep ge- troffen wenden, sobald Chinas Zusage feststeht. Dieses Angebot be- seitigt jedes Monopol so gut wie ganz, und mildert die fremde Auf» ficht über die Ausgaben Chinas , wie fie ursprünglich beabsichtigt war, wesentlich. Die chinesische Regierung verlangt 10 000 000 Pfund innerhalb der nächsten drei Monate, den Rest im Laufe des nächsten Aahrefc Di« günstiHevey Bedingungen werden;n hervorragendem Maße auf den Einfluß der Crispschen Gruppe zurückgeführt, der für China einen wesentlichen Vorteil bedeutet habe. Die Sechs- mächtegruippe und China kommen überein. die Salzfteuer zu re- organisieren. Die Verwaltung soll auf zehn Zentralpunkte ver- teilt werden, an denen chinesische und ausländische Mildirektorcn unter einem Kontrollausschuß arbeiten sollen, in dem sich als tat- sächlich leitender Direktor ein Fremder befinden wird. Dieser wichtige Posten ist dem dänischen Zollkommissar in Tientsin Olesen airgetragen worden, der auf eine 35jährige erfvlgreiche Tätigkeit im Seezolldienst zurückblicken kann, sechs Jahre englischer Prokonful in Nordkorea war und bei sämtlichen Gesandtschaften sehr beliebt ist. Der Posten eines Rcchtsbeistandes der chinesischen Regierung ist dem Schwiegersohn des belannten belgischen Juristen Roiin JacquemhnS» Recous, angeboten worden. Hmeriha. Justizverbrcchcn in de» Vereinigten Staaten . Wozu man in Rußland und Preußen die Polizei benutzt, dazu muß in Amerika die Justiz herhalten. Bald werden, wie es vor 25 Jahren in Chicago geglückt, später gegenüber Hayivood und Genossen und noch neuerdings gegen Ettor und Giovanitti miß- lungen ist, unter einem riesigen Aufgebot von Detektives und son- stigen käuflichen Halunken große Kapitalprozessc vor den Ge- schworenen angestrengt, bei denen man günstigenfalls aus völlige Vernichtung des Gegners rechnen kann, aber auch, trotz sorgsamster Aussiebung der Geschworenen, nicht vor einem oder dem anderen ehrlichen oder eigensinnigen Geschworenen, der das ganze seine Geschäft zunichte macht, geschützt ist. Oder man bedient sich, was weniger effektvoll, aber viel sicherer ist, der beamteten, speziell der vom Präsidenten ernannten und fast immer den großen Jnter- essen unbedingt ergebenen Bundesrichter. Besonderer Liebe der Bundesjustiz erfreut sich derAppeal t o R e a s o n", der als Wochenblatt in Cirard» Kansas , in einer Auflage von über 500 000 erscheint und in der Zeit vor der Wahl Auflagen von über einer Million herausgebracht hat. Eine besondere Aufgabe desAppeal " ist der Kampf gegen die korrupte Bundesjustiz. Er hat ihre Untertänigkeit unter die schofelsten Kapitalsinteressen namentlich in Anwendung des Haftpflichtgesetzes nachgewiesen und eine Anzahl Richter in ihren Beziehungen zu den Korporationen oder ihrer sonstigen Lebensführung unheilbar bloßgestellt. Daher soll er um jeden Preis vernichtet werden. Erst suchte man das mittels Verletzmtfl des Postgesetzes zu erreichen, indem ihm die Vergünstigungen des Zeitungsvertriebes vorenthalten wurden. Als das nicht half, griff die Justiz ein, als deren Organ, im Ein- Verständnis mit der Bundcs-Justizverwaltung, der Distrikts- anwalt H. I. Bone auftritt. Im vorigen Jahre wurden durch denAppeal " grauenhafte Zustände imMuster"-Bundesgefän>gnis Leaven- Worth(Kansas ) aufgedeckt. Ein junger Beamter, der sie fest- gestellt und seinen Vorgesetzten angezeigt hatte, war entlassen worden, ohne daß Abhilfe erfolgt«. Er wandte sich an den Appeal ", der einige Monate lang die Tatsachen veröffentlichte und als Beweismittel dieAffidavits"(eidliche Aussagen) der Zeugen zufügte. Neben einer Reihe gröblichster Mißhandlungen, deren eine den Tod herbeigeführt hatt«, kamen auch sittliche Ver- fehlungen zur Sprache, darunter die Aussagen zweier Frauen über von dem Direktor Lemon an ihnen verübte wider­natürliche Unzucht. Die Bundesverwaltung, die nun eingreifen mußte, fand alle Anklagen gerechtfertigt. Lemon und andere wur- den entlassen, jedoch nicht angeklagt. Statt dessen wurde gegen die Herausgeber desAppeal " Anklage wegenVerbreitung unzüchtiger Literatur" erhoben. Genosse D. Way- land, der Begründer desAppeal ", der in don> letzten Jahren nur noch init dem geschäftlichen Teil zu tun hatte, wurde, da er aussagte, mit der Redaktion nichts zu tun zu haben, des Mein- e i d s beschuldigt. Gebrochen durch den im vorigen Jahre seiner Frau widerfahrenen tödlichen Unfall und die ständigen Hetzen und Verfolgungen, beging er Selbstmord. Gegen Warren und Genossen wurde verhandelt, jedoch, nach tapferer Verteidigung durch Genossen Sheppard, das Urteil ausgesetzt. Inzwischen hört man von neuen Schurkereien. Gegen Warren, Sheppard und D e b s, den Präsidentschaftskandidaten, ist von demselben Bone neue Anklage erhoben worden, die ihre Ver- Haftung zur Folge hatte. Bone beschuldigt fie, einen Zeugen b e st o ch c n zu haben, damit er verschwinde oder falsche Aussagen mache. Es handelt sich um einen ausgekochten Schurken, der im Gefängnis gesessen hat und nachher bei demAppeal " Aufnahme fand, wo er für gelieferte Beiträge 200 Dollar erhielt, die er nun als Bestechungsgeld dezeichnet. Ueber die Machenschaften, die gegen den Stab desAppeal " betrieben werden, geben einige weitere eidliche Aussagen, die dort mitgeteilt werden, Aufschluß. Ein A. W. Lovejoy berichtet, daß er durch Bermittelung eines Pater Pompeney(die Art hat immer Witterung für schmutzige Geschäfte und kapitalistische Verdienste) mit einem Detektive Dueberg, den der berüchtigte General Otis in LoS Angeles emp­fohlen hatte, in Verbindung gebracht wurde. Dieser desorgte ihm ein Dekret als Agent des Generalstaatsanwalts und forderte von ihm. auf einen früheren Briefboten Lafater einzuwirken, der (wie er angibt, fälschlich und aus politischem Hasse) wegen angeb- lichen Amtsvergehens suspendiert und mit Anklage bedroht war. Lasater sollte erklären, die Redakteure desAppeal " hätten ihn verleitet, Briefe zu stehlen und ihnen zu überliefern. In Lovejohs Wohnuiu; sollte ein D i k t a g r a f angebracht werden. der ohne Lasaters Wissen diese Aussage aufnehmen sollte. Falls er dies aber nicht zugebe, solle ein anderer seine Stimme nach- ahmen und in den Apparat sprechen.(Man erinnert sich, daß in dem eben in Jndianopolis verhandelten Prozeß gegen die Leiter der Brückenbauer-Geivcrkschaft ein �solcher, heimlich im Bureau angebrachter Apparat auch eine Rolle spielt, über dessen Wert man nun anders denken wird.) Aus der Aussage Lovejoys geht hervor, daß Dueberg angab, mit der Justizverwaltung und T a f t selbst unter einer Decke zu stecken. Jedenfalls spricht das Schrift. stück, das ihn zum Spezialagenten bestellt, für eine Mitwirkung der obersten Verwaltung. Dasselbe Manöver wie gegen Lasater sollte gegen Genossen Phifer, einen»Appeal "-Redakteur, an- gewandt werden. Lasater hatte man. falls er mitmachte, wegen der anderen Sache Straflosigkeit versprochen. Auch von Lasater und Phifer liegen eidliche Erklärungen vor. die jene Aussagen stützen. Offenbar handelt es sich um eine große Verschwörung, bei der Otis eine große Rolle spielt; ein Vertreter seinerLos Angeles Times " hielt sich seit langem in Girard auf. Mit der Durch- führung ist der Bundes-Distriktsanwalt Bon« betraut, von dem das Wort berichtet wird:Ich werde denAppeal " zum Bankrott treiben, seine Herausgeber in Verbannung und Selbstmord oder sie hinter die Gitter von L e a v c n w o r t h bringen." ES ist jedenfalls kein Zufall, daß die Prozesse nicht nur gegen denAppeal ", sonder» in den verschiedensten Teilen der Union sich häufen. Es liegt Svstem darin. Unsere Genosse» gehen schweren Kämpfen entgegen. DebS selbst erklärte:Seit 6 Jahren waren die Bluthunde auf der Spur desA.". unterstützt von der Bundes- regicrung und den Geftunächten in Wallstreet , Und nach hen An- gaben von Bone, des Agen't probocaicur, der ein Gehalt als Distriktsanwalt bezieht, ist das Ende jetzt in Sicht,'-und wir werden uns bald in Sträflingsileider» sehen. Ich betone ausdrücklich, daß die Arbeiterschaft nicht einen roten Cent für meine Verteidigung gegen diese lügnerischen Diebe und Brandschatzer hergeben soll, die in der Livree von GcrichtSbcamtcn den Freibeutern dienen, die die Nation berauben und des Volkes Freiheit vernichten. Ich fordere die richterlichen Banditen und käuflichen Subjekte heraus, ihr Schlimmstes zu tun. Ich nehme aus ihrer Hand keinen Pardon an. Ich verachte ihre Barmherzigkeit und verabscheue ihre scheußliche Travestie der Gerechtigkeit. Da ich der Kandidat der Ar» beiterklasse für das Weiße Haus (den Präsidenten- Palast) gewesen bin, kann ich es mir jetzt erlauben, der K a n d i- dat der raubenden Klasse für das Gefängnis zu sein. Ich bin fertig für den Kampf. Ich weiß, um was es sich handelt und bin auf das bitterste Eltdc vorbereitet. Sie haben uns nun vor. Aber es wird nicht mehr lange dauern, bis Wir den Kapitalisten vor dem amerikanischen Volke den Prozeß machen wer- den." Man sieht auch hier wieder das Schauspiel wie bei allen wichtigen Wahlen und großen Prozessen: Hier die Mamelucken der Ausbeutung: Scharfmacher, hohe Beamte, katholische Kirche und Schurken ohne weiteres dort als Kämpfer und Märtyrer die Vertreter des Volkes uicd seiner Rechte. DieVerbrecher" als An- klüger und Richter die Richter und Ankläger als wahre Wer» brecher. Hinter Rußland dürfen heute die Vereinigten Staaten . das Land der Menschenrechte, die Ehre in Anspruch nehmen, die verbrecherischsten Behörden und Justizorgane ihr eigen zu nennen. Em der Partei. Bürgerausschußwahlen in Unterbabe». In P l a n k st a d t(Kreis Mannheim ) errangen unsere Ge- nassen bei der Bürgerausschutzwahl für die III. und II. Klasse 12 Sitze; 10 von diesen nahmen sie dem Zentrum und einen den Liberalen ab. Einen Sitz hatten sie bisher schon im Besitz. In Bruchsal gelang es in der III. Klasse, sechs Sitze zu er- obern. Hier war unsere Partei bisher unver treten. Auch dieser Gewinn geht auf Kosten des Zentrums. In Edingen konnten unsere Geiwssen zu ihren bisherigen 10 Sitzen noch zwei weitere erlangen. Das Zentrum gewann auf Kosten der Libe» ralcn neun Sitze._ Baillant, Prcsscnss und Jaurds über den Basler Kongreß. Paris , 12. Dezember.(Eig. Ber.) Viele Tausende hatten sich gestern in der Salle Wagram zusammengefunden, um den-Bericht der Genossen Vaillant, Pressense und I a u r ö S über den Internationalen Kongreß anzuhören. Die kampfbegeifterte Stim» mung gab sich ununlerbrochen während der Reden durch stürmische Zurufe kund. Als Baillant aus die Folgen des deutsch -sranzösischen Krieges hinwies, brausten Hochrufe auf die Kommune durch den Saal. Pressensü setzte beredt die geschichtliche Bedeutung des Balkan- kriegeS und der Liquidation der Türkei auseinander. JauräS kenn« zeichnete das Treiben der Diplomatie, besonders der österreichischen und russischen, erklärte, daß Geheimverträge die Demokratie nicht binden könnten, und gab der Ueberzeugung Ausdruck, daß die Völker, die man zu gegenseitigem Mord bewaffnet, die Krait finden werden, sich zum Kamps gegen den Mord zu erbeben. Die Versammlung, der ein Begrüßungsschreiben der Pariser Gasarbeiter zugegangen war, schloß nach Annahme einer Resolution mit dem RufNieder mit dem Krieg I" und dem Gesang der Internationale. 8o2iaies. Unternehmer-Arbeitsnachweise. In der Errichtung von Arbeitsnachweisen, die ausschließlich von ihnen selbst beherrscht werden, sehen die Unternehmer ein Mittel, den Arbeitsmarkt zu beherrschen, eine Aussicbung vorzu» nehmen und unbeliebte Arbeiter möglichst von den Arbeitsstellen fernzuhalten. Insofern wirken die Arbeitsnachweise genau so wie die Matzregelungen. Aus diesem Grunde ist den einseitige» Arbeits- nachweisen der Unternehmer eine besondere Bedeutung beizu- messen. Wie die Nachweisungcn imReichsarbeitsblatt" ergeben, ist die Zahl solcher Nachweise und ihre Geschäftstätigkeit ziemlich stark im Steigen begriffen. Es wurden gezählt: 1S10 218 Nach­weise, 1911 32 mehr, nämlich 250. Stellen wurden vermittelt im Jahre 1910: 899 753, im Jahre 1911 schon 1116 651. Die meisten Unternehmernachweise zählt mit 72 das Baugewerbe, dann folgt mit 70 das polygraphische Gewerbe, mit 34 die Metallverarbeitung, mit 31 das Handels- und Verkehrsgewerbe. Hier ergibt sich die umfangreichste Geschäftstätigkeit; es wurden 342 830 Stellen ver- mittelt; dann folgte die Metallverarbeitung mit 337 951 vermittel- ten Stellen. Dann schließt sich die Gruppe Bergbau, Hütten- und Salinenwesen mit 200 750 Stellen bei nur 17 Nachweisen an. Bei der gleichen Zahl von Nachweisen wurden für die Industrie der Steine und Erden 116 276 Stellen vermittelt; dann folgt von den Produktionsgewerben das baufachliche mit 109 060 vermittelten Stellen. Die Nachweisungen geben auch einen Ueberblick über die Fluktuation. Der gesamten Zahl von 1 146 651 vermittelten Stellen stehen 1 253 788 überhaupt beschäftigte Arbeiter in den an- geschlossenen Gewerben gegenüber. Am stärksten ist die Fluktua- tion im Handels- und Verkehrsgewerbe. Auf jeden durchschnittlich Beschäftigten kommen 5 Ncueinstellungqß,. Im Baugewerbe ent- fällt auf je 2 Beschäftigte eine Vermittelung. Im Bergbau, der fast ausschließlich von den Unternehmernachweisen beherrscht wird, stehen je 4 vermittelten Stellen 7 Beschäftigte gegenüber. In der Metallverarbeitung kommen auf 8 vermittelte Stellen 10 Be- schäftigtc, in der Industrie der Steine und Erden kommt auf 2 Beschäftigte eine Vermittelung. Mit Ausschluß des Baugewerbes geben die Ziffern ungefähr ein Bild von der tatsächlichen Fluk- tuation in den einzelnen Gewerben. DieRenfrist" im Lehrvertrage. Innerhalb des ersten Monats der Lehrzeit, der alsReufrist' gilt, kann sowohl der Lehrherr wie der Lehrling vom Lehrvertrage zurücktreten. Von diesem ihm gesetzlich zustehenden Recht hatte auch nach Ablauf des ersten Monats ein Lehrling Gebrauch gemacht, der jetzt als Kläger gegen den Buchdruckereibesitzcr Ebmeycr auf- trat. Der Beklagte weigerte sich, die vereinbarte Lehrvergütung von 15 M. für den einen Monat zu zahlen, weil der Junge eine Schreibmaschine entzwei gemacht haben sollte, was 12,50 M. Re- paraturkosten verursacht habe. Aber auch den Rest von 2.50 M. sollte der Lehrling nicht bekommen. Denn dieser habe durch sein plötzliches Fortbleiben das Geschäft erheblich geschädigt. Der Be- klagte meinte, der Lehrling hätte zumindest den Chez vorher ver- ständigen müssen, wenn er die Lehre nicht fortsetzen wollte. Der Prinzipal müsse doch, um einer Schädigung vorzubeugen, sich recht- zeitig Ersatz beschaffen können. Das Kaufmannsgericht erkannte die Einwendung be« Beklagten nicht als berechtigt an. Der Lehrling könne innerhalb der ein- monatigen Reuzeit ohne weiteres vom Vertrage zurücktreten. Er brauche das nicht vorher anzuzeigen und sei auch nicht gehalten, Gründe für den Rücktritt anzugeben. Um der Verurteilung zu entgehen, zahlte der Beklagte die von dem Lehrling noch verlangten 2,50 M. vor Urteilsfällung. Hätte der Lehrling den vollen Betrag von 15 M. verlangt, so hätte ihm auch dieser zugesprochen werden müssen, weil nach$ 394 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegen den Anspruch auS dem Arbeitsvertrag eine Aufrechnung innerhalb he? Jahresbetrags von 1500 M. unzulässig ist.