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Nr. 295. 29. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. tfwog, 18. Gember 1912.

Ein Reichsverbandsprozeß vor dem Kammergericht.

Dr. Franz Ludwig, ein Hauptgeschäftsführer des Reichs­berbandes zur Bekämpfung der Sozialdemokratie, hat ein Buch ,, Kommunalpolitik und Sozialdemokratie", das im Vorwort als solide Waffe" gegen die Sozialdemokratie angepriesen wird, verfaßt. Wir kennzeichneten dies Buch an der Hand von Tatsachen als Schwindelwerk".

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Mittwoch,

Erwiesen ist, daß das Ludwigsche Buch Unwahrheiten enthält. aller ihrer Betriebe, aber 61,4 Proz. aller Arbeiter in den Größen­Die Verurteilung ist dennoch erfolgt, weil der Vorwärts" ange- klassen von 200 bis über 500 Arbeiter hat. nommen hätte, Dr. Ludwig, der sein Werk als solide Waffe" anpreist, habe gewußt, daß die solide Waffe" die Unwahrheiten enthält. Kurios, daß ein Schriftsteller gegen solches Urteil noch Revision einlegt.

Die industrielle Entwickelung der Schweiz  .

Von besonderem Interesse ist die Zusammenseßung der Arbeiter schaft nach dem Geschlecht und die eingetretenen Verschiebungen in 117 764 Arbeiterinnen gezählt gegen 150 203 beziv. 92 331 in 1901. den bezüglichen Verhältnissen. 1911 wurden 211 077 Arbeiter und Die Zunahme der Arbeiterinnen betrug in der Vergleichsperiode 27,7 Proz., die der Arbeiter aber 40,5 Proz. Der Anteil der Arbei­terinnen an der Gesamtarbeiterschaft belief sich auf 35,8 Proz., während er 1901 38,1 Proz., 1895 40 Pro3., 1888 45,8 Proz. und 1882 48 Pro3. betrug. Bei steter absoluter Vermehrung der Zahl der Arbeiterinnen ist ihr relativer Anteil an der Gesamtarbeiter­Dr. Ludwig flagte deshalb wegen Beleidigung und erzielte auch die die Betriebsstatistik jedes Jahr fortführen, nimmt die schweize- rapider wuchs. Das hängt zusammen mit der Entwickelung der Im Gegensatz zu der Praxis der deutschen   Fabrikinspektoren, schaft zurückgegangen, da die Zahl der männlichen Arbeiter noch vor dem Schöffengericht die Verurteilung unseres verantwort: rische Fabrikinspektion nur in längeren Zwschenräumen neue stati- einzelnen Industriezweige und mit dem weiteren Umstand, inwie­lichen Redakteurs, des Genossen Richard Barth  , zu drei stische Erhebungen vor. Soeben hat sie einen starken Folioband weit sie Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigen. Relativ am Wochen Gefängnis. In der Berufungsinstanz wurde über die Fabrikstatistik vom 5. Juni 1911 veröffentlicht, nachdem die meisten zugenommen hat die Frauenarbeit in der Uhrensteinindu­der Wahrheitsbeweis angetreten, die Straflammer des vorausgegangene lezte Erhebung am 5. Juni 1901, also genau ein strie( die 1601 weibliche und 944 männliche Arbeiter beschäftigt) von Landgerichts erkannte darauf auf 200 Mart Geld- Jahrzehnt vorher, stattgefunden hatte. Gegenüber der deutschen   56 auf 62 Proz., dann folgt die Baumwollindustrie mit 55,7 gegen strafe wegen Verstoßes gegen§ 186 des Strafgesetzbuchs. Fabrikstatistik unterscheidet sich die schweizerische allerdings, und 50,8 Proz.; in der Leinenindustrie dagegen ist sie von 60,7 auf Das Landgericht stente in seinem Urteil fest, daß zwar zu ihrem Vorteil, durch größere Vollständigkeit. Sie bietet 56,3 Proz. zurückgegangen. Jedenfalls stehen die Proletarierinnen Dr. Ludwigs Buch verschiedene objektive unrichtig nämlich nicht nur eine Uebersicht über die Zahl der Betriebe und alle in irgendeinem Lohnverhältnis. der Arbeiter, nach Industrien und Kantonen geordnet, sondern auch feiten hinsichtlich der kommunalen Wirksamkeit der Sozial- über die Nationalität der Arbeiter, was bei der starken Vertretung demokratie enthalte und daß die Ludwigsche Darstellung bestimmter ausländischer Arbeiter in der Schweiz   von ganz besonderer Be­tommunalen Vorgänge eine gewisse tendenziöse Einseitig deutung ist; über die Arbeitszeitverhältnisse und über die mechani­keit nicht verkennen lasse. Zur Schuldfrage wurde dann in dem schen Betriebskräfte. Urteil ausgeführt, daß gleichwohl eine Beleidigung aus§ 186 an­zunehmen sei. Denn, wenn das Werk Dr. Ludwigs ein Schwindel­werk genannt werde, so enthalte das gegen Dr. Ludwig den Vor­wurf des Schwindels. Es werde also die Tatsache behauptet, er habe die Unrichtigkeiten wider besseres Wissen in dem Werke gebracht. Das aber habe Barth nicht beweisen können. Auf Grund der Beweiswürdigung sei nicht anzunehmen, daß Dr. Ludwig wider besseres Wissen die objektiv unrichtigen Angaben über einzelne Fälle in seinem Buche gemacht habe.

Gegen das Urteil legte Dr. Ludwig Revision ein, über die gestern der zweite Straffenat des Kammergerichts unter dem Vorsiz des Senatspräsidenten Dr. Roth verhandelte.

Gine vergleichende Uebersicht über die Betriebe und Arbeiter in den letzten 30 Jahren bietet folgendes Bild. Es wurden gezählt:

1895

4.933

186,7

1901 6080

1882 1888 1911 Betriebe 2642 3 786 7785 beztv. 100 148,3 230,1 294,6 Arbeiter. 134 862 159 106 200 199 242 534 328 841 beztv. 100 117,9 184,4 179,7 243,8 entwickelung der schweizerischen Fabrikindustrie. Diese Zahlen bekunden eine stete und bedeutende Weiter­Einen reinen Vergleich gestatten aber nur die Zahlen von 1901 und 1911, da in diesen zehn Jahren keinerlei Aenderungen in der Anwendung des Fabrifgefeßes vorgekommen sind, und da ergibt sich nun, daß in diesem zehnjährigen Zeitraum die Betriebe um 28 Proz., die Ar­beiter aber um 35 Proz. sich vermehrt haben. Bemerkenswert ist die fortschreitende Industrialisierung der bisher vorwiegend land­wirtschaftlichen Kantone( Bern  , Luzern  , Uri, Schwyz  , Ober- und Wallis  ), die durch die vorhandenen reichen Wasserkräfte und ein Unterwalden, Zug, Freiburg  , Graubünden  , Thurgau  , Waadt   und einheimisches bedürfnisloses Proletariat gefördert wird. Von den Industrien ist die Textilindustrie im Rückgang begriffen, während die Holzindustrie, Metall- und Maschinen- sowie Uhrenindustrie einen relativ bedeutenden Aufschwung erfahren haben, wie folgen­der Vergleich veranschaulicht: Arbeiter

Papierindustrie.. Holzindustrie

Betriebe

1911 1901

616 496

1911 18 157

1264

852

23 765

Metallindustrie

623

377

23 325

1901 13 781 14 474 12 731

Maschinenindustrie

641

552

46 435

32 647

0

Bijouterie und Uhren 858 Erden und Steine

663

34 983

24 858

0

444

398

18 160

12 168

Der durch Justizrat. Stolte vertretene Privatkläger fühlte sich dadurch beschwert, daß Barth nicht zu Gefängnis verurteilt war. Das Kammergericht verwarf die Revision des Dr. Ludwig. In seinen Gründen führte es aus: In erster Linie rüge die Revision, daß die Verteidigung des Dr. Ludwig beschränkt worden sei. Zunächst werde hierbei schon übersehen, daß derjenige, der die Rüge erhebe, fich gar nicht in der Stellung des Verteidigers gegen eine Klage, sondern in der des Angreifers befunden habe. Der Angreifer tönne aber eine Rüge über die Beschränkung der Verteidigung überhaupt nicht erheben. Außerdem handele es sich nur um prozessuale Vorschriften, deren Verlegung vor dem Straf­fenat des Kammergerichts nach dem Gesetz nur ausnahmsweise münd lich dann gerügt werden können, wenn die Ablehnung von Beweisanträgen mit Unrecht unter Verstoß gegen materielle Rechtsnormen für un­erheblich oder unzulässig befunden worden seien. Solcher Fall liege hter mcht vor. Wenn weiter von der Revision gerügt werde, daß nicht§ 186 hätte angewendet werden dürfen, weil es sich im Artikel Ganz richtig wird übrigens im Berichte bemerkt, daß aus dem des Vorwärts" nicht um Behauptung unrichtiger, ehrenrühriger Rückgang der Arbeiterzahl nicht immer auf einen solchen der Pro­Tatsachen, sondern um reine Schmähungen gehandelt hätte, so sei duktion, auf eine Notlage der Industrie, geschlossen werden darf. auch diese Rüge zu verwerfen. Denn sowohl nach der Rechtsprechung Die Maschine ersetzt oft Arbeiter, und verbesserte Maschinen leisten des Reichsgerichts, als nach der des Kammergerichts gehöre die Aus- mit weniger Bedienungsmannschaft mehr, als eine größere Bahl legung einer beanstandeten Aeußerung zu den tatsächlichen von Leuten mit wenigen guten Einrichtungen. In dem einen und legung einer beanstandeten Aeußerung zu den tatsächlichen andern Falle mag dem Rückgang der Zahl der Fabritarbeiter eine Feststellungen, an die der Revisionsrichter gebunden sei. Vermehrung der Heimarbeiter gegenüberstehen, die indes von der Es komme hinzu, daß im vorliegenden Falle der Erfolg der Rüge Fabritstatistik nicht erfaßt worden sind. auch nur der sein könnte, daß eine Verurteilung aus§ 185 ein- Im Gesamtdurchschnitt stieg die Arbeiterzahl pro Betrieb nur zutreten hätte. Der Privatfläger fönne aber dadurch nicht be- bon 41 auf 42, allein die Tendenz zum Großbetrieb kommt denn­schwert sein, daß Angeklagter nicht aus§ 185, sondern aus dem noch in den einzelnen Industrien deutlich zum Ausdruck. So kamen schwereren§ 186 verurteilt sei. Möglich wäre ja auch eine Ver- in der Stahlindustrie im Jahre 1911 auf einen Betrieb 424 Arbei­urteilung aus beiden Baragraphen, aus§ 185 und§ 186. Die ter gegen 294 in 1901; in den Roheisen-, Walz- und Hammer­werken 278 gegen 230; Gießerei und Maschinenbau 91 gegen 64; Vorderrichters schlössen das tatsächlichen Feststellungen Kunstseide 243 gegen 201; Schokolade 241 gegen 116 usw. Hand hier aber völlig aus. Die Meinung endlich, daß die Straf in Sand damit vollzog sich eine Vermehrung der Großbetriebe in aumessung zugunsten des Verurteilten auf einem Rechts- der Klasse mit 200 bis 500 von 293 auf 297 und der Klasse mit über irrtum beruhe, entbehre einer zureichenden Grundlage. Somit 500 Arbeitern von 711 auf 962 Arbeiter pro Betrieb. Die größten könne die Revision des Privatklägers Ludwig keinen Erfolg haben. Betriebe weist die Maschinenindustrie auf, die zwar nur 7,2 Proz.

Kleines feuilleton.

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Auch die jugendlichen Arbeiter haben eine weitere Vermehrung erfahren, von 35 272 auf 51 155 oder um 45 Proz. Ihr Anteil an bei es fich namentlich um die Schifflistickerei handelt, von deren der Gesamtarbeiterschaft ist von 14,6 auf 15,5 Proz. gestiegen, wo­gesamten Arbeiterschaft sie mit 32,3 Proz., ein Drittel, ausmachen. Dem Geschlechte nach verteilen sich die Jugendlichen in denen es sich um die Altersklassen von 14 bis 18 Jahren handelt, mit 23 469 auf das männliche und 27 686 auf das weibliche Geschlecht, gegen 16 669 bezt. 18 603 in 1901, so daß die Mädchen in beiden Zähl= jahren die Mehrheit unter den Jugendlichen hatten. In manchen Industrien, wie z. B. in der Uhren- und Bijouterieindustrie, ist der Zuwachs der Jugendlichen größer als der der gesamten Arbeiterschaft.

Die Altersklasse von 18 bis 50 Jahren umfaßte 1911 245 549 ( 164 198 männliche und 61 361 weibliche) Personen gegen 184 771 ( 117 397 bezw. 67 374) in 1901; die Altersklasse von über 50 Jahren 32 137( 23 410 männliche und 8727 weibliche) gegen 22 491( 16 137 männliche und 6354 weibliche) in 1901. Drei proletarische Gene­rationen, vom 14jährigen Enkel bis zu der über 50 Jahre alten Großmutter, gehen in die Fabrit, zu der sie auf Lebenszeit ver urteilt sind.

Haushalt zu besorgen haben. Im Jahre 1901 war nur nach den verheirateten Arbeiterinnen gefragt worden und wurden deren 24 042 ermittelt, von denen 11 786 Kinder im Alter von unter 12 Jahren hatten. Die Arbeiterinnen mit eigenem Haushalt mach­ten 1911 4 aller oder nicht ganz% der über 18 Jahre alten Arbeiterinnen aus. Wie viele davon verheiratet, wie viele ledig sind, weiß man nun nicht; es ist jedenfalls anzunehmen, daß die überwiegend große Mehrzahl der Arbeiterinnen mit eigenem Haushalt verheiratete Frauen find. Sehr charakteristisch schrieb ein Fabrikant auf den Fragebogen ,,, von mehr als der Hälfte der in seiner Fabrik arbeitenden Frauen seien die Männer zu Hause beschäftigt oder sie arbeiten in anderen Brufen". Das soll vielleicht heißen, bemerkt der Verfasser dazu, die Männer besorgen das Hauswesen". Der Arbeiter als Hausfrau, Köchin, Pußerin, Wäscherin, Kindererzieherin usw. erschien ehemals nur in den Schil­derungen der rüdständigsten englischen Fabrikdistrikte und nun­mehr ist er auch in der Schweiz   keine seltene Erscheinung mehr. Und da verleumden die kapitalistischen   Nußnießer dieses Systems die Sozialdemokratie, daß sie die Ehe abschaffen und die Familie zerstören wollen. Sie verfündigen indes in diesen haltlosen Vor würfen nur ihre eigene Schuld. Der Nationalität nach verteilten sich die Fabritarbeiter in der Schweiz   in den beiden letzten Zähljahren so:

28 332 Arbeiterinnen wurden ermittelt, die einen eigenen

Schweizer  . Deutsche  

1911 255 508

1901

26 116

202 466 18 375

Franzosen.

5 978

4 204

Italiener

34 398

14 028

Desterreicher

5 869

3 063

Andere Nationalitäten

1 076

398

Total

328 841

242 534

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Vom Zuwachs von 86 000 Arbeitern entfällt allerdings der größte Teil mit 53000 auf die Schweizer  ; aber relativ hat sich Der Kongreß steht natürlich unter dem Einfluß des Kinofapitals, Aufnahmen vom Ring des Nibelungen  " und vom Parsifal  " her deffen Interessen er durchsetzen soll. Der Generalsekretär des Schutz- stellen lassen. Kosten sind nicht gescheut und in romantischen berbandes Dr. Meseriger plädierte denn auch für das Kino Szenerien, in pompösen Bildern, strahlenden Rüstungen und köft­Sechstagerennen. Das große Ereignis der Zeitgeschichte, das boll und ganz und auf der ganzen Linie. Das Aushängeschild: lichen Gewändern wird gefchwelgt. Was aus dem Geist des Werkes Sechstagerennen  , eine angebliche Sportveranstaltung, die heuer in Hebung und Bereblung des Stinos, wird freilich an die Faffade ge- wird, fümmert die Tempelschänder natürlich nicht. hängt. Aber das Kinodrama, das Sammelbassin des Unkünstleri­Dresden stattfand, ist, wie die Depeschen melden, in einer der letzten fchen, des Graufigen und Sensationellen, wird als der Edstein des Sonnabend- Sonntagsnächte zu Ende gegangen. Sieger wurden Rinos hingestellt. Es ist eine Eristenznotwendigkeit für das Film­das Paar Lorenz- Saldow, die 3728 Kilometer zurüdlegten. Sie haben damit die vorjährige Strede um 75 Kilometer über- theater, die man nicht ausmerzen kann. Das Kino erzicht für das Theater, es ist ein Mittel zur Bereicherung des allgemeinen Wissens und kann die Volksseele vor der Verflachung bewahren( ungefähr dasselbe ließe sich auch vom Kolportageroman und Kultureinrich tungen wie Die Woche" und ähnlichem sagen).

boten!"

Welche erhabene Leistung, in fechs Tagen fast den zehnten Teil des Erdumfanges durchrast zu haben, durchraft in einer Strede, die der Geschäftsgeist zu einer Rennbahn in einem Hause zusammen­

gewickelt hat!-

wo anders.

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Mit dem Kongresse ist eine von 50 Firmen beschickte Ausstellung verbunden, die alles mit dem Kinowefen irgendwie Zusammen hängende vom Sessel bis zum Sauerstoffapparat vorführt.

Humor und Satire. Das ewige Christkind. Jm Kuhstall ward ein Gott geboren, Der Vater ist ein armer Mann Der Esel spißt die langen Ohren, Dieweil er's nicht begreifen kann. Ein Gott in grober Barchentwindel

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sagt: wo bleibt da die Vernunft? Grad heuer sucht so viel Gesindel In einer Großstadt Unterkunft. Was gilt's? Bevor es sechs geschlagen, So um den ersten Hahnenschrei, Kommt schon der gelbe Zeiferlwagen Und schafft sie auf die Polizei. Und fehlt es ihnen an Papieren, So kann der Kerl mit Weib und Kind Noch in der Nacht dahin spazieren, Von wo sie hergekommen sind. gebt der Mutter eine Lilie In ihre magre Dulderhand! Dann ist's die heilige Familie, Die flüchtet nach Aegyptenland. Wir leben noch im Wunderbaren, Die Welt  , fie bleibt sich immer gleich. So war es vor zweitausend Jahren, So ist es heut' im Deutschen Reich  . Das Christkind wird stets neugeboren Und aufgefäugt mit Not und Leid, Und immer wär's aufs neu berloren, Vertraut' es auf die Obrigkeit. ( Edgar Steiger   im Simplicissimus  ".) Notizen.

In weiteren Referaten wurde von zwei Schulmännern die Be­Jezt lesen wir, daß auch in New York   ein Sechstagerennen deutung des Films für den Unterricht behandelt. stattfand. Und wir möchten uns deß beinahe freuen! Denn wenn er fritisierte den Entwurf zum Reichstheatergefeg, der für das Kino Zum Thema Konzession und Theater sprach Dr. Treitel. man sich in Europa   mit einem Sechstagerennen begnügt", so er­fordert die Sport, ehre" Amerikas   eigentlich mindestens ein Zehn- Konzessionspflicht verlangt und wünscht eine Einschränkung der polizei­tagerennen. Nicht etwa als Reverenz vor dem Dezimalsystem, nein, lichen Zensurbefugnis, die in Berlin   z. B. alle Stücke mit Verbrechen weil eben Amerika   stets das Größte" haben muß, größer als überh oder Bergehen verbieten. Die Berliner   Zensur wurde hierauf von Da fliegen nun die Kabeldepeschen durch das Welt- Prof. Brunner, dem Kino- Dezernenten beim Polizeipräsidium, ser­meer, da telefunkt es durch den Nebel und den Sturm, und teidigt. Nur aufreizende Films werden verboten, der Mißbrauch des die Blize durchzucken den Weltäther. Aber was tragen sie auf den Kinos zu verwerflichen Zweden ist im Interesse unserer Jugend und Leichtbeschwingten Wellen? Die ungeheuer wichtigen und welt- Volksgesundheit zu verhüten. erschütternden Angaben über den Stand des Rennens. Man scheut feinen Aufwand; die Veranstaltung fostet Zehntausende Mark, und rechnet man das Drum und Dran, die Depeschen, die Pressenach­ Das Theater   der Wiener Freien Boltsbühne. Aus Wien   wird richten, den Zeit- und Geldaufwand der Teilnehmenden usw., so gehts in die Hunderttausende. Und die Sieger find große Helden uns berichtet: Das Schauspielhaus Stefan Großmanns und Artur des Tages, viel viel angesehener als die großen Helden der stillen Rundts, das aus der Freien Boltsbühne hervorgegangen ist, hat und zähen Arbeit, die im Laboratorium, in der Studierstube, in Hütte nach vielen Schikanen der Behörde in einem Nottheater Unterkunft und Werkstatt und draußen in Feld und Wald geleistet wird.. gefunden, an dem freilich nur die Tatsache am hübschesten ist, Jeder empfindende Mensch sollte sich mit Abscheu von dieser bag eine werdende Kinostätte der ernsten Kunst gewonnen wurde. Produktion troftloser und trottelhafter Söldlinge des Kapitals und Bewundernswert bleibt vor allem die Kunst, mit der die ber brutalen Instinkte einer schaulustigen unerzogenen Menge abwenden. Leiter der Bühne die innere Ausstattung im legten Augenblick Die zibilisierte Welt blickt mit Verachtung auf die roben Stiertämpfe nach ihren Geichmadsbegriffen umzubiegen verstanden, bewunderns­auf der iberischen   Halbinsel. Und doch handelt es sich da weniger wert die technische Anordnung von Bühne, Zuschauerraum und um Schinden von Menschen als von unvernünftigem Vieh. Wenn aber Garderoben, denn ein für andere Zwede Halbfertiges mußte hier lebende Wesen, die die Ehre genießen, Menschenantlig zu tragen, im legten Augenblick in ein neues Ganzes umgewandelt werden. sechs Tage hintereinander unter Aufwand aller medizinischen Er- Die Bremiere allerdings- Nestroys Kampl ließ zu wünschen. rungenschaften und Stimulantien in einem und demselben Raum auf Aber eine Premiere beweist nichts für die Spielkraft eines Theaters einer und derfelben Bahn immerwährend Tag und Nacht stieren und was man uns für die Zukunft verheißt: Hebbel  , Eulenberg, plak findet außer Mittwoch und Sonnabend noch eine Extra­Blides berumjagen, nur aufblidend, um zu sehen, ob Konkurrenten Schmidt- Bonn und den ganz jungen Desterreicher Hugo Wolf  , das auch nicht borstoßen" oder mit der Schadenfreude über einen neuen übertrumpft weitaus den Beginn. Unter den Schauspielern ist eine Gefallenen auf der ekelhaften Jagd, so ist das eine völlige Ver- Menge jugendliche Zukunft, die nur der bildsamen Regisseurhand tierung und Ertötung aller Menschenwürde. bedarf und in Großmann wohl auch finden wird.

-Theaterchronil. Jm Theater am Rollendorf­

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vorstellung der Kinderkomödie Schneewittchen" am kommenden Sonntag nachmittags 3 Uhr zu fleinen Preisen statt. Ein Tunnel unterm Rhein  . Die Schiffbrücke zwischen Koblenz   und Ehrenbreitstein   soll in den nächsten Jahren durch eine Untertunnelung des Rheins ersetzt werden. Das Riesenmastodon von Alaska  . Aus Valdez

Kinokongreß. Der Schutzverband deutscher   Lichtbildtheater hat Parsifal   im Kino. Während die Wagnerianer vom reinsten nach Berlin   den ersten deutschen   Kinofongreß einberufen. Am Ritus noch eine Bewegung zugunsten einer Verlängerung der Schutz­Dienstag wurde er im Deutschen Hofe" unter Zeilnahme der un frist zu Wagners Weiheſpiel" Parsifal  " zu erwirken suchen, sind die in Alaska   wird gemeldet, daß in Coffee Creek ein Mastodon auf­vermeidlichen Drdens- und Titelträger eröffnet. Ein Kaiserhoch firen Theaterunternehmer schon längst bei den Vorbereitungen, das gefunden worden ist, das in feiner Größe alle bisher bekannten quittierte für die Sympathie höchster und allerhöchster Herrschaften. Werk fapitalistisch auszuschlachten. Allen voran das sympathische Exemplare dieser Tierriefen der Urzeit übertrifft. Seine Stoßzähne Sie sind dem Kino natürlich hold, denn es ist ein prachtvolles Spielhöllentheater in Monte Carlo  . Auch das Kino hat rechtzeitig haben eine Länge von 12 Fuß 6 Zoll. Auch das Haar dieses die Beute gewittert. Schon hat ein Turiner Kinematographenhaus Mammuth ist merkwürdig gut erhalten. Instrument für Byzantinerei und patriotische Retiame.