Einzelbild herunterladen
 

r. 299.

29. Jahrgang.

unted Joming

4. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonntag, 2. Dezember 1912.

Gerichts- Zeitung.

Auf der Probe.

die Kaffe hinuntergeworfen, wodurch Wüstefeld einen Schaden von etta 1000 Mart habe.

nehmer erstattete einem Schuhmann die Anzeige, daß ein Streit posten zwei liebe Arbeitswillige durch Beleidigungen und ehrber­Rosenfeld und Friedländer sind aus Anlaß dieses Abenteuers lebende Aeußerungen zur Teilnahme am Streit der Elektromon vom Schöffengericht zu einer ganz geringen Geldstrafe wegen Hans- teure zu bestimmen versucht habe. Der Schußmann gab ohne wei friedensbruch verurteilt worden. Infolge ihrer Berufung kam die tere Prüfung die ihm von dem Unternehmer gemachten Angaben Angelegenheit gestern vor dem Landgericht III zur Verhandlung. weiter. Er erfolgte Anklage gegen den Arbeiter wegen Bergehens Da ergab sich auf Grund der Angaben der beiden Angeklagten und nach§ 153 der Gewerbeordnung. In der Verhandlung stellte sich der anwesenden Beugen das vorstehend skizzierte Bild. Der Haupt- nun durch die Vernehmung der beiden Arbeitswilligen heraus, daß zeuge Conrad, der inzwischen nach außerhalb verzogen ist, war nicht die Angaben des Unternehmers der Wahrheit direkt widersprechen. zur Stelle. Seine in erster Instanz abgegebene Aussage steht mit Es erklärten beide Zeugen das Verhalten des Streitpostens als der Darstellung der Angeklagten in unvereinbarem Widerspruch. durchaus korrekt; von einer Belästigung von seiner Seite könne Biernach sollen die Angeklagten so audringlich gewesen sein, daß feineswegs nicht gesprochen werden. Die Verhandlung endete selbst­Conrad sie nicht anders als durch Gewaltmittel los werden konnte. verständlich mit der Freisprechung. Bedauerlich ist, daß bei einer Die Verhandlung wurde vertragt, weil das Gericht der An- so frivol erstatteten Anzeige nicht die Kosten dem Anzeigeerstatter sicht ist, daß ohne die persönliche Vernehmung des Zeugen Conrad aufgebürdet werden. der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden kann.

Das Schütteln der Wahlurne.

Ein interessanter Theaterprozeß beschäftigt augenblicklich das Landgericht I. Die bekannte Schauspielerin Frau Mathilde Brandt, die am hiesigen Kleinen Theater engagiert war, sollte bei der Uraufführung von Gerhart Hauptmanns Michael Kramer " die weibliche Hauptrolle kreieren. Auf einer Probe, die kurz vor der Premiere lag, tam es zu einer Differenz zwischen dem Direktor Barnowski und der Künstlerin. Diese wohnte der Probe zwar bis zu Ende bei, verlangte aber brieflich für die Folgezeit eine Garantie, daß sich derartige Vorfälle nicht wiederholen und betonte demnächst auch, daß fie derartigen Aufregungen nicht gewachsen sei, so daß sie den nächsten Proben nicht beiwohnen fönne. Die Direktion jezte darauf eine neue Probe an und, als die Künstlerin nicht erschien, an demselben Tage noch eine Probe, welcher sie ebenfalls fernblieb. Nunmehr erklärte die Direktion sie für kontraktbrüchig und klagte Bom Landgericht Prenzlau ist am 22. August der Landwirt Fer­10 000 M. Konventionalstrafe ein, weil sie sich ihren vertrags- dinand Lubedi wegen Amtsanmaßung zu 15 M. Geldstrafe verur­mäßigen Verpflichtungen wiederholt entzogen habe. Die Schaus teilt worden. Als am 12. Januar bei der Reichstagswahl der Wahl­spielerin beantragte Alageabweisung, weil der Bühnenleiter durch vorsteher die Bettel aus der Wahlurne genommen hatte, trat der fein Verhalten die Grenzen seiner Befugnisse überschritten und Angeklagte an den Tisch heran und mischte die aufgestapelten Um­dadurch die Künstlerin gezwungen habe, im Interesse des Schau- schläge durcheinander. Ebenso berfuhr er am 20. Januar bei der spielerſtandes dagegen Front zu machen. Sie habe aber auch einen Stichwahl. Das Reichsgericht verwarf am Freitag die Revision mit Nervenchot erlitten und sei daher physisch außerstande gewesen, auf der Begründung, der Einwand, es habe Notwehr gegen das passive Verhalten des Wahlvorstehers geübt werden sollen, gehe fehl, weil Das Gericht beschloß, Beweis darüber zu erheben, welche Vores solche Notwehrhandlung nicht gebe und der Rechtsirrtum des gänge fich auf der Probe abgespielt hatten. Der Rechtsstreit ist Angeklagten ihn nicht vor Strafe schüße. insofern von gewiffer prinzipieller Bedeutung für die gesamte Schauspielerwelt, als gerichtsseitig festzustellen sein wird, wie weit ein Diretor auf der Probe in seinen Aeußerungen gegenüber den Schauspielern gehen darf.

der Probe zu spielen.

-

Einige Tage zuvor hat das Reichsgericht die Revision des Staatsanwalts berivorfen, der den vom Landgericht Schweidnik wegen Amtsanmaßung freigesprochenen Genossen Besser bestraft wissen wollte, wiewohl das Landgericht festgestellt hatte, daß dem Genossen Besser das Bewußtsein gefehlt habe, daß das Schütteln der Wahlurne nur dem Wahlvorsteher zustehe. Das Reichsgericht ver­warf die Revision.

Weshalb flagt die Staatsanwaltschaft, nachdem das Reichs­gericht festgestellt hat, das Schütteln gehöre zu den Verpflichtungen der Wahlvorsteher, diejenigen Wahlvorsteher nicht an, die nicht ge­schüttelt, vielmehr entgegen dem von ihnen unterschriebenen Pro­tokoll die Abstimmung kontrollieren ließen?

Verwendung eines fremden warenrechtlich geschütten Zeichens. Eine für Apotheker und Kaffen wichtige Entscheidung fällte ant Freitag das Reichsgericht.

Es handelt sich um die Frage: darf ein Apotheker ein geschüttes fremdes Warenzeichen für Zubereitungen des geschüßten Grund­ftoffes verwenden? Das Landgericht Wiesbaden hat diese Frage verneint, indem es am 19. April den Apotheker Dr. Alfred Stephan wegen Vergehens gegen das Warenzeichen(§ 14) zu 200 M. Geld­strafe und einer an die Nebenklägerin zu zahlenden Buße von 50 m. verurteilte. Die Firma Hoffmann, Laroche u. Co. stellt unter dem gesetzlich geschüßten Namen Bantepon ein Heilmittel her, welches in Tabletten sowie in oben zugeschmolzenen Glas. röhren in den Handel kommt. Für den Gebrauch ist das Mittel mit Wasser, Spiritus und Glyzerin zu verdünnen. Der Angeklagte hat nun, wie er angibt, jedesmal auf ärztliche Verordnung, solche gebrauchsfertigen Mischungen in Flaschen hergestellt und auf die Eine antisemitische Judentaufe". felben einen Zettel mit dem Aufdruck Pantepon geklebt; Handschrift. Apotheker Wüstefeld, der in Charlottenburg ein Drogengeschäft lich fügte er dann noch den Stärkegrad( 0,02, 0,04) hinzu. Der betrieb, hatte seinem Kommis Conrad die Weisung erteilt, von Bequemlichkeit wegen stellte er immer mehrere Flaschen auf Vorrat jüdischen Hausierern nichts zu kaufen und sie, wenn sie zudringlich her, damit er im Bedarfsfalle schneller liefern konnte. Da er auch würden, ohne Umstände hinauszuwerfen. Als eines Tages der seinen Namen auf die Flaschen Klebte, so las man leicht: Pantepon unverkennbar jüdische Wäschereisende Rosenfeld den Laden betrat Dr. Stephan". Die genannte Fabrikantenfirma erhielt hiervon und nach Herrn Wüstefeld fragte, nahm Conrad Veranlassung, die Kenntnis und schrieb ihm, sie könne die fernere Benutzung ihres Weisung seines Chefs dem Reisenden gegenüber wörtlich zu be folgen. Herr Wüstefeld war nicht zugehen. Auf Rosenfelds Frage, Warenzeichens auf seinen Zubereitungen nicht gestatten. Da wann er zu treffen sei, erwiderte Conrad: Das ist Nebensache, wir Das Landgericht Breslau hat am 28. Juni den Schußmann Dr. Stephan der Meinung war, daß er auf Grund der preußischen kaufen nicht von Juden, machen Sie, daß Sie rauskommen, Sie Robert Kiszewski wegen gefährlicher Körperverlegung in zwei Apothekerordnung verpflichtet sei, auf der von ihm hergestellten Judenbengel. Unmittelbar darauf wurde Rosenfeld von Conrad Fällen zu 150 M. Geldstrafe verurteilt. Der Angeklagte lebt seit Medizin die verordneten Bestandteile anzugeben, so fezte er fein zur Ladentür hinausgestoßen. Rosenfeld ging in ein benachbartes Restaurant und erzählte dort sein Abenteuer einem Geschäfts- längerer Zeit mit seiner Frau in Unfrieden. Diese sollte er, wie Verfahren unbekümmert fort. Hierauf erfolgte bie Anzeige und freunde, dem ebenfalls unverkennbar jüdischen Reisenden Fried. die Anklage ihm zur Last gelegt hat, einmal mit seinem Dienftfäbel Das Reichsgericht erkannte auf Aufhebung des Urteils und länder. Dieser erklärte sich sofort bereit, auch seinerseits das anti- geschlagen und ein anderes Mal mit der Knebeltette gefesselt Zur Begründung semitische Temperament des Herrn Conrad auf die Probe zu haben. Die Aussagen der Ehefrau wurden durch Aussagen anderer verwies die Sache an das Landgericht zurüd. stellen. Eine halbe Stunde nach dem Hinauswurf Rosenfelds ging 3eugen, wie eines praktischen Arztes, unterstüßt, die dahin gingen, wurde ausgeführt: Das Landgericht ist anscheinend von rechts­irrtümlichen Erwägungen ausgegangen. Wenn jemand eine Ware Friedländer in den Laden Wüftefelds. Auf Friedländers Frage nach daß die Frau am Oberschenkel Striemen gehabt habe, die von irrtümlichen Erwägungen ausgegangen. Wenn jemand eine Ware dem Chef erhielt er von Conrad die Antwort:" Wir machen fein Säbelhieben herrührten, und außerdem an ihrem Handgelenke herstellt, die einen bestimmten Namen hat, so liegt es in der Natur Geschäft mit Juden, raus, sonst friegen Sie einen Eimer Wasser Spuren einer Feffelung gezeigt habe. Auf Grund dieser Aussagen der Sache, daß die Ware unter diesem Namen verkauft werben über den Kopf." Als sich Friedländer nach dieser freundlichen" Aufforderung nicht sofort entfernt hatte, gok ihm Conrad tatsächlich hat das Gericht die Schuld des Angeklagten für erwiesen angesehen darf und muß. Es ist rechtlich unmöglich, weil es der Natur der ein Gefäß voll Waffer ins Geficht. Die unmittelbare Folge dieses Das Reichsgericht verwarf am Freitag die gegen das milde Sache widerspricht, daß der Fabrikant seinem Abnehmer verbietet, diese von ihm bezogene Ware unter dem von ihm gegebenen Namen antisemitischen Laufattes" war die, daß die Registriertaffe pol. Urteil eingelegte Revision. zu verkaufen. Wenn diese Ware durch ein Warenzeichen geschütt ternd vom Ladentisch stürzte. Friedländer will fie in seiner Ver blüffung über den falten Wasserguß unabsichtlich heruntergestoßen wird, kann natürlich niemand ein solches Warenzeichen verwenden, haben. In dem erwähnten Restaurant, in das sich Friedländer Wie Anklagen gegen Streifende zustande kommen, beivies eine bagegen ist er berechtigt, es als Beschaffenheits- oder Inhaltsangabe noch triefend vom Wasser, begab, rühmte er sich allerdings, er habe Verhandlung vor dem Schöffengericht in München . Ein Unter auf der Umhüllung zu gebrauchen.

Aus eines Schuhmanns Familienleben.

Frivole Anzeigen.

die Verurteilung.

1

Sonntag, den 22. cr.

sind unsere Geschäfte geöffnet

von 8-10 vormittags und 12-8 nachmittags

Nu

1950

Also doch!

il

Königstrasse 33

Sababer Alexanderplatz

Chausseestr. 113

Ecke Lavalidenstreses

C& A

BRENNINKMEYERGMBH

E

B