Wer nicht nur Sic ge'planle Erbschaftssteuer ist dem Freiherrnb. Zedlitz ein Dorn im Auge, sondern auch die„unglückliche Wertzuwachssteuer"» die nach seiner Ansicht wieder beseitigt werden müsseEs ist ja das alte Lied, das hier wieder angestimmt wird:Keine Steuern, die die Junker bedrücken könnten!Mit Gott und König für die Junker!DaS ist die Quintessenz eines überaus frommen, königstreuenund patriotischen Artikels, mit dem Herr Oertel in dem Agrarier-blatt das neue Jahr eingeläutet hat.. Herr Oertel lvar, bevor erkommandierender General der Presse wurde, höherer Schulmeister,und so beginnt er denn seine theosophisch-manarchisch. patriotischeFesibetrachtung mit einer Lesefrucht seiner Philologenzeit. Ab joveprincipium! Mit Gott den Anfang! hatten schon die ollen Römergesagt. Das aber war natürlich nur eine inhaltsleere Redensartoder bestenfalls eine vage Ahnung. dieser in geistiger Finsternisirrenden Heiden. Den richtigen Glauben kriegten eigentlich erst diePreußen, und hätte Preußen 1813 nicht der Fahnenspruch„MitGott" vorangeleuchtet, so wäre ihm damals am Ende die Fürstenbefreiung(die schließlich als Frucht des so begeistert sür die deutscheFreiheit und Einheit geführten Krieges übrig blieb!) nicht gelungenMit Gott ist aber erst der Auftakt. Das zweite Glied ist ein»zufügen und dann heißt der Satz: Mit Gott für den KönigDenn:„Das deutsche Volk ist für die Königstreue geboren. DieÄönigStreue ist ein Teil seines Wesens, seiner Art.' So etwasbringt der ehemalige Philologe frisch, fromm, fr— öhlich zu Papiertrotzdem er ganz genau weiß, daß die germanischen„Altvordern'eigentlich nur einen Kriegsführer mit recht begrenzten Vollmachtenwählten und als freie Männer— weit entfernt davon, in Demut undEhrfurcht zu ersterben— ihren Kopf gar hoch trugen. Und daß imganzen Mittelalter das Streben des Hochadels gerade darauf gerichtet war. die Königswürde zum Schattentum herabzudrücken unddie Macht des fürstlichen Landesherrn auf Kosten des deutschenKaisers immer weiter auszudehnen, ist ihm sicher ebensogut bekannt.Nicht minder, daß daS preußische Königtum gerade auS dieser höchstantimonarchischen Nebellion der preußischen Landesfürsten hervorgegangen ist. Aber solch historische Skrupel behelligen einenOertel verteufelt wenig: er befiehlt einfach, daß dasdeutsche Volk zur Königstreue geboren sei und daß vornehmlichdas zum größten Teil zusammeneroberte und annektierte„preußischeVolk" nichts sei ohne die Königstreue.Um das schöne Sprüchlein aber tönend zu runden, kriegt es nochfein drittes Glied und heißt nun:«Mit Gott für König und Vater-land'.„Vaterlandslosigkeit ist nach deutscher Auffassung immer dasgrößte Elend und die schlimmste Schande gewesen.'„Immersagt Herr Oertel, der GeschichtSkenner. Dabei ist ihm sicherlich keinGeheimnis, wie gerade auch brandenburgische Kurfürsten die deutscheKaiserwürde gegen Gold und sonstige Vorteile an den König vonFrankreich zu verschachern versuchten! Aber Herr Oertel verstehtunter Baterland zudem etwas ganz Besonderes. Nicht das V o l k,fein Wohl und Wehe, seine Ideale und seine Sehnsüchte, seinWollen und Streben ist ihm daS deutsche Vaterland, sondern derenge Kreis und die armselige Interessen- und Geistessphäredes preußischen Konservatismus, des agrarischen Junkertums ISchließt doch sein pathelischer Silvester-Hymnus gar prosaischmit der Llusforderung zU einer junkerfreundlichen Abstimmung beiden Laiidragswahlen 1S13 I So lautet denn sein religiös-patriolischesSprüchlein dem Sinne nach nicht„Mit Gott für König und Vaterland', sondern„Mit Gott und König für die Junker."-.Wenn.Herr Oertel in Wahrheit an seine, eigenen Phrasenglaubte, würde er kein so fanalischer Gegner eines wirklich freienund gleichen Wahlrechts für das preußische Volk sein. Seine Be-geisterung für das elendeste aller Wahlsysteme straft sein geschwollenesPathos jämmerlich Lügen I_Der Bierundneunzigste.Im Amte sterbende Minister sind in Deutschland Verhältnis-mäßig selten. Der eigentliche Ministerverbrauch hat seine Ursachein der kündigungslose» Anstellung der Neichslenker durchWilhelm II. Deutschlands dritter Kaiser hat mit Kiderlen-Waechterden vierundneunzigsten Minister ernannt. Jetzt kommt der Fünf-nndneunzigste daran. Wie wir schon sagten, liegt der starkeMinisrerverbrauch der deutschen Regierung im wesentlichen an raschwechselnden höfischen Bedürfnissen. Wilhelm II. feiert demnächstsein Löjährigcs Regierungsjubiläum, bis dahin kann gut und gernmit hundert Ministern gerechnet werden, die verbraucht wurden.Das ist pro Jahr vier stück. Die Dienstmädchen, oder richtiger,die Köchinnen der deutschen Steuer- und Reichspolitik scheinen wirk-lich nicht allzuviel zu taugen.Unter Bethmann Hollweg ist Kiderlen-Waechter derelfte Minister, der sein Amt verläßt. Kiderlen-Waechter und auchder Kultusminister Holle schieden durch Tod aus. Bon wegen derHomogenität" flogen Kriegsminister von Einem, KolonialsekretärDernburg. Kolonialsekretär von Lindequist, Minister des Innernvon Moltke, Landwirtschaftsminister von Arnim, Finanzministervon Rheinbaben. Minister des Auswärtigen von Schoen, Justiz-minister Nieberding und Reichsschatzsekretär Mermuth.Boshafte Zungen behaupten, daß Bethmann Hollweg sich festvorgenommen hat, als Hundertster zu fliegen.Neue Forderungen der preußischen Eisenbahnverwaltung.Große Verkehrsstörungen waren in den letzten Monaten infolgeMangels an Eisenbahnmaterial in den Bergwerködistrikten Rhein-land-WestfalenS zu verzeichnen. Diese Störungen will die Eisenbahn-venvaltung dadurch beseitigen, daß six jn einem NachtragsetatSO Mill. M. verlangt zur Fahrzengverinehrung und zur Herstellungvon über 3<X> Kilometer weiterer Rangier-, Ueberholungs-, Lade- undAilsstellungsgleisen in jenen Direktionsbezirten, in welchen sich dieSchwierigkeiten in der Abwickelung deS Verkehrs ergeben haben.Vom Selbstverwaltnngsrecht der Gemeinden.In Schwarzburg-Rudolstadt wird gewählten Schultheißen oderderen Stellvertretern, die sich zur Sozialdemokratie bekennen, vonden Behörden resp. von der Regierung konsequent die Bestätigungversagt. Das war s-bon vor niebrrren Jahren der gag, als manden Landtagsabgeordneten Genofien Frötscher in Könitz nicht be-stätigte. Jetzt hat sich wieder in Gräfinau ein ähnlicher Fallabgespielt. Dort wurde vom Gemeinderat der GlasbläserHermann Müller, der ebenfalls Gcmeinderatsmitglied ist. alsCchultheißen'Stellvertreter gewählt. Bald nach der Wahl er-schien ein Gendarm bei Möller, um bei diesem anzufragen, ob erSozialdemokrat sei. was Möller bestätigte. Hierauf eröffnete der Land-rat denr Ortsschulzen und dem Gemeinderat, daß Möller nicht be-siätigt werden könne, da er Sozialdemokrat sei Der in seinerMebrheit aus Genofien zusammengesetzte Gemeinderat ließ sich abernicht einschüchtern und wählte Möller einstimmig zum zweitenmal.Ein dem Gemeinderat angehörender Liberaler, der als Stellvertreterverpflichtet werden sollte, zeigte Rückgrat und lehnte ab. Da also dieBehörde beim Gemeinderat ein völlige« Fiasko gemacht hatte, griff dieRegierung ein und ernannte kurzerhand den Glasermeister Waaner alsStellvertreter. Dies geschah, obwohl das Gesetz vorschreibt, daß nurein Gemeinderalsmitglted in Frage kommen kann. Eine Beschwerdean das Ministerium wegen dieser offensichtlichen Verletzung desSelbstverwaltuiigSreckts wurde natürlich abschlägig beschiedcn, dadie Regierung den Standpunkt vertritt, daß»hr Vorgehen zlilSssigsei. Die GemeiaderatSmitglieder wollen sich nunmehr an den Land«tag wenden und, wenn auch dort die Regierung keine Nachgiebigkeitzeigen sollte, auf ihr Amt alS Gemeindevertreter verzichten.Herr Major Schinzinger.Von Freiburg in Baden bis Danzig in Westpreußen ist zwarein weiter Weg; der Herr Major a. D. Schinzinger, Mit-glied de« ZentralausschufieS des berühmten Reichsverbandes gegendie Sozialdemokratie, zweiter Vorsitzender dieses Verbandes in Badenund gewesener Vertreter der Kanonenfirma Krupp, hat ihn jedochmit freundlicher Unterstützung des Danziger Polizeipräsidiums dochzu finden gewußt. Im vergangenen Herbst ging eine etwa20 Zeilen lange Notiz durch einen großen Teil der deutschenPresse, die sich mit Herrn Major a. D. Schinzinger belchäfligte,In einer Klage zwischen dem freisinnigen LandtagSabgeordneienHiuck und dem bündlerischen Redakteur Füller war Schinzinger, derbei der letzten Reichstagswahl als konservativer Kandidat fungierte,als Zeuge geladen. Während seiner Vernehmung genügte es ihmnicht, daß er als Herr angeredet wurde; er forderte von dem Rechts-anwalt Traub wiederholt, daß dieser ihn Herr Major nenne. Schließ-lich griff der Vorsitzende ein und stellte fest, daß selbst für geweseneMajore vor Gericht die Anrede Herr geniige. Die betreffende Notizkritisierte dieses kuriose Verhallen des Herrn Majors und zog gewisse Vergleiche mit den damals vielgenannten Offizieren Kammlerund Vielinghof.Herr Schinzinger klagte, aber nicht gegen alle Zeitungen, diejene Notiz gebracht hatten; sein Zorn richtete sich allein gegen dieDanziger„Bolkswacht"! Das Danziger Polizei-Präsidium hatte nämlich im Einverständnis mit der Staatsanwaltschaft die Notiz an die Militärbehörde geschickt,weil angeblich darin der gesamte Offiziersstand beleidigt würde,Die Militärbehörde winkte aber ab. Und so ersuchte dasPolizeipräsidium den Herrn Schinzinger. Straf-antrag wegen Beleidigung zu st eilen. DaS geschahund sofort eröffnete die Staatsanwallschaft, im öffentlichenInteresse natürlich, das Verfahren. Deshalb mußte sich derverantwortliche Redakteur der„VolkSwacht", Genosse Hermann Lorenzam 31. Dezember vor der Straikammer in Danzig verantworten.Zeugen waren nicht geladen. Schinzinger, der als Nebenkläger zugelassen war, ließ sich durch einen Rechtsanwalt vertreten. Dieserbehauptete, daß Schinzinger keine Kenntnis davon habe, daß die ihnkritisierende Notiz durch die ganze Presse gelaufen sei, obwohl ersich lebhaft im politischen Leben betätige. Schinzinger sei inmehreren leitenden Stellungen im Reichsverbande gegen dieSozialdemokratie tätig und habe auch als Vertreter Kruppsbäufiger Differenzen mit der Sozialdemokratie gehabt. Daher sollteihm wohl ein? ausgewischt werden. Genosse Lorenz erklärte,daß er bisher nicht das Vergnügen hatte, von der schätzenS-werten Existenz des Herrn Schinzinger, Major a. D., etwas anderesals sein ungewöhnliches Auflreren vor Gericht zu wissen. Speziellseien ibm seine Würden im Reichsverbande gegen die Sozialdemo-demokratie unbekannt geblieben. Mit der Notiz wollte er nur rügen,daß Offiziere sich vor Gericht mehr dünken, als andere Sterbliche.Auch habe er keine Gleichstellung des Schinzinger mit den amRybnicker Prozeß beteiligten Offizieren Kämmler und Bietinghofbeabsichtigt.Der Staatsanwalt hielt den gesamten Offiziers-stand und mit ihm Major a. D. Schinzinger für beleidigtund forderte IM) Mark Geldstrafe. Der Berniter des Nebenklägershob besonders hervor, daß Schinzinger vor Gericht auf die NennungieineS Titels deshalb besonderen Wert legen mußte, weil ihn dieGegner im Wahlkampf konsequent nur als Herr angeredethätten. Da« Gericht sprach zur Begründung deS auf 50 MarkGeldstrafe oder zehn Tage Gefängnis lautendenUrteils aus. daß der Angeklagte gewiß berechtigt gewesensei. daS Auftreten Schinzinger« vor Gericht zu kritisieren;beleidigend sei jedoch der Ausdruck„Dünkel'. Ebenso beleidigendsei die Herbeiziehung der Osfiziere Bietinghof und Kammler.r Spamm.BoSheitspolitik der Äonservativell. �.Madrid, 2. Januar.„Gpoca" veröffentlicht einen von demFührer der Konservativen M a u r a an die ehemaligen Präsidentendes Senats und der Kammer Azcarraga und Dato gerichtetenBrief, in dem er sich darüber beklagt, daß der König es unterlassenhabe, vor der Lösung der Kabinettskrise ihn zu befragen. Fernererklärte er, daß die durch die'unheilvolle Verwal tung der Liberalenhervorgerufene finanzielle Unordnung und das Wohlwollen derRegierung sür die Republikaner eine große.Gefahr sür dieMonarchie bildeten.Fast sämtliche konservative Deputierten haben auf ihr Mandatverzichtet, ebenso zahlreiche Senatoren. Die konservativen Vize-Präsidenten der Kammer und des Senats haben ihr Amt nieder-gelegt. Der Ministerrat hat über die durch die Demissionen ge-schaffene Lage beraten, die von den Ministern für sehr ernst an-gesehen wird.' Ministerpräsident Graf Romanones erklärte, derEntschluß MauraS verursache ihm mehr Bedauern als Ueber-raschung. Er werde sein möglichstes tun, um ihn von seinem.Eni-schlutz abzubringenEnglandEi« konservative» Blatt über LedenSmittelzölle.Loudon, 30. Dezember.(Ejg. Ber.) Herr Bonar Law.der Führer der englischen konservativen Partei, die die Wieder-einfuhrung des Schutzzolles auf ihr Banner geschrieben hat,hat vor kurzem versucht, seiner Partei aus dem durch dieUnpopularität der vorgeschlagenen Lebensmittelzölle ge-schaffenon Dilemma zu helfen, indem er erklärte, der Vor-schlag aus Einführung von LebenSmittelzöllen müsse von denKolonien kommen. Diese Zumutung ist von den englischenKolonien entschieden zurückgewiesen worden. Charakteristischfür die Auffassung der Kolonisten find die Ausführungen deskonservativen Blattes„The Sidney Herald". Dieses australischeBlatt schreibt:„Soweit Australien in Frage kommt, sind wir vollkommendavon überzeugt, daß die Leute, die die reichen Gaben derNatur unter unserem sonnigen Himmel einheimsen, nichtwünschen, daß die Millionen in Großbritannien, die weniger als20 Schilling die Woche verdienen, ihretwegen ein Opferbringen. Wir haben nie verlangt und wünschen auch nicht,daß Frauen und Kinder, die unter fast hoffnungslosen Ver-Hältnissen in den Spelunken Londons. Manchesters und Lider-Pools leben, für. ihr Brot und ihre Kleidung mehr bezahlensollen, damit es uns auf Kosten ihrer Verarmung wohl ergehe;auch können wir keine Hoffnung geben, daß unsere Märkte inZukunft den britischen Fabrikaten mehr geöffnet werden alsbisher. Wir streben danach, die Waren, die wir gebrauchen, selbstzu fabrizieren, und während wir den kleinen Vorzug, den wirjetzt dem britischen Handel gewähren(die meisten von unsmöchten, daß er größer wäre), freiwillig bieten und währendwir ein Schutzzollsystem haben, wird dieses, offen gestanden,dazu benutzt werden, eher australische als englische Fabrikatezu begünstigen. Ueberdtes glauben wir nicht, daß die Reichs-einheit von künstlichen Mitteln dieser Art abhängt. HerrBonar Law würde gut tun. selbst noch in dieser spätenStunde seine Fähigkeiten und Kräfte in vorteilhaftere Bahnenzu lenken."Clniia.Die Regtlung der Anleihe.Peking, 1. Januar. DäS hier getroffene Präliminarabkommensetzt verschiedene Punkte der geplanten SechSmächteanleih«von SS Rillionen Pfund Sterling fest. Di? Anleihe wird durch dieSalzsteuer geficherl iih5 ist auf 40 Ja�re abgeschlossen; die Tilgungdeginnt 1920. China wird 6 Proz. unter dem Verkaufspreis derObligationen erhallen. Das Rechnungsdepartement. das kürzlicherrichtet worden ist. wird die Kontrolle über die Verwendung derAnleihesumme ausübe», wobei als Ratgeber der Deutsche Romp.der früher von einer Gruppe für eine solche Ueberwachung ernanntworden war und der jetzt in den chinesischen Staatsdienst tritt, heran-gezogen werden soll.Die Entschädigungsansprüche der Ausländer.Peking, 2. Januar.(Meldung des Reuterschen Bureaus.) Inder Frage dcrEntschädigungderAusländerfürVer-luste während der Revolution, welche kürzlich das Haupt-Hindernis bei den Anleiheverhandlungen bildete, da Rußland undFrankreich auf Bezahlung ihrer Staatsangehörigen aus der küuf-tigen Anleihe bestanden, hat China sich im Prinzip für ein Ab-kommen erklärt, wonach die sechs Mächte sich verpflichtcw, nicht auseine sofortige Zahlung zu dringen. Eine gemischte Kommission sollspäter die Beträge der Entschädigungen festsetzen. Die Mittel sürihre Bezahlung werden wahrscheinlich aus einer Ergänzuugsanlcihegenommen werden. Es hat den Anschein, daß Rußland 800 000 Taclsbeansprucht. Dieses Arrangement unterliegt jedoch noch der j&c-nchmigung der in Frage kommenden Regierungen.Kämpfe zwischen Tibetanern und Chinesen.London, 2. Januar. Das Reutersche Bureau melde! auSTscheng tu: 300 Soldaten sind bei Hsiangtscheng durch Tibetanerbei einein nächtlichen Angriff getötet worden. Die Chinesen sollenauch 6 Maschinengewehre verloren hoben. Amtlich wird als Grundfür diese Niederlage angegeben, daß die Soldaten, weil sie daSVertrauen in die genaue Landeskenntnis ihrer Befehlshaber per-loren hatten, den Gehorsam verweigerten, und daß die Tihejancrdiese Gelegenheit benutzten, um sie anzugreifen,Amerika.Die Zunahme der sozialistischen Stimme» l» dt« BereinigtenStaaten.Wir haben da? vorläufige Resultat der Stimmenzählung vonder nordamerikanischen Präsidentenwahl früher schon mitgeteilt unddabei auf die Verdoppelung der sozialistischen Stimmen seit 1008hingewiesen. Jetzt liegt daS amtliche Resultat vor. Danach schneidetdi« Sozialdemokratie noch besser ab, als bisher angenommen. DieStimmenzahl stieg von 423 969 auf 898119. Das bedeutet in denvier Jahren eine Zunahme von 474 150 Stimmen. Alle anderenParteien haben Stimmenverluste aufzuweisen und zwar die Demo-traten rund 106 000, die Republikaner über 69 000. Dabei ist zuberücksichtigen, daß infolge der Gewährung deS Frauenstimmrechtsin Kalifornien und Washington und.infolge der Zulassung zweierneuen Staaten Arizona und Neu-Mexiko diesmal IIS 666 Stimmenmehr abgegeben wurden als 1908. Die Zunahme der sozialistischenStimmen erstreckt sich hauptsächlich auf folgende Staaten: ES erhieltder Kandidat der sozialistischen Partei DebS in:KalifornienKoloradoIllinoisIndianaIowaKansasKentucky. MichiganMinnesotaMissouri191279 20116 4188127336 9311S9l426 307116472321127 S0S28466190828 6S97 96024 71113 4768 28712 4204185.1 1 52714 09415 431MontanaNebraskaNew UorkOhioOklahoma1912108551021963 38189 93042 262Pennshlvanien 80916Texas 25 742Washington 40 134West-Virginia 15 33619086 8658 62488 45183 7952177933 9137 870141778 679Hiiö der Partei«Gtmcindewahlerf-lgc.Die jetzt beendeten Gemein deauSschußwahken kmbremischen Landgebtet haben für unsere Partei einengünstigen Ausgang genommen. Bon den 15 bremischen Land»gemeinden sind nur noch drei sozialistenrein. Jn 12 Gemeinde»haben wir jetzt 53 Vertreter, was seit den letzten Wahlen vordrei Jahren eme Zunahme von 15 Mandaten bedeutet. Da« Klassen«Wahlsystem, daS die Arbeiter noch in„Eigentümer"(kleines Haus)und„Mieter' spaltet, für die Mieter die Staatsangehörigkeit fordertund sür die Eigentümer nicht, macht es schwer, Mandate zu erobern.Trotzdem haben sich unsere Genossen brav geschlagen.— ImBremischen Kreistag hat die Sozialdemokrat� von zehnSitzen der zweiten Klasse sieben inne.pollreiUcbes, Omcbtllcbcs tiftv.Streikbrecherlieferungsvertrage und Urheberrecht.Der Streikbrecheragent Adolf H e ß b e r g- Blankenese hatte denRedakteur de»„Hallescheu Volksblattes'. Genossenoenen, wegen des Abdrucks der Heßbergschen Streikbrecher-lieferungSverträge angezeigt und auch bei der Staatsanwaltschaftdie Klageerhebung wegen Verletzung des Urheberrechts erreicht. DieSwastammer in Halle kam seinerzeit jedoch zur Freisprechung. In-die schriftliche Urteilsbegründung erschienen, diezwischen nun�W>>MH�W�W�>einige für die Presse wichtige Feststellungen über den BegriffSchriftwerk im Sinne dies Urheberrechts enthält.Der wesentlichste Absatz der Begründung lautet:„Dem Angeklagten ist zur Last gelegt, durch die Wiedergabe derVerträge gegen die Vorschriften der 1, 11, 16, 38 deS Reichsgesetzes vom 19. Januar 1901 betreffend daS Urheberrecht an Werkender Literatur und der Tonkunst verstoßen zu haben, da diese Ver»träge nach den von dem Kaufmann Heßberg verfaßten und regel»mäßig in seinem Betriebe benutzten Formularen abgeschlossen seien.Heßberg hat auf Grund deS§ 45 des zitierten Gesetzes Strafantraggestellt.Der Angeklagte, der bestreitet, daß Heßberg Verfasserder VertragSsor mulare sei. hat zugegeben, daß er alsRedakteur des„VolkSblattS" den Abdruck des oben wiedergegebcnenArtikels veranlaßt habe. Er behauptet, daß. ihm vonder Gewerkschaft, mit der da».Volksblatt' zusammen-arbeite. der übrige Teil de» Artikels und zum Einrückenin diesen je ein Exemplar der beiden Verträge, die Heß-berg anläßlich deS. Hafenarbeiter streik« in Halle a. S. mitder Reederei der Saaleschiffer und dem für diese Firmen an-geworbenen Arbeitswilligen abgeschlossen, übersandt worden seienund daß er die Veröffentlichung im guten Glauben vorgenommenhabe.Räch seiner unwiderlegten Behauptung hat also der Angeklagtenicht Formulare zu Verträgen veröffentlicht, sondern dieUrkunden über die von Heßberg und anderen tatsächlich ab-geschlossenen Verträge. Vertragsurkunden find aberkeineSchriftwerkeimStnne des§1 cit. Gesetzes.Jedenfalls konnte bei dieser Sachlage der Angeklagte, wie er getan.annehmen, daß eine etwaige ausschließliche Befugnis des Urheberszur Vervielfältigung und gewerbsmäßigen Verbreitung desfraglichen Schriftstücke» nicht mehr bestehen. Der Angeklagte wardaher freizusprechen.'Gegen das Urteil ist übrigens Revision angemeldet, so daß dasReichsgericht sich ebenfalls zu der Frage äußern muß. Die Revisionist nur von dem Nebenkläger Heßberg eingelegt. Die Staatsanwalt»schast hat sich mit dem Freispruch abgefunden und daher ist wohlzu erwarten, daß auch das Reichsgericht nicht anders entscheidet.