fct nur bei einer allgemeinen Erhofimig der Beiträge zu erfüllen, diese aber sei nicht angängig. Der Entwurf sieht eine vierte, höhere Klasse vor, die 1 M. Monatsbeitrag verlangt: die untere Klasse mit monatlich M Pf. soll auf 40 Pf. erhöht werden, aber nur für weibliche Mitglieder zugänglich sein. lGotha will diese Klasse auch für Jugendliche.) Die 2. und N. BeitragSllasse soll mit t>0 und L0 Pf. bestehen bleiben. Auch sind entsprechende Wochenbeiträge zulässig, die der Referent sehr befürwortet. Rechtsschutz soll erst nach sechsmonatiger Mitgliedschaft gewährt werden. Bei der niedrigen Beitragsleistung könne der Verband nicht schon nach drei- monatiger Mitgliedschaft Rechtsschutz gewähren, was oft sehr kost- spielige Prozesse bedeutet. Das Krankengeld soll nur in der niedrigsten Klasse etwas erhöht und in der vierten Klasse ent- sprechend dem Beitrag eingeführt werden. Die Ausgaben für diese Unterstützungszwecke sind bisher stark gestiegen. Maßregelungs- Unterstützung und Sterbegeld werden wie bisher gezahlt. Auch die Ausgaben für Sterbegelder stiegen rapid.— Der Verbandsvorstand soll durch einen Beirat erweitert werden. Redner empfiehlt die Annahme des Statutenentwurfs. Nach dein Referat Hilles werden die Verhandlungen vertagt.__ Hua Induftrie und FtandeL Freigabe der Äolslenförderung. Vom 1. Januar d. I. ab hat das Rheinisch-Westfälische Köhlen - fhndikat die gesamte Kohlenförderung freigegeben. Bereits seit Oktober v. I. war die Beschränkung der Beteiligungsquoten fort- gefallen. Jetzt steht die Höhe der Förderung überhaupt im Belieben der Shndikatswerke. i Vom 1. Januar d. I. ab treten zugleich die neuen Beteili- g u n g s z i f f e r n in Kraft. Am meisten ist die Gesamtbeteiligung erhöht worden für Koks(uin 1,080 Millionen Tonnen). In Kohlen hat die Betciligungsziffcr nur um 200 000 Tonnen zugenommen. Für Briketts ist die Erhöhung gering. Infolge mehrerer F u s i o- neu im verflossenen Jahre sind die Beteiligungsziffern einiger Werke wesentlich erhöht worden. So nahm die Zeche„Konstantin der Grosse " die Zechen„Deutschland " und„Eintracht-Tiefbau", die Zeche„Lothringen" die„Mark" auf. Die Zahl der SZn.dikatsmit- gliedcr ist damit von 64 auf 6t gesunkem Konkurse im Jahre 1912. Die Anzahl der eröffneten Konkurse betrug im Dezember 4912 nach einer Zusammenstellung der Finanzzeitschrift„Die Bank" 763, während im Dezember 1011 nur 713 Konkurse eröffnet wurden. Die Jahreszifser für 1012 streift, hauptsächlich infolge der letzten Monate, mit 0202 Konkursen fast die abnorm hohe Ziffer von 0372 Konkursen des Krisenjahres 1903. Im Jahre 1911 sind nur 8631 Konkurse eröffnet worden. Der Balkankrieg hat eine erhöhte Zahl von Opfern gefordert. Russisches Holz für deutsche Papierfabriken. Die„Noivoje Wremja" veröffentlicht eine Statistik, wonach Russland gegenwärtig mehr als die Hälfte des Holzbedarfes der deutschen Papierfabriken deckt. In den letzten zehn Jahren ist der Holzpreis unter dieser Nachfrage um 100 Proz. gestiegen. Schwedische Elektrizität für Dänemark . Die Südschwedischen Kraftwerke planen die Abgabe von Elektrizität an Dänemark durch Legung von Leitungen auf dem Grunde des Meeres. Die Kosten für die Ueherlragnng werden auf 630 009 Kronen vergnschlagt, Sozialea. Entschädigung bei„Aussetzen". Vor der Kammer II des Gewerbegerichts klagte Frl. M. auf Zahlung von 28,22 M. als Lohn für die Dauer von 14 Tagen. Die Klägerin war vom 1. Oktober bis 10. November als Garniererin im Putzgeschäft von Gertrud Alexander beschäftigt. An Gehalt bezog sie nwnatlich 122 M. Die Kündigungsfrist war eine vier- zehntägige. Wie die Klägerin in der Verhandlung angab, hat sie am 10. November ihre Stellung zum 24. November gekündigt. Die Beklagte habe die Kündigung nicht angenommen, sie aber auch nicht weiter beschäftigt. Von der Betlagte» wurde die kosten- Pflichtige Abweisung der Klage beantragt. Am Sonnabend, den 0. November, habe sie der Klägerin gesagt, sie müßte vorläufig ausseben. Diese habe nichts dagegen eingewendet, sondern erst anr nächsten Tage gesagt, sie könne nicht aussetzen. Auch habe sie dabei gekündigt. Die Klägerin behauptete, bereits am Sonnabend gesagt zu haben, sie müsse sich erst überlege», ob sie aussetze. Am folgenden Tage habe sie gesagt, sie könne nicht aussetzen, sondern verlange Beschäftigung für die Dauer der vierzehntägigen Kündigungsfrist. Trotzdem sie sich innerhalb der 14 Tage stets zur Verfügung gc- stellt habe, sei sie nicht beschäftigt worden.— Eine als Zeugin ver- nommene Putzmacherin bestätigte die Angaben der Klägerin in vollem Umfange. Darauf wurde die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 23,22 M. zu zahlen. Diese habe sich mit dem Aussetzen nicht ein- verstanden erklärt und hatte somit Anspruch auf Zahlung während der 14 Tage. Bei dieser Gelegenheit sei wiederholt betont, dah der Arbeit- geber kein Recht hat, vom Arbeiter zu verlangen, er solle aussetzen, ohne Zahlung des Lohnes zu erhalten. Oft nehmen leider Gerichte an, wenn der Arbeiter der Forderung auszusetzen nicht wider- spricht, sei sein Einverständnis damit ausgedrückt, dass er keine Zahlung erhalte. Diese Praxis des Gerichts ist eine falsche; aber es ist mit Rücksicht darauf, daß sie stattfindet, dem Arbeiter zu raten, ausdrücklich zu entgegnen, mit einer Aussetzung sei er nur einverstanden, wenn der Lohn wciterbezahlt werde. Die erwähnte Praxis ist eine falsche. Denn der Arbeiter hat nach Z 2 des Lohn- beschlagnahmegesetzeS kein Recht auf den ihm zukommenden Lohn vord me Fälligkeitstage zu verzichten. Diese Vorschrift ist zum Schutz des Arbeiters gegeben. Ein solcher Verzicht wäre nach dem ß 2 des Lohnbeschlagnahmegesetzes ungültig. Die erwähnte Praxis ist aber auch deshalb falsch, weil ein Verzicht auf Lohn nicht daraus zu folgern ist, dass der Arbeiter zu dem Vorschlag auszusetzen schweigt. Es hätte also im vorstehenden Fall ohne weitere Beweis- aufnähme Verurteilung erfolgen müssen. Indessen zeigt dieser Fall, wie weit verbreitet die irrige Praxis und wie ratsam es ist. ausdrücklich zu erklären, dass für die Zeit des vorgeschlagenen Aus- setzend Lohn zu zahlen ist._ Von der Hilflosrnrenle. Das Gesetz macht bekanntlich einen Unterschied zwischen völliger Erwerbsunfähigkeit und völliger Hilflosigkeit. Beim Vorliegen völliger Erwerbsunfähigkeit wird die Vollrente gewährt, welche nur 66� Proz. des Jahresarbeitsverdienstes beträgt. Die Hilflosen. renke kann bis zu 100 Proz. des Jahresarbeitsperdienstes steigen. Hilflos ist, wer ohne fremde Wartung und Pflege nicht bestehen kann. In einem Falle trat nun insofern eine gewisse Besserung gegenüber dem Zustand bei Bewilligung der Hilflosenrente ein, als der Verletzte nicht mehr in liegender Stellung zu verharren brauchte, sondern mit Hilfe eines Selbstfahrers sich in sitzender Stellung fortbewegen konnte. Die Berufsgcnossenschaft setzte dem Betreffenden hierauf die Rente herab, wurde jedoch vom Reichs- versichcrungsnmt zur Weiterzahlung derselben in der bisherigen Höhe verurteilt- Aus der Begründung heben wir hervor: „Das Gutachten des Kreisarztes bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß die durch ein Rückenmarksleidcn bedingte Lähmung der Beine und der Bauchmuskeln zurückgegangen ist. Die Möglichkeit des Klägers, mit Hilfe des Selbstfahrers eine Auf- sicktstätigkeit auszuüben, darf nicht überschätzt werden. Er wirb. Jlg die Konjtruktioil eines lolcheg ZelbstfahrerS in fecr Siegel pur für gute. /Letie Wege berechnet ist, Im wesentlichen an die Land- strasse gebunden, zur Befahrung von Feldwegen, geschweige denn von Aeckern und Wiesen aber nicht imstande sein. ES ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger jetzt fremde Hilfe erheblich weniger nötig hat, als früher. Speisen und Getränke konnte er. da Arme und Hände unversehrt sind, auch früher, als er noch bettlägerig war, ohne fremde Unterstützung gemessen. Aus diesem Grunde konnte er schon vordem den Oberkörper allein bekleiden. In dem- selben Masse, in dem er aber vordem auf fremde Hilfe angewiesen war, bedarf er derselben in der Hauptsache auch jetzt noch, so bei der Kotentleerung, beim Urinieren, beim Bekleiden der Beine und Füsse mit Hosen, Strümpfen und Schuhen, beim Aufsuchen und Verlassen des Betts und des Fahrstuhls, wobei er hinein- und her- ausgehoben werden mutz. Wenn nach alledem trotz einer geringen Besserung im Zu- stände des Verletzten dieser auch jetzt noch als hilflos im Sinne des Gesetzes anzusehen ist/ so mutz ihm die bisherige Rente auch ferner- hin belassen werden."(Aktenzeichen la 23281/11.) Zum Wohnungsclend der Gärtnergehilfen. Die„Allgemeine Deutsche Gärtnerzeitung" bringt eine Be- schreibung und photographische Abbildung eines Logis von Gärtner- gehilfen in der Handclsgärtnerri Josef Kohout in Nikolassee bei Berlin . Die Gehilfen wohnen im Gewächshaus in geradezu entsetzlicher Weise. Muffige Luft strömt dem Eintretenden aus dem Gewächs- Haus entgegen. Am Ende des Gewächshauses befindet sich eine Feldbettstelle mit lumpenartigen Decken bedeckt, früher befand sich dort die Stellage. Als vor einiger Zeit der Schuppen, in dem die Gehilfen wohnten, abbrannte, brach man in dieser Gewächshaus- bude ein Stück Stellage ab und plazierte dort ein Bett hin. Das ist der Wohn- und Sck)lafraum der Gehilfe». Das Kopfende des Bettes reicht an die Querwand des Sattelhauses, während das Fuss- ende an die Stellage stößt. Die Seitenwand besteht aus alten Bau- bretter», deren mehrere noch da» Zeichen H. A. G.(Heimstätten- Aktiengesellschaft) tragen. Vielfache Ritzen von 1 bis 2 Fingerbreite sind vorhanden. Damit die Kälte nickst zu sehr eindringen kann. hat man von aussen Laub gegen gepackt, das man mit den Fingern in den Jnnenraum ziehen kann. Natürlich herrscht Zugluft. Die armen Beivohner dieser Höhle werden den Husten nicht mehr los. Das Bett steht auf dem nackten Erdboden, der vollständig naß ist. Ein Unterbett gibt es nicht. Als Bettuch dient eine ausgediente Diwandecke, als Oberbett sind 2 Steppdecken mit grossen Löchern vorhanden. In diesem Bett von ungefähr 72 Zentimeter Breite schlafen 2 Menschen im Alter von 18 bis 20 Jahre. In demselben Gewächshaus, in dem diese jungen Menschenkinder kampieren, be- finden sich verfaulte Pflanzen und werden«in halbes Dutzend stramme Karnickel gemästet. In demselben Raum strömt auch eine Tonne mit Jauche ihren Gestank aus Wie kann die Behörde einen derartigen gesundheitsgefährlichen Raum als Wohn- und Schlafraum zulassen? Deutsche Gärtner- gehilfen hat Herr Kohout nicht erhalten. Zwei arme Tschechen hausen in dem Raum. Sie erhalten das fürstliche Monatsgehalt von 20 bis 3V M., neben freier„Station". Wie die Wohnung be- schaffen ist. haben wir oben geschildert. Der andere Teil der Sta- tum— das Essen — ist so knapp bemessen, dass die armen Leute noch von ihrem kargen Lohn zulegen müssen, um wenigstens leben zu können. Nikolassee ist»ine Billenkolonie. Ist der Polizeibehörde, dem Amtsvorsteher und dem Landrat bekannt, dass solch, die Gesundheit und Sittlichkeit aufs ärgste gefährdende Loch jungen Leuten als Logis gegeben wird.?, Weshalb schreitet sie nicht«in?, Reichstheatergesrll und Bühnengenossenschaft. AuS dem Bureau der Bühnengenossenschaft wird unS ge- schrieben: Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt für die Genossenschaft in der Kündigung»- und in der Toilettenfrage. Im Mittelpunkt der Kündigungsparagraphen steht der 18, der in der Fassung des Entwurfs folge:wermassen lautet:„Wird eine Kündigungsfrist ver- einbart, so mutz sie für beide Teile gleich sein." Nach Ansicht der Genossenschaft inuss dieser Paragraph eine Fassung erhalten, der die Parität des Kündigungsrechts unzweifelhaft zur Geltung bringt. Aus demselben Grunde werden die Vertreter der Genossenschaft mit aller Energie darauf bestehen, dass auch bei mehrjährigen Ver- trägen beiden Teilen das Kündigungsrecht zusteht und nicht ein- seitig dem Unternehmer verbleibt, wie der 8 23 es will. Die Ge- nossenschaft folgt da Forderungen, die neuerdings wieder aus allen Kreisen der Bühnenangestellten an sie ergangen sind. Es kann auch vom Standpunkt der Genossenschaft nicht dem Verlangen zu- gestimmt werden, dass Bühnenangeftellte mit mehrjährigen Ver- trägen in der zwischen den Spielzeiten liegenden Zeit n ihrer Tätigkeit beschränkt werden dürfen, sofern sie in dieser Zeit vom Unternehmer nicht entschädigt werden. In der Toilettenfrage steht die Genossenschaft auf den« Stand- Punkt, daß der Bühnenunternehmer de» Mitgliedern alle Klei- dungsstücke zu liefern hat, mit Ausnahme derjenigen, die ausschlietz. lich zum persönlichen Privatgebrauch des Mitgliedes dienen. Die Fassung des Regierungsentwurfs erscheint hier zu unklar und kann leicht zu Mihdeutunge» führen. Ferner wünscht die Genossenschast auch die Volontärfrage im Gesetz berücksichtigt zu finden. Sie schlägt vor, dass Volontäre an Tlieatern nur angenommen werden dürfe», wenn das darstellende Personal in allen Fächern voll besetzt ist. Ferner wird die Bühnen- genossenschaft die Forderung erheben, dass in Zukunft auch die von dem konzessionierten Unternehmer in Aussicht genommenen Stell- Vertreter denselben gesetzlichen Vorschriften genügen müssen wie die Konzessionäre selbst. Als ein äusserst wichtiger Punkt gilt der Genossenschaft die Beseitigung der Vorprobentage, die bisher nur teilweise oder gar nicht bezahlt worden sind. Die Bühnengenossenschaft vertritt hier die Ansicht, dass die Verpflichtung zur vollen Gehaltszahlung für den Unternehmer mit dem Anfang der Tätigkeit dcS engagierten Mitgliedes einsetzt._ Ein Polizeispitzel als Portier. Der Handlungsgehilfe Willi Janotta. Schöneberg . Maxstrahe. ersucht uns um Feststellung, dass er mit dem Polizeiagenten Willi Janotta, Christinenstrasse 32, über dessen Prozeß vor dem Ge- Werbegericht wir am Mittwoch berichteten, nicht identisch ist, Wir kommen diesem begreiflichen Wunsch hiermit nach, Geridns-Leitung. Rechtshilfe tu ReichStagSwahlfacheu. Die„Deutsche Juristen-Zeitung" teilt einen Beschluß beb Kaminergerichts vom 3. August 1912 über die Frage mit, ob ein Aintsgericht dem Ersuchen des Reichstags um Zeugen- Vernehmung in Wahlsachen stattzugeben habe. Aus Anlaß der Prüfung der Wahl des Abgeordneten Kaempf hatte der Reichstag bekanntlich beschlossen, mehrere Personen als Zeugen vernehmen zu lassen. Im Auftrage des Oberpräsidenten ersuchte der Berliner Magistrat das Amtsgericht B e r l i n- M i t t e um diese Vernehmung. Dies lehnte das Ersuchen ab, weil ihm nicht ersichtlich sei. auf welche Rechts- norm das Ersuchen sich stütze. Auf Beschwerde des Magistrats wies das Kammergericht aus folgenden Gründen zur Vernehmung an: Die in Artikel 27 der Reichsverfassung begründete Legitimation des Reichstags. die Legitimation seiner Mitglieder zu prüfen und darüber entscheiden, schließt notwendig das Recht in sich, die erforder- lichen Ermittelungen zu veranstalten und die gerichtliche Ver- nehmung von Zeugen anzuordnen. Daß die Gerichte dem durch Vermittelung der zuständigen Verwaltungsbehörden an sie gerichteten Ersuchen um Vernehmung zu entsprechen haben, ergibt für Preußen der noch geltende§ 38 der Verordnung voin 2. Januar 1819._ Eine nette Pflanze. Ein gemeingefährlicher Erpresser, durch dessen Tätigkeit zahlreiche ältere vermögende Damen in Berlin -Westen in Angst versetzt wor- den waren, wurde gestern auf längere Zeit unschädlich gemacht. Au» der Untersuchungshaft wurde der 21jährige Handlungsgehilfe Willi Kölble vorgeführt, um sich wegen wiederholter Erpressung zu veraukivorten. Der Angeklagte sollte den Lehrerberuf einschlagen. Er verübte jedoch auf dem Seminar allerlei Dummheiten, so daß er es vorzog. eines Tage» spurlos zu verschwinden, d« er mit einer zwangsweiseir Entfernung zu rechnen hatte. Er kam dann nach Berlin . Anfangs vorigen Jahres faßte er den Plan, sich durch ganz systematisch ein- gefädelte Erpressungsversuche in den Besitz von grösseren Geld- betrügen zu setzen. Er suchte sich aus dem Adressbuch die Namen mehrerer am Kurfürstendamm wohnhafter Damen heraus, an die er nacheinander Drohbriefe richtete. So erhielt u. a. eine am Kur- fürstendamm wohnhafte vermögende Dame einen Brief, in welchem sie aufgefordert wurde, binnen 7 Stunden an ein Postamt den Betrag von 200 Mark zu sende». In diesem Briese wurde mit- geteilt, dass sich unter dem Namen„Ter schwarze Ring" ein über ganz Deutschland verbreiteter Geheimbund gebildet habe, der es sich zur Aufgabe gemacht habe, reiche,- Leuten den Uebcrsluss abzu- nehmen, um damit arme, vom Schicksal verfolgte Menschen glücklich zu machen. Weiter wurde gesagt, sie soll« sich gar nicht erst an die Polizei wenden, da diese dem Geheimbund gegenüber machtlos sei. Ein« Rentiere Sch . am Kurfürstendamm erhielt einen ähnlichen Erpresserbrief, in welchem ihr unter Hinweis auf das Lichtenrader Bombenattentat angedroht wurde, dass auch sie das Augenlicht ver- liereu würde, wenn sie die Polizei benachrichtigen würde. In einem an eine Privatier« R. gerichteten Brief drohte der Erpresser, daß an eine Reihe von Damen der Gesellschaft Schmäh- briefe mit Enthüllungen aus den Fainilienverhältnissen der Empfängerin berichtet würden, wenn sie nicht 200 M. zahle. Die sämtlichen Briefe wurden der Kriminalpolizei eingereicht. Von dieser wurde ein sehr umfangreicher und mühsamer Ueber- »vachungsdienst auf einer Reihe von Postämtern eingerichtet. Da der Angeklagte, der offenbar mehrere Mitwisser haben mutzte, mit dem nur denkbarsten Raffinement vorging, waren längere Zeit hin- durch alle Bemühungen ergebnislos. Erst als eines Tages von einem Fabrikbesitzer H. und dessen Geschäftsführer W. mehrere Er- prefferbriefe der Polizei übersandt wurden, gelang es endlich, dem dreisten Erpresser auf die Spur zu kommen. Der Fabrikbesitzer H. erhielt eines Tages einen Brief, in welchem ihm mitgeteilt wurde, daß er von Mitgliedern des„schwarzen Ringes" seit Wochen beob- achtet worden sei. Hierbei sei festgestellt worden, dass er junge Burschen verschleppe und sie bewußtlos mache. Wenn er nicht sofort 1000 M. an den„schwarzen Ring" zahle, werde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet werden. Von H. wurde dieser wie auch ein zweiter Erpresserbrief unbeantwortet gelassen. Erst später ergab es sich, dass der Angeklagte den H. mit seinem Geschäftsführer W. verwechselt hatte. Als dieser eines Nachts das Schönebergcr Ufer entlang ging, trat ihm plötzlich W Angeklagte mit tief in das Gesicht gedrücktem Hut und hechle, chlagenem Rockkragen entgegen und überreichte ihin, ohne ein Wort zu sagen, einen Brief. Im nächsten Augenblick war er spurlos verschwunden, ehe W. sich von seiner Verblüftung erholt hatte. In dem Briefe wurde er beschuldigt, sich gegen den§ 175 vergangen zu haben, und zwar wurden ihm genau Ort und Datum angegeben. Der Angeklagte ging in seiner Frechheit sogar.soweit, unter den angeführten Zeugen seinen eigenen Namen mit voller Advesse anzugeben. Als Kriminal- kommissar Dr. Kopp diesen Brief erhielt, kam er �fort auf die Vermutung, daß der Angeklagte der Verfasser sämtli�er Erpresserbriefe sei. Als er ihm dies auf den Kopf zusagte, legte Kölble ein Geständnis ab. Der Staatsanwalt beantragte 1 Jahr und 9 Monate Gefängnis. Das Gericht erkannte auf 2 Jahre Gefängnis und 3 Jahre Ehr- vertust, da es sich um einen gemeingefährlichen Erpresser handele, vor dem die Menschheit auf möglichst lange Zeit geschützt werden müsse.—_ Ei» gefährlicher Arbeitgeber. I» schamloser Weise hat der Dtepper Paul Nitsche seine Stel- lung als Arbeitgeber einer jungen Arbeiterin gegenüber ausgenutzt. Nitsche stand gestern unter der Anklage der wiederholten Beleidigung und Sittlichkeitsvergehens vor der 4. Strafkammer des Land- gerichts I. Der Angeklagte betreibt eine Steppanstalt, in welcher auch ein vierzehnjähriges Mädchen beschäftigt war. Der Angeklagte hat sich nicht gescheut, diesem Mädchen oft Gemeinheiten geschlecht- licher Natur zu erzählen; er ging auch noch weiter und berührte den Körper des Mädchens wiederholt in ganz schamloser Weise, DaS Gericht verurteilte den Angeklagten zu i Jahr Gefängnis, Hus aller Älelt. 450 000 Mark unterschlagen. Gewaltige Unterschleife sind bei der Bankfirma Gebrüder Lübbecke u. Co. in Braunschweig entdeckt worden. Die Unterschlagungen, die den Betrag von 420 000 M. erreichen, sind von einem seit vielen Jahren bei dem Bankhause angestellten Buch- Halter Adolf Auerbach verübt worden, der mit einem Komplicen. dem Kaufmann Alexander Weber, flüchtig geworden ist. Die Unterschlagungen sind im Dezember 1910 begonnen worden, und zwar durch Fälschung von Depots und AnerkennungL- chreiben. Die beiden Flüchtlinge haben die Effekten bei anderen Braunschweiger Banken lombardiert. DaS Bankhaus Lübbecke hat diese verpfändeten Effekten eingelöst und die noch vorhandene Differenz voll gedeckt, so dass irgend eine Schädigung der Kundschaft des Bankhauses in keiner Weise eintritt. Auerbach ist von dem Kaufmann Alexander Weber zu diesen Unter- schlagungen angestiftet worden. Sowohl hinter Auerbach als auch hinter Weber sind Steckbriefe erlassen worden, da Weber anscheinend von den Unterschlagungen Auerbachs den größten Vor- teil erzielt hat. Die Gtaatsanwallschaft hat umfassende Massnahmen zur Vorfolgung der Flüchtlinge getroffen. Der Kaufmann Alexander Weber war früher Angestellter des Bankhauses Gebrüder Lübbecke und ist vor etwa 6 Jahren plötzlich entlassen worden, angeblich weil er damals unerlaubte Spekulationen auf eigene Rechnung getrieben hat. Weber ist«ine in Braunschweig stadibekannte Persönlichkeit und zurzeit Inhaber der Firma Webers Rasenbleiche und Geschäfts- ührer der Dauerwäschefabrik„Everclean". Braunschweig -Rüningen . Ein Weg deS Todes. ES ist bekannt, dass die amerikanischen Eisenbahnen in der Zahl der Opfer von Unglücksfällen. Zusammenstößen und Entgleisungen alle anderen Bahnsysteme der Welt übertreffen. Weniger bekannt aber ist eS, daß die weitaus größte Zahl von Todesfällen im amerikanischen Bahnwesen auf eine eigenartige amerikanische Gc- wohnheit zurückzuführen sind: auf die Borliebe des Amerikaner». die Eisenbahnlinie als Weg zu benutzen. Das gilt besonders im Westen, wo die Straßenverhältnisse noch viel zu wünschen übrig lassen und wo die Wanderer und die Landbevölkerung
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten