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Wer tragt die Schuld? Am heiligen Abend verunglückten auf dem Kaliwerle A d o l f s g l ü ck bei Lindwedel (Provinz Hannover ) durch eine Ex- plosion schlagender Wetter fünf Bergleute. Die bürgerliche Presse schob die Schuld an diesem bedauerlichen Unglück auf die Un- Vorsichtigkeit der getöteten Bergarbeiter, die mit offenen Lampen in den Schacht gefahren seien, ohne sich vorher zu überzeugen, ob die Grube gasfrei war. Gegenüber diesen offenkundigen Versuchen, die Bergwerksvcrwaltung von der Schuld an dem Tode der ..f Bergleute reinzuwaschen, veröffentlicht derV o IIS w ill e* in Hannover eine Zuschrift vom Bergarbeilervcrband, aus der hervor» geht, daff die eigentlich Schuldigen ganz wo anders zu suchen sind. Die Zuschrift weist zunächst darauf hin, daß nach dem Schießen am Nachmittag in der WeihnachtSstimmung kein Arbeiter mehr in den Schacht steigen wollte. Als dann aber der Werksinspektor erschien, ordnete der Steiger an, daß noch einmal eingefahren werde. Fünf Mann, einschließlich des Steigers, stiegen in den Kübel und die Todesfahrt begann. Nach einigen Minuten hörte man einen dumpfen Knall und das Unglück war geschehen. Dann stellt die Zuschrift fest, daß die einfahrenden Arbeiter gar keine anderen Lampen als die vom Werk ge- lieferten offenen Lampen zur Verfügung hatten. Wohl waren Sichcrheitslampen vorhanden, aber nicht in genügender Zahl; zudem waren die vorhandenen Sicherheitslampen in gebrauchsunfähigem Zustande. Daß eS so war, geht auch daraus hervor, daß erst nach dem Unglück brauchbare Sicher- heitslampen angeschafft worden find. Die Schuld liegt also nicht so sehr bei den Arbeitern, als vielmehr bei der Werks- Verwaltung. Daß fünf Mann in dem Kübel gefahren sind, ist allerdings eine Uebertretung der Bergpolizeivorschriften, aber das erklärt das Unglück nicht. Wären der Vorschrift gemäß nur drei Mann gefahren, würde die Explosion zweifellos ebenfalls erfolgt fein. Die Uebertretung berührt das Unglück also nur insofern, als zwei Mann mehr getötet worden sind. Die Schuld der Werksverwaltung ist aber noch viel schwer- wiegender, weil der augenblicklichen Abteufschicht des Schachtes schon fortgesetzt Gase entströmt sind. Infolge dieser Gas- ausströmungen sind wiederholt Leute im Schacht umgefallen. Die Arbeiter haben deshalb bisher stets die Vorsicht geübt, zunächst Lampen in den Schacht zu lassen, um zu sehen, ob man herunterfahren könne, nur an dem Unglücks- abend unterblieb diese Vorsichtsmaßregel, deren Befolgung zudem Aufgabe der zuständigen Aufsichtsperson und nicht der Bergleute ist (Z 64 der Bergpolizeiverordnung). Ferner ist es schon früher vor­gekommen, daß die ausströmenden Gase sich entzündet haben. Es waren also genügend Anzeichen für die Gefahr einer Explosion der ausgetretenen Gase vorhanden. Warum hat also das Werk nicht läng st vorher brauchbare SicherheitSlampen in ausreichender Zahl angeschafft? So zeigt sich auch bei diesem Unglück, daß die Behauptung der bürgerlichen Presse, die Arbeiter trügen die Schuld, unbegründet ist. Wo die wirklichen Schuldigen zu suchen find, kann nach den obigen Darlegungen nicht zweifelhaft sein. Konservativer Boykott. Nachdem dieLiegmtzer Volkszeitung" das geheime Boykott- zirkulär des konservativen Redakteurs O u a d t ans Licht der Oeffent- lichkeit gezogen hat, vollzieht sich bei den Herren Konservativen das alte Dementierspiel. Sie erlassen eineBerichtigung", in der sie erklären: Die Herausgabe eines Verzeichnisses von Geschäftstreibenden ist nicht von dem Bor stände des konservativen Verein« der- anlaßt und darf darum nicht als eine offizielle Maß- nähme desselben bezeichnet werden." So war es auch bei der Löwenberger IvOO-Mark-Berichtigung. Schlauerweise hatten sich dort nicht die Vorstandsmitglieder selbst zum sozialdemokratischen Vertrauensmann bemüht. Das über- ließ man anderen, die man dann nachher abschütteln konnte. Leider hat aber dici'esmal Herr Quadt in demstreng vertraulichen" Zirkular geschrieben: Aus- Veranlassung desKonservativen Ver- eins", desBundes der Landwirte" und derOrts- gruppe Liegnitz des deutschen Mittelstandes" gebe ich nun das vor- liegende Verzeichnis empfehlenswerter, rechtsstehender Kaufleute und Handwerker heraus." Diesmal sitzt also der Fuchs in der Falle. Oeltcmfcb-CItigani. Ein neues österreichisches Bereiusgesetz. Das neue vom Abgeordnetenhaus angenommene Vereinsgesetz beseitigt das seit 1862 bestehende Verbot der Verbindung politischer Vereine, daS Verbot der Zugehörigkeit vonFrauenspersonen" und Ausländern. Es soll bloß den Behörden daS Recht zustehen, fall- weise die Mitgliedschaft von Ausländern und Jugendlichen lunter einundzwanzig Jahren) zv untersagen, jedoch können Jugendliche auS Vereinen zur Wahrung von Standes- und Berufs- interessen ihrer Mitglieder nicht ausgeschlossen werden. Die Auf« lösungs- und NichtgenehmiguugsbefugniS wird auf Gesetz- Widrigkeiten beschränkt, bei politischen Vereinen kann sie aber auch eintreten, wenn die Vereine überwiegend.auS Ausländern be- stehen oder mit ausländischen Vereinen im Vcrbandsverhältnis stehen. Politische Bereine müssen auf Verlangen ihre Mitglieder anzeigen! Die Reform geht auf einen sozialdemokratischen Antrag zurück, aber wie man sieht, ist von seinem Geist in dem neuen Gesetz kaum noch viel zu merken. Dieser Reform wird das Herren- haus schon zustimmen. Dollancl. Die Militarisierung der Niederlande . Genosse V liegen zeigt imPeuple ", wie der Militarismus auch die Niederlande erobert. Der holländische H e e r e s e t a t ist von ISM bis 1613 von 27,32 auf 33,36 Millionen Gulden(zu 1,70 M.) gestiegen. Der Flottenetat blieb zwar für Holland 26 Mil- lionen, jedoch stieg der von den armen Bewohnern der Kolonien zu tragende Etat von 17,7 auf 26 Millionen: zusammen eine Stei- gerung von 16S,4 auf 133,9 Millionen Mark. Hat so der schwarz- blaue Block an der Regierung seine frühere Abneigung gegen stei- geni>e Heereslasten aufgegeben, so ist die Belastung mit persönlicher Dienstpflicht noch stärker gewachsen. 1961 wurde unter der liberalen Regierung das Jahreskontingent von 11 666 auf 17 666 erhöht, dafür aber die Dienstzeit in Infanterie und Futzartillerie von 17 Monaten auf 8� für drei, 4 Monate für ein Viertel der Leute herabgesetzt. Die Viermonate-Dienstzeit wurde von den hohen Offizieren bekämpft undsabotiert". Man hat sie beseitigt. Die Dienstzeit dauert jetzt für Infanterie(außer einem kleinen Teil mit 6K Monaten) und Festungsartillerie 8� Monate und zwei Uebungen zu 4 Wochen, Artillerie zu Fuß 13 Monate, be­rittene Truppen 2 Jahre. Dazu aber wurde 1911 das Jahres- kontingent auf 23666 erhöht. Ferner vermehrte man die Offiziere und Unteroffiziere, deren Stellung durch günstigere Pension-(Aus- gäbe für Offiziere 866 666 Gulden) und Militäranwärterbedin- guygen aufgebessert wurde. Schließlich müssen SL66---4S06 aus- 'gekoste Leuke jährlich noch 4 Monake länger dienen. Alle Forde- rungen unserer Genossen auf Annäherung an das Volkswehrshstem werden(wohl nicht ganz ohne Einwirkung des deutschen Prinzen, der als Gatte der Königin beschäftigt wird) abgewiesen, ja die möglichste Annäherung an die Paradeleistungen langdienendcr Heere erstrebt. Spanien . Die Abdankung der konservativen Partei. lieber die Vorgänge, die zum Rückzug Mau ras und feiner Gesinnungsgenossen vom politischen Schauplatz geführt haben, be- richtet der spanische Genosse Fabra Ribas in derHumanite". Er betont, daß es sich um eine neue Niederlage der Mör- der Ferrers handelt, nicht jedoch um einen eigentlichen Sieg der Liberalen. Maura und La C i e r v a waren die Leiter der klerikalen Regierung im Jahre 1969, als der Aufstand in B a r c e- l o n a Anlaß zu einer wilden Orgie der Reaktion gab. La Cierva stellte sich die Aufgabe, die Aufständischen von Barcelona so zu züchtigen,daß man bis ins vierte Geschlecht daran denken soll". Man weiß, wie das mit Hilfe der Militärjustiz gelang, wie die Kerker von Montjuich, die Gefangenenmarter, die Ermordung Ferrers usw. die Empörung ganz Europas wachriefen. Gestützt durch die öffentliche Meinung aller zivilisierten Länder, erhoben sich alle liberalen, republikanischen und sozialistischen Elemente gegen das Kabinett, das schließlich zusammenbrach. Der Kern dieser Bewegung war das republikanisch-sozialistische Bündnis, das in seinem ersten Aufruf erklärte, die Mörder Ferrcrs müßten für immer vom Schauplatz verschwinden, dürften nie wieder an die Regierung kommen. Trotzdem versuchten die reaktionären Führer in den folgenden Jahren während Canalejas Regierung mehrfach, wieder an die Macht zu kommen. Der König würde sie nur zu gerne wieder berufen haben, getraute sich aber nicht, die Volksempörung so gröb- lich herauszufordern. Nun, als Canalejas der Waffe eines Wirr- kopfes zum Opfer gefallen war, glaubten sie ihre Zeit gekommen. Ihr führendes Blatt,La Epoca", hat entschieden erklärt, zu Beginn dieses Jahres würden die Konservativen wieder herrschen; ein an- dereS Blatt brachte sogar schon die Regierungsliste mit Maura als Chef und La Cierva als Minister des Innern. Immer aufs neue erklärte man die Politik der Liberalen für eine Gefahr- für die Monarchie, Alfons XIII . für einen Gefangenen der Republikaner und Sozialisten. Doch würde der tapfere König deren Drohungen keinen Augenblick länger dulden. Aber die Presse dieser Parteien erklärte bestimmt, man würde eine solche Regierung niemals dul° den. Und der tapfere König fand es nützlicher, keine neue Volks- bewegung zu entfesseln. Er beließ den liberalen Grafen Roananones an der Regierung, und nahezu hundert konservative Exminister, Senatoren und Abgeordnete haben ihren Rücktritt vom Parlament und vom politischen Leben erklärt. Die Liberalen, die nun nach rechts hin unangefochten das Terrain beherrschen, sind aber weder eine einheitliche noch überhaupt eine Partei von klarem politischen Wollen.Ohne eigene Politik und von Spaltungen bedroht," sagt Ribas,wird die liberale Partei sich nicht lange an der Macht halten können/ Was wird dann kommen? Es handelt sich in Spanien nicht mehr um eine Krise der Parteien, sondern des Rcgierungs- systems. Im Grunde ist es schade, daß der König nicht Herrn Maura berufen hat. Er hätte damit alle Brücken abgebrochen." Norwegen . Ein Kongreß der sozialdemokratischen Jugend. Christiania. 2. Januar. (Eig. Ber.) Der sozialdemokratische Jugendverband Norwegens hat soeben einen Kongreß abgehalten, auf welchem 31 Vereine mit 3666 Mitgliedern vertreten waren. Ebenso hatten die Landesorganisation der Gewerkschaften und der Vorstand der sozialdemokratischen Partei Vertreter gesandt. Der Kongreß beschäftigte sich u. a. mit der Trennung der Kirche vom Staate, dem politischen Massenstreik und der Militärfrage. Hin- sichtlich derTrennungderKirchevomStaate wurde ver- langt, daß die Partei diese Forderung wieder ins Parteiprogramm aufnehmen soll, die sie aus opportunistischen Gründen seinerzeit gestrichen hatte. Der Hauptgrund war die Auffassung, daß die Staatskirche dem Sektenwesen entgegenwirke und daher vorzu- ziehen sei. Die organisierte Jugend teilt diese Auffassung nicht und fordert nun die Wiederaufnahme jener alten Forderung ins Parteiprogramm. Die Behandlung der Frage des politischen Massen- st r e iks führte zur Annahme einer Resolution, die den Jugend- bereinen das Studium der Frage anheimgibt und den Verbands- vorstand beauftragt, eine orientierende Broschüre herauszugeben. Auch werden die Gewerkschaften ersucht, sich mit der Frage zu be- schäftigen. In der Militärfrage stellte sich der Kongreß auf einen rein verteidigungsnihilistischen Standpunkt; er sprach sich für den Militärstreik aus und forderte Parteipresse und Parlannentsfraktion auf, jeder militärischen Gesetzgebung entgegenzuwirken. Zum Redakteur des in einer Auflage von 3666 Exemplaren er- scheinenden Organs,Klassekampen", wurde Eug. Olaussen wieder- gewählt. In die Verbandsleitung wurde u. a. der Verfechter des Syndikalismus Genosse Tranmäl gewählt, womit natürlich keine Anerkennung syndikalistischer Anschauungen durch den Kongreß er- folgt ist. Hfriha. Wie sich der Klerikalismns in Libyen breit macht. Rom , den 2. Januar. (Eig. Ber.) Der derzeitige Gouverneur von Tripolis , General Ciancio, scheint eine eigenartige Vor- stellung von seinen Befugnissen und von den Rechtsverhältnissen der Kolonie zu haben. In Italien gibt eS weder für den Zivil- noch für den Militärbeamten einen Zwang zur Beteiligung an dem Gottesdienst: noch weniger gibt es natürlich den obligatorischen sonntäglichen Kirchenbesuch, dem sich die Soldaten vieler anderen Länder unterwerfen müssen. Um so mehr befremdet eS, daß der General Ciancio am Borabend vor Weihnachten allen Zivil- und Militärbeamten ein Rundschreiben zugehen ließ, worin mitgeteilt wurde, daß der Gouverneur der Weihnachtsmesie bei- wohnen werde und eS seinem Wunsche entspräche, wenn die Be- amten und Offiziere mit ihren Untergebenen bei der Zeremonie zu- gegen wären. Ein derartiges Zirkular kommt ungefähr einem dienst- lichen Befehl gleich. Hat man vielleicht dämm Libyen erobert, um hier die Italiener zwangsweise zum Christentum zu bekehren? Eue der Partei» Eine klerikale Lüge. Rom , 2. Januar. (Eig. Ber.) Es ist eine alte Erfahrung, daß die Klerikalen nicht einmal vor einer Leichenschändung zurückichrccken, wenn sie meinen, daß sie die Macht der Kirche und des Glaubens in günstiges Licht setzen kann. Daß man es aber wagen würde. Andrea Costa wenige Jahre noch seinem Tode in den Verdacht zu bringen, im Frieden mit der Kirche gestorben zu sein, überschreitet doch das normale Kaliber klerikaler Verleumdung. DieUnitä Cattolica" von Florenz , eine in vatikanischen Kressen angesehene, den Jesuiten nahestehende Zeitung, veröffentlichte in ihrer Nummer vom 27. Dezember eine mit Einzelheiten ausgeschmückte Notiz, der» zufolge unser Genosse wenige Tage bor seinem Tode einem würdigen Prälaten" gebeichtet und von ihm die Sterbesakramente empfangen hätte. Derwürdige Prälat" verbirgt keusch seinen Namen. Dieser Mitteilung gegenüber schreibt Costas Witwe im Avanti", daß sie in deii letzten Wochen seiner Krankheit nie das Zimmer ihres Mannes verlassen habe und mit absoluter Bestimmt- heit behaupten könne, daß kein Priester an sein Bett gekommen sei. Der durchaus kirchengläubige Bruder der Frau bestätigt diese Au- gäbe. Trotzdem wird natürlich dieUnitä Cattolica" ihre Lüge nicht widerrufen. Jugenddewegiing. Eine Staatsaktion. Sechs Mitglieder des BreSlauer Jugendausschusses hatten sich an, Freitag vor dem Richter zu verantworten. Ihnen wurde zur Last gelegt, eine nicht behördlich genehmigteAusspielung" ver- anstaltet zu haben. Auf einem Jugendfest hatte nämlich eine Per- losung von Büchern stattgefunden. Zu der Aktion waren außer den Angeklagten ein Polizeikommissar, ein Musikdirektor, ein Gastwirt, ein Redakteur und zwei Gewerkschaftsleiter als Zeugen, außerdem eine elfmonatige Untersuchung nötig. Das Verbrechen wurde an einein der Angeklagten mit 6 M. Geldstrafe geahndet. Soziales* Zunehmende Sterblichkeit. Im Jahre 1911 hat die Zahl der Gestorbenen in bcmerkcns- werter Weise zugenommen. Die amtlichen Beurteiler der Er- scheinung führen das auf den heißen Sommer des Jahres zurück. Er allein soll für die beängstigend zugenommene Säuglingssterb- lichkeit verantwortlich sein. Daß die Teuerung mit ihren ver- wüstenden Folgen auch eine größere Sterblichkeit herbeigeführt haben könnte, das scheint man gar nicht in den Kreis der Bctrach- tung gezogen zu haben. Damit übersah man eine Ursache der ge- steigerten Menschenvcrnichtung. Das beweist schon die Tatsache, daß auch die höheren Altersstufen an der Sterblichkeitszunahme beteiligt sind. Auch die Krankenkassenstatistik, die keine Säuglinge umfaßt, erhärtet eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der arbeitenden Bevölkerung. Ueber die Sterblichkeit im Jahre 1911 macht dieStatistische Korrespondenz" folgende Angaben: Es starben 1911 im ganzen 696 834 Personen, davon männliche 361 386, weibliche 333 474, im Vorjahre 637 982, davon männliche 329 931 und weibliche 368 631. Außerdem kamen 1911 standesamt- lich zur Meldung 35 874 Totgeborene(26 166 männliche und 13 774 weibliche), während 1911 37 166(26 771 männlickle, 16 393 weib» liche), gemeldet wurden. Berechnet man, ohne Einschluß der Tot» geburten, die Sterbeziffer auf 166(am 1. Juli 1911) lebende Per- sonen, so stellt sich diese für die Bevölkerung überhaupt auf 17,2 (1916 auf 16,1). Insgesamt starben im Jahre 1911 58 872 Per- sonen mehr als in dem vorausgegangenen Jahre. Beim Zurück- verfolgen der Sterbeziffer bis 1873 zeigt sich, daß sie mit 26,3 im Jahre 1373 am höchsten war. Mit Schwankungen in den ein- zelncn Jahren trat dann ein Rückgang ein, und zwar für die männliche Bevölkerung von 28,1 im Jahre 1875 bis auf 18,1 im Jahre 1911(im Jahre 1916 sogar auf 16,1), für die weibliche Be- völkerung von 24,6 im Jahre 1873 bis auf 16,4 im Jahre 1911 (im Jahre 916 auf 15,4). Eine Berechnung der Sterbeziffer für die einzelnen Altersklassen, getrennt nach Geschlechtern, ergibt da? folgende Bild, wobei die Zahl der Gestorbenen auf je 1666 der am 1. Juli in der Gruppe Lebenden eingestellt worden ist- Es starben aus der Arbeiterklasse Zwar hat, wie die Zahlen ergeben, besonders die Säuglings» sterblichkeit zugenommen. Das ist aber zweifellos, wenigstens zum Teil, auch eine Folge der Erschwerung der Lebenshaltung durch die furchtbare Teuerung. Außerdem zeigt sich, daß auch in höheren Altersstufen die Sterblichkeit nicht unbeträchtlich gestiegen ist. Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß das Jahr 1911 noch nicht das des höchsten Preisstandes war. Das Jahr 1912 wird, als Resultat der vielgerühmten nationalen Wirtschaftspolitik, jedenfalls mit einer weiteren Steigerung der Erkrankungs- und Sterbeziffern in der Statistik herausragen. VermSgcnsstcucrzensiten in Preußen. Eine sogenannte Ergäiizungssteuer erfaßt in Preußen die Ver» mögen von über 6666 M., das heißt, soweit sie nicht verheimlicht werden. Befreit von einer Steuer sind übrigens auch die Besitzer von Vermögen bis 26 666 M., sofern sie kein Einkommen nach der unterste» Steuerstufe bis 966 M. versteuern. Wie nun die Steuerstatistik ausweist, ist die Zahl der Ergänzungssteuerpflichtigen ziemlich stark gestiegen. Die nachfolgende Zusammenstellung läßt das erlenuen. Pro 1666 der Bevölkerung ergaben sich: Zensiten, ausschließlich Angehörige Ernkommen st euer stufe überhaupt bis 966 M."ber�MV 1896.,. 37,2 0,5 28,6' 8,7 1911... 44,4 0,7 30,8 12,8 Zensiten, mit Angehörige» zusammen 1896... 139,7 1.2 163.4 30.1 1911... 139,7 2.3 116,8 42,1 Die Bewegung in der Zahl der Zensiten ergibt einen ständigen Zuwachs der Besitzenden, am allerftärksten und obne Unterbrechung hat sich der Zuwachs auf dem Lande vollzogen. Stellt man Stadt und Land nach den Ergebnissen von 1896 und 1911 gegenüber, dann ergeben sich folgende Resultate. In der Steuerstufe von 906 bis 3666 M. waren pro Tausend der Bevölkerung 1896 in den Städten 24,9 Zensiten, im Jahre 1911 nur noch 22,5. Auf dem Lande da» gegen hob sich die Zahl solcher Zensiten von 36,1 auf 38,4. Noch günstiger war die Entwickelung, sofern man die Einkommen von über 3666 M. in Betracht zieht. Zu dieser Gruppe gehörten zu den Ergänzungssteuerzensiten in den Städten pro Tausend der Bevöike» rung im Jahre 1896 16, im Jahre 1912 19,7. Das ergibt eine Zunahme um 23 Prozent. Aus dem Lande jedoch stieg die Zahl der hier in Betracht kommenden Zensiten von 3,7 auf 8,6 oder um fast 76 Prozent. Alls dieser Zusammenstellung ist zu erkennen, daß an der Vermögensbildung vorwiegend die größereu Einkommen beteiligt sind. Der Großgrundbesitz, die Grundrentenschlucker und die Beherrscher deS in der gewerblichen Gütererzeugung und bei sonstigen Erwerbsanlagen investierten Kapitals heimsen den aus ge» steigerter Ausbeutung der Arbeitskraft und der Schröpfung der Konsumeilten erpreßten Reichtum ein. Die große Masse kommt trotz der riesenhaft gesteigerten Gütererzeugung und trotz glänzender Ernten aus den Niederungen der sozialen und wirtschaftlichen Not nicht heraus. Als Beitrag zu dem aktuellen Thema über den Ge- burtcnrückgang mag noch erlvähnt werden, daß die Kopfzahl der Familien der Ergänzungssteuerzensiten im Durchschnitt von 3753 auf 3639 zurückgegangen ist. Die Besitzenden wollen die auf» gespeicherten Vermögen beim Ecbgang nicht in so viele Teile zer» fallen lajjew �Siche auch L. Beilage.),