»t. i6. so. nimi. 2. KtlllM des Jörmortf ferlinet NoldsblM s«'"--»•?«»««Die etatsdebatte im württembergifcbeoCandtag.Die neugewählte wiirttembergische Kammer hat am Donnerstag,den!S. Januar, mit den Etatsberatungen begonnen. Württemberghat zweijährige Etatsperioden. Der Staatsauiwand für 1813 beziffert sich aus 118 800 000 M., für 1014 aus 121692 000 M. ImJahre 1905 betrug er noch rund 82 Millionen Mark. Es ist mittler-weile um rund 50 Proz. gestiegen. Ueberraschungen irgend welcherArt bietet der neue Etat nicht. Der Abschluß ist günstig; die Re-gierung will mit dem alten Einkommensteueriatz auskommen.Der Finanzminister V. Gehler eröffnete am Donnerstagden Reigen der Redner. Er beschäftigte sich im wesent-lichen mit den Zahlen de? Etats, eine politische Roteseinen Ausführungen zu geben, vermied er sorgsam. Nach ihm nahmder Redner der stärksten Partei, deS Zentrums, erster Bizeprästdentv. Kiene, das Wort. Wie cS nicht ander« sein konnte, spielte derverflossene Wahlkampf und die Neuwahl des Präsidiums keine kleineRolle in seinen Ausführungen. Von allerlei Verhandlungen, die da«Zentrum mit dem Bauernbund, aber auch mit den Nationalliberalengepflogen hat, um bei der Wahl des Präsidiums einen Block gegendie Sozialdemokratie zustande zu bringen, machte er Mitteilung. DieKennzeichnung des Charakter« der Kammer durch da« aus Zentrumund Bauernbund gebildete Präsidium gefällt ihin gar nicht.„Ich und meine Freunde«ragen keine Verantwortung da-für, daß das Land heute«in reines Rechtspräsidiumhat', klagte er unter ironischer Heiterkeit der Liberalenund der Sozialdemokratie. Zwischenhindurch empfahl der Zentrums-redner so etwa ein Dutzend mal da? Zentrum als sichersten Schutzdes Altars, der Monarchie, des Christentums, der Ordnung und Sitt-lichkeit. Der Regierung gab er aber auch ziemlich deutlich zu ver-stehen, daß. wenn sie dem Zentrum nicht zu willen ist, es auch anderskommen kann. Denn um Gottes Willen tut das Zentrum nun ein-mal nichlS; eS liebt bare Zahlung. Im ureigensten Sinne de«Wortes. Bei der Ausscheidung des Kirchenguts, das seinerzeit vomStaat unter Uebernahme der Kirchenlasten eingezogen wurde—könne sich die Regierung„fortschrittlich' zeigen, indem sie(bei Zumessung der Renten) die steigenden Bedürf»nisse der Kirche berücksichtige. Die Kirche hateinen guten Magen. BesoiiderS erfreut ist da» Zentrum, daßin der Zweiten Kammer eine sichere Mehrheit„für die Aufrechter-Haltung unserer segensreichen Wirtschaftspolitik' vorhanden ist.„Indieser Frage bekommen wir Zuzug nicht nur aus den Reihen derNationalliberalen, sondern auch aus den Reihen der Volk«-Partei', bemerkte er mild lächelnd den liberalen Parteien. DasZentrum kennt seine Leute. Der dem ZentrumSmann folgende Volks-parteiliche Redner L i e s ch i n g vermied denn auch außerordentlichvorsichtig, dieses heiße Eisen anzufassen. Er redete von allerlei undnoch viel mehr, aber einer klaren Stellungnahme zu dieser brennen-den Frage, dem Kampf gegen die Ausbeutung de« Volkes durch dieAgrarier, ging er sorgsam aus dem Weg.—Am Freitag wurde die Debatte fortgesetzt, der BauernbündlcrVogt- Weinsberg legte der Volkspartei etliche kiyliche Fragen vor:wie sie sich denn eigentlich zur Einfuhr von Gefrierfleisch usw. nunstelle. Aus Herrn Liesching« Rede fei er nicht recht klug geworden.Dem Bauern bündler folgte Genosie Keil als erster FrattionSrednerder Sozialdemokratie. Er schlug erfrischend scharfe Tön« an. wie siein dem wohltemperiertem Hause nicht oft gehört werden. DieThronrede nannte er soft- und kraftlos, jeder klaren Stellungnahmesorgfältig ans dem Wege gehend. Die Brandmarkung der bauern-bündlerii'chen«nd zentrümlichen Wahlagitation wurde von derRechten mit lebhasten Unterbrechungen quittiert. Der FortschrittlichenVolkspartei sagte er. daß wenn die voltsparteilichen Agitatoren nur einViertel der Kraft, die sie zur Bekämpfung der Sozialdemokratie aus-gewendet haben, zur Bekämpfung der Rechten verausgabt hätten,die Rechte im neuen Haus nicht diese? Uebergewicht bekommenhätte. Den vom Zentrumsredner behaupteten„Zug nach rechts".der durchs württembergische Volk gehen soll, illustriert er treffenddurch die Feststellung, daß von den 40 000 Neuwählern, die seit 1006hinzugekommen sind, nicht weniger wie 28 000 zur Sozialdemo-kratie gegangen find. Nicht der angebliche„Zug nach recht«',sondern da« skandalöse Wahlunrecht hat der Rechten zur Vor-Herrschaft verbolfen. Die Ungleichheit der Wahlkreise hat esdahin gebracht, daß 38 Prozent der Wähler 50 Prozenther Mandate an sich reißen konnten. Der Redner forderte sodanndie Verhältniswahl füt alle Abgeordnete der Kammer. Ueber technischeEinzelheiten des Wahlsystems lasse sich reden. Dem geschiedenenMinister v. Pischek zollte er Anerkennung. Die Sozialdemokratie seibereit, auch mit dem jetzigen Ministerium fortschrittliche Politik zumachen, doch scheue sie auch den schärfsten Kampf nicht, wenn dieRegierung reaktionäre Politik treiben wolle. Scharf wendete sichKeil gegen die Anregung de» BauernbündlerS Bogt, die Konsum-vereine mit neuen Steuern zu belasten. Vielmehr sei eine Aende-rung der Einkommensteuer in dp Hinsicht notwendig.daß die kleinen und mittleren Elnkommen entlastet, diegrößeren hingegen schärfer zur Steuer herangezogen würden.Vom Ministe>präsidenten verlangt er Auskunft über die Bc-Handlung neuer Rüslungsvorlagen im Bundesrat. Sodann kamKeil auf daS Milllärverbot jener Wirtschaften zu sprechen.deren Inhaber als Sozialdemokraten bekannt sind. Die Parteinahmeder Regierung und de« Regierungsorgans gegen die Sozialdemo-kratie in den letzten Wahlkänrpfen und anderes mehr beweise, daßSozialdemokraten auch inWürttemberg minderenRechtes sind. Da« Wort vom Todfeind der bürgerlichen Ge-sellschaft ist zitiert und so gedeutet worden, als ob die Sozialdemo-kratie Todfeindin von Personen sei. Diese Auslegung ist un-finnig. Die Sozialdemokratie weiß sehr wohl, daß es überden Kreis unserer Partei hinaus Personen gibt, die bemühtsind, da« Elend, die Not zu lindern. Mir diesen Personengehen wir eine ganze Strecke zusammen. Was uns aber von denbürgerlichen Parteien scheidet, ist; Sie halten fest an einer Staats-und WirtichaflSordnung, die auf der Ausbeutung der arbeitendenMafien beruht, während wir Sozialdemokraten eine neue Ordnungschaffen wollen. Wir bleiben Todfeinde einer Wirtschaftsordnung,die für Millionen Volksgenossen Not und Elend im Gefolge bat. Wirwaren aber auch stets bemüht, das Los der arbeitenden Bevölkerungauch jetzt schon zu lindern, soweit das möglich ist.Nack KeilS Rede erhob sich der MinisterpräsideM, um dagegenzu protestieren, daß Keil das Deutsch« Reich mitverantwortlich gemachthabe für die Kriegsrüstungen.e-Ei« ministerielles Manche«.Nach einer telegraphischen Meldung der„Bossischen Zeitung' gabam Sonnabend in der Zweiten württembergischen Kommer der neueMinister de« Innern. Dr. v. Fleischhauer, eine Erklärungüber die Stellung der Regierung zur Sozialdemokratie ab, die imwesentliche» lautete:„Kein Staatsmann wird in unserer Zeit mit Aussicht aufErfolg in der Verwaltung tätig sein, der nicht mit einemvollen Tropfen sozialen Empfindens ge-salbt ist. Auch ich habe für das Streben der Arbeiter-schaft nach Besserung der Lage und Hebung der sozialen Stellungvolles Verständnis und, soweit die Sozialdemo-kratie nichts anderes er st rebt, als auf dem Bodender bestehenden Staats- und GesellschaftS-o r d n u n g die Forderungen der Arbeiter zu vertreten und ihrenWünschen, s o w e i t m ö g l i ch. zur Ersüllung zu verhelfen, wirdsie bei mir einem offenen Ohr und ern st haften Erwä-g u n g e n begegnen. Es wird dabei freilich nicht außer acht ge-lassen werden dürfen, daß die Aufgabe der Regierungen nicht da-rin besteht, einseitig nur die Interessen der Ar-beiterschaft zu berücksichtigen, sondern daß sie auch einen ge-rechten Ausgleich zwischen den widerstrebenden Interessen anzu-streben hat. Die Sozialdemokratie ist aber nicht nur die Vertreterinder Arbeiterinteressen, sie ist auch die Partei, die den Klassen-kämpf auf ihre Fahne geschrieben hat und sich da-mit in einen ausgesprochenen und grundsätzlichen Gegensatz zu derGesamtheit der übrigen StaatSgenossen stellt. So weit sie dastut, wird sie die Regierung immer entschieden ausder Gegenseite finden, denn die Pflicht der Regierungen istdie gleichmäßige Fürsorge für alle Berufsstände und die Hintan-Haltung jedes einseiligen Klassenkampfes. Es wird dem Abg.Keil nicht entgangen sein, daß das Parteiorgan der württem-bergischen Sozialdemokratie in den letzten Tagen mit Nachdruckerklärt hat. die Sozialdemokratie sei eine republikanische Partei.... Der Regierung wird man es aber nicht verdenken können,wenn sie gegen eine Partei Stellung nimmt, welche die Grund-lagen des Staates in so bestimmter Weise verneint.*Ob der Herr. Minister sich vielleicht einbildet, durch diese Er-klärung irgeno einen Einfluß auf die parteipolitischen Auseinander-setzungen innerhalb der württembergischen Sozialdemokratie ausübenzu können? Das wäre sehr naiv, und Genosse Keil und die seinerRichtung angehörenden Genossen würden ihm für einen solchenBärendienst sicherlich keinen Dank wissen. ES wäre auch wirklichschlimm, wenn es erst der letzten Auslassung der„Tagwacht" bedurfthätte, um Freund und Feind zum Bewußtsein zu bringen, daß dieSozialdemokratie eine demokratische, d. h. auch republikanische Parteiist I Aber davon kann selbstverständlich keineRede sein, denn geradedie Erklärung der FrallionSmehrheit wies ja darauf hin. daß in demgedruckten Bericht der LandtagSfraltion für 1907, derin Tausenden von Exemplaren verbreitet worden ist, auf der erstenSeite zu der Teilnahme der Fraktion an der höfischen Eröffnungs-feier des Landtags bemerkt worden war:„Selbstverständlich ist an der grundsätzlichen Haltungder Sozialdemokratie gegenüber der Monarchie keine Aende-rung durch die Teilimhme an der Eröffnungsfeierlichkeit er-folgt.'Die Erklärung des Herrn Ministers des Innern war also höchstüberflüssig. Auch insofern, als sich bislang wohl schwerlich ein Sozial-demokrat eingebildet hatte, daß eine monarchisch, kapitalistische Regie-rung den sozialdemokratischen Zielen freundlich gegenüberstehenkönne!8o2ia!es.Konlurrenzklausel und provozierte Kündigung.Ein vertraglich eingegangenes Konkurrenzverbot ist bekanntlichungültig, wenn der Arbeilgeber das Dienstverhältnis aufkündigt.Vor dem Kausmannsgeucht Hamburg kam ein Fall zur VerHand-lung, wo der vurch das Konkurrenzverbol gebundene Gehilfe zwarin die Lösung de« Vertrages willigte, aber fourch das Verhalten desPrinzipals vom Gericht dennoch an die Konkurrenzklausel nicht fürgebunden erachtet wurde. Der Fall lag so: Der GeschäftsinhaberT. engagierte mit einem Konkurrenzverbot den Verkäufer I. mitunier Zubilligung eines Gebaltes von 125 M. Nach einiger Zeiterklärte der Chef dem Angestellten, er könne ihm doch nicht mehrwie 100 M. geben, worauf I. erwiderte, dafür könne er nichtarbeiten, da werde er sich nach einer anderen Stellung umsehenmüssen. Der Prinzipal bekundete auch damit sein Einverständnisdurch die Worte:„Ja, dann müssen Sie kündigen." In der Ver-Handlung gab der Gehilfe anfangs zu. daS Wort„kündigen" zuerstausgesprochen zu haben, nahm die Erklärung aber später wiederzurück.Das Kaufmannsgericht wies die Klage des Chef« wegen Ver-letzung der Konkurrenzklausel ab. In der Begründung heißt eS:Nach dem Wortlaut des ß 75 des Handelsgesetzbuchs hat I. in derTat gegen die Konkurrenzklausel verstoßen. Das Kaufmannsgerichtist aber der Ansicht, bah das Resultat zwar dem Wortlaut des Ge-setzes entspreche, der Sachlage aber innerlich nicht gerecht werde.In der Erklärung des Prinzipals, er könne nicht weiter 125 M. be-zahlen, liege eine eventuelle Kündigung für den Fall, daß der Ge-Hilfe mit der Gehaltssrniedrigung nicht einverstanden ist. DieInitiative zur Kündigung ist offenbar vom Prinzipal, nicht vomAngestellten ausgegangen. Der Chef kann auch daraus keine Rechteherleiten, wenn der ganz ungewandte und rechtlich unerfahrene Be-klagte vcrkehrterweise das Wort„kündigen" gebraucht haben sollte,statt sich aus den allein richtigen Standpunkt zu stellen, daß derChef entweder das alte Gehalt weiter bezahlt oder seinerseits kün-digt.— Auf die seitens des abgewiesenen Prinzipale eingelegte Be-rusung hin kaui auch das Landgericht Hamburg zur Bestätigung deserstinstanzlichen Urteils.__Ter Hallcsche Krankentassenstreit vor dem Reichsgericht.Am 30. Juli 1010 kündigten sämtliche Halleschen Kassenärzteden im Krankenkassenverband zu Halle a. S. vereinigten Kranlen-tassen zum 30. September 1010. Die Kassen zogen einige Aerztevon auswärts heran. Der Magistrat der Stadt Halle als Aufsichis-deHörde war aber der Ansicht!, daß die Zahl dieser Aerzte nicht aus-reichend sei. Er forderte ain 8. November 1010 die einzelnen Kassenauf, bis zum 25. November nachzuweisen, daß für je 1500 Mit-glieder und deren turberechtigie Angehörigen ein in jeder Be-ziehung lcistuirgsfähiger Arzt zur Verfügung steht.-Am 25. Na-ventber teilte'der Magistrat mit, daß dieser Nachweis nicht erbrachtsei und er nunmehr gemäß tz 45 Absatz 5 des Krankenversicherungs-gcsetzes selbst die ausreichende ärztliche Versorgung herbeiführeninerdc. Der Magislrati schloß dann am 6. Dezember 1010 in seinerEigenschaft als Aufsichtsbehörde mit dem Verein der Aerzte zuHalle einen Vertrag auf die Dauer von zehn Jahren, wonach zumärztlichen Dienst bei den Kassen grundsätzlich jeder Arzt zugelassenwird, der in Halle und Umgegend wohnt. In einem Nachtrags-vertrage vom 1. März 1011, der gleichfalls vom Magistrat für dieKassen abgeschlossen worden ist, sind einige der'für die Kassen sehrscharfen Bedinguiigen des ersten Vertrags etwas gemildert worden.— Der Kraiikenkassenvcrband meint, daß die beiden Verträge gegenhie guten Sitten verstoßen, weit alle Rechte auf seiten der Aerzte,alle Pslichten aber auf seiten der Kassen seien; die Kassen seien aufzehn Jahre gebunden, während bie«inzelnen Aerzte ein viertlet-jährliches Kündigungsrecht hätten; die Verträge seien auch deshalbnichtig, weil die g-jetzliche» Boraussetzungen zum Eingreisen desMagistrats nicht vorgelegen hätten; mindesten« seien aber eineReihe von Einzelbestiiinnuimen nichtig. Der Kassenverbqnd hatdeshatd gegen den Verband Hnlleschec Kassenärzte als Recht« nach-folgcr des Acrztcvercins Klage auf Feststellung erhoben, daß denKassen gegenüber aus den Verträgen keine Rechte bestehe,,.Das Landgericht Hnlle und' Obcrlandesgericht Naumburg habendie Klage abgewiesen. Das Reichsgericht hat am Freitag daS Urteildes Oberlandcsgerichts in der Hauptsache bestätigt und«ur die Bc-stimmung in 8 11 Absatz 2d des Vertrags, wonach die Kassen ver-pflichtet sein sollen, die durch den Vertrag bedingten Aendcrungendes Statuts vorzunehmen, für rechtsungültig erklärt. In der Bc-gründung heißt es: Es kaiin von den ordentlichen Gerichten nichtnachgeprüft werden, ob der Magistrat als Aufsichtsbehörde mit Rechtdie Funktionen des Vorstandes und der Generalversammlung derKassen wahrgenommen hat. Diese Frage kann nur von>d«n Ver-waltungsbehörden und im Verwaltungsstreitverfahren nachgeprüftwerden. Auch die weitere Frage, ob der Magistrat seineBefugnifieals Aufsichtsbehörde überschritten hat, ist im ordentlichen Rechts-Wege nicht zu entscheiden. Die Kläger haben nur das Recht, denVertrag nach'den Bestimmungen des Bürgerlichen.Rechts so anzufechten, als wenn sie ihn selbst geschlossen hätten. Alle diejenigenGründe der Kläger, die sich damit beschäftigen, daß die AufsichtS-behörde nicht befugt gewesen sei, diese oder jene Bestimmung zutreffen, sind deshalb unerheblich. Es fragt sich nur, ob irgend eineBestimmung des Vertrages aus einem im Bürgerlichen Recht lse-genden Grunde für nichtig erachtet werden muß. Dies trifft nurzu für die Bestimmung in§ 11 Absatz 2I>. Das ist eine rechtlichunmögliche Bestimmung, weil die Kranienkaffen öffentlich-rccht-lichen Charakter haben und sich gegettüber einem Dritten nicht zurAbänderung ihrer Statuten verpflichten können. Alle übrigen An-griffe der Kläger gegen die Vertragsbeftinimuiigen sind! unbegründet.Was die Bestimmung des Vertrages anlangt, wonach sich die Kassenverpflichten, gegen zurücktretende sestbesoldete Kassenärzte keine An-spräche wegen Vertragsbruchs zu erheben, so wäre diese Bestimmungungültig, wenn anzunehmen wäre, daß darin eine Aufforderungzum Vertragsbruch liege. Aber die Bestimmung ist anders zu ver-stehen: es sollte den festbesoldeten Nerven freistehen, von den mitden Kassen geschlossenen Verträgen zurückzutreten. Eine solche Bc-stimmung hätten auch die Kassen selbst treffen können.Zus Induftrie und ftandclBaukeukouflikt.Ueber einen für das Verhältnis der Banken zur Industrie äußerstcharakteristischen Vanlenkotiflilt in der österreichischen Bankwelt be-richtet die.Franks. Ztg.": Die A n g l o- O e st e r r e i ch i s ch e B a n khatte während der Krise einen großen Posten Aktien der Histen-berger Patronenfabrik erworben, die von der O e st e r-reichischen Kreditanstalt gegründet wurde und kon-trolliert wird. Die Anglobank ist nun gleichzeitig ander Enzesfelder Munitionsfabrik beteiligt. DieseMunitionsfabrik steht mit der Histenberger Patronenfabrik rnGeschäftsverbindung; die Patroncnfabrik bezieht von der Munition«-fabrik Metallwaren zur Patronenherstellung. Da die MunitionL-fabrik sehr ungünstig arbeitet, fürchtet die Kreditanstalt, daß dieAnglobank durch den Aklienerwerb der Patronenfabrit die Be-ziebungen beider Fabriken zugunsten der Munitionsfabrik ändernwill. Die Kreditanstalt hat daher schleunigst ihren Besitz anPatronensabrik- Aktien verstärkt, um ihren Einfluß nicht zuverlieren. Gleichzeitig hat sie von der Anglobank Aus-klärung verlangt und dabei den Grundsatz vertreten, paße« ein ungeschriebenes, aber strenge eingehaltenes Gesetz sei,daß keine Wiener Bank durch Aktienerwerbungen in dieDomäne der anderen Bank einbreche, um eine«an-trolle mit auszuüben. Die Aufbringung des Aktienkapitals und dieAbstoßung der Aktien an das Publikum gibt der Gründerbank nachdieser Auffassung cm dauernde« Herrschaftsrecht über dieneue Aktiengesellschast. Die Gründungsbank besitzt daher ge-wöhnlich auch nur einen Teil der Aktien; trotzdem wirdMajorisierung durch eine zweite Bank nicht gefürchtet,da sich die Banken stillschweigend einen gegenseitigen Interessen-schütz gewährleisten. Die Kreditbank hat daraufhin geradezu dieErklärung verlangt, daß die Anglobank niemals anders als im Ein-vernehmen mit der Kreditanstalt vorgehen werde.Derartige Grundsätze herrschen natürlich auch in anderenStaaten. Etne Bank übt auf die von ihr finanzierte Aktiengefcll-schaft bestimmenden Einfluß auS, auch wenn sie im Interesseder Bewealichteit»hler Mittel nur einen Teil der Aktien im Be-sitz hat._Die Konjunktur i« der Elsenindustrie.Nach einem Bericht der„Rhein.-Westf. Ztg." über den Eisen-markt ist die seit zwei Monaien bestehtmde Zurückhaltung in Händler-und Berbrancheriretsen noch nicht gewichen, trotzdem Bedarf unstreitigvorliegt. Der politische Wirrwarr und die damit verknüpfte lin-sicherbeit über die weitere Gestaltung der GeldmaritSverhältnisicdrückt die UtiientehmuttgSlitst immer mehr herab. In einer Zu-schrist aus Werkskreisen wird dagegen eine optimistischere Auffassungvertreten. Zwar ist der Eingang von Bestellungen etwas zurück-gegangen. Trotzdem sind die Werke voll beschäftigt; nur die Liefcr-zelten sind dadurch kürzer geworden. Trotz des Rückganges derNeuabschtüffe im November sind aber die Preise nickt gewichen,»eilAnfang Dezember nimmt die Kauflust wieder zu. Die in der erstenHältle de« Januar abgeschlossenen Verkäufe haben sogar bereits dieHöhe der für den ganzen Dezember.„AlleS in allem genommenhatten wir dafür, daß. wenn wir frei vo» politischen Störungenbleiben, wir am Ansänge eines recht günstigen Geschäftsjahresstehen."___6crkbtö- Zeitung,Ein konservativer Wahlvorsteher wegen Wahlfälschungvor Gericht.Vor der Strafkammer in Lhck hatte sich am 17. Januarder Gemeindevorsteher Dziewas aus Kossuchen bei Bialla,Kreis Lyck, wegen Wahlfälschung zu verantworten.Der Anaeklagt« kvar bei der NeichstagLwahl am12. Januar 1912 im Dorfe Kossuchen Wahlvorsteher. Ihmwird zur Last gelegt, in zum Fällen den Wählern> die Wahl-kuverts mit Iben Stimmzetteln abgenommen, dann aber diesc uverts nicht in die Wahlurne gesteckt, sondern die Zettelaus den Kuverts heransgeiioiiimne, in seine Brusttasche gc-steckt und zwei ändert Zettel an deren Stelle in die Kuvertsgelegt zu haben, bevor er diese in. die Wahlurne steckte. TerWahlort liegt im Wahlkreis Oletzko-Lyck-Johannesbnrg, derlange ein sicherer Sitz der Konservativen war, in der Ersatz-wähl 1919 von den Ratio na lliberaien gewonnen, dann aber1912 von den Konservativen zurückerobert wurde.Zur Beweiserhebung waren 15 Zeugen geladen. Haupt-belastungszeugen waren der Sjchvi.ftfühver und der Beisitzerdes Wahlvorstandes, die mit'dem Anacklagteni zusammen dieWahllmudlung in Kossuchen geleitet hatten. Sie behauptetet�beide unter ihrem Eide, D. habe zwei hintereinander zur Wahlerschienenen Wählern die Wahlkuverts abgenommen und alsdiese das Wahllokal verlassen, die wahrscheinlich aus Lindelautenden Zettel herausgenoinmen, in seine Tasche gesteckt undan Stelle dessen zwei andere, natürlich konservative, hinein-gelegt, ehe er das Kuvert in die Urne, die aus einem mitPapier überbundenew Blecheimer, in dein sich ein Schlitz befand,hineinsteckte. Als der Schriftführer diese Manipulation be-merkte, protestierte er dagegen und sagte:„Unterlassen Siedoch das." Der Angeklagte habe aber erwidert:„Ach, waswollen Sie machen, Bigalski— das war der Beisitzer— ist-Otts meiner Seite." Die übrigen Zeugen waren bei dem Bez,