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solchen Wahlmännern zu helfen! zu finden wären sie in den Kreisen, auf die es ankommt, schon leicht gewesen. Aber der Forts chritt spartet fehlt eben der gute Wille und deshalb bezeichnet sie das Selbstverständliche, Billige, ja ewzig Anständige, die Erfüllung der Gegenseitig- keit, als kaudinisches Joch. Uns kann's schließlich recht sein und wir werden in der Agitation sicher nicht ermangeln, die Volksmassen auf den neuen Beweis hinzuweisen, daß die einzige Partei, die es mit der Eroberung des gleichen Rechtes ernst nimmt, die Sozial- demokratie ist. Zur Klärung wird das fortschrittliche Ver- halten gewiß viel beitragen und auch dazu, den Entrechteten in Preußen es recht ins Bewußtsein zu hämmern, daß der Wahlrechtskampf nicht durch das Wählen unter dem Drei- klassenwahlrecht, sondern durch die Volksbewegung selbst ent- schieden werden wird. Aber auch die bisherigen Anhänger der Fortschrittspartei Weroen"ut tun. recht kritisch über die Taktik ihrer Partei nachzudenken. Das Verhalten bei den Reichstagswahlen hat das liberale Renommee der Fortschrittspartei über Gebühr gehoben. Man darf nun nicht vergessen, daß die schichten, die beim gleichen Wahlrecht die Entscheidung geben, andere sind als die, auf die die preußischen Fortschrittler beim Drei- klassenwahlrecht rechnen. Diese Wähler, die meist der zweiten und ersten Wählerklasse angehören, sind im Grunde ihres Herzens wirklich mehr nationalliberal, und der preußische Landtagsfortschritt ist deshalb von jeher dem berüchtigten Kommunalfreisinn ähnlich gewesen wie ein Ei dem andern. Aber auch bei der Reichstagswahl entschlossen sich die Führer nur unter dem Druck der äußersten Mandatsnot dazu, der Sozialdemokratie die Gegenseitigkeit zuzugestehen. Und wie schlecht hat vielfach und gerade in Preußen ein Teil ihrer Wähler diese Bedingung eingehalten! Wenn jetzt die Herren über unsere Bedingungen jammern, so sind das elende Ausflüchte. Sie kehren damit zu ihrer alten Taktik zu- rück und fordern, wir sollen sie gegen die Reaktion heraus- hauen, selbst wenn sie als Schrittmacher der Reaktion gegen uns stimmen. Wenn die Herren meinen, daß wir auf diesen Leim kriechen werden, dann täuschen sie sich gründlich. Der Beschluß der preußischen Fortschrittspartei macht diese Partei zu einem Anhängsel der preußischen, alsoderreaktionär st enSpielartdes Ratio- nalliberalismus. Die Herren können sich darauf ver- lassen, daß wir uns danach einrichten werden. Die IBalkankrHe. Der Friede gesichert? W i e n, 21. Januar. DieNeue Freie Presse" läßt sich aus Konstantinopel melden: Der Friede ist gesichert. Der Ministerrat hat vorbehaltlich der Bestätigung durch deu Sultan beschlossen, grundsätzlich eine der vorliegenden friedlichen Lösungen anzunehmen. Die Ent- s ch e i d u n g wird am Donnerstag fallen. Eine befriedigende Antwort. Ronstantinopel, 21. Aanuar. Sowohl die Sprache der türkischen Blätter als die Erklärung jener Mitglieder der Regierung, die mit der Diplomatie in Verbindung stehen, zeigen, daß man eine die Mächte befriedigende Antwort auf die Kollektivnote erwarten darf. Das Finanzministerium hofft, die Gehälter der Beamten bis Donnerstag auszahlen zu können, was darauf hindeutet, daß man damit rechnet, durch eine befriedigende Antwort einen Vorschuß von der Banque Ottomane erhalten zu können. Der große Rat. Konstantinopel , 20. Januar. Trotz der offiziösen Communiqu6s ist der Tag der Zusammenkunft der b e- ratenden Versammlung noch nicht endgültig fest- gesetzt. Da der Ministerrat morgen zusammentreten soll, könnte die Versammlung erst übermorgen stattfinden. Die ratgebende Versammlung wird im Palais unter dem Vorsitz des Großwesirs tagen und es werden an ihr die meisten Senatoren, die Präsidenten der Sektionen des Staats- rats, die Unterstaatssekretäre, die Sektionschefs der Ministerien für Justiz, Krieg und Marine und einige Direktoren des Departements der Kulte einnehmen. Das Beamtenelement scheint vorherrschen zu sollen. So- weit bisher bekannt ist, werden die bisherigen Grotzwesire und ehemaligen Minister der jungtürkischen Kabinette nicht eingeladen werden. Jfham bekämpft den Plan des Zusammentritts einer ratgebenden Versammlung und meint, derartige Divans seien vor dem verfassungsmäßigen Regime möglich gewesen, heute würde eine derartige Versammlung ungesetzlich sein und die Regierung von ihrer Verantwortung nicht entheben. Die türkische Finanznot. Konstantinopel , 21. Januar. Wie verlautet, hat das Finanz- Ministerium mit der Banque Ottomane ein Vorschutz- geschäft in Höhe von 250 000 Pfund zur Auszahlung der Be- amtengehälter für einen Monat Abgeschlossen. Die Bank habe unter ihre» Bedingungen nachträglich die Forderung aufgestellt, dah ein Funktionär der Bank darüber zu wachen habe, datz das Geld ausschlietzlich zur Bezahlung der Gehälter verwendet'werde. Die Regierung habe ihre Zustimmung erteilt. Im letzten Augen- blick sei jedoch aus Paris die Weisung gekommen, den Vor- schütz nicht auszuzahlen. Das gleiche Veto habe Frankreich jüngst entgegengesetzt, als es sich um den mit der Verwaltung der Leuchttürme, einer französischen Unternehmung, abgeschlossenen Vorschutzvertrag handelte, die als Gegenleistung die Verlängerung der Konzession um 25 Jahre erhalten sollte. Auch eine mit der Verlängerung der Konzession der Tabakregie verbundene Anleihe dürfte dasselbe Schicksal haben. Erneuerung des griechischen Angriffs. Athen , 21. Januar. Das Kriegsministerium veröffent­licht folgenden Bericht aus Haniftelias vom 20. Januar: Der allgemeine Angriff wurde heute auf der ganzen Front aufgenommen. Die griechische Artillerie begann den Kampf um 8 Uhr früh und setzte das Feuer bis um 6 Uhr abends mit ausgezeichnetem Erfolge fort. Die Artillerie von Bisani schoß nach 11 Uhr nur noch sehr schwach gegen den rechten Flügel der Griechen: das Artilleriefeuer im Zentrum wurde nicht erwidert. Darauf folgte der allgemeine Angriff, durch den der Feind von den Höhen bei Lessiani vertrieben wurde. Die Griechen besetzten Lozzessi. während sich die T ü r k e n in Unordnung in der Richtung auf Bisani zurückzogen. Gleichzeitig rückte der linke Flügel gegen die Höhen von Manoliassa vor. Ferner veröffentlicht der Kriegsminister eme Depesche des Generals Sapundjakis aus Emmagha von 10 Uhr morgens: Wir haben den Angriff fortgesetzt und die Höhen im Norden von Lozzessi und Letschana mit unbedeuten- den Verlusten besetzt. Der Feind zog sich in großer Unordnung und mit schweren Verlusten zurück. Es sind jetzt von uns ein Hügel zwischen Fuat Bey und Bezani, die Forts im Norden des Dorfes Letschana auf die Ebene von I a n i n a zu und außerdem die befestigte Höhen- stellung von Ajos Nicola besetzt. Bei den Operationen herrschte starker Sturm und es regnete heftig. Die Kriegsgreuel. London , 21. Januar. Unterhaus. Der Unionist Walter G u i n n e tz fragte den Staatssekretär des Auswärtigen Grey, ob er die türkische Regierung ersuchen wolle, ihre Einwilligung zu geben, daß ihre Erklärung über die angeblich von den Balkanverbündeten während des Krieges begangenen Grausamkeiten veröffent- licht'werde? Grey antwortete verneinend und sagte: Die Ver- öffentlichung von Erklärungen oder Darstellungen fremider Regie- rungen sei Sache dieser Regierungen selbst und nicht der britischen. Gu innetz fragte daraus weiter, ob Grey die Konsularberichte veröffentlichen wolle, die er über die im Balkankriege begangenen Metzeleien unid Gewalttätigkeiten empfangen habe. Aus diese Frage erwiderte Grey: Während des türkisch -italienischen Krieges wurde ich aufgefordert, Konsularberichte über angebliche Grausamkeiten unter der türkischen Verwaltung in Mazedonien zu veröffentlichen und Auskunft über angebliche Ausschreitungen in Tripolis zu geben. Ich war damals nicht in der Lage, diese Wünsche zu er- füllen und ich glaube, heute dasselbe Verfahren beobachten zu müssen. Solche Berichte werden, soweit sie begründet zu sein scheinen, zur Kenntnis der Regierungen gebracht, die gegenwärtig diese Gebiete deherrschen. Politische(leberlicdt. Berlin , den 21. Januar 1913. Bürgerliche Sozialpolitik. Aus dem Reichstag , 21. Januar. Je mehr die Sozialpolitik des Reichs in allen wichtigen Fragen versagt. um so eifriger sind die bürgerlichen Sozialpolitiker in un- verbindlichen Redensarten und kleinen Geschenken. Das zeigte sich im Reichstag wieder einmal am Dienstag. Zur Beratung stand der Etat des Reichsamts des Innern. Hierzu lag der Antrag der Budgetkommtssion vor: den Reichskanzler zu ersuchen, unverzüglich Matznahmen zu treffen, die geeignet sind, der durch die sogenannte Valorisation herbei- geführten künstlichen Verteuerung des Kaffees entgegen- zuwirken. In der Sache selbst sind alle Parteien einig. Die Valorisasion besteht darin, daß in Brasilien der Kaffee auf- gekauft und, wenn nötig, zurückgehalten wird, um den Preis des Kaffees hochzuhalten. Der Reichstag nahm denn auch den Antrag einstimmig an. In der Begründung des An- träges entrüstete sich der Zentrumsabgeordnete Nacken ge- waltig über den Wucher, den die Kaffeeproduzenten in Brasilien durch die künstliche Verteuerung des Kaffees treiben. Genosse Molkenbuhr erinnerte den übereifrigen Herrn daran, daß das Zentrum im Verein mit den« Konservativen und Nationalliberalen alle Lebensmittel durch die Wuchcrzölle rücksichtslos verteuert und sich so eines nicht weniger schlimmen Wuchers schuldig gemacht hat, als es der Wucher mit dem verteuerten Kaffee ist. Ja, unser Redner rechnete den Zentrumsleuten, Konservativen und NationaNiberalen vor, daß sie bei der sogenannten Finanzreform durch den Kaffeezoll dazu beigetragen haben, den Kaffeepreis auf die Wucherhöhe zu treiben. Auch in der Förderung der Seefischerei sind alle Parteien des Reichstags einig. Hier fühlte sich der konservative Abgeordnete v. Böhlendorff- Kölpin berufen, sein sozialpolitisches Licht leuchten zu lassen. Er konnte gar nicht genug Worte machen über den unendlichen Segen, den ein möglichst großer Ertrag unserer Seefischerei für die Er- nährung des Volkes haben werde. Ihm antwortete Genosse N o s k e mit dem Hinweis auf den Heringszoll, der gewiß nicht dem Volke zum Segen gereicht, den aber die Kon- servasiven gar zu gerne erhöhen möchten. Bestände die Aus- sicht, daß unsere Seefischerei wirklich in absehbarer Zeit einen bedeutend größeren Ertrag liefern könnte, dann wären die Konservativen sicher gegen die Förderung der See- fischerei, um den Fleischwucher aufrecht erhalten zu können. Genosse K ö r st e n schilderte, wie die kleinen Fischer in ihrem Gewerbe durch die Behörden gehemmt werden, während den großkapitalistischen Fischereigesellschaften das Geschäft mög- lichst erleichtert wird. Die kleinen Fischer werden für jedes geringe Vergehen schwer bestraft. Nach der dritten Strafe wird ihnen die Fischereiberechtigung entzogen. Wenn sie dann in ihrer Not dem Raubfischfang nachgehen und dabei abgefaßt werden, kommen sie ins Zuchthaus. Die deutschen Seemannsheime im Auslande unterstützt das Reich mit 22 000 M. Das ist den bürgerlichen Parteien zu wenig. Sie wollen für die nächsten Jahre eine höhere Unterstützung haben. Dies begründete der national- liberale Abg. Pastor Meyer- Herford, indem er rühmte, daß die Seeleute in den Seemannsheimen aufs beste auf- gehoben seien. Ihm stimmten mehr oder weniger eifrig die Redner der anderen bürgerlichen Parteien zu. Genosse Henke stellte fest, daß solche Einrichtungen in der Tat not- wendig seien, wenn sie ohne jede Nebenabsicht geleitet werden. Letzteres sei aber nicht der Fall. Die jetzigen Seemannsheime seien den Muckern ausgeliefert und werden zu deren Zwecken und zum Nutzen der Schiffsherren mißbraucht. So lange die Seemannsheime nicht vor diesem Mißbrauch geschützt werden, können die Sozialdemokraten sie nicht unterstützen. Diese Erklärung rief zwar eine große Entrüstung bei den bürgerlichen Parteien und den Regierungen hervor, jedoch konnte keiner der Henken die Ausführungen unseres Redners widerlegen. Zum Schluß wurde die Reblausfrage eingehend besprochen. Darüber herrschte Einstimmigkeit, daß das Reblausgesetz nicht den erhofften Erfolg gehabt hat. Es lagen zwei verschiedene Anträge vor. Gemeinsam ist beiden An- trägen, daß eine Sachverständigenkommission zur Beratung der Frage eingerufen werde. Die Sozialdemokraten wollten aber von der Kommission geeignete Vorschläge zur Aenderung des Neblausgesetzes haben. während die Nationalliberalen das Gesetz unangetastet lassen wollen. Die Genoffen Dr. W e i l l und Dr. D a v i d wiesen nach, daß bei der großen Gefahr ein entschiedenes Vorgehen notwendig sei. Trotzdem wurde der Antrag der Sozial- demokraten gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Fortschrittlichen Volkspartei abgelehnt und dann der Antrag der Nationalliberalen einstimmig angenommen. Mißglückte Kriegshetze. Das Abgeordnete n haus begann am Dienstag nach Ver- abschiedung deS Moorschutzgesetzes die zweite Leiung des Etats. Beim Etat der Lotterieverwaltung machte Abg. Diederich I H a h n seinem gedrängten Herzen Lust darüber, daß die Verwaltung gegen den Kollekteur und nationalliberalen Reichstagsabgeordneten Held nicht eingeschritten ist, obwohl seit Jahren bekannt sei. daß er sich nicht einwandfrei benommen habe. In die Debatte, die sich schlietzlich zu einem Wortgeplänkel zwischen den Herren Dr. Hahn und Dr. Friedeberg zuspitzte, griff auch Gen. H o f f m a n n ein. einmal um das Unwesen des Lotteriespiels zu geißeln, sodann aber auch, um unter verständnisvoller Heiterkeit der Linken Herrn Hahn zu verstehen zu geben, daß es ihm wohl weniger um die Sache als um den Kampf gegen einen politischen Gegner zu tun sei. UebrigenS soll, wie der Vertreter der Regierung erklärte, die Untersuchung im Falle Held eingeleitet sein. Der Etat der GeneralordenSkom Mission gab dem Genossen Liebknecht Gelegenheit, in sarkastischer Weise den sich über die preußischen Staatsbürger in immer stärkerer Form er» gießenden Ordenssegen glossieren. Beim Etat des Disziplinarhofes nahm sich Lieb« k n e ch t warm der Beamten an. indem er die Neuregelung des ge« samten Beamtenrechtes, vor allem aber einen besseren Schutz für die unteren Beamten forderte. Einen Vorstoß zur Scharfmachung der Regierung auf dem Ge- biete der auswärtige» Politik unternahm dann bei dem Titel Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten" der Nationalliberale vom Rath. Nachdem er erst die Friedensliebe und Friedenspolitik des deutschen Volles gepriesen, legte er dann der Regierung dringend nahe, doch die wirtschaftlichen Auslandsinteressen Deutschlands nach» drücklicher wahrzunehmen. Sei schlietzlich der Krieg un« vermeidlich. so werde das deutsche Volk sür seine wirtschaftliche Existenz auch energisch die Waffen führen. Genosse Liebknecht fnbr den nationalliberalen Scharfmachern träflig in die Parade. Er wies die an die Adresse der Regierung gerichteten Hetzereien namens der Volksmassen entschieden zurück und kennzeichnete die Wirtschaft- lichen Interessen, für die sich Herr vom Rath ins Zeug gelegt, als die Privatinteressen gewisser Kapitals- und Bank» g r u p p e n, als die Interessen des in seiner Profiijagd doch so internationalen Kanonenkapitals! Das Voll wolle den Frieden und fordere von der Regierung eine auf die Erhaltung des Friedens gerichtete auswärtige Politik. Die Kriegshetze interessierter Kapitalistenkreise aber sei um so frivoler und provozierender, als sie zusammenfalle mit dem Scharfmacher- geschrei nach Volksentrechtung und Kncbelgesetzen. Die Antwort der entlarvten Hurrapatrioien war äußerst matt. Auch ward ihnen keinerlei Hilfe von anderer Seite, dagegen eine Absage des Freisinns zuteil._ Landtagswahl in Lippe-Detmold. In Lippe-Detmold haben gestern und heute Landtags- Wahlen stattgefunden. Gewählt wird nach dem Dreiklaffen- system. Gestern wurden die Wahlen der dritten Klasse voll- zogen, die bisher im lippeschen Landtag durch einen Sozial» demokraten. einen Christlichsozialen und fünf Liberale ver» treten war. Fest gewählt wurden gestern ein sozialdemokratt» scher, ein fortschrittlicher und ein christlichsozialer Abgeordneter. Die übrigen vier' Absümmungen blieben unentschieden, so daß in vier Bezirken eine Stichwahl stattfinden muß, und zwar stehen sich bei allen vier Stichwahlen sozialdemokratische und fortschrittliche Kandidaten gegenüber. Wie schon dieses Er- gebnis zeigt, hat unsere Partei bei der Wahl in der dritten Klasse gut abgeschnitten. Tatsächlich hat sich fett der letzten Wahl ihre Stimmenzahl um fast 100 Proz. vermehrt. Heute fanden die Wahlen der zweiten Klasse statt. Ge» wählt wurden zwei Liberale, ein Freikonservativer und vier Konservative. Da bisher die zweite Klasse durch zwei Liberale und fünf Konservatie im Landtag vertreten war, hat sich nichts geändert; doch ist der freisinnige Führer Dr. Neu» mann-Hofer, der bekanntlich auch Mitglied des Reichstages ist, nicht wiedergewählt worden. Morgen wählt die erste Klasse. Das Vexierspiel mit der neuen Heeresvorlage. Eine angeblich offiziöse Korrespondenz behauptet, daß bei den maßgebenden Stellen von einer neuen Heeresvorlagenicht das mindeste bekannt sei." Es sei nur ein Nachtragsctat für die Militärluftschiffahrt zu erwarten. Weder für die fehlenden dritten Bataillone noch für Maschinengewehrkompagnien sei ein Nachtragsetat in Vorbereitung. Auch dieser Dementierungsversuch ist genau so nichts- sagend wie die bisher von unverantworUicher Seite erfolgten. Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, daß die Tendenzen. die für den Ausbau des deutschen Militarismus maßgebend sind, in der Richtung der von derPost" angekündigten Forde- rungen liegen. Wenn die neue Heeresvorlage jetzt wirklich nicht kommt, weil das Reichsschatzamt noch Schwierigkeiten wegen der Deckungsfrage macht, so wird sie später, vielleicht im Herbste, kommen. Beachtenswert ist. daß dieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" sich nach wie vor über die Heeresvortage in tiefes Schweigen hüllt. Das Ministerblatt war dagegen am Dienstag sehr schnell bei der Hand, um die von der ..Braunschweigischen Landeszeituug" angekündigte Marine« Vorlage zu dementieren. Tie Teckungsfrage. DieMagdeburger Zeitung" teilt mit. datz der Schatzsekretär Kühn es durchgesetzt habe, datz zunächst einmal ein provlsonscher Plan aufgestellt wird, worin das Kriegsministeriuni überschlägt, was seine neuen Forderungen in runder Summe etwa kosten werden. Diese Nutz soll alsdann feierlichst ins Reichsschatzamt hinübergetragen werden, wo Herr Kühn versuchen mag. sie zu knacken. Ganz einfach wird das für ihn wohl nicht lein, spricht man doch schon jetzt vo» Zahlen, die weit über 100 Millionen Mark htnauSgehen. Wo soll schlietzlich das Geld herkommen? Die voraussichtlichen Ergebnisse der Besitzstener. wie immer sie au» aussehen wird, werden schwerlich eine so beträchtliche Summe decken, um so weniger, als sie zum Teil zur Herabsetzung der guckersteuer festgelegt sind und außerdem zur Beseitigung der mißglückten Werlzuwachssteuer herangezogen werden sollen. Und schon wieder neue Steueipläne zu machen, dazu dürste die Neigung auch nicht gerade grotz sein; also steht zu er» warten, datz bald ein heißes Ringen zwischen KriegSminifter und Schatzsekretär einsetzen wird. Trotzdem es j-doch für das nationalliberale Blatt feststeht, datz zur Deckung der Kosten der neuen Militärvorlage absolut leine Mittel vorhanden sind, wird doch die Annahme der Vorlage als einfach selbstverständlich bezeichnet. Der seinerzeit mit soviel Emphase verkündete Grundsatz:Keine Ausgabe ohne Deckung", wird schleunigst zum alten Eisen geworfen. Binnen Jahresfrist wird das Reich wieder in der schönsten Pumpwiitschast stecken. Die Anfänge deSuferlose« FlottenrSstens". An die Entstehung der matzlosen deutschen Flottenpolitik erinnert der Tod eines Mannes, der in den neunziger Jahren die Dreizack» Politik desgrößeren Deutschlands ' zu vertreten hatte. Es ist die» der Staatssekretär a.D. Admiral v. Hollmann, der in der Nacht zum Dienstag im Alter von 7t Jahren in Berlin gestorben ist. Herr v. Hollmann war von 1890 bis zum Frühjahr 1887