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a uSbrucheS werden die Mächte ruht des Kampfes bleiben, und die< könnten aus Anlaß dieses Kampfes weit gewaltigere Interessengegensätze, als sie did kriegführenden Parteien vertreten, aufeinanderprallen, weichen lnimer mehr der zuversichtlichen Hoffnung. daß das Konzert der Mächte durch einen Wiederausbruch der Feindseligkeiten auf dem Balkan nicht gestört werde» wird. Aufruhr in Adriauopel? Sofia , 31. Januar. Aus Adrianopel hier eingetroffene Meldungen besagen, daß die Lebensmittel in der Stadt nahezu aufgezehrt sind. Alle Einwohner der Stadt verlangen die sofortige Uebergabe der Festung, und es verlautet, daß verschiedene Tumulte stattgefunden haben, wobei mehrere höhere Offiziere erniordet worden sein sollen. Die Antwort der Pforte. Konstantinopcl, 31. Januar. Die gestern überreichte t ü r k i s ch e A n t w o r t n o t e hat folgenden Wortlaut: Ter unterzeichnete Minister des Aeußern hat den Inhalt der Kollektivnote, welche die Botschafter Oesterreich - Ungarns . Englands, , Frankreichs , Rußlands , Deutschlands und Italiens am 17. d. M. seinem Amtsvorgänger zu übermittlen beliebten, zur Kenntnis genommen. Die ottomanische Regierung zögert nicht anzuerlennen, daß der Abschluß d c S Friedens den Wünschen und Jnter- essen der Allgemeinheit entspricht, und sie gibt sich Rechenschaft darüber, daß geboten sei, so schnell als möglich dem Kampfe ein Ende zu setzen, den sie keineswegs hervorgerufen hat. In ihrer Mitteilung hoben es die Möchte für nötig erachtet, der Türlei den Rat zu erteilen, der Abtretung der Stadt Adria - nopel an die verbündeten Balkanstaaten zuzustimmen und für die wichtigsten Aegäischen Inseln den Mächten die Sorge zu überlassen, deren Schicksal zu bestimmen� Die kaiserliche Re- gierung glaubt hervorheben zu sollen, daß sie bereits unzweifelhafte Beweise ihrer versöhnlichen Haltung dadurch gegeben hat. daß sie unermeßlichen Opfern zustimmte. Da Adrianopel eine Stadt ist, die vermöge ihres besonderen Charakters in untrennbarem Zu- sammerchange mit dem türkischen Reiche steht, hat das bloße Ge- rücht einer Abtretung dieser Stadt im ganzen Lande eine der- artige Erregung hervorgerufen, daß sie die Demission der früheren Regierung herbeigeführt hat. Nichtsdestoweniger ist die kaiserliche Regierung, um den äußersten Beweis ihrer friedfertigen Gesinnung zu geben, geneigt, sich den, Wunsche der Mächte hinsichtlich jenes Teiles Adrianopels zu fügen, der am rechten Ufer der M a r i tz a gelegen ist, während sie den am linken Ufer dieses Jlusfeö gelegenen Stadtteil mit seinen Moscheen, Mausoleen und anderen historischen und religiösen Denkmälern behielte. Die Er, Haltung dieses Teiles der Stadt unter der direkten autonomen Souveränität ist für die kaiserliche Regierung eine Notwendigkeit, der sie sich nicht entziehen konnte, ohne das Land einer Erschütte- rung auszusetzen, die die schwersten Komplikalion mit sich bringen könnte. Was die Aegäischen Inseln betrifft, gestattet sich die Regierung mitzuteilen, daß, während ein Teil derselben infolge der unmittelbaren Nachbarschaft der Dardanellen für die Verteidigung der Hauptstadt unerläßlich ist, der Besitz der übrigen, einen inte­grierenden Bestandteil der asiatischen Besitzungen des Kaiserreichs bildenden Inseln, nicht minder unerläßlich ist für die Sicherheit Kleinasiens . Jede Lösung, die dahin zielen würde, die Autorität der Regierung auf diesen Inseln zu verringern, würde das Er- gebniS haben, sie in ebenso viele Agitationsherde zu ver- wandeln, deren Wirkung auf das benachbarte Festland übergreifen würde. Die Folge wäre die Schaffung eines Zustandes der Zer- rüttung gleich demjenigen in Mazedonien , der die Stühe Europas bedrohte und noch immer bedroht. Abgesehen von den bedauerlichen Wirlungen, die eine derartige Losung auf die öffentliche Meinung in der Türkei ausüben mükte, würde sie den Ansichten der Großmächte zuwiderlaufen, denen oie dauernde Herbeiführung der Konsolidierung und des Gedeihens deS türkisch :!, Reiches am Herzen liegt. Infolgedessen könnte die Pforte zustimmen, daß die Mächte da» Schicksal der von den ver- bündeten Balkanstaaten besetzten Inseln festzustellen belieben, indem sie den vorstehenden Erwägungen Rechnung und dafür Sorge tragen, daß die Position der Dardanellen unberührt bleibt, was die Hohe Pforte als eine in den höchsten Interessen Europas ge- legene Angelegenheit betrachtet. Die kaiserliche Regierung ist über- zeugt, daß die Mächte im Geiste der Gerechtigkeit und Billigkeit wohl geneigt sein werden, anzuerkennen, wie groß die Opfer sind, die zu bringe», die Regierung bereits zugestimmt hat, und zuzu- geben, daß die Pforte im Recht ist, wenn sie alle neuen Forde- rungen zurückweist, die von den Verbündeten erhoben werden könn- ten. Die Pforte nimmt mit wahrer Befriedigung Akt von den wohl- wollenden Dispositionen der Mächte und ihren Versprechungen, der türkischen Regierung ihre moralische und materiell« Unter- st ü tz u n g zu leihen, damit sie in die Lage versetzt werde, die Schäden des Krieges zu heilen und die natürlichen Quellen des Reiches für dieses nutzbar zu machen. Zu diesem Behufe ist es unerläßlich, daß die Mächte der Türkei schon jetzt das Recht zu- gestehen, in voller Freiheit einen autonomen Zolltarif einzuführen; ferner auf den Prinzipien des modernen Rechtes beruhende Handelsverträge abzuschließen; endlich die fremden Staatsangehörigen den ottvmanifchen Steuer- gefetzen zu unterstellen, denen die türkischen Untertanen unter- warfen sind und sein werden, und daß die Mächte inzwischen einer vierprozentiaen Erhöhung der Zölle zustimmen. Für nicht weniger unerläßlich hält es die Pforte, daß die aus- ländischen Po st an st alten unter Bedingungen aufgelassen wer- den, die leicht festzusetzen wären, in dem Sinne, daß den, Handel alle Garantien für die notwendige Schnelligkeit und Sicherheit des PostvrekehrS geboten werden. Die Pforte ist weiter der Ansicht, daß eine Erklärung der Mächte, in der sie ihren Wunsch zu erkennen geben, dem Regime der Kapitulationen in der Türkei ein Ende zu setzen, und die Eröffnung von Verhandlungen nach dem Abschluß des Jrie- dens. um gemeinsam zur Durchführung dieses Zieles geeignete Mittel zu studieren, zusammen mit den früher aufgestellten Wirt- schaftlichen Maßnahmen eine Gesamtheit von Maßregeln bilden würden, die die Durchführung der von den Mächten in ihrer Note gemachten Versprechungen ermöglichen. Eine jungtürkische Stimme. Senstantlnope», 31. Januar.Jeune Türe' führt au», daß der Besitz der Inseln des VrödipelS für die Türkei viel wert- voller sei, als der von Adrianopel . Wenn man daher auch zugeben dürfte, daß die Pforte sich in Verhandlungen über neue Zugeständnisse hinsichtlich deS Wilajet« Adrianopel ein­lasse. so wäre eS ganz unmöglich, irgendwelche Erörterungen über die Inseln zuzulassen. Ein angeblicher Erfolg. Konstantinopel , 31. Januar. Die Gerüchte über eine Waffentat deS Kreuzers Ha midie' werden von Sabah in folgender Form verzeichnet: Der Kreuzer.Hanstdie". vom Suezkanal kommend. trat nördlich von Astypalee auf vier hellenische Schiffe, brachte drei von ihnen zum Sinken und beschädigte da» vierte, das, um sich zu retten, gezwungen war, aufzulaufen. Oolitilcbe üebcrficht. Berlin , den 31. Januar 1913 Die Fleischdebatte. Aus dem Reichstag . Der zweite Tag der Fleisch- debatte bot das alte Bild, daß Konservative. Zentrum und Nationalliberale geschlossen für den Zollwucher eintreten. Die e ZuschauerlReden des Reichsparteilers Gamp, des Zentrumsmannes efürchtungen, es Matzinger. des nationaftiberalen Bauernbündlers Hefter- mann und Konservativen W e i l n b ö ck hätte man alle mit- einander vertauschen können, so fast aufs I-Tüpfelchen glichen sie sich in der Bekämpfung der fortschrittlichen und sozialdemo- kratischen Verheerungsanträge zum Regierungsgesetzentwurf über dieFIeischeinfuhrerleichterung. Mit Recht verwies der Fortschrittler Koch darauf, daß Herr H e st e r m a n n als Vertreter des Bauernbundes nicht anders spreche, alS früher in AgitationS- reden für den Bund der Landwirte. Die Fortschnttler selbst spielten wieder eine merkwürdige Rolle. Ihren Antrag ver- wässerten sie dahin, daß nur für den Fall und die Dauer eines Notstandes die Suspension der Vieh- und Futtermittel- zplle eintreten solle. Ebenso bekamen sie es fertig, gegen den sozialdemokratischen Antrag auf Aufhebung des Paragraphen 12 des Fleischbeschaugesetzes zu stimmen, nachdem ein einschränkender Zusatz von ihnen in einfacher Abstimmung gefallen. So blieb als Ergebnis der zwei tägigen Debatte nur die Annahme des Regierungs gesetzentwurfes. dem auch die Sozialdemokraten zu- stimmten, obgleich sie sich davon keine besonderen Erfolge dieses Gesetzes bei der Teuerungsbekämpfung versprechen. Konservative und Antisemiten bekamen es fertig, auch gegen diese be scheidensten Maßnahmen zu stimmen. In der Debatte brachte Genosse Schmitt nochmals das Tatsachenmaterial zum Vortrag und polemisierte wirksam gegen den Volksverrat des Zentrums. Frhr. v. G a m p(Rp ) gab durch eine Kritik des fortschrittlichen Kommissionsbericht erstatters dem Aerger darüber Ausdruck, daß die Reichspartei infolge ihrer geringen Anzahl nicht mehr in Kommissionen vertreten ist. worauf sich der Berichterstatter W e n d o r f f über diesesGrüppchen" lustig machte. Gegen Hefter mann(Bauernbund), der nach eigenem Geständnis keine andere Qualifikation für den Polittker mitbringt als seinen Getreidebau, polemisierte Koch von der Volkspartei auf Grund eigener landwirtschaftlicher Erfahrungen. Der letzte Redner Gebhardt erntete Antisemiten im Hause bisher nie gespendewn stürmischen Beifall auS eitel Dank für das Ende seiner Rede und damit der Sitzung. Sonnabend 11 Uhr dritte Lesung des Fleischeinfuhrgesetzes. Hinter verschlossenen Türen. Die Fleischenguetekommission ist nach einem Bericht der Nordd. Allg. Ztg." wieder einmal zusammengetreten. Statt einer detaillierten Mitteilung über den Inhalt der Verhand lungen setzt das Kanzlerorgan nochmals den Zweck dieser Kommission auseinander, um ihre Beratungen vor Miß deutungen zu schützen. Es braucht den Konsumenten aber gar nicht erst versichert zu werden, daß die Kommission nicht Maß- nahmen zur Behebung der augenblicklichen Teuerung be- schließen darf. Die Furcht der Regierung vor einer Linderung der Volksnot ist bekannt genug. Die Kommission, die mög­lichst selten tagt, hört noch immer Sachverständige aus Land- Wirtschaft, Handel und Fleischergewerbe. Aber niemand darf erfahren, was die Herren auszusagen die Güte haben. Die Furcht vor der Oeffentlichkeit geht so weit, daß man erst nach Abschluß der Vernehmungen über die Verwertung des Ma- terials Beschluß fassen will. Die Kommission wird schon für die gehörige Auslese der Mitteilungen Sorge tragen. Die Regierung kann ganz beruhigt sein; die Fleischenquetekom- misston wird eine Beunruhigung des Publikums nicht hervor- rufen. Dafür bürgen die Zusammenstellung der Kommission und die Art der Verhandlungen. Naumann der Träumer. Herr Naumann ist wieder einmal unter die Propheten gegangen. Die Linke kommt I' prophezeit er in einem langen Artikel der .Hilfe". Und zwar stellt sich Herr Naumann diese Linke als eine Volkspartei " vor,in der Demokratie und Nationalfinn beieinander wohnen, eine breite schaffende Mehrheitspartei mit freien neuen Gedanken". Diese Linke werde kommen trotz aller Zweifel. In der Mengeder liberalen Wähler müsse und werde sich der Gedanke durch- ringen, daß manohne Arbeiterforderungen keine politische FortschrittStruppe besitzt, daß ein Liberalismus der Gesättigten keine Elementarkraft ist.' I» den liberalen Wählermasien müsse die Er- keiintniS siegen:Alle Kultur, die nickit konservativ-klerikal ist, kann im heutigen Deutschland nur mit der Arbeitermasse gemacht werden.' Herr Naumann ttägt alle diese Dinge mit einem so schönen hoff- nungsfreudigen Optimismus vor, als handele eS sich bei ihm um eine eben erst entdeckte politische Heilswahrheit. In WirUichkeit sind diese ZukunstSträume aber nichts als das nun fast zwanzig Jahre alte nationalsoziale Progamm, für das so viele Jahre hindurch Hunderte von begeisterten Raumann-Jüngenr mit tausend Masten in den polilischen Kampf zogen, um sich schließlich aus ge- rettetem Boot in die stagnierenden Gewässer der Fortschrittspartei treiben zu lassen. Und wenn uns jetzt der unverwüstliche Optimist Naumann seine Fata Morgans abermals so illufionSgläubig als politisches ZukunslSparadie« deS Liberalismus vorzugaukeln sucht, so wissen doch alle mit politischen Tatsachen rechnenden Geister, daß der Traum Naumanns heute von seiner Verwirklichung ebenso un- endlich weit entfernt ist, wie vor anderthalb Dezennien. Den» was Herr Naumann al» Mangel an politischer Einsicht deS Liberalismus ansieht, ist nichts als die ganz natürliche Wirkung ökonomischer Triebkräfte, die den Liberalismus einer demokratisch- proletarischen Politik abgeneigt machen. Kapitalisten und Klein- bürger vertreten eben ihr wirtschaftliches Interesse, wie das zum Klassenbewußtsein erwachte Proletariat seine Interessen vertritt. Und so wenig die bürgerlichen Elemente den Lockungen Naumanns folgen werden, so wenig rührt daS klassenbewußte Proletariat die naive Behauptung Naumanns, die 110 Sozialdemokraten im Reichstag würden einen ganz anderen polilischen Einfluß aus- üben, wenn sie,auf staatssührende Mehrheitsbildung' bedacht. Militarismus und Imperialismus gleich dem Liberalismus mit- machen würden. Um sich mit dem Schein deS Einflusses abspeisen zu lassen, dazu denkt daS Proletariat zu realpolitisch nüchtern; und wie die Sozialdemokratie auf sozialpolitischem Gebiete größere Zugeständnisse durchzusetzen vermöchte, wenn sie gleichfalls dem imperialistischen Wahnsinn erläge, bleibt ebenfalls ein Rätsel. Denn welches Pressionsmittel bliebe denn der Arbeiterklasse übrig, wenn die herrschenden Klassen die Befriedigung der proletarischen Wünsche verweigerten� Nichts als der Nebergang zur Opposition daS heißt zu der Politik, die ja auch jetzt das klassenbewußte Proletariat treibt! Da ist e« doch schon vernünftiger, daß die Sozialdemokratie ihren Klassenkampsstandpuntt eines unsinnigen Experimentes wegen nicht erst aufgibt, sondern alle Kräfte anspannt. um ihre Organisation und ihren moralischen Einfluß aus die Volk»« Massen soweit als möglich auszudehnen. Versagt dann der Freisinn. io bietet wenigstens die sich täglich mehrende Macht des Proletariats s e I b st die Garantie des schließlichen Triumphes der sozialistischen Arbeiterklasse! Immer derselbe. Herr E. V. Oldenburg auf Januschau, der bei der letzten ReichStagSwahl trotz seiner Geistesgröße in seinem früheren Wahl- kreise Elbing-Marienburg durchgefallen fft, hat am Mittwoch in Marienburg auf der westpreußischen Provinzialversammlung des Bundes des Landwirte wieder sine seiner bekannten, durch un» freiwilligen Humor ausgezeichneten Reden über die politische. Lage gehalten. Nach seiner Ansicht befindet sich zurzeit die Reichswirtschaft in einem schauderhaften.Kuddelmuddel' und daran seien auch die Konservativen und die Regierung mitschuldig die Konservativen. weil sie viel zu bescheiden seien, die Regierung, weil sie hin und her schwanke. ES ist", meinte Herr v. Oldenburg ,ein Kardinalfehler der Konservativen, daß sie lange nicht rücksichtslos genug sind. Wenn wir io rücksichtslos austreten wie unsere politischen Geg- ner, dann werden sie Angst vor uns bekommen, und Angst i st die Mutter großer Taten. Wir müssen nach dem Wort bandeln: Auge um Äuge, Zahn um Zahn. Dann werden sich uniere Gegner bar- barisch in acht nehmen. Jetzt falle» sie uns in den Rücken und paktieren mit den Sozialdemokraten, wir aber hauen den faulsten Rationalliberalen heraus. Wir müssen sie sitzen lassen, dann werden wir ein Geschäft mitihnen machen. Wünschenswert ist eS. wenn wir mit dem rechts» Flügel der Notionalliberalen zusammengehen. Für daS Schwanken der Regierung fehlt mir das VerNändnis. In Zeile», wo -in Bismarck die Leine hielt, stellte die Regierung ein Programm auf und hielt daran fest. Aber in dieser Zeit wird viel zu viel Rücksicht auf die Parteien genommen. Die Regierung richtet sich nach den Parleiwünschen und ändert ihr Programm, wenn sie eine Mehrheit für diese Aenderung findet. Bei Betrachtung der inneren Verhältnisse sage ich ganz offen: ich würde einen Schreck bekommen, wenn mich darüber noch etwas er- schrecken könnte. Ich Hab- gelesen, daß der Staats- sekretär Delbrück , der in der Provinz Westpreußen als ihr Ober- Präsident eigentlich viel netter war. im Reichstag gedroht hat, wenn Preußen das WohnungSgeietz nicht einbringe, dann würde er es vom Reich aus eindringen. Zwei Dinge befremde» mich dabei: Er hat gar nichts«inzubringen, das ist Sache des ReichslanzlerS. Wenn ein Untergebener des Reichskanzlers in dieier Form im Reichstage auftritt, dann besitzt der Reichskanzler nicht die genügende Autorität, dann ist etwas faul im Staate Dänemark .' Das alte Lied. Endlich wird der Versuch unternommen, für d i e k o m> meitde Militärvorlage wenigstens den Schein einer Begründung zu geben. DieBerliner Politischen Nachrichten" des Herrn Schweinbur�, die sich zu solchen Zwecken immer dienstwillig zur Verfügung stellen. bringen einen offenbar vom Kriegsministerium in- spirierten Artikel, in dem zunächst zugegeben wird, daß es Verwunderung erregen müsse, wenn schon wieder eine neue umfassende Militärvorlage in Aussicht stehe, nachdenl erst zwei Jahre hintereinander eine Verstärkung der Armee durch- geführt worden ist. Aber einmal habe Frankreich durch ein neues Kadergesetz sein Heer beträchtlich verstärkt, zum andere» habe der Balkankrieg in ungleich höherem Maße als der russisch -japanische Krieg ein zutreffendes Bild von dem ge- geben, was in einem kommenden Kriege nötig ist. Es ent- spreche durchaus dein Geiste und der stetigen Uebung unserer Heeresverwaltung, solche Lehren ohne Verzug zu beherzigen und daraus die praktischen Schlußfolgerungen für die Aus- gestaltung der Annee zu ziehen. Gerade in dieser bewährten Tradition unserer Heeresverwaltung, stets sich alle Fortschritte der Kriegswissenschast und Kriegskunst anzueignen und so unserer Armee einen Vorsprung vor den konkurrierenden Heeren zu erhalten, habe Fürst Bismarck bekanntlich die sicherste Gewähr für die Erhaltung deS Ariedens erblickt. Auch die jetzt in Aussicht genommene betrachtlicheVer- stärkung unseres Heeres habe daher in erster Linie die Bedeutung verbesserter Sicherung des Friedens. Die Betonung, die auf die Worte«beträchtliche Ver- stärkung" gelegt wird, läßt erkennen, daß die neuen Forde- rungen ganz gewaltige sein werden. Darauf deutet auch der Hinweis hin, daß das Voll eine neue namhafte Ver» sicherungsprämie zu leisten habe. Wenn man aber bedenkt, welchen Schaden das Erwerbsleben durch einen Krieg zu erleiden hätte, so müßten die geforderten Opfer als gering betrachtet werden. Der Artikel schließt mit der Hoffnung, daß die bürgerlichen Parteien einmütig der neuen Heeres- vorläge zustimmen werden. In dieser Hoffnung wird die Regierung nicht getäuscht werden. Alle bürgerlichen Parteien werden sich von der alten, abgeleierten Melodie von derVersicherungsprämie" ei*> fangen lassen. Man wird sich damit abfinden, daß das Kriegs- ininisterium vor den Hetzern des Wehrvereins kapituliert hat. Dabei ist zu konstatieren, daß weder die Berufung auf das französische Kadergesetz noch die Lehren des Balkankrieges zur Begründung der neuen maßlosen Forderungen unseres Militarismus ins Feld geführt werden können. Aber die bürgerlichen Parteien nehmen in Militärfragen alles, was ihnen von den Zunftmilitärs dargelegt wird, kritiklos als unumstößliche Offenbarung hin. Generalmajor Keim kann triumphieren. Andere Zeiten!_. DaSBerl. Tagebl.' bringt heule au» einem demnächst erfcher- ««Iben Bu»e Aufzeichnungen des ebemaligen italienischen Mmister- Präsidenten C r i S p i über ein Gespräch, das er im Mal 1389 mit Bismarck führte. Die Umerredung schloß folgendermaßen: Bismarck :Wollen Sie die deutschen Be- sitzungen in Afrika kauf«»?' Crispi:Durchlaucht, ich btn �bereit, Ihnen die italienischen zu verkaufen... Die Zeiten ändern sich: damals gab s für die afrikanischen Kolonien leine Abnehmer, seitdem haben wrr den südwestafrikaiiischen Krieg geführt die Italiener den Tripolisraub vollendet und um Ma- rollo wäre beinahe ein Weltkrieg ausgebrochen. DaS Kapital hat eben seitdem gelernt, auch Sandwüsten in ertragreiche Anlagesphären um- zuwandeln, in denen Eisenbahnen mrl Staatsgarantte, Hafen- und Bewässerungsanlagen, unentgeltlich angeeignete Bergwerke durch Ausbeutung einer de» Lande« beraubten und m Sklaverei gestürzten Bevölkerung reiche Prostte abwerfen. Landtagswahlen in Sachsen -Altenbnrg. Am«. Februar finden die Landtagswahlen im Herzogtum Sachien-Mtenburg statt. Was den StaatSminister v. Schaller- Steinwarz. ehedem Gesandter deS Reiches am Hofe M-nelrkL von Abeffinien, veranlaßt hat, FafchingSwahlen anzusetzen, ist nicht bekannt. Ungünstiger für die werttätige Bevölkerung konnte der Wahltermin kaum gelegt werden. Bei den alle drei Jahre erfolgenden allgemeinen Neuwahlen zum Landtage kann die Sozialdemokratie nur auf einen Teilerfolg rechnen. ES wird nach vier Klassen gewählt: Höchstbesteuerte, erste. zweite und dritte Klasse. Von den 32 Abgeordneten, ouL denen der Landtag besteht, entfallen auf die zweite und dritte Abteilung je acht, auf die erste Abteilung sieben und auf die Höchstbesteuerten neun Mandate. Bis auf«in Mandat hatte bisher die Sozialdemo. kratie die Mandate der dritten Abteilung in Händen. Da» acht«