Forderungen stellen. Leben und Zukunft des Vaterlandes und die historische Ehre der Nation sind heute unseren Händen anvertraut. Die Hoffnung und das Leben der Nation beruhen darauf, daß die Mannschaften und Offiziere mit Todesverachtung ihr Leben der Erfüllung ihrer Pflicht als Soldaten weihen. Das Schicksal ruft uns heute auf, das Vaterland und die Regierung zu verteidigen. Latzt uns beweisen, dast wir würdige Söhne unserer Vorfahren sind, und das; das ottomanische Blut nicht ver- siegt ist. Eine Nation, die entschlossen ist, für ihren Glauben und für ihr Vaterland zu sterben, hat immer Erfolg und lebt ewig." Friedrnsbestrcbungcu. Paris , l. Februar.(Privattelegramm des „V orwärt s".j Der„Temps" berichtet aus Berlin , daß zwischen dem französischeil Botschafter C a m b o n und dem Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt . Zim«ler- mann, wiederholte Konversationen stattgefunden haben, die einen günstigen Eindruck auf beiden Seiten hinterließen. Deutschlands Rolle bezüglich des Einvernehmens zwischen den Mächten bestehe absolut fort.— Aus London wird ge- meldet, daß Paul Cambon mit Dr. D a n e w eine Unterredung hatte, in der er darauf drang, gegenüber der Note der Türkei einen versöhnlichen Standpunkt einzunehmen. Dr. Danew versicherte die Friedensliebe Bulgariens , wies aber darauf hin, daß die Fortsetzung des italienischen Krieges die Verhandlungen in Ouchy auch nicht gehindert hätten. Kriegsfolgen. Belgrad , 3l. Januar.„Politica " meldet, daß unter den tür - lischen Kriegsgefangenen in Negotin der Fleck- t y p h u s ausgebrochen sei. Von 342 Erkrankten seien bisher 142 gestorben. Auch der die Kranken behandelnde serbische Arzt sei gestorben. Da die Krankheit sich auch unter der Bcvölke- rung von Negotin ausbreite, herrsche eine Panik in der Stadt. Sie Aussichten eines iPetroleuimnonopols. Ter scharfen Kritik deS Petroleummonapvl-Gesetzentnrurfes durch fast alle Parteien des Reichstages bei der ersten Beratung im Plenum ist nun vor wenigen Tagen die Ablehnung des Mono- Pols in der Kommission gefolgt. Ter Z 1 des Gesetzentwurfes, der dem Reich ein Monopol für Einfuhr, Herstellung und Großhandel überträgt, ist damit gefallen. Aber wie wenig diese Abstimmung ein wirkliches Bild von den Sympathien für ein Monopol über- Haupt gibt, geht schon daraus hervor, daß die Mehrheit der Kom- Mission sich an die durch die Geschäftsordnung geschaffene Möglich- keit hielt, nochmals über den Gesetzentwurf zu verhandeln und zu beschließen. Die Ablehnung in der ersten Lesung erfolgte durch die Sozial- demokratie nur, weil der§ 1 mit einem Zusatz belastet war, der ein reines Reichs Monopol von vornherein ausschloß. Dieser Zusatz ging dahin, daß die Organisationen der Detaillisten an dem Monopol beteiligt sein sollen. Er war eingebracht worden von den Konservativen, die sich wieder als angebliche Mittelstands- freunde betätigen wollten. Und obivohl das Zentrum grundsätz- licher Gegner des Monopols ist, stimmte es diesem Zusatz zu, um dann da? ganze Gesetz abzulehnen.>das nun auch für die Sozial- demokratie unannehmbar war. Diese unehrliche Sabotage- Politik des Zentrums, die sich auch sonst noch mehrfach bei den Verhandlungen deutlich zeigte, konnte allerdings nur durch die unentschlossene Haltung der Liberalen Erfolg erlangen. Auch die Liberalen stimmten merkwürdigerweise dem Zusatzantrag der Kon- servativen zu, obgleich sie über die Stellung der Sozialdemokratie nicht im Zweifel sein konnten. Trotz der völlig prinzipienlosen Haltung des Zentrums,— die so eigenartig ist, daß man trotz aller Ableugnung die nahen Beziehungen des Zentrums zum Direktor der deutschen Tochter- gesellschaft deS Trusts zur Erklärung heranziehen muß— wird die nächste Lesung zeigen, daß eine Mehrheit grundsätzlicher Anhänger des Monopols in der Kommission vorhanden ist. Tie Sozialdemokratie kann allerdings nur für ein Monopol in Reichsregie stimmen. Da die Liberalen selbst erklärt haben, daß ihnen auf die Form nicht so viel ankomme, liegt eine Annahme im Bereiche der Möglichkeit. Die Sozialdemokratie wird weiter verlangen, daß dem Reichstage ein weit größeres Mitbestimmungsrecht bei der Organisation und Beaufsichtigung des Monopols zugestanden wird, als der jetzige Entwurf Vorsieht. Schließlich kann sie auch nicht darauf verzichten, sichere Garantien dafür zu erlangen, daß die Versorgung des Reiches gesichert und die Konsumenten vor Preiserhöhungen bc- wahrt werden. Denn der Verhütung der Konsumentenausbeutung soll ja das ganzle Gesetz dienen. Keine Partei sollte es auf sich nehmen, dem Volke auch nur geringe indirekte Abgaben neu auf- zubürden, wo die alten hart genug auf allen Schultern lasten. Die Sozialdemokratie kann jedenfalls nicht die Hand zu einer Verteue- rung eines gerade von den Aermstcn gebrauchten Existenzmittels bieten, politiscke(leberficht* Berlin , den 1. Februar 1913. Fleifcheinfuhr und Gesundheitsamt. AuS dem Reichstag . Die dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend vorübergehende Zoll- erleichterungen bei der Fleischeinfuhr hat der Reichstag am Sonnabend schnell erledigt. Genosse Dr. O u a r ck kennzeichnete noch einmal die Volks- feindliche Haltung der Zollwuchermehrheit gegenüber dein herrschenden Notstand. Besonders wichtig waren seine Mit- teilungen darüber, wie sich der Kleinbauernstaat Bayern auf der einen Seite und die Reichsverwaltung unter dem Drucke des Junkerstaates Preußen auf der anderen Seite zu der Bieheinfuhr aus den Schtveizer Kantonen Schwyz und Appen - zell verhalten haben. Bayern war sehr lebhaft für die Einfuhr von Vieh aus diesen Bezirken besorgt. Das Reich da- gegen versuchte, diese Einfuhr zu vereiteln. Es kam aber zu spät, da Bayern bereits mit den beiden Kantonen in Ver- bindnng getreten war. Die b ärgerlichen Redner begnügten sich mit einigen unwesentlichen Bemerkungen. Dann nahm der Reichs- tag einstimmig die Vorlage an. Unsere Fraktion hat einen ihrer Anträge aus der zweiten Lesung noch einmal eingebracht, da das Ergebnis der Abstimmung in der zweiten Lesung zweifelhaft war. Der Antrag ersucht den Reichskanzler, bei den Verbündeten Regie- rungen dahin zu wirken, daß in derselben Weise wie für die großen Städte die Einfuhr von frischem Fleisch und Schlacht- vieh in allen Gemeinden zugelassen wird, in denen die erforderlichen Schutzeinrichtungen gegen Verbreitung der Viehseuchen vorhanden sind. Die Abstimmung ist namentlich und findet anl Tonnerstgg statt. Nach der Annahme des Fleischeinsuhrgtzsetzes setzte der Reichstag die Beratung des Etats für dasReichs- amt des Innern fort. Zum Gesundheitsamt sprachen noch mehrere Redner. Genosse D i t t m a n n ergänzte die Reden der bürgerlichen Abgeordneten, die für den Schutz der Säuglinge und Wöchne- rinnen eingetreten sind und die Abnahme der Geburten beklagt haben. Bei der Aenderung der Arbeiterversicherung haben die Sozialdemokraten zweckmäßige Vorschläge zum Schutze der Säuglinge und Wöchnerinnen gemacht: die Parteien der bürgerlichen Redner haben sie aber abgelehnt. Dieselben Parteien verteuern durch die Wucherzölle die Lebenshaltung des arbeitenden Volkes und erschiveren dadurch die Ge- burtenzunahme. Ferner begründete unser Redner den Antrag unserer Fraktion, daß der Reichskanzler eine Untersuchung der gesundheitlichen Verhältnisse der Bergarbeiter und der ge- sundheitlichen Vorkehrungen auf den Bergwerken veran- stalte. Schließlich ging Genosse Dittmann auf die schweren Schädigungen ein, die die Verseuchung der Wupper durch Abwässer zur Folge hat. Von den bürgerlichen Parteien beschäftigten mehrere Redner sich mit den Ausführungen des Genossen Antrick über die Verhältnisse der Krankenpfleger und Krankenpflege- rinnen. So arg, wie Genosse Antrick es geschildert habe, seien die Mißstände nicht. Genosse Antrick führte genaue Zahlen für seine Behauptungen an und wies so nach, daß er in keiner Weise übertrieben habe. Dann antwortete er dem Abg. Dr. T h o m a von den Nationalliberalen. Der Herr hatte sich vor einigen Tagen gewaltig entrüstet darüber, daß Genosse Antrick an die Anwürfe erinnert hat, zu denen sich vor 12 Jahren auch Nationalliberale gegen ihn wegen seiner Rede über die Miß- stände in den Krankenhäusern haben hinreißen lassen.' Dem- gegenüber behauptete Dr. Thoma, daß damals die National- liberalen die Rede des Genossen Antrick als eine verdienstvolle Tat bezeichnet haben, die Vorwürfe des Genossen Antrick gegen die Nationalliberalen also unbegründet seien. Auch diesem Herrn wies Antrick nach, daß die Sache sich so verhält, wie unser Genosse behauptet hat. Der damalige national- liberale Redner, Dr. Endemann, hat in der Tat in der an- gegebenen Weise auf die Rede des Genossen Antrick geant- wartet. Abg. Dr. Thoma wußte, daß Genosse Antrick ihm bei dieser Gelegenheit entgegentreten werde. Trotzdem glänzte er am Sonnabend durch Abwesenheit. Die biologische Anstalt für Forst- und Landwirtschaft so- wie das Patentamt wurden schnell abgetan. Beim Reichs- versicherungsamt wurde die Verhandlung auf Mittwoch per- tagt. Auch die Abstimmungen über die Anträge zu den er- ledigteu Abschnitten finden erst Mittwoch statt. Ter Etat des Ministeriums des Innern. Der zweite Tag der Etatberatung unterschied sich wesentlich von dem ersten. Indes wurde auch am Sonnabend noch über sozial- demokratischen TerroriSmuS weidlich gezetert, aber dies Thema be- herrschte doch nicht die ganze Debatte, wie eS am Freitag der Fall gewesen war. Wie die Kardorff und Graf v. d. G r o e b e n, so erscheint auch dem Fortschrittler Cassel das rote Gespenst in Gestalt sozial- demokratischen Terrors. Auch für ihn gilt es als feststehende Tat- fache, daß die Sozialdemokratie das Arbeitsverhältnis vergiftet. Allerdings ist auch er. ebenso wenig wie die Kardorff und Groeben in der Lage, auch nur den Schalten eines Beweises für seine Be- hauptung zu erbringen. Darin freilich unterscheidet er sich von den junkerlichen Scharfmachern, daß er neue Strafgesetze oder gar Ausnahmegesetze gegen die Sozialdemokratie rundweg ver« wirft. Und auch insofern stach seine Rede wohltuend von der der Vertreter der Rechten ab, als er der Tätigkeit der sozialdemokratischen Gemeindevertreter wenigstens einiger- maßen Gerechtigkeit widerfahren ließ. Daß sich Herr Cassel im übrigen ausführlich mit den Berliner Verhältnissen be- faßte und den Minister wegen der Brüslierung des Magistrats der Reichshauptstadt zur Rechenschaft zog. ist bei der maßgebenden Stellung, die er als Führer des RathausfreisinnS ein- nimmt, wohl als selbstverständlich anzusehen. Obwohl die Ausführungen Cassels nichts weniger als ein Eni- gegenlommen oder gar eine Sympathie für die Sozialdemokraten bewiesen, hielt es der Konservative Strosser doch für angebracht� von einem Wahlbündnis zwischen Fortschrittlern und Sozialdemo- traten für die Landtagswahlen zu faseln und seinem Verlangen nach Rückkehr der Zeiten Ausdruck zu verleihen, wo ein Fischbeck die Sozialdemokraten von der Tribüne deS Landtags herab mit Strolchen und Wegelagerern verglich. Daß Herr Strosser über die gestrigen Festnagelungen unseres Genossen Hirsch in einen Zustand von Raserei verfallen ist. zeigt der Ausfall, den er sich gegen das Brandenburger Schöffengericht wegen dessen Kritik deS Reichsverbandes zur Bekämpfung der Sozialdemokratie leistete. Was dieser konservative Vielredner, bei dessen Rede selbst seine Freunde schleunigst die Flucht ergriffen, sonst noch zusammensaselte, war ein Sammelsurium aller möglichen Ladenhüter. Bald schimpfte er auf die Automobile, bald auf die Kinos, dann wieder auf die un- sittlichen Theaterstücke, zu denen er auch das hochsiltliche.Frühlings Erwachen " von Wedekind rechnet, und schließlich erging er sich in Wahnvorstellungen über ein Bündnis der Nationalliberalen mit den Sozialdemokraten in Hannover gegen die Weifen— ein Märchen, das der Nationalliberale v. Campe gründlich zerstörte. Wiederholt griff auch Herr v. D a l l w i tz in die Debatte ein, einmal um ein Loblied auf die Selbstlosigkeit des Dreiklassen- parlaments erschallen zu lassen, das in dieser Tugend von keinem Parlaments diesseits und jenseits deö Ozeans übertroffen werde, und sodann um alle Angriffe auf seine Verwaltung als völlig halt- los zu bezeichnen. Hieran wird man freilich nach den Proben laudrätlicher Willkür in Schlesivig-Holstein, die der Däne Nissen zum besten gab, und nach der Schilderung des Abg. Wenke(Vp.s über die Art, wie die Amtsvorsteher mit dem Vereinsgesetz um- springen und wie sie die Gastwirte schikanieren, schwer glauben können. Am Montag geht die Debatte weiter. Teuerungsdebatte im Herrenhause. Das Herreuhaus hat am Freitag das Gesetz, wo- durch in den westlichen Provinzen für die ländlichen Fort- bild-ungsschulen, die dort von den Kreisausschüssen errichtet werden können, der Besuchszwang eingeführt wird, an die Kommission zurückverwiesen und das vom Treiklassenhaus ab- geänderte Moorschutzgesetz angenommen. Die Petitionen der Altpensionüre um Besserung ihres Loses wurden von wegen der„Finanzlage" n�sien Papierkorb geworfen. Am gestrigen Sonnabend überwies man der Re- gierung mit ziemlich energischer Befürwortung die Petition des Handelstages um stärkere Vertretung von Handel und Industrie"in den Kreistagen. Von Arbcitervertre- t u n g ist natürlich keine Rede. Tann aber wurde von der Teuerung gesprochen. Und wie! Ten Anlaß gab eine Petition um Zollerleichterungen. Einfuhrerlaubnis für Ge- frierfleisch und dergleichen. Herr Graf von der Schulen- burg-Grünthal haben noch nichts von einem Fleisch- Mangel zu bemerken geruhk. Was Statistik und linker- crnährung und Rückgang der Geburten! Der Herr Graf hält sich lieber an den biederen Schlächtermeister, der ihm sagt, daß die Arbeiterfrauen sich gar nicht mehr mit Kock)- fleisch begnügen, es gehe gar nicht mehr unter Karbonade. Ter gräfliche Herr Leibschlächtermeister ist wohl recht unglücklich darüber, daß er mehr Karbonaden und weniger abgetriebenes altes ßuhfleifch verkauft. Wieviele Arbeiterfamilien sich das Fleisch in dieser Zeit der selbst von Bethmann und Schorlemev anerkannten Fleischteuerung abgewöhnt haben, das ficht den Grünthaler nicht an. Tie Leute können ja im Herrenhaus nicht erwidern... Den Ruin der Landwirtschaft sieht Se. gräfliche Gnaden vor sich und ein Attentat in dem Ver- langen nach Aufhebung der Iuttermittelzölle, Hochdero sind beunruhigt— vielleicht mundet der Sekt und die Austern nicht mal mehr. Und warum diese Katastrophe? Wegen der grundstürzenden Maßnahmen des Herrn von Schorlemer. denen dann der Königsberger Oberbürgermeister K ö r t e nachsagt, daß sie gar keinen Einfluß auf die Preise üben können. Gleichzeitig spricht dieser wackere Vertreter der städtischen 5konsumentenbevölkerung von den trüben Ersah- rungen, die die Städte bei diesen geringfügigen Maßnahmen gemacht haben. Aber dainit sind die Fähigkeiten dieses Herrn noch nicht erschöpft: dieRegierung habedieStädte zur Einfuhr russischen Fleisches gezwungen, ruft er vor den entzückten Fideikommißbesitzern aus, und wenn sie am Ende gar noch bei einer Getreideteuerung von den Städten verlangen würde, daß sie Brot backen, so wäre das schon Kommunismus! Dieses begab sich vor den Edlen und Erlauchten am 1. Februar 1913. Aber sie bereicherten auch die ökonomische Wissenschaft durch ein ganz neues Forschungsergebnis. Tie (nicht vorhandene) Teuerung ist nach dem Schulenburger die Folge der— Lohnsteigerungen. Ja, sind denn die Löhne der Ochsenknechte und der Weiber, die auf den Gütern über die Ferkel wachen, so gestiegen, seitdem sich das Deutschtum unserer Junker in der jährlichen Einfuhr von einer halben Million Russen und Galizier austobt? Die Frage stellte keiner. Mit Schulenburgs und Körles Reden war die Sache erledigt und die Petition flog unter den Tisch.— Montag: Wassergesetz._ Reichsregiernng und preußische Junkeranmaßungen. Die osfiziöse„ N o r d d. A l l g e m. Z t g." sucht den Ein- druck der Blamage abzuschwächen, der ihr durch die Reichs- tagsabstimmung über die verfassungs- und gesetzwidrige preußische Polenenteignungspolitik beigebracht worden ist. Unter Berufung auf den Fürsten Bismarck und eine aller- höchste Botschaft vom Jahre 1886, die gar nicht in Frage kommt, müht sie sich, dem Reichstag das Recht abzusprechen, über Respektierung von Reichsverfassung und Reichsgesetzen zu wachen, die doch durch die Anmaßungen namentlich des preußischen Junkerparlaments so schwer gefährdet und verletzt morden sind. Diese armseligen Ausflüchte vermögen natürlich in keiner Weise den Eindruck der vernichtenden Nieder- läge abzuschwächen, den die preußische Hakatistenpolitik— vertreten durch Geldsackparlament und Regierung— im Reichstage erlitten haben. Wenn Preußen seine von der Vertretung des deutschen Volkes mit erdrückender Mehr- h e i t ausgesprochene Politik der Gesetz- und Ver- fassungs Widrigkeit fortzusetzen wagen sollte, so haftet ihr untilgbar das Odium der Gesetz- und Verfassungs- Verletzung an! Erstaunlich ist es nur, daß das offiziöse Organ die Rechte der Volksvertretung des R e i ch c s so ohne weiteres preisgibt. ohne gleichzeitig gegen die ebenso empörenden wie lächerlichen Anmaßungen Verwahrungen einzulegen, die im p r e u ß i s ch e n Abgeordnete n Hause dem Reiche gegenüber geltend gemacht worden sind, und zwar von Vertretern von Parteien, die aus eigener Kraft bei dem gleichen Wahlrecht auch nicht einen einzigen Wahlkreis zu erobern vermöchten!_ Ein Liebesdienst Hertlings für Bethmann. München , 1. Februar jW. T. B.) Die.B a y e r i ch e S t a a t S- zeitung" schließt ihren heutigen Leitartikel, der sich mit der Heeresvorlage befaßt, mit folgender Mahnung an die Parteien: So einleuchtend diese Gedankengänge sind, so scheint ihnen doch der Weg zum Verständnis jener Kreise oersperrt, die die öffentliche Meinung beeinflussen, versperrt durch die Wirrsal, die unser politisches Leben erschwert und die edelsten Kräfte unseres Volkes zermürbt. Wer immer aber in den kommenden Togen über die Heeresvorlage spricht oder schreibt, sei sich klar darüber, daß hier eine Frage des Deutschen Reichstages harrt, die über den Interessen steht, in deren Bannkreis die Parteien sich sonst befangen fühlen, eine Frage, die würdig nur in Einigkeit und Geschlossenheit gelöst werden kann. Ob diese Mahnung eines Ministers beim Zentrum Gehör finden wird, steht noch dahin. So einfältig ist das Zentrum noch nie gewesen, Bewilligungen anders als gegen Machterhöhungen zu gewähren und mit Phrasen läßt es sich nicht einwickeln. Das überläßt es den Liberalen: es selbst hält stets avf bare Zahlung. Neuwahlen zur Hamburger Bürgerschaft. Alle drei Jahre muß sich die Hälfte der 160 Mitglieder der Bürgerschaft einer Neuwahl unterziehen. Und zwar werden von den zur Wahl stechenden 80 Mitgliedern 20 von den Grundeigen- tümern, 20 durch sogenannte Notable und 40 in allgemeinen Wahlen gewählt. Von den letzteren wählt das Stadtgebiet diesmal L6 Mitglieder und vier Bezirke des Landgebiets je ein Mitglied. Am Freitag fanden die allgemeinen Wahlen statt, die in der Stadt nach dem 1906 geschaffenen Ztoeiklaffenwahlrecht, das mit Pro- portionalwahl, Listenwahl und allen cchikanen ausgestattet ist, vorgenommen werden: im Landgebict nach einem für alle Bürger gleichen Zensuswahlrecht,-�ie sogenannten alten Fraktionen, die 1906 durch Einführung des Klassemoahlrcchts den brutalen Wahl- rechtsraub begangen haben, hatten diesmal im Stadtgebiet ins- gesamt 10, die Sozialdemokratie 10 und die Vereinigten Liberalen (die bürgerlichen Gegner des Klassenwahlrechts) 7 Sitze zu ver- tcidigcn. Die Vorschlagsliste» aller drei Gruppen für das Stadt- gebiet enthielten für diese 40 sitze insgesamt 125 Kandidaten, so daß 85 durchfallen mußten. Die Vorschlagsliste der sozialdcmo- kratischen Partei enthielt 17 Namen. Tie Träger der ersten acht davon gehörten der Bürgerschaft schon an Ter Wahlkampf wurde seit Wochen sehr fleißig geführt. Die sozialdeinokratischeii Kandidaten besuchten nahezu sämtliche bürgerliche Versammlungen im Stadt- und Landgebict, deren Zahl un- geheuer war. Und da überall freie DlSkussion gewährt wurde. konnten sie auch in diesen Versammlungen eine eifrige Propaganda siic unjers Sache entölten. Außerdem fand eine große Anzahl
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