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den Eintritt in seinen Dienst, eine bestehende Karenzderpflichtung verletzt." Werden die Handelsangestellten den Herren, die am liebsten die völlige Versklavung der Angestellten und Arbeiter haben möchten, hierauf die richtige Antwort geben? Ein Nasenstüber für Kardorff junior. Der Eproh und parlamentarische Erbe des Scharfmachers und Gründers v. Kardorff, Herr v. Kardorff junior, hat von derKarlsruher Zeitung" einen offiziösen Nasenslüber er» halten. Herr v. Kardorff der Jüngere hat im Abgeordneten- hause am 31. Januar Baden   wegen seiner allzudemokratischen" Wahlreform und der allzu konzilianten Haltung seiner Regierung der Sozialdemokratie gegenüber derb gerüffelt und es hierauf zurück- geführt, dah Baden   mit seiner frevelhaft volkstümlichen Politik die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen ganz unVerhältnis- mäfiig vennehrt habe. Die.Karlsruher Zeitung" weist nun in halb- amtlicher Auslassung diesen Angriff des längsten Redners der kleinsten Partei des Abgeordnetenhauses als unbefugte Einmischung in einzelstaatliche Angelegenheiten zurück. ES ist possierlich, dafi Herr von Kardorff, der sich in der preußischen Duma über die Eingriffe des Reiches in preußische Landes- angelegenheiten so entrüstete, nun von einem anderen Bundesstaat darauf aufmerksam gemacht wird, daß sich diese anderen Bundes» staaten die arrogante Kritik deS preußischen Scharfmachers entschieden verbitten!_ Wahlrechtsverschlechterung in Schwarzburg-Rudolstadt  . Die schon angekündigte Wahlrechtsverschlechterungsvorlage wurde am Dienstag von der Regierung dem schwarzburg-rudolstädtischen Landtage überreicht. Der Landtag soll künftighin aus 24 Ab- geordneten, bisher 16. bestehen, und zwar aus je einem Vertreter 1. der Staats« und Gemeiudebeamten. Geistlichen und Volksschullehrer, 2. de« Handels und der Industrie, 3. der Land» Wirtschaft, 4. deS Handwerks. S.   der Arbeiterschaft, 6. der Steuer- zahler mit höherem Einkommen, 7. der Stadt Rudolstadt  , 8. der übrigen Städte der Oberherrschaft, S. der Landgemeinde deS Land» ratsamtSbezirkS Rudolstadt, 10. der Landgemeinde deS LandratSamtS- bezirkS Königssee. 11. sämtlicher Gemeinden der Unterherrschaft, 12. aus. einem Rechtskundigen. Der Rest von 12 Abgeordneten soll auS allgemeinen Wahlen hervorgehen. Das Wahlrecht soll ferner insofern verschlechtert werden, daß die Wahlberechtigten ein Jahr laug im Besitz der schwarzburg-rudol» städtischen Staatsangehörigkeit sein müssen, sechs Monate ihren Wohnsitz am Orte der Listenaufstellung haben und mit den Gemeinde» und StaatSsteuern nicht länger als ein Jahr im Rückstände sind. Außerdem soll jeder über öS Jahre alte Wähler eine Zusatzstimme erhalten. Die Obstruktion soll nach Möglichkeit ausgeschlossen werden. Der Landtag soll beschlußfähig sein, wenn tvenigstenS zwei Drittel der Abgeordneten anwesend sind. Wenn infolge Beschlußunfähigkeit des Landtag? eine gültige Abstimmung über eine Regierungsvorlage nicht stattfinden kann, soll innerhalb einer Woche eine erneute Beschlußfassung herbeigeführt werden. in der nur die Hälfte der Abgeordneten anwesend zu sein braucht. Bei Abänderung deS Grundgesetzes bedarf es der Anwesenheit von drei Viertel der Abgeordneten und der Zustimmung von zwei Dritteln der abstimmenden Abgeordneten. Wenn die Zeiten nicht so ernst wären, möchte man an einen Fastnachtsscherz glauben, den sich die Regierung mit der Mehrheit deS Landtages erlaubt._ Karnevalspolitik in Elsast-Lothringen  . AuS Straßburg   kommt die Nachricht, daß der dortige Polizeipräsident, zum Entsetzen aller Hurrapatrioten, das Singen von Nationalhymnen während der FastnachtStage v e r- boten habe. Anscheinend richtet sich das Verbot in erster Reihe gegen das Singen und Spielen der französischen   National- Hymne, der Marseillaise  , und des bei den Tlsoß-Lothringern und Wilhelm II.   beliebten französischen   Militärmarschcs8»inKr» et Meuse" und derMarche Lorraine". Aber einem gesunden praktischen Sinne und einer anerkennenswerten Regung der Parität folgend hat die Polizeibehörde der reichsländischen Hauptstadt zu- gleich, um jeden Anreiz zu solchen, wie er zu glauben scheint Vater- landsfeindlichen Kundgebungen von vornherein auszuschließen, auch den Gesang deS.Heil dirim Siegerkranz" über die FastnachtSzeit kurzerhand verboten, fo daß in zahlreichen Wirt- fchaften an den Karnevals tagen das folgende Plakat prangte: Laut P o l i z e i v o r s ch r i f t ist in den Karnevalstagrn fol- gendes strengstens verboten: 1. Das Spielen und Singen von National» Hymnen sowie demonstrative Lieder und Märsche; 2. Das Tragen von militärischen und geist- l i ch e n Uniformen, Fahnen, deucn ein demonstrativer Zweck zugrunde liegt. Zuwiderhandlungen haben strengste Bestrafung zur Folge." Und da soll ein Vaterlandsfreund in der Westmark nicht in Aufruhr geraten I Empört schreibt die bürgerlich-demokratische«Straß- burger Neue Zeitung": Am 27. Januar sollen wirHeil Dir im Siegerkranz  " fingen und am 1. Februar wird eS verboten. Da soll sich ein anderer auskeimen als wir. Im übrigen sind wir gute Patrioten und lassen uns vom Wirt unserer Stammkneipe auf keinen Fall ver- bieten, ob wir die Nationalhymne singen wollen oder nicht, und so erklären wir rund herau«: Wir haben am 27. JanuarHeil Dir im Siegerkranz  " gesungen und wir singen morgen und über» morgen: Falchingsheil 1" Es lebe die bürgerliche Demokratie mit.Heil Dir im Sieger- kränz" am Fasching!_ Qngarn. Bor dem Generalstreik. Budapest  , 3. Februar.(Eig. Ber.) In Ungarn   wird intensiv an den Vorbereitungen für den Generalstreik ge- arbeitet. Am letzten Sonntag fanden wieder in der Provinz 22 Versammlungen statt, in lvelchen die Bürgerschaft sich mit den Arbeitern solidarisch erklärte. Am Donnerstag, den 6. Februar, beginnt der Parlamentsausschuß seine Beratungen über das WahlrechtSgesctz. Aus diesem Anlaß hat der Partei- vorstand für Mittwoch abend in der Hauptstadt und Umgebung 41 Volksversammlungen einberufen, da angenonimen wird, daß der Generalstreik schon am 6. Februar seinen Anfang nimmt. Der Parteivorstand verschickt heute wieder ein Flug- blatt nach allen Gegenden, welches die Aufschrift trägt: Rüstet zum Generalstreik!" Dies Flugblatt wird in ungari- scher, deutscher und slawischer Sprache herausgegeben. Am Sonntag beschloß der Fabrikantenbund eine Eingabe an den Reichstag  , worin er die Regierung auffordert, in das neue Wahlgesetz die Bestimmung aufzunehmen, daß jeder industrielle Arbeiter, der das 24. Lebensjahr erreicht hat und zwei Jahre in einer Gemeinde seßhaft ist. das Wahlrecht besitzen soll. In einem hauptstadtischen Bezirk ist durch das Ableben eines Abgeordneten eine Neuivahl notwendig. Sämtliche oppositionellen Parteien beabsichtigen, dort einen Kandidaten gegen die Regierung aufzustellen, und der Sieg der Opposition ist geiviß. Großes Interesse wird auch der Verhandlung entgegen- gebracht, die am 17. Februar ihren Anfang nimmt. Bekannt- "ch hat der gewesene Staatssekretär Desh im vorigen Jahre den Ministerpräsidenten Lukacz mit dem Titel belegt, daß er der größte Panamist der Welt sei. Der Ministerpräsideni Hai die Klage gegen Desy erhoben. Hauptstädtische Blätter ver- öffentlichen jetzt Desys Beweismaterial. Seine Beschuldigungen zerfallen in fünf Hauptgruppen. Die erste bezieht sich auf einen mit der Ungarischen Bank- und Handelsgesell- schaft abgeschloffenen Vertrag über die Pachtverlänge- rung des Salzgefälles, den Lukacz seinerzeit als Finanz- minister, wie Desy behauptet, unter der Be- dingung verlängert haben soll, daß die Bank drei Millionen Kronen, die sie dem Aerar hätte abführen sollen, der Wahl- kasse der nationalen Arbeitspartei überlasse. Unter ähnlichen Bedingungen sollen auf die Südfrüchteauktion und die Unter- stützung der Hausindustrieartikel bezügliche Verträge ver- längert worden sein. Die zweite Gruppe bezieht sich auf Geldsendungen an die Obergespane, die dritte auf eine Affäre der Pakettransportgesellschaft, die vierte auf den Verkauf eines Hauses des Herrn v. Lukacz an den Staat, die fünfte auf die Stellung des Herrn V. Lukacz als Präsidenten der Klassenlotteriegesellschaft. Ein offiziöses Communiquö versucht, diese Anklagen mit der Behauptung zu entkräften, daß Desy längst erledigte und erörterte Angelegenheiten neu aufwärme. Die Hauptverhand- lung wird ja erweisen, wer recht hat. Italien  . Blutig« Unruhe« und Generalstreik in Neapel  . Genua  , 4. Februar. lPrivattelegramm desVorwärts".) In Neapel  , wo durch eine Regierungsverordnung die kommunale Verzehrsteuer um fünf Millionen jährlich erhöht wurde, ist es zu Unruhen gekommen. Vierzig Personen wurden verwundet, darunter Soldaten und Polizisten; 100 Verhaftungen wurden vor« genommen. Der General st reik wurde erklärt und soll so lange fortgesetzt werden, bis die Stadtverwaltung zurücktritt. Spanien  . Anärchistenhetze in der liberalen Acra. Paris  , 4. Februar. Nach einer derAgcnce HavaS" über Ccrbere zugegangenen Meldung aus Hurtva wurde daselbst eine anarchistische Verschwörung" gegen die spanische Regierung ent- deckt. Drei Anarchisten wurden verhaftet, und zwar der Lehrer an der von Jerrer in Barcelona   errichteten modernen Schule. Francisco Sanchez, dann ein gewisser Emiliano Barral   und der Portugiese Antonio Oliviera. England. Beinahe eine neue Niederlage. London  , 4. Februar, silnterhaus.) Die Regierung hätte heute nachmittag bei der Beratung des Gesetzes betreffend die Trennung der Kirche vom Staat in Wales   beinahe eine Niederlage erlitten. Der AbänderungSantrag der Opposition, durch den die Einziehung von kirchlichen Pfründen eingeschränlt werden soll, wurde nur mit 248 gegen 220 Stimmen ab- gelehnt. Die Unionisten waren in unerwarteter Stärke erschienen und als die Abstimmung erfolgte, herrschte große Auf- regung. Als endlich das Abstimmungsergebnis bekanntgegeben wurde, gaben die Ministeriellen ihrer Erleichterung durch Beifallsrufe Ausdruck, während die Oppositionellen riefen, man solle die Bill fallen lassen. EKlna. Endgültiger Abschluß der Sechsmächte-Anleihe. Peking  , 4. Februar. Die Sechs in ächte-Anleihe ist nunmehr zum Abschluß gekommen. Die Anleihe führt den Namen Slüprozentige ReorganisationS-Goldanleihe der chinesischen Re- gierung von lgt3". Der Anleihebetrag ist 25 Millionen Pfund Sterling(500 Millionen Mark). Die Banken werden Sl-'prozen- tige Gotdbonds ausgeben. Mit einigen unwesenilichen Vorbehalten soll der Anleihebetrag ausschließlich für folgende Zwecke verwandt werden: Erfüllung der Verbindlichkeiten der Zentralrcgierung, Rücklauf der ausstehenden Provinzialanleihen, Bezahlung von Ent- schädigungen für die Verluste, die infolge der Revolution entstanden sind, Entlassung der Truppen, Rückkauf eines bestimmten Betrages von Roten der Zentralregicrung und der Provinzen, Zahlung der laufenden Verwaltungsausgaben und Reorganisation der Beb- waltung der Salzzölle. Die Bankengruppe verpflichtet sich, zwei Millionen Pfund Sterling sofort vorzustrecken, woraus sie Schatz- scheine in Kürze ausgeben wird. Die Anleihe läuft auf fünfzig Jahre, jedoch hat China   das Recht, sie nach sechsmonatiger Kündi- gung al pari zu konvertieren oder zurückzukaufen. Der Rückkauf der Anleihe beginnt nach fünfzehn Jähren. Der Uebcrnahmepreis der Anleihe ist 6 Proz. unter dem Nominalwert der Bonds, die in London   nicht unter Sülh Proz. und in Paris   nicht unter 97� Proz. ausgegeben werden sollen. Die chinesische Regierung verpflichtet sich, innerhalb der nächsten sechs Monate keine weitere Regierungs- anleihe aufzunehmen und auch keine Anleihe abzuschließen, für die die Salzzölle haften, ohne der ScchSmächte-Bankengruppe ein Optionsrecht zu gewähren. Ein Teil des russischen Anteils an der Anleihe soll in Belgien   emittiert werden, während der japa- nische Anteil, wie erwartet wird, zum großen Teil in London  emittiert werden wird. Die Ernennung deS Dänen Olsen, frühe. ren ZollkommissarS in Tientsin, zum zweiten Generalinspektor der Salzsteuer und die Ernennung des Deuffchen Komp zum Super- revisor der chinesischen Rechnungskammcr ist bestätigt worden. Für da« Anleihedepartement, das China   einrichten will, wünscht es die Ernennung eines italienischen Jinanzmannes von euro. päischem Ruf. Der Anleihevertrag wird von den Vertretern der Banken, dem Premierminister und den Ministern deS Aeußern und der Fi- nanzen unterzeichnet werden. Tie Anleihe ist von der ersten AuS- gäbe der Bonds zu datieren. Die Anleihe ist durch die Salz- steuer völlig gedeckt. Da auch alle künftigen Ueberschüsse der Seezölle für den Dienst dieser Anleihe verwendet werden sollen, so wird eine entsprechende Summe von der Salzsteuer für sonstige Bedürfnisse der chinesischen Regierung verfügbar. Wenn die Lage des Geldmarktes oder andere Ursachen die Ausgabe der Bonds verzögern, so wird die Bankengruppe China   weitere zwei Millionen im Februar und drei Millionen im März vorschießen. China   hat eine Rcchnungskammer für die Anleihe und ein Jnspektorat für die Salzsteucr einzurichten. Die Salzsteuer wird reorganisiert werden. In die Verwaltung der Salzsteucr wird kein Eingriff stattfinden, solange die Verpflichtungen regelmäßig erfüllt werden. Aber wenn Rückstände eintreten, wird die Verwaltung der Salz- steuer nach einer angemessenen Frist von der Seezollverwaltung ausgeübt und die Einnahme für Rechnung und im Interesse der Gläubiger verwaltet werden. Bis zur Reorganisation der Salz- steuer verpflichtet sich die chinesische Regierung, daß drei Provinzen monatlich Summen in Höhe der Verpflichtungen an die Banken zahlen werden. Diese Zahlungen sollen aushören, wenn die Salz- steuer in einem Jahre ausreicht, den Dienst der Anleihe zu decken. Vorbereitungen für einen Feldzug gegen die Mongolei  . Mulden, 4. Februar. Wie der Petersburger Telegraphen- Agentur aus chinesischer Quelle gemeldet wird, erhielt der General- göuberneur Aus Peking   den eüdgültigcn Plan beireffend das Verfahren in der Mandschurei   und Mongolei  . Dem Befehlshaber der Armee und den in der Mandschurei   und Mongolei   befehligen- den Offizieren wird vorgeschrieben, die für die Operationen in der Mongolei   nötigen Truppen allmählich an die Grenze der Nord- Mongolei zu verlegen. Als Zeitpunkt für den Beginn der Ope- rationen ist der März bestimmt. Huö der Partei. Kauf sozialdemokratischer Wahlstimmen. In Wandsbek   war im vorigen Sommer ein Oberbürgcr- meister zu wählen. Die Wahl war auf Lebenszeit ausgeschrieben worden, weil man annahm, daß der alte, für das Bürgertum durch Wahlrechtsraub und andere Dinge verdiente Oberbürgermeister Rauch wiedergewählt würde. Aber eine Gruppe bürgerlicher Poli- tiker war dem alten Herrn aus persönlichen Gründen gram und während das ganze Bürgertum die Vorbereitungen für einen Fackel- zug aus Freude über die Wiederwahl des alten Bürgermeisters traf, lieh sich die Mehrheit desselben Bürgertums gegen Rauch ge- Winnen. Auf Lebenszeit gewählt wurde der junge Bürgermeister Fischer aus Forst. Das Unglück konnte dann wegen eines Form- fthlers noch korrigiert werden und bei einer zweiten Wahl wurde der Bürgermeister Rodig-Potsdam gewählt. Wegen der sonderbaren Formen, in denen die Fischerpartc'r bei dem ersten Wahlgange agitiert hatte, mußte sich jetzt der Tier- arzt H a r t m a n n vor dem Landgericht Altona verantworten. Der Staatsanwalt hatte im öffentlichen Interesse An-' klage wegen Beleidigung des sozialdemokrati- schen Stadtverordneten Bruhns erhoben. Als Zeuge sagte Bruhns aus, am 15. Mai lurz vor der Wahl sei Hartmann zu ihm gekommen und habe ihn gefragt, wie sich die sozialdemo- kratische Partei zu der Wahl stelle. Bruhns verweigerte die Aus- kunft, da die Beschlüsse geheim zu halten seien. Nachdem noch hin und her geredet, rückte dann Hartmann mit folgendem Angebor heraus: Es stünden Bruhns 1000 M. für die sozial- demokratische Agitationskasseund 200 M. a l s Lohn für seine Bemühungen zur Vcrfügung, wenn es ihm gelinge, die sozialdemokratische Partei oder w e n i g st e n s 250 sozialdemokratische Wähler zur Wahl Fischers zu bestimmen. Bruhns wies diesen Be- stcchungsversuch natürlich entrüstet zurück. Zwei bürgerliche Herren hatten während der Unterredung bei Bruhns die von ihm ber- waltete Ortstrankenkasse revidiert und sie sagten aus, daß Bruhns sehr erregt zu ihnen ins Zimmer getreten sei und auf ihre Fragen von dem Bcstcchungsversuche erzählt habe. Aber der Angeklagte leugnete. Er habe sich im Auftrage des Fischerschcn WahlkomitecL nur nach der Stellung der Sozialdemokratie erkundigen wollen. Erst als er keine befriedigende Antwort erhalten, habe er ganz am Schluß und, wie er selbst sagt, ganz unvermittelt ohne Anlaß einen Bluff" gebraucht und von den 1000 M. gesprochen, mit denen nun tüchtig agitiert werden müsse. Wie er zu der unsinnigen Aeuße- rung kam, weiß er selbst nicht anzugeben. Der Staatsanwalt sah darin auch nur faule Ausreden und beantragte zum Schutze der Reinlichkeit der Wahlen eine Geldstrafe von 150 M. Rechtsanwalt Dr. Herz, der Vertreter von Bruhns, schloß sich dem Antrage auf Bestrafung an. Aber das Gericht fand in den alten Protokollen noch eine kleine Unstimmigkeit zu der jetzigen Aussage von Bruhns. Es handelte sich zwar um eine Nebensächlichkeit, die mit dem Thema nichts zu tun hat. Aber das Gericht zog daraus den Sckstuß, wenn auch die Wahrhaftigkeit Bruhns nicht angezweifelt werden könne, sei doch immerhin die Möglichket eines Mißverständnisses nicht-aus- geschlossen. Deshalb wurde Hartmann freigesprochen. polireittefie», Gerichtliches tikw* Zu sechs Monaten Gefängnis wurde am Sonnabend der verantwortliche Redakteur derDziennik Robotniczy", unseres polnischen Parteiblattes, Thcophil Blott aus Kattowitz  , von der Strafkammer in Beuthen   verurteilt. In einem Artikel soll zum Ungehorsam gegen die Gesetze aufgefordert, das Kasernenleben verächtlich gemacht und die Offiziere sollen beleidigt worden sein. Hua Industrie und Kandel  . Kapitalsanlage in Deutschland  . Eine Berechnung in derFranks. Ztg." sucht festzustellen, welche Kapitalien jährlich in Deutschland   zu produktiven und kommerziellen Zwecken bereitgestellt werden. Die Statistik kann allerdings nur den Teil der Kapitalsanlaae erfassen, für de» eine besondere juristische Form sAltiengesellschast, Gesellschaften m. b. H.) gewählt wird. Die Hingabe von Kapitalien aus rein privatem Wege ist in der Auf- stellung nicht enthalten. Aber trotzdem gibt die Statistik ein Bild von der Bewegung der Kapitalsanlagen, scheidet man nach fest- verzinslichen Werten(Staalspapieren, Kommunalanleihen, Pfand- briefen und Jndustrieschuldverschreibungenj und Dividendenpapieren sAktien), so wurden angelegt: 1901/2 1906/6 1907/8 1908 1909 1911 1912 Millionen Mark FestverzinSbar 2193 2712 2234 3210 3813 2494 2726 Aklic»... 398 9V5 919 815 1053 972 1276 Insgesamt. 2591 3707 3153 4025 4866 3466 4002 Bei aussteigender Konjunktur werden Aktien bevorzugt, da sie hohe Erträgnisse erwarten lassen. Während oder nach einer Krise. in der die Dividendenpapiere durch ausbleibende oder niedrigere Er- trägnisse entwertet werden, bevorzugt der Kapitalist die Anlage in Papieren, die ihm eine feste, von vornherein garantierte Rente bieten. DaS Jahr 1908 z. B. zeigt bei einer Zunahme der Gesamt- anlagen einen Rückgang bei de» Aktien. Neben diesen durch den Konjunkturverlauf bedingten Schwankungen ist deutlich eine allgemeine Tendenz in der Bevorzugung der Aktien erkennbar. Das erklärt sich einmal durch die starke Entwickelung der deutschen   Industrie in dem letzten Jahrzehnt, die not- wendig einen vermehrten Kapitalsbedarf hervorruft. Aber hinzu tritt auch das subjektive Bedürfnis des Kapitalisten nach mög- lichst hoher Verzinsung seines Kapitals. Auch der Bedarf des Reiches, der Bundesstaaten und der Kommunalverbände an Anleihen ist stark gestiegen. Aber bei der Bevorzugung von Dividenden- papieren durch die Kapitalisten wird es den öffentlich-rechtlichen Verbänden immer schwieriger, ihren Geldbedarf zu decken. Versicherung gegen Fahrkartenverlust. DaS Versicherungswesen kennt keine Schranke für ihre Tätigkeit. Zu den neuesten Unfällen, und Verlusten, denen fich die Versicherung jetzt annehmen will, ge- hört der Fahrkartenverlust. Da die Bahnverwaltungen, die Straßen- bahnen usw.-für Monats- oder Jahreskarten bei Verlust keinen Ersatz leisten, derartige Verlustfälle aber fast täglich vorkommen, fo ist dem Archiv für Vcrsicheruiigswissenschast" zufolge die Allgemeine Unfall- Versicherungsgesellschaft in Wien   auf die Idee gekommen, diese neue Versicherung in ihren Tätigkeitsbereich miteinzubeziehen. Die Gesell- schast zahlt nach ihren VersicherungSbedingungen nicht Geld aus, sondern verabfolgt eine Ersatzkarte. Um nicht zur Unachtsamkeit an- zuregen, verfällt die Versicherung jedesmal bei einem Schadenersatz. Eine Bereinigung der städtischen Milchgroßbetriebe Deutschlands  ist in Berlin   gegründet worden. Den Vorsitz übernahmen der Direktor der Molkerei C. Bolle A.°G. und der Direktor der Zentral- mölleret Hannover  . In der osfiziellen GründungSnotiz verweist die Berciniginig auf das Bestreben der Milchgroßbetriebe, die Bevölke- rung mit Milch von einwandfreier Beschaffenheit zu versorgen, sagt aber nichts über ihre wirtschaftlichen Ziele, die doch offenbar der Vereinigung weit mehr am. Herzen liefen als die Sorge für die Konsumenten. Hoffentlich tritt die Bereinigung nicht mit einer neuen Preissteigerung hervor.