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Nr. 32.

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Berliner Volksblaff.

30. Jahrg.

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Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morikplak, Nr. 1983.

Winkelzüge des Zentrums.

Nichts ist lustiger, als die Wirkung unserer Ausführungen über die Stellung des Zentrums zur kommenden Militär­Was diese vorlage in der fleritalen Presse zu verfolgen. geriffenen und bedenkenlosen Zaftifer an gespielter Naivität in diesen Tagen produziert haben, damit können selbst deutsche Liberale ihren politischen Jahreskonsum bequem decken. Da schreibt Herr Julius Bachem im Tag":

"

Freitag, den 7. Februar 1913.

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Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Moritzplatz , Nr. 1984.

die Richtigkeit der Ansicht, daß das Zentrum die un gleichen Alters- und Krankheitserscheinungen leidet, wie zu Beginn geheuerlichen Forderungen Molochs zu be des 19. Jahrhunderts: Blinder Gehorsam, gezüchtet durch eisernen willigen bereit ist, falls es nur gelingt, die Drin, ein peinlich ins einzelne geregelter Dienst, erstarrt in Steuerfreiheit der Besikenden und ins- Formen und Formeln, mangelnde Selbständigkeit und Selbsttätigkeit besondere die der Agrarier auch fernerhin zu der Führer und Soldaten. Ein Statthalter, ein Gouverneur, sichern. Generäle, Oberste verlieren die ihnen sonst geläufigen Begriffe von Raum und Zeit und glauben, der oberste Kriegsherr könne gleich­zeitig im Norden und Süden weilen. Stunden vergehen, bis endlich ein Mann auf die erlösende Idee kommt, einfach bürgerlich das Telephon zu benüßen und in Berlin anzufragen, wo sich der Herrscher aufhalte. Der Gedanke, einen kaiserlichen Befehl auf seine Richtigkeit und

Kaifer und Tarr.

Wilhelm II. hat die Redefreiheit, die er unter Bethmanns Die Militärvorlage ist noch nicht da; man weiß nicht, welche milder Regierung genießt, dazu benugt, an der Ostgrenze des Forderungen fie stellt, und wie sie eventuell finanziell gededt werden soll. Warte man also die Vorlage ab und unterziehe fie Reiches einen belehrenden, geschichtlichen Vortrag zu halten. Aber dann einer gewissenhaften Prüfung. Einer folchen das Wort des Kaisers wird übertönt durch das Gelächter, das der Ausführbarkeit nachzuprüfen, ist dem militärischen Empfinden von wird sich das Zentrum ebenso wenig entziehen wie irgendeine seltsamen Tat eines Narren folgt. Das Leben ist der phantasie- heute etwas ungeheuerliches. Das Heer ist kein Organis andere der nationalen Parteien des Reichstages. Das Zentrum reichste Dichter und der bissigste Satiriker. Während der Fürst mus, sondern ein Mechanismus. Und wenn der Zahl­hat Grund, ausgiebigen Grund zur unzufriedenheit mit der Regierung, aber es wird das Reich und das Land zu Königsberg in romantischer Begeisterung singt und sagt, daß vor meister- Aspirant Walter vielleicht etwas weiter nach Westen gegangen das nicht entgelten laffen. Das verlangt das allgemeine hundert Jahren sein Volt im Kampf für Ehre und Freiheit die wäre und der Garnison von Mülhausen oder Mezz befohlen hätte, Wohl und auch das eigene Interesse des Zentrums verlangt es. brückende Wehrpflicht freudig auf sich genommen habe, läßt ein in Frankreicht einzurüden, fie hätten ohne Zweifel gehorcht, der Von den Führern des Zentrums ist zudem ausdrücklich erklärt Querulant zu Straßburg , vielleicht mit umdämmertem Gehirn, ein Geist des Generals Yord, der auf eigene Verantwortung zu denken worden, daß die Fraktion sich zweifellosen Staats­notwendigkeiten unter feinen Umständen versagen grelles Bliglicht fallen auf die steif- groteste Gestalt, die das und zu handeln wagte, ist mit Erfolg aus dem Offizier­werde." deutsche Volksheer" auf dem Wege von Scharnhorst bis Heeringen forps ausgetrieben worden. Der Weg zur Rettung aus dieser Das soll eine Ableugnung sein und ist doch nur die bekommen hat. ständigen Gefahr ist flar vorgezeichnet. In dem Heer spiegeln bollkommenste Bestätigung dessen, was wir am Sonntag Der Gamaschendienst hatte den Staat des alten Frig bei fich die allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Zustände des hier gesagt hatten. Das Zentrum wird gewissenhaft prüfen", Jena zertrümmert. Der Sieger wurde, wie so oft in Landes; nur die Entfesselung der in den Massen lebenden Kräfte es wird sich zweifellosen Staatsnotwendigkeiten nicht ver- der Geschichte, zum Lehrer. Von den Söhnen der franzö- kann helfen, heute wie vor hundert Jahren, Demokratisierung fagen". gewiß! Nur wird die Prüfung, wenn die fischen Revolution mußte ein Hohenzoller wider Willen von Reich und Armee. Situation sonst dem Zentrum günstig scheint, eben ergeben, daß die Vorlage über das zweifellos Notwendige" weit lernen, daß das Vaterland

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nur verteidigt werden kann, Der alarmierende Walter wollte durch seinen Streich betveisen, hinausgeht und jene Abstriche erfordert, die zur Reichstags- wenn die in der Nation ruhenden Kräfte freigemacht werden. Aber daß er bei gutem Verstande sei. Dieser Beweis ist ihm wohl nicht auflösung führen können. diese königliche Erkenntnis blühte nur furz, wie eine Frühlings- gelungen. Aber er hat bewiesen, daß in der Organisation des Aber noch komischer als diese Unschuldsbeteuerungen find blume. Und heute, bei der historischen Jubelfeier, wird die pein Heeres der richtige Geist und Verstand fehlt, und für diesen die Aeußerungen der Zentrumspresse über das Verhalten der liche Entdeckung gemacht, daß die preußische Armee wieder an den Nachweis schuldet ihm das Volk und Reich Dank. Klerifalen in dem dann folgenden Wahlkampf. Die Frankf. Zeitung" hatte unlängst mitgeteilt, daß ein Zentrumsführer einen unserer Genossen über ein eventuelles Zusammengehen bei den Stichwahlen sondiert hätte. Ein Fastnachtsscherz, ver­fichern die Zentrumszeitungen. Auch Herr Dr. Bachem sagt es, fügt aber listig hinzu:

Der Kampf um die Dardanellen.

Bericht.)

Vor Tschataldscha.

Die Lage der Türkei .

Und warum sollte gerade wegen der Militärvorlage eine Auf der Halbinsel Gallipoli hat am Mittwoch ein Kampf| teilung rückte gegen Myriophito am Marmarameere vor Reichstagsauflösung fommen? Ein Zentrumsmitglied, welches wegen dieser Eventualität mit einer führenden Persönlichkeit der zwischen Türken und Bulgaren stattgefunden, in dem die und besetzte den Ort, der nur von einigen Gendarmen beschützt Sozialdemokratie Fühlung nähme, würde sich, von allem anderen Bulgaren siegreich waren. Die Nachricht ist von, war. Die Korvette 3 ahaf fügte den in der Richtung auf abgesehen, dem Vorwurf der Voreiligkeit ausfegen." großer Bedeutung. Sie beweist, daß die Bulgaren große An- Scharköi vorrückenden feindlichen Streitkräften ernste Verluste und was Herr Bachem als voreilig berwirft, mögen andere die auf 80 000 Mann geschätzt wird, zu überwinden. Gelingt Aber die Boreiligkeit steht ja gar nicht in Frage strengungen machen, um die türkische Armee der Halbinsel, zu. Der Feind konnte über Kamilo hinaus nicht vorrücken. ( Diese Meldung bestätigt im wesentlichen den bulgarischen Zentrumsführer als rechtzeitige Vorsicht beurteilen. Aber wozu diese ganze Bolemit? Zweifelt denn irgend ein politisch dies, so würde die europäische Küste der Dardanellen von Urteilsfähiger daran, daß das Zentrum, wenn es ihm sonst den Bulgaren beherrscht und der griechischen Flotte die Konstantinopel , 5. Februar, abends. Bulgarische vorteilhaft dünkt, ohne das geringste Bedenken mit der Möglichkeit der Einfahrt in das Marmarameer offen stehen. Truppenabteilungen steckten die Ortschaft Izzed­Sozialdemokratie ein Wahlgeschäft eingehen würde? Hat sich Dann tönnte Konstantinopel sowohl von der Landseite als von inköi sowie einige andere in ihrer Gewalt befindliche denn beim Zentrum irgend etwas geändert, seitdem im der Seeseite her unmittelbar bedroht werden. Dörfer an der Tschataldschalinie in Brand Dom von Speyer Vollmar und Ehrhardt mit den Zentrums. Ein siegreiches Fortschreiten der Bulgaren hätte also nicht und zogen dann von der Tschataldschalinie wieder ab. Auf führern über das Landtagswahlbündnis plauderten oder seit nur entscheidende strategische Bedeutung, es wäre auch für die Rekognoszierung ausgesandte türkische Abteilungen fanden Herr Müller- Fulda mit Paul Singer über die Stichwahl- weitere Entwickelung der internationalen Politit vom Feinde keine Spur. Rekognoszierungen türkischer Ab­tattik korrespondierte? Das Zentrum schreckt jetzt ebenso­wenig wie jemals früher davor zurück bei Stichwahlen mit außerordentlich bedeutsam. Würde doch dadurch die Frage teilungen bei Gallipoli stellten die Anwesenheit feindlicher Sozialdemokraten zusammenzugehen. Solche Bedenken über nach dem Schicksal Konstantinopels gestellt werden, deren Streitkräfte in ziemlich bedeutender Stärke im Gelände von läßt es gut und gern den Liberalen. Nein, beim Zentrum Lösung die schwersten internationalen Gegensäge wedken könnte. Gallipoli fest. ist in dieser Hinsicht alles beim alten geblieben und zu Ein offiziöses Telegramm der Kölnischen Zeitung " deutet. fondieren" bleibt ihm bloß, ob auch die Sozialdemo- auch schon in nicht gerade beruhigender Weise bereits die London , 6. Februar.( Privattelegramm des tratie zu solchem Zusammengehen zu haben wäre. Möglichkeiten bon Sonderaktionen einzelner Vorwärts".) Der Daily Telegraph " bringt heute einen Warum also diese Polemit? Nun, das Zentrum liebt es Mächte an. langen unzensurierten Bericht aus Konstantinopel über nicht, seine Starten zu früh aufzudecken und es will sich Als wir am Tage von Kiamils Sturz den Abschluß des Konstanza seines Korrespondenten, Herrn Bartlett, der auf jeden Fall freie Hand bewahren. Die Stellung zur Friedens auf Grund der Uebergabe Adrianopels als eine Be- als guter Kenner der Türkei bekannt ist. Er telegraphiert, Militärvorlage ist für die Klerikalen nicht abhängig von irgend­einer ,, gewissenhaften Prüfung", sondern einzig und allein von bingung für die Sicherung des europäischen Friedens und für daß sich die Masse des türkischen Volkes absolut der Frage der Dedung. Dem Zentrum geht es darum die Rettung der Türkei bezeichneten, wurden wir deshalb gleichgültig verhalte und nur noch mit dem Problem be. und das verrät mit aller wünschenswerten Deutlichkeit ein vom Berliner Tageblatt" angefallen. Heute ist ein Zweifel schäftigt ist, wie sie ihr Leben fristen soll. In Kon­Artikel der Kölnischen Volkszeitung" in der Mittwochausgabe wohl nicht mehr möglich, daß der Friedensschluß damals im stantinopel und Kleinasien herrsche das jede wirkliche Besizsteuer und vor allem Interesse der Türkei nicht minder wie in dem der europäischen äußerste Glend; die Massen seien am Rande die Erbschaftssteuer zu bereiteln. Die Drohung, Sicherheit gelegen hätte. Und selbst Herr Theodor Wolff des Verhungerns. Das Chaos, das in der Regierung eine Reichstagsauflösung provozieren zu wollen, richtet sich an tönnte erkennen, daß die Politik, die er so begeistert befür- herrsche, vermehre sich von Tag zu Tag. Man sei der Ansicht, verschiedene Adressen, an die der Regierung nicht minder als wortet hat, töricht und verderblich gewesen ist. daß die Jungtürfen einen unverzeihlichen an die der Liberalen. Die Regierung soll die Steuer­vorlage nach dem schwarzblauen Dittat gestalten, will sie nicht Fehler begangen hätten, indem sie die Regierung die Ablehnung der Militärvorlage riskieren, und die Sofia , 6. Februar. ( Meldung der Agence Bulgare.) stürzten, ehe si a mil Pascha die Antwort an die Mächte Nationalliberalen sollen sich in der Deckungsvorlage Die türkische Armee vor Gallipoli ist gestern von abgeschickt hatte. Der Putsch sei ursprünglich für einen Zeit­den Schwarzblauen zugefellen, um für das Scheitern der von bulgarischen Truppen südlich vom Flusse Kawak punkt nach der endgültigen Uebergabe Adrianopels geplant thnen geforderten Heeresvermehrung nicht mit berant­wortlich zu sein. Gelingt der Plan, dann hat das geschlagen worden und hat sich, von den Bulgaren ver- gewesen. Aber absichtlich oder aus Irrtum habe der be­folgt, in großer Unordnung auf Bulair zurück- stochene Beamte des Großwesirs die Mitteilung zu früh ge­Zentrum zunächst erreicht, was es wollte alte Startellmehrheit ist da. Mißlingt's, dann ist der gezogen. Durch diesen Erfolg ist fast die ganze Stifte macht. Jeder suche jetzt nach der Formel, nach der Adria­Moment gekommen, es mit dem Appell an das Volk" des Marmarameeres bis Bulair in den Händen nopel aufgegeben und der glorreiche 23. Januar ge­der bulgarischen Truppen. zu versuchen zur Wiederherstellung der alten blauschwarzen Majorität. Daß die Sozialdemokratie diese Absichten so frühzeitig Konstantinopel , 6. Februar. Amtlich wird über durchschaut und aufgedeckt hat, ist den Zentrumsleuten offenbar die Kämpfe vom 4. Februar gemeldet: Der Feind, der mit unangenehm. Die Köln . Voltsztg." erreicht in ihrem Aerger einem Teil seiner Streitkräfte im Gelände von Gallipoli steht, nun auch den Gipfel der Komik, indem sie ein krampfhaftes hat mehrere Regimenter von Kadiköi gegen Kawat, wo eine " Haltet den Dieb" ausstößt und just uns als diejenigen türkische Abteilung stand, vorgeschoben. Es kam zu einem denunziert, die der Militärvorlage den Weg ebnen". Kampf, der bis zum Abend dauerte und zu unseren Gunsten Vor solcher Leistung allerhand Achtung! Und wie geendet hat. Mit dem Einbruch der Nacht zogen sich bahnen vir diesen Weg? Num, indem mir die unsere Truppen gemäß den bereits vorher gegebenen Dedung durchfindirekte Steuern vereiteln wollen. Damit beweist Befehlen auf Bulair zurüd, zum großen Teil, ohne aber die Koln. Boltszeitung" nur noch einmal unwiderleglich daß fie der Feind verfolgen konnte. Eine andere feindliche Ab­

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und die

Sieg der Bulgaren auf Gallipoli .

Der türkische Bericht.

rechtfertigt werden könne. Die Türkei treibe schnell dem Ruin und Bankrott zu. In der Staatskasse befinde sich kein Stüber und das Ministerium zerbreche sich den Kopf darüber, wie Geld aufzubringen sei. Jede Stunde komme man mit neuen Plänen. In der Versammlung, die am Sonntag in Konstantinopel gegen die Fort. segung des Krieges protestierte, und von Aerzten, Soldaten und anderen Beamten besucht war, habe man die Jungtürken Diebe, Mörder und Idioten genannt. Selbst Mahmud Schewket, der auf dem Balkon erscheinen mußte, sei mit Schimpfworten empfangen worden. Vom