städtischen Haus- und Grundbesitzervcrcins, Justizrat Dr.Baumert, nahm diesen Ausbruch des Ingrimms der kochendenRichterseele in seiner Kritik des Wohnungsgesetzentwurfsauf und kritisierte in gleicher Weise die Abortsvorschrift. Ernannte sie eine,'einem Vermögensraub gleichende Vor-schrift". Gründe der Reinlichkeit oder der Ansteckungsgefahrkönnten für diese Vorschrift nicht maßgebend sein, auch nichtdie Befürchtung, daß durch Benutzung eines gemeinsamenAborts Unfrieden entstehe. Das gemeinsame Klosett wirkegeradezu als ein Erziehungsmittel zur Friedfertigkeit. Erschrieb:„Sollte nicht gerade eine gemeinsame Benutzung erzieherischauf die Friedfertigkeit Wirten? Denn wenn eine Familie drei-mal wegen Unfriedens gezogen ist, sollte sie dann nicht viel fried-fertiger werden?"Der jetzige Wohnungsgesetzentwurf hat vor diesenGründen kapituliert. Die Motive erkennen freilich an, daßdas Interesse der Bekämpfung typhöser Krankheiten der ge-meinschaftlichcn Benutzung von Aborten entgegenstehen.Bescheiden begnügt er sich aber mit dem Vorschlag, daß einedurch Polizeiverordnung zu erlassende Wohnungsordnungdie Zahl und Beschaffenheit der erforderlichen Aborte vor-schreiben kann.Mindestvorschriften über die Beschaffenheit und Be-Nutzung der' Wohnungen sind erforderlich. Das hat ja ain22. Mai vergangenen Jahres der Reichstag einstimmig an-erkannt. Freilich haben ja die Konservativen, wie jüngstGraf v. Westarp im Reichstage erklärte, damals nicht diezur Erkenntnis ihrer Abstimmung erforderliche Einsicht ge-habt. Möglich, daß sie auch jetzt wieder auf dem Standpunktstehen, ein gemeinsames Klosett, zum mindesten ein polizeilichgeduldetes, erziehe zur Friedfertigkeit, ja die Staats- undGesellschaftsordnung werde untergraben, wenn den dringend-sten sanitären Forderungen durch gesetzliche MußvorschriftenNachdruck verliehen wird. Gras von Westarp meinte, er undseine Freunde seien lernbegierig. Vielleicht verwenden siemal die Zeit, die sie stiller Zurückgezogenheit widmen, zumNachdenken über die Frage, ob der sich nicht gegen seinenNächsten arg versündigt, der selbst gesetzliche Mindestforde-rungen für Wohnungen so wie sie hintertreibt.Der preußische Handclsminister und die Krankenkassenangestellten.Der Verband der Bureauangestcllten hatte, da die Behördenvielfach in rigoroser Weise die Schließung selbst größerer Orts-krankcnkassen betreiben, wegen des Schicksals der dadurch existenz-los werdenden Kassenangestellten beim preußischen HandelsministerVorstellungen erhoben. Das Resullat ist folgender vom 18. Januar1913 datierter und jetzt veröffentlicher Erlaß des Ministers andie Regierungspräsidenten:„Nach§ 399 RVO. in Verbindung mit Artikel 32 Einführungs-gesetz zur RVO. endigt das Vertragsverhältnis zwischen denKrankenkassen und den Angestellten spätestens 12 Monate nachMitteilung des Beschlusses des Obcrversicherungsamtes über dieAuflösung oder Schließung einer Krankenlasse, frühestens imAugenblick der Schließung oder Auflösung. Da infolge der Er-richtung allgemeiner Ortskrankenkassen und Landkrankenkassenzahlreiche Krankenlassen sich auflösen werden oder geschlossenwerden müssen, so ist in den Kreisen der Kassenangestellten dieBefürchtung laut geworden, daß bei dieser Gelegenheit zahlreicheAngestellte brotlos werden könnten, weil im Gegensatz zu Z 290RVO. die neue Kasse eine Verpflichtung zur Uebernahme derBeamten nicht habe.Im Hinblick auf die Vorschrift des Artikels 32 a. a. O., wonachdie Versicherungsträger geeignete Angestellte, die infolge der Neu-ordnung bei einer Krankenkasse entbehrlich werden, bei Annahmevon Hilfskräften möglichst berücksichtigen sollen, ist diese Befürch-ching zwar nicht begründet, immerhin wollen Sie die VersicherungS-ömter auf diese Vorschrift aufmerksam machen und anweisen, ingeeigneter Form auf die demnächst zu wählenden Vorstände derneuen Krankcnkassen einzuwirken, daß sie Beamte, die für dieVerwendung bei der neuen Kassenverwaltung in jeder Beziehunggeeignet erscheinen, weiter verwenden. Insbesondere würde esnicht der Billigkeit entsprechen, wenn bei dieser Gelegenheit alteverdiente Beamte ausgeschlossen würden in dem Bestreben, durchEinstellung junger Arbeitskräfte die VerwaltungSlosten zu ermäßigen."_Hiid der frauenbewegung.Sie versagen völlig.In der„Wiener Arbeiter-Zeitung", dem Organ der öfter-reichischen Genossen, berichtet ein Arzt über den Wert der Aus-bildung von„Damen" für den freiwilligen Samariterdienst. Nacheiner Skizzierung der Tätigkeit dieser Damen, die oft die Kranken-pflege nur als angenehmen Zeitvertreib, als eine Art Sport be-trachten, heißt es in dem Bericht:Und so bildet denn die Gesellschaft vom Roten Kreuz allediese hilfsbereiten Damen, deren Namen sogar in manchen TageS-zestungen veröffentlicht werden, aus für den„Ernstfall", den Krieg,den jede von ihnen mit angenehmem Gruseln fast herbeisebnt, denndann werden sie zu all der hübschen Spielerei auch noch Ruhmund Ehren ernten. Man wird sie rufen, wird sie brauchen, siewerden zeigen, was sie gelernt haben, und das Vaterland wird ihnengerührt danken.Aber der„Ernstfall" war da; Scharen von Samariterinnenhaben sich zur Zeit des blutigen, menschenmordenden Balkankricgesin den Feldspitälern eingefunden und hätten die Feuerprobe bestehensollen. Sie haben sie nicht bestanden. Darüber sind sich alle unsereChirurgen einig, die jetzt über ihre Erfahrungen auf dem Kriegs.schanplatz berichten.Prof. A. Fraenkel und auch Prof. Clairmont, PrimariusDr. v. Frisch und alle anderen, die hier in Friedenszeiten„Samariterinnen" heranbilden, können vom bulgarischen Kriegs-schauplatz nur traurige Dinge über die Leistungen der edlen Helfe-rinnen melden. Nicht nur an Geschicklichkeit und AuS-bildung fehlte es, nein— was viel schlimmer ist—.auchan Dienstbereitschaft. Disziplin und Gehorsam.Zu groben Verrichtungen wollte sich keine der Damen bequemen,die mußten die mit Arbeit überbürdeten Aerzte selber besorgen; denAnordnungen der Chirurgen wollte auch keine folgen. Wer durfteeS wagen, ihr in barschem Tone etwas zu befehlen?So übel ging es bei der Krankenpflege zu. daß. als beimAbschied einer der österreichischen Chirurgen der Königin von Bulgarieneiniges über diese Uebelstände anzudeuten wagte, sie, die Organi-satorin der Pflege der Verwundeten, erwiderte:„Ich weiß eS, dieDamen gehören nicht in die Spitälerl'Es ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, daß dieses völlige Ver-sagen der bulgarischen Samariterinnen nicht deren nationalenEigentümlichkeiten zuzuschreiben ist, sondern einzig und allein demUmstand, daß sich„Damen" eben nicht plötzlich in ernsthafte, brauch-bare Menschen verwandeln können. Und wenn Proseffor Clairmontdas jämmerliche Benehmen der bulgarischen Samariterinnenwuchtig als das Debacle— die beschämende Niederlage— der Fraubezeichnet, so wäre vielleicht der Ausdruck Frau beffer durch„Dame"zu ersetzen.Die„Dame" gehört in den Salon, auf den Rennplatz, insTheater, überallhin, wo dem Ernst des Lebens geflissentlich aus demWege gegangen wird. Dorthin aber, wo ernste Arbeit und Einsatzder ganzen Persönlichkeit gefordert werden, gehören ernsthafteBerufsmenschen, einerlei, welchem Geschlecht sie angehören.Darum fort aus unseren Spitälern mit den tändelnden, sen-sationslüsternen Gräfinnen, Baroninnen und gelangweilten Welt«damen, fort mit den Kursen des Roten Kreuzes und all demGeplänkel und der Wichtigtuerei, für die der Ort, auf dem sie sichabspielen, denn doch zu ernst ist! Aufgabe des Staates ist es viel-mehr, sich die Heranbildung einer möglichst großen Zahl tüchtigerBerufspflegerinnen angelegen sein zu lassen, die bei drohenderKriegsgefahr eine Ergänzung ihrer Kenntnisie für. den Felddienstin kurzen sachlichen Kursen sich leicht und rasch erwerben könnten.Andere als diplomierte, im Beruf stehende Pflegerinnen sollten zurPflege der im Kriege Verwundeten überhaupt nicht zugelassenwerden; denn eS handelt sich hier um Leben und Gesundheit vonMenschen, um schaurige und folgenschwere Situationen, deren Ernstnur der erfassen lann, der den Ernst des Lebens schon kennen ge-lernt hat._Versammlungen— Veranstaltungen.Neber„Probleme der Prostitution" spricht im Bund für Mutter-schütz am Mittwoch, den 19. Februar, 8 Uhr, Dr. med. IwanBloch im Architektenhause, Wilhelmstr. 92. Karten a 3, 2 u. 1 M.bei A. Wertheim und an der Abendlaffe.Hus aller Gleit.Das große JVHßverrtändms.Eine in ihren Folgen ganz unabsehbare Gefahr ist durch dieStaatSmännigkeit des Chefredakteurs der„Deutschen Tageszeitung"glücklich verhütet worden. Es hätte nämlich nicht viel gefehlt, daßdie umfangreiche Person des Herrn Dr. O e r t e l in einem Duellden Kugeln des Herrn v. B e t h m a n n H o l l w e g und desHerrn Dr. Delbrück als Zielobjekt gedient hätte. Und esmuß gesagt werden, daß daS ein Ehrenhandel mit u n-gleichen Waffen gewesen wäre. Man braucht nur einmal imGeiste unseren Reichskanzler und Dr. O e r t e l nebeneinanderzu stellen, dann wird man erkennen, daß Dr. Oertel bei einemPistolenduell mit Bethmann immer der Leidtragende sein wird. ESwäre ja vielleicht möglich gewesen, ausgleichend einzugreifen, indemman mit Kreide den Körperumfang des Reichskanzlers auf demLeibe des Herrn Dr. Oertel markiert hätte, aber das wäre nurein höchst unsicherer Notbehelf geblieben. Daher ist es recht er-freulich. daß dank der politischen Einsicht des Herrn Dr. Oertelder Konflikt glücklich beigelegt worden ist.Nach dem Ehrenkodex der bürgerlichen Klassen hatte HerrDr. Oertel seinen beiden ministeriellen Gegnern eine nur mit Blutabzuwaschende Schmach angetan. In das Fell des Löwen gehüllt,rief er ihnen in der NeichStagSsitzung vom 16. Januar zu:„Aber ich kann das eine nicht verhehlen: meine politischenFreunde und ich haben diese Ausführungen deshalb besonders be-dauert, weil sie uns leider den unverwischbaren Ein-druck machen, daß der Herr Staatssekretär und der HerrReichskanzler, den er mit angeführt hat. in dem unvermeid-lichen Kampfe gegen die Sozialdemokratte nicht das Mark,den Mut und die Entschlossenheit zeigen werden,die dringend notwendig ist."Das verschnupfte natürlich die beteiligten Minister nicht wenig;in der Sitzung am Sonnabend erhielten sie aber glänzende Genug-tuung. Inzwischen hat der vermeintliche Löwe das Fell, mit demer die Herren schreckte, abgelegt und de- und wehmütig er-klärte er: ich bin ja gar kein Löwe, sondern nur der mitder Kognakmarke geeichte Dr. Ernst Georg Julius Oertel. beidem man's nicht so genau nehmen muß. Die schallende Heiterkeit,die seiner Erklärung folgte, belehrte ihn denn auch, daß man ihnwirklich nicht so ernst nimmt.ES war also wieder einmal daS große Mißverständnis, demdiesmal Dr. Oertel zum Opfer fiel. Alles ist wieder gut; beimnächsten Reichskanzleressen wird auch Dr. Oertel mit unbeschädigtemKörperumfange zugegen sein._Hei lewet noch!In seiner Rede zum RcichSjustizamt am Sonnabend wiesGenosse Cohn auch auf die unerhörte Verschleppung desEulenburgprozesse'S hin. Herr Phili steht unter demdringenden Verdacht des Meineides und damit vor der wenig an-genehmen Aussicht, auf seine alten Tage noch ins Zuchthaus wandernzu müssen. Aber der Glückliche findet eine milde Justiz. Als obsich bei ihm und für ihn alle die christliche Milde konzentrierte, aufdie die preußische Justiz bei Urteilen gegen streikende Arbeiter undbeim Strafvollzug gegen stillende Mütter mit altrömischer Strengeverzichtet.Genosse Cohn fragte unter allgemeiner Aufmerksamkeit desHauses, ob Herr Eulenburg, der angeblich gesundheitlich so schwachist. daß er den Gefahren eines Strafprozesses nicht ausgesetztwerden darf, vielleicht zum Kapitel des Schwarzen Adlerordens in'Berlin geweilt habe. Genosse Cohn behauptete ferner, daß Eulen-bürg gesund genug sei. um die Funktionen eines AmtsvorsteherSvon Liebenberg und damit auch die der Sittenpolizei auszuüben.Der Staatssekretär des Reichsjustizamts ließ schnellstens Er-kundigungen darüber einziehen, ob Eulenburg als Amtsvorstehertätig ist. Wie ihm berichtet wurde, ist dies nicht der Fall, lieberdie Beteiligung EulenburgS am Kapitel des Schwarzen AdlerordenSsagte Herr LiSco dagegen nichts. Wie steht'S damit? Die Oeffent-lichkeit hat ein lebhaftes Interesse daran, zu erfahren, wieweit derAngeklagte Eulenburg wieder hergestellt ist, um der unparteiischenJustiz endlich Gelegenheit zu geben, ohne Ansehen der Person einunparteiisches Urteil zu fällen.—Verheerungen durch einen Orkan in Großbritannien.Ein furchtbarer Orkan wütete in der Nacht zum Sonnabend inNordengland. Irland und Wales. In Renton bei Dumbarton tratder Leven über seine Ufer und setzte eine Anzahl von Fabrikenunter Wasser. Mehrere hundert Arbeiter find infolgedessen ge-zwungen zu feiern. Die großen Werke von Armstrong undWhitworth bei Rewcastle sind beschädigt worden. Auch in Northund South ShieldS wurde großer Schaden angerichtet; auf demTyne haben Schiffszusammenstöße stattgefunden. Der telegraphischeBerkehr ist in einem großen Teile des Landes gestört.Fliegerleben.Dieser Tage ist der bekannte Flieger WienczierS wegenMeineids und betrügerischen Bankrotts zu 2'� Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Prozeß entrollte ein seit-sames Bild aus dem Fliegerleben.Wicnczicrs, in seinem früheren Berufe Rennfahrer, war einerder ersten deutschen Flieger, die im Jnlande von sich reden machtenund auch im Ausüinde erfolgreich Fliegerwetlbewerbe bestritten.Als Antoinette-Flioger umkreiste er zuerst das StraßburgerMünster, und in Berlin stellte er 1910 auf einem Bleriotapparatden lange Zeit unbestrittenen deutschen Höhenrekord von 1560Metern auf. Auch auf dem großen deutschen Rundflug legteWienczierS mehrere Etappen zurück. Er war ein Flieger vonKlasse, einer der schneidigsten Pioniere des deutschen Flugsports.Daneben machte er freilich auch durch sein Gigerltum von sichreden. Daß sein Name dann von der Liste der sich hervorragendbetätigenden Flieger verschwand, erregte bei den Beobachtern derneuen Flugkunst Erstaunen. Die Prozeßverhandlungen ergabenjedoch die Erklärung. Wiencziers war mit seinen Arbeitgebern,den Flugfirmen, in dauernde Differenzen geralen. Nach seinerDarstellung, die wohl nicht ganz unbegründet ist, deshalb, weil dieFlugzeugfirmen ihn als eine Art Versuchskarnickel betrach-teten, und ihn durch einen Kontrakt, den er unbedacht unter-schrieben, zwingen wollten, ausschließlich Apparate zu fliegen, beidenen er in noch höherem Grade sein Leben riskierte, alsdas ohnehin beim Flugsport üblich. So wurde er kontraktbrüchigund ging in den Dienst anderer Firmen über.Sein letzter Chef, der Geldgeber einer Leipziger Flugzeug-fabrik, ein mammongewaltiger Kommcrzienrat, hatte nun einjunges lebenslustiges Töchterchen, mit dem WienczierS anbändelte.Der Vater Kommerzienrat soll nach der Behauptung des Ange-klagten darin nichts Anstößiges gesehen, im Gegenteil die aufHeirat abzielende Liebelei anfangs begünstigt haben. Dann aberkam es zum Krach zwischen dem fliegenden Glücksritter und demBater Kommerzienrat, so daß Wiencziers seinen Goldfisch kurz ent-schlössen nach London entführte und dort heiratete. Der überrum-pelte Schwiegerpapa gab diesmal programmwidrig nicht seinenSegen, sondern übernahm im Gegenteil die Kontraventions-forderung einer gegen Wiencziers klagenden Firma, die sich ausgeradezu fabelhafte Summen belief. Gute Freunde von Flieger-»kollegen und Möchtegern-Schwiegersöhnen des Kommerzienratsscheinen dabei auch ihre Rolle gespielt zu haben. Wiencziers aber,der dem Wetter nicht traute, hatte vorher schleunigst seine Flieger--gewinstc einer alten„Freundin" verschrieben, die den jugend-lichen Sportsmann in früheren Zeiten der Dürftigkeit trotz ihrermütterlichen Reife mit ihrer Gunst beglückt und mit ihren Erspar-nissen jahrelang über Wasser gehalten hatte.Wiencziers behauptete, daß diese alte Freundin allen Anspruchauf derartige Sicherstellung ihrer durchaus reellen Forderungengehabt habe. Aber der unerbittliche Vater seiner in London an-getrauten Frau präsentierte dem Gericht Briefe Wiencziers anseine-damalige Braut, aus denen hervorging, daß der Angeklagtesich gegen die gerichtlichen Ansprüche seiner Gläubiger— alsoletzten Endes des unversöhnlichen Herrn Schwiegerpapas— imInteresse oer beabsichtigten Eheschließung sicher-stellen wollte. Das brach dem kühnen Eroberer der Luft und wenigspröder Frauengunst das Genick. Trotzdem der Angeklagte gar be-wcglich seine Verdienste um die inzwischen ja so„national" ge-wordene Fliegerei schilderte und unter heißen Tränen daran er»innerte, daß er doch dereinst als mooerner Ikarus auch Klein-PariSauf gebrechlichem Flugzeug— dem Tode kühn ins Auge schauend— überflogen habe, verurteilte ihn das Schwurgericht zu 2�. JahrenGefängnis. Die mit dem Leben spielende Bravour des Abenteurersfand keine Gnade vor den Augen des Gerichtshofes, der das bürger-liche Eigentum selbst in der dubiosen Form der flugkapitalistischenSpekulationswut rücksichtslos beschirmen zu müssen glaubte.Das Opfer selbst kann einem leid tun. Schwer mag es demgefeierten Helden von gestern ankommen, morgen als der gemeineVerbrecher statt des romantischen Flugdreß den plumpen Straf-lingskittel zu tragen. Wer weiß, wie ihm das Los gefallen wäre,wenn stürmische Zeiten der pedantischen Justitia den Arm gelähmthätten! Ist doch gar mancher gefeierte Held der Kriegsgeschichteaus keinem besseren Ton geknetet gewesen. Unsere kapitalistischeMoral trägt eben einen Januskopf!Festnahme eines Millionenschwindlers.Die Pariser Polizei verhastete am Freitag einen ganz außer«gewöhnlichen Abenteurer, dessen Lebenslauf den kühnsten Roman inden Schatten stellt. Es handelt sich um den öOjährigen Ex- MönchHenriot Bounoust, der unter der Maske eines Missionars,eines Bischofs, eines PatriarchS von Jerusalem, einesWanderpredigers der evangelischen Kirche und Hunderter andererTitel jahrelang ungestraft die größten Schwindeleien begehenkonnte. Er wanderte ietzt auf die Anzeige einer FrauI o s s e r a n d in daS Gefängnis, die er um die Kleinigkeit vondrei Millionen Franks geschädigt hat. ES war Bounoustvor mehreren Jahren gelungen, das Vertrauen des BaterS der FrauJosterand zu erringen, so daß derselbe sich sogar betören ließ, ihmdie Vormundschaft über die damals noch unmündige Frau Josserandzu übertragen und ihn gleichzeitig zum Verwalter des über zehnMillionen Frank betragenden Vermögens einsetzte. Nach dem imJahre 1909 erfolgten Ableben des Herrn Josserand verwaltete nunBounoust daS Vermögen so gut, daß beute beinahe dreiMillionen Frank von dem ihm anvertrautenGelde fehlen. Auch sonst hat der Verhaftete, wie schon ein-gangS erwähnt, jahrelang von Schwindeleien gelebt, deren Umfangvorläufig noch gar nicht zu übersehen ist.Der Germersheimer Alarm.Der„Franks. Ztg." wird geschrieben: Die StraßburgerAschermittwochsparade erinnert an ein ähnliches Stücklein, da» sichim Jahre. 1870 während der Mobilmachung in GermerSheimereignete. Für diese Festung hatte ein Speyerer Bürger KönigDrahthindernisse zu tiefem, auf deren Absendung man in Germers-heim sehr drängte. Eine telegraphische Anfrage über den Verbleibder Lieferung wurde vom Bahnhofkommandanten in Speyer be-antwortet,„König selbst trifft mit nächstemguge ein".Infolge eines Mißverständnisses gelangte diese Depesche aber nichtan den Jngenieurosfizier, sondern direkt an den FestungSkom-Mandanten, der mit einem Stabe von Offizieren schleunigst sichin Gala st e ck t e, um den Landesherrn am Bahnhof zu empfangen.Der biedere Speyerer Bürger war noch lange stolz über seinen da-maligen Empfang in GermerSheim.Kleine Notizen.Vermißte Wintersportler. Bier Münchener Skifahrer, die eineSkifahrt nach KarwendelhauS unternommen hatten, werden seitDienstag abend vermißt. Rettungsexpeditionen sind bereits ab-gegarten. �ie 21jährige Tochter des Gärtners Dettmannin Cronsforde wurde heute morgen etwa 20 Meter von der Crons-'order Chaussee tot aufgefunden. DaS Mädchen war vorgestem inLübeck und ist von dort zu Fuß nach Hause gegangen. Unterwegswurde eS von einem Mann angefallen und mit einem Knüppelerschlagen. Der Täter ist noch nicht ermitteltSchweres Grubenunglück. In der Llohlengrube Rufford beiMansfield sGrafschaft Nottingham) stürzte infolge Bruchs einer Ketteein mit 800 Gallonen Wasser gefüllter Behälter aus einer Höhe von150 Meter in einen Schacht herab und tötete dreizehn dortarbeitende Bergleute.BootSunfälle. Ein Torpedoboot stieß Freitagabend auf derReede von Brest mit einem Fischereiboot zusammen, das ohneLichter fuhr. Die Barke sank sofort. Bon der Besatzung konnte nurein Mann gerettet werden.— AuS Liverpool wird gemeldet.daß bei einem Sturm am Freitagabend auf dem Mersch ein derHafenverwaltting gehörendes Boot kenterte. Ein Mami wurde ge»rettet, zehn Personen dürften umgekommen sein.,_ �Brückcncmsturz. Wie aus Ronen gemeldet wird, stieß Freitagabend ein Frachtkahn gegen den Pfeiler der die Ortschaften St. Pierreund Andrs verbindenden Seinebrücke, die zum größten Teil ein»stürzte. Ob dab«i Möschen umgekommen sind, ist noch nicht fest»gestellt.