Einnahme des Bardanjolt geführ! wurden, belaufe» sichdie Verluste der Montenegriner auf etwa 2500 Tote und Ver-wnndcte, auf feiten der Türken sind etwa 4000 Man» gefallen,die auf dem Schlachtfelde liegen. Auf dem T a r a b o s chuud bei B r d i tz a wütet der Kampf seit drei Tagen. Obwohl. die Truppen gegen Befestigungen zu känipfen haben, die mitstarken Drahtzäunen umgeben sind, rücken sie doch schrittweisemit Erfolg vor. Mehrere Verschanzungen sind genommen;-die beidevseÜtigen Verluste sind sehr lemp-1'indlich, doch sind die genauen Verlustziffern mit Rücksichtdtirauf. daß die erbitterten Kämpfe noch fortdauern, nochnicht festgestellt worden.€rlvcken der Ciirhei um Vermittelung,Paris, 10. Februar. Aus London wird dem„Tcmps" bestätigt, daß der türkische Botschafter SirEdward Grey gebeten habe, eine Initiative zu-gunsten des Friedens herbeizuführe». Auf die Er-klärung Greys, daß er hierzu bereit sei, falls die Türkei einamtliches Ansucht« stelle, antwortete der türkische Bot-schafter, er sei nicht angewiesen, ein förmliches Ansuchen aus-zusprechen, sondern lediglich eine Initiative bei den Mächtenanzuregeu, deren Sache es sein würde, diese Juitiative zu er-greifen oder nicht. Grey bemerkte, daß unter diesen Um-ständen ein genauer gefaßtes türkisches Au-s u ch e n notwendig sei.Tie Auffassung in Konstantinopel.Konstantinopcl, 10. Februar. Die Annahme einiger'Morgenblätter, daß die- Entsendung des ehemaligen Groß-wesirs Hakkt Pascha nach London die unmittelbareWiedereröffnung der Friedensverhandlungen bedeutet, eilt denMöglichkeiten voraus, die sich an diese Entsendung knüpfenkönnen. Die Pforte scheint jetzt jedenfalls entschlossen zu sein,direkte Verhandlungen mit den Balkanstaaten nicht mehr zuführen, da sie von der Aussichtslosigkeit dieser Bemühungenfest überzeugt ist. Vielleicht dient der Aufenthalt HakkiPaschas in London der dortigen Botschafterversamnilung alswichtiger informatorischer Behelf. Der frühere Großwesir,der wohl bald wieder zu einer aktiven Rolle berufen werdenwird, ist über die Absichten der Pforte auf das genauesteunterrichtet. Der offiziöse„Tan in" schreibt: Was die Möglichkeit betrifft, zur gleichen Zeit Krieg zu führen und z» verhandeln. so weisen wir diese nicht zurück. Allgemeinherrscht aber hier die Meinung vor, daß die Pforte nur durchB e r m i t t e l u n g der Großmächte um den Friedenverhandeln könnte.Die Haltung der Mächte,Die„Nordd. Allg. Zeit." schreibt:Der von allen Mächten gehegte Wunsch, die Wiederauf-nähme der Feindseligkeiten in Thrazien vermiedenzu sehen, hat sich nicht verwirklichen lassen. Unerschüttertaber ist das Veihhältnis der Mächte unteres n-ander geblieben. Mach wie vor geht ihr Bestreben auf m ö g-kichste Beschränkung und Abkürzung der kriegerischenEreignisse, auf zweckdienliche Mitarbeit an einem baldi-gen Friedensschluß und auf gemeinsame Lösung dersie dabei interessierenden Fragen, die von der Versammlung derBotschafter in London vorbereitet wird. Zur Erreichung dieser�'Ziele bleiben die Mächte solidarisch in der Be-wahr u u g ihrer Neutralität und des europäischenEinvernehmens.�■'- Maffenvetchastungen in Konstantinopcl.itonstantinopel, 9. Februar. Die Polizei hat neun b u l g a-rische Staatsangehörige ausgewiesen. Außerdem ver-haftete sie etwa zweihundert Bulgaren aus Maze-dornen, von denen vierzig nach Anatolien geschickt wurden. Dasbulgarische Exarchat ist wegen deren Freilassung eingeschritten.Ausweisung eines französischen Korrespondenten.Koustantinopel, 9. Februar. Die Pforte beschloß, den K o r r e-spondenten des„M a t i u" C u i n et wegen seiner falschenund tendenziösen Berichte, namentlich über angebliche Streitigkeitenunter den türkischen Truppen bei Tschataldscha, auszuweisen.nochmals die Klaffeniiiftiz.„Da die böse Sozialdemokratie nun einmal nicht mehrin der Zivangsjacke eines drakonischen Ausnahmerechts steckt,muß das gemeine Recht die erforderlichen Handhaben der ge-lvünschten Fesselung darbieten. Und da das gemeine Straf-recht mit seinen Normen nun einmal nicht darauf zu--geschnitten ist, speziell gegen die Sozialdemokratie Waffenherzugeben, niuß man diese Normen fein sauber-l'i ch durch j uri sti s ch es Dehnen und Pressen fürden Zweck zurechtrenken. Noch haben wir, die Vertreterheutiger Staats- und Gesellschaftsordnung, die richterliche Gewaltin Händen: mache n mir davon rücksichtslos Gebrauch gegen die Todfeinde unseres Staates und unserer' Gesellschaft, ehe die soziale Revolution uns ans Messerliefert I So etwa denken die bewußtesten undehrlichsten Köpfe deutschen Richter st an des,denen die übrigen hongr6 roalgrd nachgiebig folgen."Dieses außerordentlich bezeichnende Wort hat GenosseL a u d s b e r g am Montag in seiner Rede zum Reichsjustizamtim Reichstage der unverdienten Vergessenheit entrissenUnd wieder einmal der Oeffentlichkeit und zugleich den Aktendes Reichstages überführt. Das Wort stammt aus demMunde eines der geschicktesten bürgerlichen Juristen, des in-zwischen verstorbenen Reichsgerichtsrats Mittelstaedt, der eSim Jahre 1898 der Hardenschen„Zukunft" anvertraute.Mittelstaedt selbst ist klug und kritisch genug, sich mit dieserAuffassung nicht zu identifizieren. Er kennzeichnet sie vielmehrals die Auffassung aller„stark gouvernemental gerichtetenGemüter heutigen deutschen Richterstandes" und gibt zu, daßderartige Strömungen deutscher Justiz die Stellung der Ge-ichte. den Glauben an ihre Unparteilichkeit zerstören, daß vorällenk der politische Gewinn, den die Strafjustiz auf diesemWege einzuheimsen vermeint, ein völlig wertloser ist."Damit ist das Vorhandensein einer Klassenjustiz ärgsterArt, das die bürgerlichen Redner zum Justizetat immer wiedermit dem vollen Brustton edler Entrüstung bestreiten, offen undehrlich zugestanden, und zwar von einem, der ganz genauBescheid weiß, und der seine Pappenheimer kennt. Denn dieSozialdemokratie ist nicht eine zufällig zusammengelaufeneGesellschaft zufällig übereinstimmender Politiker. sondernsie ist der politische Ausdruck der unterdrückten Arbeiter-klaff«, der alle anderen Parteien bei aller sonstigenVerschiedenartigkeit als die Vertreter der herrschenden bürger-lichen Klassen geschlossen gegenüberstehen. Die Urteilegegen die Sozialdemokratie qualifizieren sich damit ohneweiteres als Urteile der Klassenjustiz.Auöb Genosse Landsberg hat heute wieder bereitwilligzugestanden, daß es sich dabei nicht um eine persönlich ge-wollte und bewußte Rechtsbeugung handelt; er hat zu-gegeben, daß er in seiner langen Tätigkeit als Rechtsanwaltden guten Willen der Richter zur Gerechtigkeit fast niemals zubezweifeln Anlaß gehabt habe. Aber er hat doch auch, ge-stützt sowohl auf zuverlässiges Material als auch auf schlüssigeDeduktionen, denen das Haus mit großem Interesse zuhörte,den überzeugenden Beweis geführt, daß die Richter ungewolltund unbewußt ihren Klassenanschauungen und ihren Klassen-Vorurteilen zum Opfer fallen, leider immer zum schweren.verbitternden und aufreizenden Nachteil für die Arbeiter.In einer ähnlich unerfreulichen Lage wie die Arbester imallgemeinen befinden sich heute, wenn auch nur aus reinpolittschen Gründen, noch vielfach die Polen in Preußen.Deren Redner, der Rechtsanwalt Trampczynski. ver-mochte deshalb auch aus dem Vollen zu schöpfen, als er dieParteilichkeit der preußischen Justiz polnischen Angeklagten undpolnischen Rechtheischenden gegenüber geißelte.Der Fortschrittler Ablaß wandte sich gegen die Be-strebungen, zum Zwecke der Bekämpfung von Schmutz undSchund in Literatur und Kunst Gesetze zu machen, durch die dieRichter zur Entscheidung über ethische und ästhettsche Streitfragenberufen würden. Er wies ferner auf die interessante Tat-fache hin, daß der.Bund der Landwirte, ein politischer Verein,ins Vereinsregister eingetragen sei. Der StaatssekretärLisco redete sich damals heraus, daß die Justiz dafür nichtverantwortlich gemacht werden könne, da die zuständigeVerwaltungsbehörde keinen Einspruch gegen die Eintragungerhoben habe. Ein bequemer Standpuntt, der im Fort-gange der Debatte wohl noch kräftig angefochten werden wird.Zw Vohmiligsttage.Wie oft hat der Reichstag bereits die Wohnungsfrage erörtert!Wie viele Vorschläge zur„Lösung" der Wohnungsfrage haben diebürgerlichen Sozialpolitiker bereits gemacht!Auch unsere Partei hat es seit jeher nicht an Anregungen zurVerbesserung der Wohnungsverhältnisse und an der Förderungaller Bestrebungen fehlen lassen, die auf dieses Ziel gerichtet sind.Das hat unsere Partei getan, obgleich sie nicht im Zweifel darüberwar und ist, daß die Wohnungsfrage in Wahrheit nicht so„gelöst"werden stann, wie es die bürgerlichen Sozialpolitiker darstellen.Die Wohnungsfrage hat eine zwiefache Bedeutung: Sie heischtauf der einen Seite Matznahmen, die den Grund- und Boden-Wucher einschränken und den Bau preiswerter Häuser mit gutenWohnungen für die große Masse de» arbeitenden Volkes möglichsterleichtern. Die Wohnungsfrage ist aber auch ein Teil der Lohn-frage, und hier heißt es, den Einfluß der Arbeiter und ihrer Ver-bände auf die Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse immermehr zu verstärken, um die Löhne zu erhöhen und es dadurch denArbeitern zu ermöglichen, die Miete für gute Wohnungen zu be-zahlen.Die Vorschläge der bürgerlichen Sozialpolitiker zur„Lösung"der Wohnungsfrage sehen von der Bedeutung der Wohnungsfrageals eines Teils der Lohnfrage ganz ab. Sie beziehen sich nur aufden Bau guter und preiswerter Wohnhäuser für die große Massedes arbeitenden Volkes. Auch die Sozialdemokraten beteiligen sichan diesen Bestrebungen, weil sie dazu beitragen, die Mißstände imWohnungswesen hier und dort wenigstens einigermaßen zu mil-dern. So ist es gekommen, daß der Reichstag am 21. Mai 1912einstimmig jene bekannte Erklärung mit den Grundsätzen ab-gegeben hat, nach denen das Reich den Bau von guten und preis-werten Wohnhäusern fördern soll.Jetzt kommt es darauf an, auch die Regierungen zu einemtatkräftigen Vorgehen gemäß jener Erklärung zu veranlassen.Dies sollte eigentlich keine große Mühe machen. Der Grund- undBodenwucher— wenigstens der städtische— ist angeblich nirgendsbeliebt. Selbst die Junker haben sich über den Grund- und Boden-Wucher in den Großstädten schon oft gewaltig entrüstet.Trotzdem mußte bei den Debatten der vorigen Wocheunser Redner im Reichstage, Genosse Göhre, feststellen.daß wir noch sehr weit voei den in jener Erklärunggeforderten Maßnahmen entfernt sind. Die Reichsver-waltung weigert sich, die Angelegenheit in vollem Umfange indie Hand zu nehmen, da die Einzelstaaten nach ihren besonderenVerhältnissen gewisse Teile der Wohnungsfrage regeln wollen. Dergrößte Bundesstaat. Preußen, versagt hier, wie in allen Fragender Volkswohlfahrt. Deshalb forderte Genosse Göhre. daß dieWohnungskommission des Reichstages, die jene Erklärung desReichstages vorbereitet hat, bestehen bleibt, um den Kampf für dieMaßnahmen des Reichs auf diesem Gebiete welter zu führen.Eine große Rolle spielte im Reichstag der Entwurfeines Wohnungsgesetzes, den— wie wir ausführlich be-richtet haben— die preußische Regierung vor einigenTagen veröffentlicht hat. Genosse Göhre erinnertedaran, daß die preußische Regierung einen derartigenEntwurf bereits im Jahre 1994 veröffentlicht hat und trotzdemnichts daraus geworden ist. Auch jetzt ist zu befürchten, daß wir inPreußen nicht das erreichen werden, was notwendig ist.Im preußischen Dreiklassenhaus herrschen infolg« des schmäh-lichen DreitlassenwahlrechtS die volksfeindlichen Parteien, die vonden Geldleuten gewählt werden. Diese„Volksvertreter" sind vonden Grund- und Bodenwucherern abhängig. Wie können solcheLeute ernstlich gegen den Grund- und Bodenwucher vorgehen?Dazu kommt die Herrschaft der Grund- und Bodenwuchcrer in denGemeindevertretungen, für die nicht nur ebenfalls ein Dreiklassen-Wahlrecht besteht, sondern auch die Bestimmung gilt, daß ihre Mit-glieder mindestens zur Hälfte Hausbesitzer sein müssen.Trotzdem haben verschiedene Redner der bürgerlichen Parteiendie Veröffentlichung des preußischen Entwurfs als eine— Tat gefeiert und verlangt, daß zunächst abgewartet werden müsse, was inPreußen in bczug auf die Wohnungsfrage erreicht werde. Ganzbesonders entschieden traten für das Recht der Einzelstaaten, ge-wisse Teile der Wohnungsfrage zu regeln, die Junker ein. Das istbegreiflich, da in Preußen bei der jetzigen Wirtschaft ihr Vorteilunter allen Umständen gewahrt wird. Ist doch auch in dempreußischen Wohnungsgesetzentwurf keine einzige Bestimmung cnt-halten, die sich gegen den Grund- und Bodenwucher der Agra r i errichtet. Wenn also in Preußen wirtlich unter den jetzigen Ver-Hältnissen etwas zustande kommen sollte, dann würde das für dieAgrarier ganz ungefährlich sein.Die Verhältnisse im Wohnungswesen sind aber derart, daßmöglichst bald cingegriffen werden muß. Deshalb können sich dieArbeiter im Reiche unmöglich durch die Junkerwirtschaft in Preußenzurückhalten lassen. Sie müssen vielmehr darauf dringen, daßunter allen Umständen die notwendigen Maßnahmen durchgeführtwerden. Das Reich darf nicht warten, bis es Preußen gefällt, indieser Frage mit genügenden Maßnahmen vorzugehen. Das Reichmuß eingreifen und alles da» durchführen, was zur Besserung derWohnungsfrage geeignet ist.politiscbe Gcbcrflcbt.Berlin, den 10. Februar 1918.Der Bauetat im preußischen Abgeordnetenhause.Im preußischen Dreiklassenhause wurde am Montag der Bau-etat wciterberaten. Der konservative Abg. v. M altzahn richtetegegen den Staatssekretär Delbrück aufs neue heftige Angriffe. DasWohnungsgesetz müsse eine preußische Angelegenheit bleiben, in dieman sich nicht hineinreden lassen wolle, denn man wolle seine Frei-heit behalten. Die Konservativen hielten an der kaiserlichen Bot»schaft von 1881 fest und machten damit bessere Sozialpolitik als„andere Leute"!— Der nationalliberale Abg. Dr. Röchlingstellte sich auf den gleichen Standpunkt. Auch er erklärte die ge-setzliche Regelung des Wohnungswesens für eine Landessacheund bildete den kostbaren Satz, daß beim Dreiklassenhaus mindc-stens ebenso viel sozialpolitisches Verständnis zu finden sei, wiebei den Reichsämtern. Die Debatte drehte sich sonst zumefft umdie Frage, ob durch den neuen Großschiffahrtsweg Berlin— Stettin.von dem der Fortschrittler Lippmann übrigens ausführte, daß ereigentlich ein Kleinschiffahrtswcg sei, die englische Kohle auf demBerliner Markt zum Nachteil der obcrschlesischen bevorzugt werdenwürde. Obgleich das Wasserstraßengesetz von 199S den oberschlefi-schcn Kohlenbergwerken zusichert, daß eine solche Benachteiligungdurch entsprechende Frachttarife verhindert werden solle, kündigteder Verkehrsminister v. Breitenbach an, daß abermals 49 Mil-lionen Mark zur Verbesserung der Schiffahrt auf der oberen Oderangelegt werden sollen.— In der Debatte war auch die Rede vonder Errichtung eines eigenen Bauten-Ministeriums; jedochsprach sich der Minister gegen die Trennung der Kanalverwaltungvon der Eisenbahnverwaltung aus.In der Einzelberatung trat Genosse H o f f m a n n für die Ar-beiter der Wasserbauverwaltung ein und kritisierte scharf die völliggrundlosen plötzlichen Entlassungen einiger Dutzend Familien-Väter, die schon seit 5—15 Jahren bei der Wasserbauverwaltung inSwinemünde beschäftigt waren. Er hatte den Erfolg, daß derUnterstatssekretär an diese Entlassungen gar nicht glauben wollteund sie auch nicht billigte.— Genosse Hoffmann kam auch nochdarauf zurück, daß die fortschrittlichen Redner den Minister mitErfolg gebeten hatten, den Arbeitern den Beitritt zum Hirsch-Dunckerschen Gewerkverein zu gestatten, und er trat dafür ein, daßden Arbeitern ihr Vereinigungsrecht unverkümmert gewährt bleibe,gleichgültig in welchem Sinne sie es ausüben wollten.Zur deutsch-englischen Flottenfrage.Zu der Erklärung des Staatssekretärs des Reichsmarineamtsüber die Flottenfrage meldet die„Köln. Ztg." in einem anscheinendoffiziösen Telegramm aus Berlin folgendes:„Entsprechend der alles überragenden Bedeutung der Frageder deutsch-englischen Beziehungen und der Flottenrüstungen beiderLänder, werden die Aeußerungen, die der Staatssekretär v. Tirpitzgestern in der Budgetkommission über das Verhältnis beiderFlotten getan hat, oder vielmehr der kurze Auszug aus seinenDarlegungen, der durch die Press« geht, heute in Deutschland wndEngland aufs lebhafteste besprochen. Soweit man die Mitteilungendes Staatssekretärs— daß ein Verhältnis von 19:18 zwischen derdeutschen und der englischen Schlachtflotte für die nächsten Jahre an-nehmbar sei, und daß er von seinem Ressortstandpunkte keine� Bc-denken dagegen habe— politisch ausgebeutet oder in ihr eine über-raschende Neuigkeit erblicken will, greifen die Kommentare daneben,Sie gehen von falschen Voraussetzungen aus, einmal als ob Herrv. Tirpitz ein„Flottenäbkommen" habe ankündigen wollen, zum an.dern, als ob er etwas habe mitteilen wollen,>oas bisher unerhörtgewesen sei. Glücklicherweise ist in der deutschen Presse diese Auf»fassüng nur vereinzelt. Richtig faßt man unsers Erachtens die Mit-teilnngen auf, wenn man davon ausgeht, daß die Auslassungen desHerrn v. Tirpitz an sich weder etwas Neues bieten, noch etwa gareinen veränderten Standpunkt der deutschen Marinepolitik ankmr-digen wollen. Man muß sich ins Gedächtnis zurückrufen, daß derenglische Marineminister Churchill am 13. März vorigenJahres von diesem Verhältnis zwischen den beiden Flotten ge-sprachen und es für die nächsten Jahre und für die Dreadnought-klasse für annehmbar erklärt hat. Dieser Erklärung seines eng-lisch« n Kollegen schließt sich Herr v. Tirpitz an, indem erauch für uns diese Relation für die nächsten Jahre für annehmbarerachtet.Man hat seinerzeit bei uns viel von dem Verhältnis zwei zudrei beider Flotten gesprochen, was ungefähr dasselbe ist. wie dasVerhältnis 19: 18. Der Grundgedanke war dabei kein anderer wieder, der den gestrigen Aeußerungen des Staatssekretärs zugrundelag, daß bei diesem Verhältnis dem englischen Flottenmachtbedürf-nis sein Recht wird, und daß Deutschland dabei eine Flottenstärkehat, die den Angriff auf uns zu einem Risiko macht, das ein Gegnersich zweimal überlegt, ehe er es eingeht, das also für uns das not-wendige Mindestmaß an Schutz bildet. Das ist der„Risikogedankc"des deutschen Flottengcsetzes, der seine Erfüllung allerdings erstbei der Durchführung des Gesetzes, also 1929, gefunden haben wird.Er findet in dem 2: 3 oder 19: 16 seinen Ausdruck. Ein solches Ver-hältnis läßt sich nicht in bezug auf Einzelschiffe aufstellen, sondernnur in bezug auf Verbände, und dies.ist erst möglich, nachdemsich England eine feste Organisation von Linienschiffverbänden ge-schaffen hat. Dabei kann immer die Einzelqualität der Schiffe auchin diesem Verhältnes, wie es z. B. die Durchführung jedes Flotten-gesetzes für Deutschland und England mit fünf deutschen gegen achtenglische Linienschiffsgeschwader schaffen wird. Schwankungen her«beiführen. Aus Gründen des derzeitigen englischen Linienschiffs»baues wird das erwähnte Verhältnis für die nächsten Jahre be-stehen bleiben, die Geschwaderverbände bleiben 5:8.Es wird noch Anlaß sein, auf die Angelegenheit zurückzu»kommen und dabei der Schwierigkeiten eines eigentlichen„Flotten-abkommens". von dem jetzt fälschlich gesprochen wird, zu gedenken.Einstweilen sei festgestellt, daß die Bezeichnung eines gegenseitigenVerhältnisses wie des jetzt festgestellten als zweckmäßig und seinevorläufige Beibehaltung, entsprechend den von beiden Seiten er-folgten Erklärungen, eine Grundlage schafft, auf der sich eine frird-liche Verständigung über alle möglichen sonstigen Probleme erreichenlassen wird. Darauf kommt es in erster Linie an. nicht auf die Er-strebung eines utopischen„Abkommens", das aus noch zu be-sprechenden Gründen hen Keim zu großen Schwierigkeiten undReibereien bergen würde.__Wieder eine nationalliberale«inigkeitskomödie.Die gestrige Sitzung des Zentralvorstandes der nattonalliberalenPartei im Reichstag hat nach bekanntem Rezept wieder mit derüblichen Konstatierung der Einheitlichkeit der nationalliberalen Parteigeendet. Einberufen war die Sitzung um den Streit Ludewig»Schiffer zu schlichten und den Mitgliedern des Zentralvorstande«Gelegenheit zu bieten. sich über die gegensätzlichen Strömungen inder eigenen Partei auszusprechen. Die Besorgnis, daß es zu ernstenKonflikten kommen könne, hatte aber die leitenden Größenbewogen, schon vorher eine große Versöhnungsaktion zwischendem Gehcimrat Ludelvig und den» Oberverwaltungsgericht«.rat Schiffer einzuleiten; und nachdem beide in bekannterWeise ihren Streit für ein großes Mißverständnis erklärt und