fassung mit gewissen fundamentalen Grund-sähen verwirklichen kann. sLebhaftes Sehr richtig! beiden Sozialdemokraten.)Alle-Z, was dem Neichstagswahlrecht, der Neichsberfassung, derfreiheitlichen EntWickelung feindlich ist, konzentriert sich in dein einenWorte P r e u(3 e n.(Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sazialdemokraten.) Die Verschlechterung des Wahlrechts in S a ch s e n, dieWahlrechtsentrecktungen in Lübeck, in H a in b u r g, jetzt mitHilfe der Fortschrntler in R e u tz j. L. und Schwarzburg-Rudolstadt wären unmöglich gewesen, wenn die RegierungPreußens die Worte beherzigt hätte, mit denen Wilhelm l. am25. Juli 1870 in den Krieg zog:„Er hoffe, daß der Kriegdauernden Friedeir bringe und daß aus der blutigen Saat einervon Gott gesegneten Erde deutsche Freiheitund Einigkeitsprießen werde." Die Sehnsucht nach der Freiheit und die Ancrkennung der staatsbürgerlichen Gleichberechtigung kam bei denHohenzollern immer zum Ausdruck,wenn.sie das Volk brauchte».Der Krieg brachte die Einheit. Aber an Stelle der Freiheit kamder Kulturkampf, die Polen Unterdrückung, die Ber-schärfung der Strafgesetznovelle und das fluchwürdige Sozialistengesetz. Die Herrschenden feiern indiesem Jahre die Wiedergeburt Preußens, das Jahr des Einsetzensaller Kräfte der Nation zur Wiedergewinnung der HobenzollernschenHausmacht. Das Volk wartet noch heute auf den Dank vomHause Hohenzollern. Wie nach 1870 die Katholiken undSozialdemokraten verfolgt wurden, so damals die deutschen Patrioten.Friedrich Wilhelm III. hatte am 27. Oktober 1810 versprochen, eine„Repräsentation zu geben... dadurch wird sich das Band derLiebe und des Vertrauens zwischen uns und unserem Volkeimmer fester knüpfen". Am 7. September 1811 wiederholte er dieseAbsicht. Am 22. Mai 1815, nach dem Kriege, wurde erklärt, daßdie Sicherheit und die Ordnung in den Eigenschaften desRegenten gegründet sei, aber trotzdem wurde das Ber-sprechen der Verfassung wiederholt,„um der preußischen Nation einPfand des Verrrauens zu geben". Es hieß:„ohne Zeilverlustsoll eine Kommission in Berlin eingesetzt werden, um die Vor-arbeiten zu erledigen." Am 5. Juni 1823 wurde noch einmaldasselbe verordnet:„Um unseren getreuen Untertanen ein neuesbleibendes Pfand landesväterlicher Huld undVertrauens zu geben, sollen Provinzialstände in unserer Monarchiein Wirksamkeit treten." Geschehen ist n ich ts. Am 3. Februar 1347erklärte Friedrich Wilhelm IV. diese Angelegenheit„für eine derw i ch t i g st e n Aufgaben des uns von Gott verliehenen könig-lichen Berufes. So oft die Bedürfnisse des Staates(neue An-leihen, Einführung neuer, Erhöhung bestehender Stenern) eserfordern, werden wir die Provinzialstände der Monarchie zu einemvereinigten Landtag versammeln". Fast wörtlich ebenso sprachW i l h-e l m II. in der Thronrede vom Jahre 1308:„Icherkenne darin eine der wichtigsten Aufgaben", allerdings derGegenwart, während es damals noch des von Gott gegebenenBerufs hieß. Und wie es 1815 hieß, daß die Kommission ohneZeitverlust eingesetzt oder arbeiten solle, so hieß es 1303 in derThronrede,„niit allem Nachdruck solle die Angelegenheitbetriebe» werden".Versprechen auf Versprechen, aber keine Tat.Erst in diesen Tagen hat der Träger der Krone in Königsbergvon den Opfern gesprochen, die daS Volk bringen müsse, von denBanden der Liebe und des Vertrauens sowie der Treue zwischenFürst und Volk. In den Becher der Jubiläumsbeaeisteruna fielewohl manch bitterer Tropfen Wermut, wenn der kaiserliche Rednerseine Blicke noch weitere 50 Jahre hätte zurückschweifen lassen. Da-mals, als sein Ahn Friedrich II. sich wegen der verlorenen Schlachtbei Kunersdorf mit Selb st mordgedanken trug, betätigte sichder 0 st p r e u ß i s ch e Adel als derselbe Realpolitiker, der erheute noch ist. Am Geburtstag des Königs, am 24. Ja-nuar 1753, löste der Adel die Milizen auf, ohne jedenVersuch des Widerstandes gegen die Russen, und die preußischenStände huldigten feierlich der Kaiserin Elisabethund dem Thronfolger Peter, indem sie dem Hohenzollern-könig und seinem Hause ebenso absagten. Es ist ja bekannt, daßFriedrich II. nach dem Siebenjährigen Kriege Ostpreußen �»ie mehrbetrat, und daß er dem dortigen Adel im Jahre 1781 eine nach-gesuchte Audienz mit dem Bemerken verweigerte,„daß die oft-preußischen adligen Stände sich nur hübsch zurückerinnern möchten,wie sie sich im Kriege von 1756 betragen haben.Sie haben keine Vaterlandsliebe(Hört I hört I bei denSozialdemokraten), mithin können sie nicht verlangen, daß KöniglicheMajestät welche vor sie habe". Dies nur zur Ergänzung der Jubi-läumsreden in Königsberg.Die offiziöse Presse bemüht sich gegenwärtig, die Welt zu über-zeugen, daß die Verlobung der Tochter des Kaisersmit dem künftigen Herzog von Braunsckweig das braun-schweigische Volk aufs freudigste bewege. Ich wage das zubezweifeln. Braunschweig besitzt bis heute noch ein Wahlrecht, da«sich an reaktionärer Tendenz mit dem preußischen messen kann.Das wird die Stimmung des Volkes erheblich dämpfen, und manmuß sich immerhin fragen, ob man nicht damit rechnen kann, daßin das Glockenläuten und in die T 0 l m i b e g e i st e r u n g desoffiziellen Schaugepränges der Einzugsfeier auch der RufDie patriotische Nebcrschwemmung. AuS Paris wird uns ge-schrieben: Das Pariser Theatergeschäft handelt jetzt hauptsächlich mitdem Mittel Patriotismus. Seit dem„Coup von Agadir" ist er insteigender Aufnahme. Derzeit bieten ihn von den großen Theaterndie folgenden aus: Porta Saint-Martin(„La Flambse" vonHenry K i st e m a e ck e r S, der einstmals anders konnte), A m b t g u(„Coeur de Franyaise" von dem weniger literarischen B e r n ö d eund Aristide B r u a n t, dem Barden der Apachenlyrik, ehemaligenChat-Noir-ManneS und jetzigem Schundliteraturfabrikanten), TheaterRsj a sse(„Alsace" vom Sensationsprofessionisten Leroux). SarahBernhardt(„Servir" vom Bettdichter und Akademiker Lavedau).Dabei ist eine EntWickelung unverkennbar. In dem älteren StückKistemaeckers wird das Umbringen eines Spions— natürlich einesausländischen— sittlich gerechtfertigt, in der nagelneuen Dichtungdes Herrn Lavedau ist der Spion ein Heros— allerdings der Spionfür Frankreich. Wo alles das Vaterland liebt, kann aber auchHenry Bern st ein nicht hassen. Er ist ehemals, als derAnarchismus in den Salons Mode war, davonglaufen, als er indie Kaserne einrücken sollte und dafür haben die„Camelots du roi"vor zwei Jahren an ihm mit Pfeifen und Hausschlüsseln grimmigeRache genommen. Er aber wollte seine tätige Reue beweisen undbeschloß, sich erstens nachträglich zu stellen und zweitens Frankreichein patriotisches Stück zu schenken. Das erste hat er unter demBeistande der erforderlichen Reklamephotographen ohne größere Be-schwerden absolviert. Das zweite bereitet sich vor. Die„BousfeSP a r i s i e n s" werden nächstens Bernsteins„Le Secret" aufführen.Der Autor ist vom heiligen Geist des Patriotismus beschattet wordenund flüstert allen Reportern das süße Geheimnis ins Ohr.Zwei Arten von Büchcrliebhabern. Wie die kapitalistischeKlassenscheidung auch den Charakter in unerwünschter Weise be-einflußt, das wurde an einem interessanten Beispiel in der kürzlich-in Berlin stattgefundenen Konferenz Berliner Arbeiterbibliothekare� � Tie Arbeiter lesen Bücher, um sich in den Geist unserer großenDenker und Dichter zu vertiefen. In dieser Absicht benützen sie dieBildungsstätten, die von privaten oder öffentlichen Körperschaftenerrichtet wurden. Anders die Angehörigen der sogen, gebildetenStände. Manche von ihnen verbinden den ideellen Zweck des Bücher-studiums mit einem eminent praktischen. Sie nehmen die Büchernach beendetem Studium gleich mit nach Hause! Natürlich, ohnedaß der Bibliothekar davon etwas weiß.Es zeigt sich hier, wie durch Zugehörigkeit zur besitzenden KlasseK üblen und Denken beeinflußt werden. Der vorherrschende, starkausgeprägte Eigentumssinn läßt die Bücherliebhaberei in Biblis-Manie ausarten.»»»' des rechtlosen Volkes nach einem freien Wahlrecht erschallt.Das wäre freilich eine Disharmonie, aber doch nur die einzigeMusik, die die Stimmung des Volkes richtig wiedergibt.(Leb-Haftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.)Heule noch wartet das Volk auf die Gewährung seiner aufSchlachlfeldern und in Straßenkämpfcn errungenen und ihm wiedergenommenen Rechte. Es wäre zu wünschen, daß der Träger der Kronein diesem Jubiläumsjahre sich wieder mehr der Auffastung zuneigt.die er in der Thronrede vom Jahre 1308 zum Ausdruck brachte.Aber zu erwarten i st das nicht. Denn auch der Trägerder Krone ist ja nicht und kann nicht sein eine über den Parteienstehende Macht, er ist nur derBollstrecker des Willens der herrschenden Klassen,die königlicher find als der König, und die ihm die Einlösung seinesVersprechens aus Gründen der monarchischen Doktrin untersagen, dieGraf B r e ß l e r dereinst so definierte, daß„die konstitutionellePoppendeckelarbeit ins Kehricht gehöre, zur absoluten Monarchiezurückgekehrt und der Adel wieder hergestellt werde". Noch deutlichersagt er:„Ehe es zur Ausführung eines Planes kommt, dereine Gewalttatgegen die heiligen Rechte der Kronein sich schließt, lieber Republikl Besser, eine Krone ruht, alsdaß sie geschändet wird." Das ist die Logik, mit der das Junker-tum die Krone zwingt, ihre Interessen wahrzunehmen.Die herrschenden Klassen trauen sich nicht mehr die Kraft zu,in allgemeinen gleichen Wahlen die Mehrheit des Volkes zu ge-winmm, sondern wollen das Wahlgliick durch Klassen-, Plural- undPrivilegiensysteme korrigieren, oder auch durch Gewaltmaß-r e g e l n, wie sie Herr v. K a r d 0 r fs im Abgeordnetenhause verlangte.Er und all die anderen sind aber dabei nur Nachlreter des HerrnV. Oldenburg, der 1805 und noch deutlicher im Dezember 1306die preußische Auffassung aussprach, als er gegen die süddeutschenWahlreformen die preußischen Bajonette aufrief.(Sehr wahr! beiden Sozialdemokraten.) Die Herren, die das Reich unter KuratelPreußens bringen wollen, die die Bundesfürsten zu Vasallendegradieren wollen, handeln nur nach dem Spitzbubengrundsatz:Was euer ist, ist-meinl Und was mein ist, gehl euch nichts an!"und wollen ihn zun: obersten Rechtsgrundsatz proklamieren.Alle diese Angriffe sind im Grunde nichts anderes alsKämpfe der Herrschenden gegen die aufstrebende Klasse der Arbeiterund ihre politische Vertreterin, die Sozialdemokratie. Wasist aus der Zuversicht geworden, mit der ein Bismarck derSozialdemokratie entgegentrat, als er sagte, er wäre bereit, ihreine Provinz abzulreten, um ihre Theorien so rasch als möglichad absurdum zu führen. Bismarck glaubte wirklich, wenndie Sozialdemokratie sich praktisch in der Leitung einesStaatswesens erproben sollte, werde ihre Unzulänglichkeitzutage lreren, und das Volk sich von ihr abwenden. Heuteglaubt das weder Herr v. Beth mann Hollweg, noch diepreußische Regierung oder der Hamburger Senat. Siewissen vielmehr, daß die Sozialdemokratie, wenn sie erst einmalhinaufgekommen ist, nicht wieder hinunterzubekommeni st. Darin liegt eine ehrenvolle Anerkennung und Nützlichkeit undAusführbarkeit unserer Ideen, zugleich aber auch die Anerkennung,daß von der Herrschaft der Sozialdemokratie nicht das Volk Schadenu befürchten hat, sondern die herrschenden Klassen eine un--equeme Aenderung ihrer angenehmen Lage befürchten. Darum dieFurcht vor dem allgemeinen Wahlrecht.(Sehr wahr I b. d. Sozialdem.)Dabei kann in Preußen meine Partei durchaus noch nicht auf dieMehrheit der Bevölkerung rechnen. Das gleiche Wahlrecht würde inPreußen nur eine ähnliche Gruppierung ergeben, wiehier im Reichstag. Die Gegner des gleichen Wahlrechtsrechnen aber offenbar mit einer gewaltigen Stimmenzunahme derSozialdemokratie, sie haben ehrenvolles Zutrauen zur sieghaftenKraft unserer Propaganda.(Sehr gut l bei den Sozialdemokralen.)Diesem Gegner möchten wir zurufen: Habt doch um gotteswillenein wenig mehr Courage. Kämpft doch aus dem BodendeS gleichen Wahlrechts. und wenn Ihr verliert, wirddie Welt auch nicht darüber zugrunde gehen. Sogar der Reich»-kanzler sollte uns dankbar sein, wenn die Dissonanzen mitPreußen durch uns beseitigt werden.Graf Posadowsky hat diese Dissonanzen als Staatssekretäranerkannt, weil sowohl die Majorität im Reichstage als auch die imLandtage Einfluß auf die Regierung ausüben wrll. Da wird auchein Stärkerer zerrieben als der gegenwärtige Reichskanzler, zumal,wenn dieselben Parteien in den Verschiedenens Parlamenten ver-chiedene politische Ansichten vertreten.(Sehr wahr I bei den Sozial-demokraten.) Den so entstehenden Anforderungen gerecht zu werden.dazu genügt nicht mehr die bekannte Rhinozerushaut desF ü r st e n B ü l 0 w, dazu muß man die Eigenschaften einesChamäleon haben. Das Dreiklassenwahlrccht ist nickit nur ein Unrechtund«in Unsinn, eS ist auch eine politische Kalamität, für die Re-gierung selbst und für alle Partein, mit Ausnahme der konservativen.Eine Aenderung auf gesetzlichem Wege ist nur möglich, wenn dienationalliberale Partei ihren Widerstand aufgeben wird; aber statteineS allgemeinen Aufmarsches gegen rechts, sehen wir einenallgemeinen Aufmarsch gegen links.Die Sozialdemokratie geht im Wahlkampfe einer Isolierung ent-gegen, die ihr als Partei sehr nützen wird, aber der Sache der Wahl-reform großen Schaden zufügt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemo-kraten.) Die Angst vor der Polizei, die Angst vor demTerro-In der einleitend angeführten Konferenz wurde festgestellt,daß im Lesesaal der„Oeffentlichen Bibliothek und Lesehalle"—einer Stiftung des Genossen Hugo Heimann—, während der13 Jahre ihres Bestehens 2 Bücher entwendet wurden. Aus demLesesaal der Königlichen Bibliothek dagegen, zu der man nur nachausreichender Legitimation Zutritt erhält, verschwanden allein imletzten Jahre 136 Bücher auf Nimmerwiedersehen!Während die Heimannsche Bibliothek fast ausschließlich von Ar-heitern benutzt wird, die ohne jede Legitlmation den Lesesaal be-treten dürfen, rekrutiert sich das Lesepublikum der KöniglichenBibliothek fast nur aus Studenten, Gelehrten, Beamten usw.Nottzen.— Theaterchronik. Die Direktion des DeutschenSchauspielhauses hat ihren Vertrag mit der FreienVolksbühne bis Mitte Mai verlängert. An den Moirtagaben-den und den Sonntagnachmittagen geht Hardts Schauspiel„DerKampf umS Rosenrote" für die Volksbühne in Szene,während an allen übrigen Abenden der Woche Sudermanns„Guter Ruf" zur Aufführung gelangt.— Ein„Freischütz" ohne Damen. Im Regens-burger Klerikalseminar wurde zum Fasching Webers„Freischütz"aufgeführt, aber— ohne Damen. Der Rezensent des klerikalen„Rcgensb. Anz." freut sich ganz riesig, daß man im bischöflichenSeminar in das„Atrium der sublimen dramatischen Kunst" ein-getreten ist.„natürlich" ohne Damen; obwohl damit das schöneLied„Wir winden dir den Jungfernkranz" nicht genügend zurGeltung gekommen fem durfte. Er schwärmt von der Ausführungund sagt: daß die..hochphantastische Jmpulsion" so exakt und sicherherausgearbeitet war. daß man„nichts mehr darüber hinaus wün-scheu" konnte.— Wie sollte man auch.— Ein Denkmal für Otto Ludwig wurde in Dres-den auf der Grabstatte des Dichters enthüllt. Es ist«in Gedenk-stein, den Meister Adolf Hildebrand mit einem Rolies geschmückt hat.— Den„W 0 h l t ä te r n" ins Stammbuch. Di« deröffentlichen Wohltätigkeit vom„Berliner Tageblatt" mit dem Erfolgvon 11,05 M. unterbreitete Dichterin Else Lasker-Schülerbeschwert sich in diesem Blatte über die Art und Weise der Samm-lung.„Es handelt sich, schreibt sie,„«weniger um mich als NMmeinen Knaben, dem ich �eses Opfer, das größte meines Lebens,bringe, indem ich weine �ahne streiche. Wie man mich jedoch ineinigen Zeitungen zu Markte trägt, empört mich aufs grenzenloseste;ich oanje für dergleichen bettelnde Wohltaten."rismuS der Rechten, die Angst vor den Philistern beiden eigenen Parteigenossen treibt die Liberalen herdenweise insLager der Rechten. Dadurch nützen sie uns, denn die Isolierunghat uns noch immer genützt, aber sie schädigen die Sacheder Wahlreform und beseitigen den letzten Schein vonHoffnung, daß in Preußen auf dem Wege rubiger innerer Gesetz-gebung ein Fortschritt erreichbar ist. In dieser Situanon halten wires für unsere Pflicht, alle Möglichkeiten einer gesetz-lichen Weilerentwicklung zu erschöpfen, indem wirden deutschen Reichstag auffordern, dem politischen Notstand in Preußenund anderen Bundesstaaten ein Ende zu machen, freilich nicht aufdem Wege des Antrages P a ch n i ck e, der keinerlei Richtlinien fürdie Wahl der Volksvertretung gibt, Wir erfüllen diese Pflicht, ummit ruhigem Gewissen der Zukunft entgegensehen zu können. Wirsind friedliche Leute(Lachen rechts. Sehr wahr! bei den Sozial-deinokraten), wir sind Fanatiker der Gewaltlosig-k e i t(Zustimmung bei den Sozialdemokraten), wir sindunverbesserliche Optimisten in der Hoffnung auf diegesetzlich geordnete Erfüllung unserer reif und überreis gewordenenForderung. Was aber sollen wir jenen Leuten entgegnen, die unssagen:„Ihr seht doch, daß auf gesetzlichem Wege nichts zu erreichenist, der König hält sein Wort nicht, die Regierungbleibt passiv, die bürgerlichen Parteien sindteils unwillig, teils ohnmächtig, und die Reichs-g e s e tz g e b u ng versagt." Wie sollen wir die naheliegenden Schluß-folgerungen widerlegen, die sich aus solchen Voraussetzungen ergeben.Sie tagen vielleicht: die praktische Betätigung dieser Folgerungen wäreein Unglück sür das Slaatsganze und vielleicht auch für meine Partei.Ich bestreite das nicht, aber gerade um dieses Unglück z» verhinderndurch eine weit vorausschauende Politik, habe» wir unseren Antrageingebracht. Sie ahnen ja gar nicht, welche Summe von Haßund Erbitterung in den Massen ausgespeichert ist.nur ein Polizeihirn kann glauben, daß dieser Haß und diese Er«bitterung eine Folge sozialdemokratischer Verhetzung ist. Die Mastenwollen sich nicht mehr als Sklaven behandeln lassen, sieverlangen ihren Anteil an den Rechten des Staates und der Ge-sellscbafl. Dieser Bewegung den weilen Spielraum zu öffnen,das wäre wahrhaft konservativ und staatserhaltend. Sich ihr mitbrutaler Gewalt entgegenzustemmen, heißt den Grundsatz betätigen:Nach uns die Sintflut.Auf die Dauer können Sie nicht über ein Volk regieren, da?an Gerechtigkeit nicht mehr glaubt, das Ihre Versprechungen ver-lacht, das Sie haßt und Ihnen mißtraut.WaS man die äußere Ordnung nennt, könnten Sie vielleicht nochlange Zeit aufrecht erhallen; aber dieser Zustand wird krank durchund durch, dieses Regiment wird morsch sein, und die schwereLeidens- und Wartezeit, die sie über das Volk verhängen, muß einesTages zu Ihren, Schrecken ein Ende nehmen.Darum warnen wir, darum raten wir, darum bitten wir:Nehmen Sie unseren Antrag an I Aber mögen Sie beschließen, wasSie wollen, unser Kurs bleibt unverändert, an dem Erfolg unsererSache verzweifeln wir nicht.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozial-demokraten.) Mögen Sie auch nickt an die M a ck t der Masseglauben, wir fühlen sie, sie steht hinter unS, sie treibtuns vorwärts, sie hat trotz aller Verfolgung unsere Parteizur stärksten im Reiche emporgehoben, sie wird endlick auch dieserForderung zum Siege verhelfen. Wir werden, davon sind wir festüberzeugt, dafür sprechen die Lehren der Geschichte, dafür sprechendie Erfahrungen der Länder aller Welt— wir werden zu unseremZiel gelangen, und nur darüber haben Sie zu enisckeiden, ob wirdahin gelangen mit Ihnen oder über Siel(Lebhafter Beifallbei den Sozialdemokraten)Abg. Dr. Spahn<Z.): Ich beschränke mich auf die Erklärung,die Graf Hompesch für uns schon zweimal abgegeben hat. Wirhalten an der Aussaffung fest, daß die Gestaltung deS Wahlrechts inden Einzel staaten zu deren Zuständigkeit gehörtund der Beschlußfassung im Reiche entzogen ist. Andererseits bringtdie EntWickelung inimer deutlicher die Tatsache zum Bewußtsein,daß das Wohl und Wehe des Deutschen Reichs von einer h a r m 0-nischen Gestaltung des Verfassungslebens nichtzu trennen ist. In einem Staat der allgemeinen Schul-Pflicht und Wehrpflicht ist eS ein Widerspruch, wenn einzelneTeile der Bevölkerung von einer wirksamen verfassungS»mäßigen Vertretung ihrer Rechte und Interessen ausgeschlossensind. Was daS Reich seinen Bürgern gewährt hat, wirdauch in den Einzelstaaten bewilligt werden müffen. DieserWiderspruch wird um so peinlicher empfunden, je länger er aufrechterhalten wird. Er ist dem Staatswohl nicht entsprechend, sondernschädlich. Aber eine Frage von solcher Bedeutung kann eine be»sriedigende Lösung nur finden, wenn sie in Zeiten des Friedens inAngriff genommen wird. Nach der Reichsverfassung ist der Reichs-tag nickt in der Lage, hier die Initiative zu ergreifen. Wenn aberdie Regierung dem Reickstag einen Entwurf zugehen läßt, der eineErweiterung der Zuständigkeit des Reiches vorschlägt, so sind wirbereit, ihm unsere Zustimmung zu geben.Abg. Bassermann(natl.): Auch wir haben keine Ver-anlassung, von unserer Auffassung abzugehen. Wir erkennendem Reiche daS Reckt zu. für jeden Einzelstaat eine aus Wahlender Bevölkerung hervorgehende Vertretung zu verlangen. Darüberhinauszugehen und die Einzelheiten einer solchen VerfassungSresormvorzuschreiben, lehnen wir wie bisher ab.Abg. Graf Kanin<k.): Der Antrag verstößt gegen die Grund-lagen der Reichsverfassung. Die Regelung der innerenVerfassung der Bundesstaaten ist nicht der Reichsgesetzgebung über-tragen worden. Sie� würde nicht ihr übertragen werden können,ohne die Souveränität der Einzelstaaten zu berühren und dadurchden bundesstaatlichen Charakter des Reiches ins Wanken zu bringen.Letzteres entspricht den Bestrebungen der Sozialdemokraten, dasReich in einen Einheitsstaat auf demokratischerGrundlage zu verwandeln. Der Antrag stellt nur ein Glied inder Kette dar, auf diesem Gebiet weiterzukommen. Wir erhebengegen diese fortgesetzte Verletzung unserer VerfassungEinspruch.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Wir lehnen esgrundsätzlich ab, uns an der Erörterung zu beteiligen, weil derReichstag durch eine solche Erörterung seine Zuständigkeit über-schreitet.(Beifall rechts, erneutes Lachen bei den Sozialdemokraten.)Abg. Kopsch(Vp.): Die Zustände in Mecklenburg und dasWahlrecht in Preußen sind in der Tat unhaltbar. Früher hatauch das Zentrum als Mindestforderung ein geheimes unddirektes Wahlrecht für alle Bundesstaaten bezeichnet. Aber das warin der guten alten Zeit! Wir aber haben uns nicht gewandelt undstehen noch heute auf diesem früheren Standpunkt des Zentrums.In Süddeutschland sind unsere Forderungen im wesentlichenerfüllt, nur Preußen ist noch rückständig. Der Redner bespricht diebekannten Debatten im Abgeordnetenhaus: Wir protestiere»dagegen, daß sich daS preußische Parlament in dieserWeise in R e i ch S a n g e l e g e n h e i te n einmischt. Herr vonKardorkf hat den Wunsch ausgesprochen, daß Dr. Del-brück„der junge Mann des Herrn v. Dollwitz seinmöchte. So schützt em 1 0 n l glich er Landrat und preußischerAbgeordneter die Autorttat der Reichsregierung I Nach unserer An»ficht genügt daS preußliche Wahlrecht den Mindestforderungen, d»edas Reick in seinem eigenen Interesse stellen muß. langst nichtmehr. Trotzdem können wir dem sozialdemokratischen Antrag«tdieser Form nicht zustimmen. Er derlangt das Wahlrecht auchfür Frauen.?l6er wir sind Fortschrittsmänner und glauben, davdie Entwickelung auf diesem Gebiet schrittweise und nichtsprungweise vor sich geht. Die verbrecherische Tätigkert derSuffragetten hat auch gerade nicht die Sympathien für da« Frauen-Wahlrecht erhöht. Und dann daS Wahlrecht für Ju 3 endliche. Viele jungen Leute gehen in diesem Alter noch zur Schuleund Schüler dürfen nicht wählen Die übertriebenen Forderungender Sozialdemokraten gefährden auch in diesem Fall wiedereinmal den berechtigten Kern der in dem Antrag steckt. Wirkönnen nur für den ersten Satz de» Antrage» stimmen.(Bravolintt.)'"