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wie Huk , Bürtcl, Handschalic, hätten in größerer Entfernung von der Leiche, der Hut z. B. 600 Meter entfernt, gelegen. Mehrere Zeugen, zumeist ehemalige Arbeitskollegen, auf deren Zeugnis von der Verteidigung Bezug genommen worden tvar, bekundeten, daß der Angeklagte auf sie den Eindruck gemacht habe, als wenn er ..nicht ganz richtig im Kopfe" sei. Er habe bei der Arbeit an der Bohrmaschine wiederholt ohne jede Veranlassung laut ausgeschrien und in der Fabrik den SpitznamenDer verrückte Bohrer" bekam- inen, weil er allerlei Dummheiten beging, die ein normaler Mensch nicht zu begehen pflegt. Im übrigen erfreute er sich in den Borsig- werken eines guten Rufes; man kannte ihn als einen ruhigen, ordentlichen, anständigen Menschen, der nicht bummelte und auch dem Trünke nicht ergeben tvar. Als er nach Metz fahren wollte, um seine Verwandten zu besuchen, hat er sich von einem Bekannten das Reisegell; geborgt; er ist dann abgefahren, ohne daß seine da- mals nach Pommern gereiste Frau etwas davon wußte. Die Ansichtskarten, die der Angeklagte aus Metz und Arna- ville an seine hiesigen Freunde und Bekannte gerichtet hatte und zwar auch noch an dem Todestage der Emilie Stein, sind sämtlich in einem sehr übermütigen und lustigen Tone gehalten. Der An- geklagte drückt insbesondere seine Freude darüber aus, daß in Frankreich der Sekt so billig und gut sei. Tie Mutter der getöteten Emilie Stein, die Wjährige Frau Adele Stein, bekundet unter anderem, daß ihre Tochter niemals Selbstmordgedanken gehabt habe. Sie sei im Gegenteil sehr lebens- lustig gewesen und habe das Leben viel zu sehr geliebt. Sie selbst könne es unmöglich glauben, daß ihre Tochter den Angeklagten auf- gefordert habe, sie zu töten, dies sei bestimmt nicht wahr. Im An- schluß an die Vernehmung dieser Zeugin folgt die Verlesung zahl- reicher Briefe und Karten. Am späten Nachmittag wurde die Ver- Handlung abgebrochen und auf heute 9% Uhr vertagt. H119 Induftric und ftandd. Konzentration im Bankgcwcrbe. Die Aufsaugung der mittleren und kleinen Betriebe durch die großen Institute hat auch im Jahre 1912 weitere Forlichritte gemacht, wenn auch langsamer als in den Vorjahren. Eine Tabelle zeigt, daß im Jahre 1909 etwa Firmen von größere» Instituten absorbiert wurden bczw. durch Fusionen ihre Selbständigkeit aufgaben; 1919 waren es 50, im Jahre 1911 85 und 24 in 1912; davon entfielen 8 auf das erste Semester, 19 auf das zweite. An Filialen, Kassen und Agenturen wurden er- öffnet: im Jahre 1999 eiwa 83, in 1919 162. im Jahre 1911 129 und im verflossenen Jahre etwa 49. Die Zahl der neuen kom- manditarischen Beteiligungen befiffertc sich in 1999 auf etwa 8 gegen 14 im folgenden Jahre, 19 in 1911 und 4 in 1912. Soziales. Wahlen auf Grund des BerficherungsgesetzeS für Angestellte. Im gestern abend erschienenen Reichsanzeiger veröffentlicht der Präsident der Reichsversichcrungsanstalt für Angestellte die ihm bis zum 2S. Januar durch Arbeitgeber oder versicherte Angestellte gültig eingereichten 4 Vorschlagslisten für die Wahlen der Mit- glieder des Vcrwaltungsrats, der Beisitzer des Rcntenarisschusses, des Schiedsgerichts und des Oberschiedsgerichts sowie ihrer Ersatz- inänner. Die Vorschlagslisten der freien Vereinigung sind mit l) bezeichnet. Auf der v-Liste beginnen die Vorschläge für den Ver- Ivaltungsrat mit Lüdemann, für den Rentenausschuß mit Ucko, für das Schiedsgericht mit Hesse, für das Oberschiedsgericht mit Meiners._ Wer noch 33Hi Pfennig täglich verdienen kann, ist noch erwerbsfähig. Dies nichts weniger als salomonische Urteil fällte das Ober- versicherungsamt in Liegnitz auf Gruna folgenden Tatbestandes. Die 79jährige Arbeiterin Christian« Sch. im Kreise Bunzlau beantragte bei der Landesversicherungsanstalt Schlesien im Februar 1912 die Gewährung der Invalidenrente. Nach einem Gutachten des Dr. St. vom 28. März 1912 leidet die alte Frau an Alters- schwäche, beiderseitigen Krampfadern an den Unterschenkeln, be- sonders rechts, chronischem Magenkatarrh, schwerem Rheumatis- nius in beiden Armen mit Verkrümmung und Versteifung der meisten Finger und beiderseitigem Plattfuß. Der Arzt hält die Frau für völlig erwerbsunfähig. Ein anderer Arzt, Dr. Sch., der die Frau am 6. April 1912 untersuchte, stellte außer den oben angeführten Krankheitserschei- nungen noch allgemeine Hinfälligkeit und leichte wässrjgc Stau- ungrn in den Knöchelgelenken fest. Auch dieser Arzt hält die Frau für völlig erwerbsunfähig und damit für invalide. In der mündlichen Verhandlung vor der unteren Berwaltungs- behörde erklärte auch der Vertrauensarzt derselben, Dr. S., die Frau für invalide. Die untere Verwaltungsbehörde sprach sich darauf für die Invalidenrente aus. DaS paßte dem Borstand der Landesversicherungsanstalt Schlesien nicht. Er veranlaßt« eine nochmalige Untersuchung durch einen Herrn Dr. Si.ewercynski. Dieser gab unter dem 31. Mai 1912 folgendes Gutachten ab:Die pp. Sch. sei eine für ihr Alter ziemlich kräftige Frau, die außer mäßigen Alterserscheinungen nur an das durch das Alter bedingten Gelenkvcränderungen des rechten Schultergelenks, verschiedener Fingergelenke und der Kniegelenke leidet. Die Gelenkveränderungen an den Fingern, welche am schwersten ins Gewicht fallen, bestünden aber schon seit 12 Jahren, der Faustschlutz sei beiderseits gut möglich. Die Schultergelenke werden in ihren Bewegungen fast gar nicht beeinträchtigt, und die Kniegelenke nur in mähigem Grade. Da ferner Bücken ganz gut vor sich gehe, die Hüftgelenke also auch nicht schwer von Rheumatis- inus befallen seien, sei die Klägerin zu leichten landwirtschaftlichen Arbeiten mit Ruhepausen noch fähig." Auf Grund dieses famosenGutachtens" wies die Schlesische Landesversicherungsanstalt den Antrag der Frau zurück, da Inda- lidität noch nicht vorliege. Die Frau Sch. legte gegen den Rentenablehnungsbescheid Berufung beim Oberversicherungsamt Liegnitz ein. Das Oberversicherungsamt ließ die Rentenbewerberin im mündlichen Verhandlungstermin durch seinen Bertrauensarzt D. Höhemann untersuchen. Dieser schloß sich gutachtlich dem Gut- achten deS Dr. Siewecynski an. Darauf ist die Berufung zurück- gewiesen. Aus der Begründung sei folgendes wiedergegeben. Es heißt da u. a.:Die Doktoren«tr. und Schr. berücksichtigen offen­bar nicht, daß die Gelenkveränderungen an den Fingern schon seit 12 Jahren bestehen und die Klägerin bisher nicht an der Ausübung versicherungspflichtiger Lohnarbeit gehindert haben. Es ist daher als erwiesen zu erachten, daß die Klägerin zu leichteren gröberen Landarbeiten mit einigen Ruhepausen noch befähigt ist. In Abweichung von den Gutachten der unteren Berwaltungs- behörde hat das Gericht unter diesen Umständen die Ueberzeugung gewonnen, daß Klägerin durch die vorerwähnten Lohnarbeiten den im vorliegenden Falle maßgebenden Mindestverdienst von 199 M. jährlich odee bei regelmäßiger Tätigkeit von 0,33'/, M. täglich noch erreichen kann." Dieser auf Grund der Akten geschilderte Fall zeigt besser als lange theoretische Darlegungen, wie ungeheuerlich unsozial die so- qei'annte Reichs..versicherung" wirkt. So sieht'S im Gegensatz zu hochtönenden Worten mit dergesicherten Existenz bis ins hohe Alter hinein" aus. Jahraus, jahrein hat die�alte Frau eine im- mens hohe Reichseinkommensteucr zahlen müssen. Und als sie nach ihrem 70. Lebensalter auf Grund ihrer ihr abgenommenen Groschen eine Invalidenrente verlangt, da heißt es: gibt's nicht, drei Aerzte haben Dich zwar für völlig invalide gehalten, aber da hat's in Schlesien noch zweiVertrauensärzte" und die Gutachten dieser Herren erweisen, daß Du doch noch 33% Pfennig täg­lich verdienen könntest, wenn Du Arbeit hättest. Also kriegst Du keine Invalidenrente. Ein Riesenvcrmögen hat die schlesische Versicherungsanstalt aus der den Arbeitern auferlegten Rcichseinkommensteuer aufgestapelt: im Jahre 1911 betrug es 120% Millionen. Ein' kolossal großer Beamtenapparat mit nicht zu knappen Bezügen ist dort vorhanden. Aber eine 70 Jahre alte Frau, die dieses Riesenvcrmögen mit hat sammeln müssen, eine Frau, die hart gearbeitet und schwer gc- hungert hat, gilt nicht als invalide im Sinne des Gesetzes, weil sie noch 33� Pfennig täglich verdienen könnte, wenn sie Arbeit hätte. In immer klarerer Weise zeigt sich, wie Recht die Sozialdemokraten mit ihrer Behauptung haben: Die Arbeiterversicherung wirkt dahin, daß die Arbeiter enorme Lasten tragen müssen, und daß aus den der Arbeiterklasse auferlegten Gelder ein Haufen Bureaukraten und Aerztcn besoldet werden. Wenn 33� Pfennig zum Leben hinreichen warum setzte man nichtVertrauensärzte" und Beamten im Bezirk des Ober- versicherungsamt Liegnitz auf ein gleich hohes Honorar oder Ge- halt? Solche Wirkung des Gesetzes ist. daß es als Verhöhnung der Arbeiterklasse empfunden werden muß und gegen die bürgerliche Klasse, der solche Gesetzesmacherei aufs Konto zu schreiben ist, empören muß. Facharbeiter" in preußischen Staatsbetrieben. Die landwirtschaftliche Unfallversicherung macht bekanntlich einen Unterschied zwischen Facharbeitern und gewöhnlichen Ar- beilern. Diese Unterscheidung ist für die in der Land- und Forst- Wirtschaft Beschäftigten sehr bedeutungsvoll, weil die Unfallrente der Facharbeiter anders berechnet wird, als die dergewöhnlichen Arbeiter", nämlich nach dem wirklichen Verdienst statt nach dem vom Oberversicherungsamt festgesetzten durchschnittlichen Jahres- arbeitsverdicnst. Da der vom Oberversicherungsamt festgesetzte Jahresverdienst stets hinter dem wirklichen Verdienst sehr zurück- bleibt, ist die Unterscheidung für die Facharbeiter erheblich. Facharbeiter ist, wer für seine Stellung besonderer fachlicher Fähigkeiten bedarf. Nach der Reichsversicherungsordnung sind stets Facharbeiter: Förster, Gärtner, Gärtnereigehilfen, Müller, Ziegler, Stellmacher, Schmiede, Maurer , Zimmerer, Brenner, Maschinen- führer, Heizer, sowie Gehilfen und Gesellen, die eine fachmäßige Lehr- und Ausbildungszeit durchgemacht haben. Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften können jedoch durch ihre Satzung auch andere Berufe als Facharbeiter erklären. Die vom Reichsvcrsicherungsamt herausgegebene Mustersatzung zählte noch eine große Anzahl anderer Berufe auf. Die Landwirtschafts- und Forstbetriebe des preußischen Staates gehören keiner landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft an. Für diese Betriebe ist die Regierung vielmehr selber AusführungS- behörde. Deshalb bestimmt das Ministerium auch, tver in den Staatsbetrieben noch weiter als Facharbeiter gilt. Für die preußi- schen Staatsbetriebe gelten außer den schon in der Reichsversiche- rungsordnung genannten Berufen nach den kürzlich erschienenen Ausführungsbestimmungen noch folgende Personen als Fach- arbeiter: Rechnungsführer, Buchhalter, Buchhalterinnen, Bureau- gehilfen, Bureaugchilfinnen. Gutsverwalter, Wirtschaftsführer, Gutsaufseher, Vögte(Hofmeister , Wirtschaftsgehilfen, Hofaufseher, Hofverwalter, Statthalter, Kämmerer. Wirtschaftsmeier. Groß- knechte), Lagcrverwalter(Magazinverwalter), Wirtschafterinnen. Forstuntererheber, Forstlehrlinge, die mit der Ausübung des Feld-, Forst», Jagd- oder Fischereischutzes oder mit der Aufsicht über Holzablagen oder Torfgräbereicn betrauten Personen. Darr- mcistcr, Holzhauermeister(Haumeister, Rottenmeister, Oberholz- Hauer). Meier, Meierinnen, Molkereiverwalter, Kuhmeister, (Schweizer, Melker), Molkenköchinnen, Käser.- Schafmeister, Schäfer", Schweinemeister, Weidehirten" und Feldhüter". Ge- stütwärter, Hilfsgestütwärter", vertragsmäßig beschäftigte Futter- oder Stutmeister, Leiter der Ausbildung von Rennpferden. Unter- trainer, Jockeis. Trainicrburschen", herrschaftliche Kutscher". Be- rciter". Torfmeister, Moorwarte, Rieselmeister, Rieseler, Stack- meister, Stackmeistervertreter. Kellermeister, Küfermeister, Küfer, Küfergesellen, Küferlehrlinge, WeinbergSvcrwalter, Rebenverede- lungsvögte, Weinbaugehilfen. Schießmeister, Sägemeister, Schirrmeister, Schirrarbeiter, Monteure, Hilfsmonteure. Führer von Lokomotiven, Kraftwagen und durch maschinelle Kraft be- loegten Schiffen, Maschinisten, Heizer, Wiegemeister, die Schiffs« besatzung bei Landgewinnungsarbeiten. Alle Techniker, Hand­werksmeister und Gesellen, Aufseher, Aufseherinnen, Wärter, Wärterinnen. Borarbeiter, Vorarbeiterinnen, die beiden letzteren. soweit ihnen ein höheres Entgelt als den ihnen zugewiesenen Ar- beitern geivährt wird. Die mit" bezeichneten Personen gelten nur insoweit als Fach- arbeiter, als sie das 21. Lebensjahr vollendet haben. Facharbeiter behalten ihre Sonderstellung auch bei der Aus- führung von Verrichtungen gewöhnlicher landwirtschaftlicher Ar- beiter, wenn sie hierzu übergehend neben ihrer besonderen Be- schäftigung in dem Betriebe herangezogen werden. Gerichts- Zeitunef* Berbächtigung eines Redakteurs. Wege» des Vorwurfs der Bestechlichtelt hatte, ima ,emerzeit mitgeteilt, das Schöffengericht Charlottenburg den Schriftsteller A. O. Weber zu einer Gefängnisstrafe von 9 Wochen und einer Geldstrafe von 59 M. verurteilt.. Auf die von Weber gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hatte sich gestern die 5. Strafkammer des Landgerichts III nochmals mit dieser Angelegenheit zu befassen. Als Nebenkläger war der Redakteur Gerlach von derMensteiner Zeitung" zugelassen. In der Sache handelte es sich um die bekannten schweren Ver- dächtigungen, die der Angeklagte Weber gegen die ostpreußische Presse im allgemeinen, insbesondere aber gegen den jetzigen Neben- klüger Gerlach von derAllensteiner Zeitung" ausgesprochen hatte. So hatte Weber u. a. am 25. Januar 1911 den Nebenkläger ver- dächt igt, er habe in der bekannten Mordaffäre der Frau v. Schöne. beck sich durch Geldzahlungen beeinflnssen lassen. Außerdem hatte er an die Redaktion derAllensteiner Zeitung" einen Brief ge- richtet, in welchem�er behauptete, er könne nachweisen, daß leitende Redakteure in der Schönebeck -Asfäre bares Geld angenommen hätten. Der verdächtige Redakteur gab sofort eine von dem Hauptmann Lüders, dem Bruder der Frau v. Sch.. und dem Rechtsanwalt Salz- mann, dem Verteidiger der �rau v. Sch. unterzeichnete Erklärung ab, daß er niemals auch nur einen Pfennig erhalten habe. Um die Möglichkeit zu haben, den Angeklagten Weber zu veranlassen, die Namen der angeblich bestochenen Redakteure preiszugeben, veröffent- lichte der Redakteur Satz in derKönigSberger(Hartungschen) Zei- tung" einen Artikel, in welchem er Weber einengewissenlosen Ehr- abschneider" nannte, wenn es ihm nicht gelingen sollte, den Be- weis für seine Verdächtigungen zu erbringen. In der daraufhin von Weber angestrengten Privatklage erklärte W. am 25. Januar 1911, daß ihm von dem Hauptmann Lüders mitgeteilt worden sei, der Redakteur Gerlach habe 399 M. erhalten, weitere 399 M. aber mit dem Bemerken abgelehnt, daß der Prozeß schon zu nahe vor der Tür stehe. In der Verhandlung der von der Staatsanwaltschaft zugunsten Gerlachs erhobenen Beleidigungsklage konnte Weber nicht de» ge- ringsten Beweis für jene schwere Berbächtigung erbringen. Das Schöffengericht Charlottenburg nahm deshalb an, daß zum Teil eine wider besseres Wissen, also verleumderische Beleidigung vor- liege und verurteilte Weber zu der obenerwähnten Strafe. In der gestrigen Verhandlung erklärte der Angeklagte, daß er nach den ihm zuteil gewordenen Mitteilungen und Andeutungen tatsächlich der Meinung gewesen sein konnte, daß an den Neben- klüger gezahlt worden sei. Er habe sich deshalb zum mindesten keiner verleumderischen Beleidigung schuldig gemacht. Auch habe er in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt. Aus der eingehenden Beweisaufnahme ergab sich einerseits, daß die Behauptung, der Nebenkläger Gerlach habe gewissermaßen als Lesiechungsgeld. durch welches günstige Stimmung für Frau v. Schönebeck gemacht werden sollte, 399 M. erhalten, auch nicht dir geringste Berechtigung gehabt hat und Hert Gerlach in jeder Be- ziehung rein und tadellos dasteht. Andererseits ergab sich, daß der Angeklagte durch einen Brief, den sein Schwager, der Hauptmann Lüders an ihn geschrieben hatte und der sich seinerseits wieder auf oine unzutreffend hingeworfene Bemerkung deS Rechtsanwalts Salzmann gestützt hatte, bis zu einer bestimmten Zeit gutgläubig hätte sein können. Hauptmann Lüdrrs hat seinerzeit Herrn Ger- lach eine volle Ehrenerklärung gegeben und bekundete gestern auch als Zeuge, daß Herr Gerlach völlig intakt dastehe, er selbst aber auf Grund eines vom Rechtsanwalt Salzmann geschriebenen Briefes der irrigen Auffassung sein konnte, daß dem Nebenkläger Geld.'.n- geböte gemacht worden seien. Später sei aber dem Angeklagten klarer Wein eingeschänkt worden, wie die Sache wirklich liege. Tie Beweisaufnahme ergab, daß bei einer Gelegenheit der Rechtsanwalt Dr. Salzmann dem Angeklagten telephonisch mitgeteilt hatte, daß Gerlach mit Entschiedenheit bestreite, jemals Geld in dieser Sache erhalten zu haben. Staatsanw.-Rat Hootz beantragte die Frei- sprechung des Angeklagten in dem Falle seiner Verurteilung zu 59 M., da der Angeklagte in diesem Falle gutgläubig gewesen sei. Die Gutgläubigkeit sei aber in dem anderen Falle nicht mehr vor» handen gewesen. Freilich liege keine Verleumdung, aber doch eine üble Nachrede vor. Diese verdiene eine empfindliche Strafe, da da- durch ein durchaus ehrenvoller anständiger Mensch, gegen den nichts vorlag, schwer betroffen wurde. Er beantragte 4 Wochen Gefängnis. Das Gericht folgte aber den Ausführungen des Ver- teidigers. Rechtsanwalt Willi Beyer. Es sah als festgestellt an. daß der Angeklagte Weber nach den ihm von verschiedenen Seiten gemachten Mitteilungen sehr wohl der Meinung sein konnte, daß etwas Unlauteres geschehen sei. Damit falle der Vorwurf, daß Weber wider besseres Wissen beleidigt habe. Tatsächlich handele es sich um nicht eine nicht erweislich wahre Tatsache, die geeignet ist, den Nebenkläger Gerlach schwer zu beleidigen, die aber von dem An- geklagten in der Wahrung berechtigter Interessen vorgebracht war- den war. Bezüglich dieses ersten Falles sei dem Angeklagten der Schutz deS ß 193 zuzubilligen. Bezüglich des zweiten Falles der Beleidigung durch den Brief, habe sich einmal der Nebenkläger Gerlach gar nicht beleidigt fühlen können, sondern höchstens der Verleger, außerdem sei aber in diesem Falle Verjährung einge- treten. Unter Aufhebung des ersten Urteils wurde der Angeklagte bezüglich des ersten Falles freigesprochen, in dem zweiten Falle wurde das Verfahren auf Kosten der Staatskasse eingestellt. Ein Untersekundaner als Geldschrankdieb. Ein Schlossermeister in Hann.-Münden ließ versehentlich sein Schlüsselbund, an dem sich auch der Geldschrankschlüssel befand, an einem Schubfach in der Wcrkaft stecken. Dies benutzte sein Sohn, ein Untersekundaner, um den in dem neben der Werkstatt befind- lichen Kontor stehenden Geldschrank zu öffnen und ihm 199 M. zu entnehmen, die er zusammen mit den Mitwissern seines Dieb- stahleS, den drei Lehrlingen seines Vaters, auf einem Feuerwehr» fest verjubelte. Di« jugendlichen Täter benutzten ober außerdem die Gelegenheit, sich einen Abdruck des Geldschrankschlüssel» anzu- fertigen, nach»de m der Lehrling eines anderen Schlossermeisters, der darin mehr Uebung besaß, einen Nachschlüssel anfertigte. Mit diesem Nachschlüssel beraubten sie noch mehrfach gemeinschaftlich den Geldschrank und teilten das Geld unter sich. Aber schließlich bemerkte der Meister das Fehlen des Geldes und entlarvte das Diebeskomplott. Infolgedessen hatten sich alle fünf vor der Göttin- ger Strafkammer wegen schweren Diebstahls, Hehlerei und Beihilfe zu verantworten. Gegen seinen Sohn nahm der Meister noch vor der Verhandlung den Strafantrag zurück, so daß der Hauptattentätr straffrei ausgehen mußte. Dagegen wurden die vier Lehrlinge. je nach der Schwere ihrer Verfehlung, zu sechs Wochen bis zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Da sie sämtlich von dem Unter- sekundaner verführt waren, und dieser selbst nun nicht bestraft werden konnte, sollen die sämtlichen zugendlichen Verurteilten der bedingten Begnadigung empfohlen werden. Ist Nichtgrüßen strafbar? Wegen Nichtgrüßen» ihres FortbildungSschnllehrerS waren zwei SortbildnngSschüler in St. Andreasberg angeklagt worden. Sie sollten dadurch das Ortsstatut, betreffend die Fortbildungsschule. und die dazu erlassene Schulordnung übertreten haben. Die Strafkammer in Güttingen verurteilte auch die Angeklagten zu Geldstrafen. In der Schulordnung hieß eS:Jeder Schüler hat die Mitglieder des Lehrerkollegiums innerhalb und außerhalb der An- stall zu grüßen"...... Das Kammrrgericht hob dieser Tage die Borentscheidung auf und sprach dieAngeklagten frei. Zur Begründung wurde au»- geführt: Die Schulordnung sei zwar durch den Vorstand der Fort- bildungSschule und durch den Magistrat beschlossen und auch den Schülern gedruckt ausgehändigt worden, der Magistrat habe aber die Schulordnung nicht öffentlich publiziert. Diese Publikation war aber notwendig, um die Schulordnung formell gültig zu machen. Ohne die Publikation sei sie ungültig, woraus die Freisprechung der Angeklagten folge. Dahingestellt bleiben könne, ob die.Schul- ordnung eine Bestimmung, wie sie die Angeklagten unzweifelhaft übertreten hätten, überhaupt treffen könne. Die Arzneimittelbcsorgung durch Hausarztvereine hat die Apotheker beunruhigt. Gegen den HauSarztverrin für Moabit rief der Berliner Apothetervereiu die Polizei an, und der Bvrfiyende Hagen wurde dann der unerlaubtenUeberlassung" von Arzeneimitteln sowie einer Uebertretung der Gewerbeordnung angeklagt. Der Moabiter Hausarzwerein gehört mit seinen rund 2999 Mitgliedern zu dem Bund der Hausarztverein« Berlins , der jetzt etwa 29 999 Mitglieder hat. Durch Großeinkauf vo» Stärkungs- Mitteln und Arzeneien. die ohne arzrnche Verordnung verkauft werden dürfen, verschafft er den Fmn'l'-n seiner zumeist der Arbeiterbevölkcrung angehörenden Mitglieder eine willkommene Preisermäßigung. In der von dem Vorsitzenden ausgeübten Tätig- keit. den Mitgliedern die Arzene.en usw. für den Selbstkostenpreis nebst geringer Vertriebskostenvcrgutung abzugeben, sah das Schöffen- geeicht weder ein unerlaubtesUeberlassen" noch einen Gewerbe- betrieb, und Hagen wurde freigesprochen. Gestern wurde, da die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hatte, vom Landger, cht I('Strafkammer 8) d<rs Urteil nachgeprüft» Der Angeklagte bestritt» dah auf den Hausarztverein und seinen Vorsitzenden der§ 367, 3 des Strafgesetzbuchs(unerlaubtes Feil- halten. Verkaufen oderUeberlassen" von Arzeneien) oder die Be- stimmungen der Gewerbeordnung(Pflicht zur Anmeldung des Gc- werbebetriebes) anzuwenden seien. Gegen den Antrag des Staats- anwalts, den Angeklagten in beiden Punkten schuldig zu sprechen und ihm 19 M. Geldstrafe aufzuerlegen,»lachte der Berteidiger Rechtsanwalt Pfeffermann geltend, daß Hagen nur die für den Verein gekauften, dem Verein gehörenden Arzeneien usw. unter die Mitglieder gegen Erstattung der Kosten verteilt habe. Das sei weder«in Gewerbe noch im Sinn« von 8 397, 3 einUeber-