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Herr Prafident, von der HZhe der Löhne und der Länge der Dien st zeit hängt die Sicherheit des Betriebes a b, und darüber hat das Reichseisenbahnamt zu wachen� Die Ueberbürdung des Personals ist ganz ungemein. Eine Denk- schrift au» den Kreisen der königstreuen Menbahnarbeiter kommt zu diesen selben Schmerzensschreien.(Hört! hört! b. d. Soz.) Der Herr Präsident sagte, wir sind mit einer neuen Betriebsordnung beschäftigt. Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Auch der preußische Eisenbahnminister hat im vorigen Jahr im Abgeordneten- hause eine entsprechende Versicherung abgegeben. Aber die nicht- preußischen Eisenbahnbeamten klagen, daß die Ruhezeit nicht größer geworden ist, daß die Dienstzeit dieselbe geblieben, daß das Ver- sprechen nicht erfüllt worden ist.(Hört! hört! bei den Sozial- demokraten.) Ich bitte den Präsidenten des Reichseisenbahnamts, doch genau zu kontrollieren, ob diese Klagen aus den königstreuen Kreisen auf Wahrheit beruhen. Dann noch einige lokale Eisenbahnschmerzen. Die Fahrt von Leipzig   nach Berlin   dauert länger als die von Berlin  nach Halle hierfür können doch nicht betriebstechnische Gründe maß- gebend fern. �üge von Süddeutschland   nach Berlin   bleiben 40 Minuten in Leipzig   liegen. Bei der Uebernahme der Eisenbahnen auf das Reich könnten derartige Mißstände leicht beseitigt und über« Haupt Berhältitisse herbeigeführt werden, wie sie im Interesse der gesamten Arbeiterschaft der deutschen   Eisenbahnen notwendig find. (Lebhafte? Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Abg. List(natl.) tritt warm für eine Vereinheitlichung des deutschen   Trsenbahnwesens ein. Die Südwest ecke Deutsch- landS ist heute fast abgeschlossen vom deutschen   Verkehr. Daher kann sich auch dort ein Treiben wie da? Wetterlös breit inachen. Reichseisenbahnen wären sicher die beste Lösung, aber zur- zeit ist die Verwirklichung des Gedankens ausgeschlossen. Zur Prüfung der Frage, ob eine Vereinheitlichung, ein engerer Zusammenschluß der deutschen   StaatSbahnen möglich ist, sollte eine Kommission ein- gesetzt werden, damit wenigstens ein Anfang gemacht wird.(Bravo  !) Abg. Dr. Blunck(Vp.) bedauert die Erhöhung der Tarife für Mischsutter, die wieder nur im Interesse des Großgrundbesitzes liege. (Sehr richtig I links.) Abg. Werner-HerSfeld(Antis.) wünscht eine gesetzliche Festlegung der Arbeitszeit für das Lokomotivpersonal. Präsident des Reichseisenbahnamts Wackerzapp: Die Forderung der Herabsetzung der Tarife auf den alten S-Pfennig-Tarif, die Herr Stolle erhoben hat, ist zum Teil bereits überholt. Unter dem Wettbewerb der verschiedenen Eisenbahnverwaltungen teidet keines- wegS da» Verkehrsinteresse. Die Klage, daß die verschiedenen Eisenbahnverwaltungen bei der Aufstellung der Fahrpläne nicht auf einander Rücksicht nehmen, ist unberechtigt. Die Betrieb«- s i ch e r h e i t auf den deutschen Bahnen ist vom Abgeordneten Stolle als ungenügend hingestellt worden; sie ist im Gegenteil sehr gut, das beweist der Vergleich der Unfallstatistik mit der ausländischen sowohl Wie mit der der vergangenen Jahre. Abg. Fischcr-Hannover(Soz.): Zeit ist Geld, dieser Satz gilt auch für die Arbeiter. Daher müssen sie verlangen, schnell und billig an ihre Arbeits- stelle befördert zu werden. Schmerzlich wird deshalb emp- funden, daß die Schnellzüge nicht Wagen 4. Klasse, manche nicht einmal solche 3. Klasse führen. Noch bester wäre natürlich das amerikanische   Einklassenshstem. Die Forderung der Ar- bettet auf stärkere Berücksichtigung ist um so mehr berechtigt, als aus der 3. und 4. Wagenklasse die größten Einnahme» der Eisenbahnen stammen. Auch hier gilt der Satz: die Masse muß es bringen. 2g Millionen benutzten die vierte Klasse. Für all diese würde es eine große Ersparnis an Zeil   sein, wenn sie auch Eilzüge benutzen könnten. Die Zahl der Reisenden in der ersten Klasse ist in Preußen von 13911903 sogar zurückgegangen, während die der Reisenden der dritten und vierten Klaste enorm ge- st i e g e n Ist. Da haben die Arbeiter wohl da? Recht zu verlangen, daß auch auf ihre Wünsche Rücksicht genommen wird.(Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.) Der Etat wird bewilligt. Das Hau» vertagt sich. Nächste Sitzung: Dienstag 1 Uhr.(Wahlprüfungen und Petitionen.)_ Schluß ö'U Uhr. Mgeoränetenbaus. 188. Sitzung. Freitag, den 21. Februar 1913, vormittags 11 Uhr. Am Ministertisch: v. Schorlemer, v. Breitenbach. Das Wassergesetz wird in der vom Herrenhause ab- geänderten Fassung auf Antrag des Abg. Bitta(Z.) ohne weitere Debatte einstimmig angenommen; ebenso daS vom Herren- hause abgeänderte Rawagesetz. Der Ausbau der mittlere« Oder  . Erste Lesung. Minister der öffentlichen Arbeiten v.»reitenbach begründet den Entwurf, der die Schiffahrt auf der Oder   unterhalb Breslau   ver- Es ist der Stern, ist der Tenor im ganzen deutschen Junkerchor. Und was den Schnaps bei ihm betrifft er säuft es nicht, er brennt daS Gift. O ja, o ja, ich sah'S genau, eS ist der Oldenburg   von Janufchau. Franz. Notizen. Vorträge. Im Museum für Völkerkunde werden am Sonnabend, abends 8Vz Uhr, Oberamtsrichter Reinking- Braunschweig, Prof. Schmidt-Potsdam und Herr Emanuel Reicher  über Esperanto sprechen. Eintritt für jedermann frei. Neue Dramen..Die Hexe", ein schlesischeS Bauern- drama in fünf Atten von Martha Voigt, gelangt Anfang März im Neuen VolkS-Theater zur Uraufführung. Der Berliner   Tonkünstler-Verein veranstaltet am Dienstag, den 2b. Februar, abends 8 Uhr, im Saale des Lette- Hauses, Viktoria-Luise-Platz Nr. 3. seinen ersten.Musikpädogogischen Abend" über»Die Kunst des musikalischen Hörens" mit Beispielen am Klavier. --» Die Probleme der Wünschelrute. In der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft wurde über die Frage der Wünschelrute beraten. Es wurde hervorgehoben, daß sich auch Geo- logen(nicht bloß Landräte) für sie ausgesprochen haben. Das München  « Wasseramt beschäftigt sogar einen Rutengänger, um Rohrbrüche in der Wasserleitung aufzusuchen. Die Sache ist damit freilich keineswegs geklärt: die geologischen Sachverständigen erklären die Erfolge auf ganz natürliche Weise(Erfahrung). Die Ruten- gänger müßten viel genauer nach wistenschaftlichen Methoden be- obachtet werden, als es bisher geschehen.(Die französische Akademie der Wissenschaften hat soeben eine Kommission eingesetzt, die die Frage unvoreingenommen untersuchen soll). Wenn bewiesen werden könnte, daß Rutengänger mit ver- bundenen Augen auf unbekanntem Terrain Quellen finden, wird man festzustellen haben, ob besondere Beeinflustung der Nerven durch nicht sichtbar vorhandenes Master �möglich ist oder welche andere Erklärung heranzuziehen ist. Vorläufig ist aber der Skeptizismus noch im vollen Recht. Für eine Million Ambra. Die Ausscheidung des kranken Pottwals, die unter dem Namen Ambra bekannt ist und als Grundelement von Riechwässern ihre Rolle spielt, kommt in neuerer �icii immer seltener in den Handel, so daß der Preis ständig im «teiaen begriffen ist. Kapitän Larsen von dem norwegischen Walfischdampfer.Norveain" bat indes kürzlich be.m Fange nahezu eins halbe Tonne der kostbaren Substanz erbeutet,«le durste einen Marktwert von rund 1200000 W- haben. bester« will, nachdem bereits die Strecke Kasel Breslau kanalisiert ist. Essoll eine genügend breite geringste Wassertiefe von 1,4 Metern geschaffen und zugunsten des Verkehrs nach Berlin   und Stettin   die Oder von Breslau   bis Fürstenberg, später bis Lebus   ausgebaut und ein Staubecken im Tale der Glatzer Neiße   bei Ottmachau   zur Gewährung von Zuschußwasser hergestellt werden. Die Gesamtlosten betragen 36,7 Millionen Mark, woran sich die Provinz Schlesien   angemessen beteiligen soll. Ich bitte um rasche Ver- abschiedung des Gesetzes. . Abg. v. d. Osten(k.) wünscht eingehende Prüfung des Gesetzes und äußert Bedenken gegen die vorgesehene Enteignung. Wir be- antragen Ueberweisung an die Schleppmonopolkommission. Abg. Stull<Z.): Wir begrüßen die wirtschaftliche Stärkung des Ostens durch dieses Gesetz und haben keine Bedenken gegen eine Enteignung, denn man kann doch nicht, wie der Vorredner, den Staat hier als privaten Unternehmer betrachten. Abg. Dr. Schande(fk.) ist gleichfalls für das Gesetz. Aber hat man 1903 der Provinz Schlesien   nickt zugesagt, daß ihr keine weiteren Leistungen auferlegt werden sollen? Abg. Dr. Ehlers(Vp.): Die allgemeine Uebereinstimmung zeigt, daß Wasser doch das beste ist, aber noch viel bester ist das r e g u- lierte Wasser.(Heilerkeit.) Besonders freuen wir uns, dahin der Begründung die Förderung der Eisenbahnen durch Kanalbauten zugegeben wird. Abg. Wohlfahrt(natl.) schließt sich dem Vorredner an und hofft, daß man eine so vernünftige Begründung einer Kanalvorlage noch öfter hören werde. # Abg. Leinert(Soz.): Wir stimmen der Borlage gern zu und bedauern, daß sie einer gar nicht mehr bestehenden Kommission, in der wir überdies keinen Sitz haben, zugewiesen werden foll. Die Bauzeit soll nach der Vorlage mindestens 19 Jahre betragen und die Regierung be- gründet dies damit, daß für einen rascheren Bau gewisse technische Vorbedingungen fehlen, was ich nicht kontrollieren kann, aber auch damit, daß bei rascherem Bau die Arbeitslöhne und Mate- rialpreise übermäßig steigen könnten. Bei längerer Bauzeit müsten dafür wieder mehr Zinsen nutzlos gezahlt werden. Da wäre eine Steigerung der Arbeitslöhne noch immer billiger und vor allem besser. Wir sehen in der Vorlage ein großes Landeskulturwerk, das vorgenommen wird vor- nehmlich im Jntereste der Verbilligung des Verkehrs. Während man aber die Kanalvorlage dahin beurteilt hat, daß sie ein Einfallstor für ausländisches Getreide werden würde, wird die jetzige Vorlage dazu dienen, ein Ansfallstor für inländisches Getreide zu werden, um dieses auf dem billigen Wasserweg in großen Mengen nach Stettin   zu schaffen und den Agrariern aus den Einfuhrscheinen neuen großen Nutzen zu bringen. Dasselbe agrarische Interesse, das Sie 1995 verhinderte, die Kanalvorlage in wirklich kulturellem Sinn auszugestalten, veranlaßt Sie, die jetzige Borlage milder zu be- urteilen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wenn wir ihr trotzdem freudig zustimmen, so beweisen wir damit unsere Vor- Urteilslosigkeit, die wir bei allen Kulturfragen auch von Ihnen so wünschen möckten! Auf eine Anftage, die der Abg. v. Pappenheim   im vorigen Jahre stellte, antwortete der Minister der öffentlichen Arbeiten, daß in seinem ganzen Ministerium kein Mensch daran denke, die Wasserstraße zwischen Hannover   und Magdeburg   zu sckaffen und damit die löv Kilometer lange Unterbrechung, die mitten im Staate zwischen den mit hundert Millionen geschaffenen Wasterstraßennetzen des Ostens und ÄestenS vorhanden ist, zu beseitigen. Zur Ren- t a b i l i t ä t der beiden Wasterstraßennetze ist diese Verbindung, deren Unterlassung einfach unverständlich ist, unbedingt notwendig. Man würde dadurch auch die Aufwendung hoher Kosten für Hafen« bauten und Umscklagsvorrichtungen in Hannover  sparen können, wenn die Schiffe vom Westen einfach nack Magdeburg weiter fahren könnten. Wenn aber jetzt wieder nur lediglich oft- elbische Wasterstraßen mit vielen Millionen gebaut werden, so wird man draußen im Volke die Meinung niemals dämpfen können, daß lediglich imJnteresse der ostelbischenGroßgrund- besitzer der Ausbau dieser Wasserstraßen geschieht und die Ver- bindung mit dem westlichen Wasserstraßennetz verhindert wird.(Leb- hafte Zustimmung links.) Abg. Lippmann(Vp.): Es ist unpraktisch, jetzt die Kanalfrage Hannover  -Magdeburg   zu stellen. Wenn erst das östliche und das westliche Wasserstraßennetz vollkommen ausgebaut sein werden, dann wird sich das Bedürfnis nach einer Verbindung so stark äußern, daß das Hau» den Kanal Hannover  -Magdeburg   bewilligen muß.(Wider- spruch rechts.) Abg. Strosser<k.) ist für die Vorlage, die an die Kommission für das Schleppmonopolgesetz geht. Einige kleine Vorlagen(Veränderung der Grenzen der Kreise Ca lbe und Jericko I und Aenderung von AmtSgerichtSbezirken) gehen an die verstärkte Gemeindekommission. Abg. v. Wenden(k.) begründet folgenden Anttag: Die Regie- rung wird ersucht, in Zukunft alljährlich einen Fonds zur Unter- stützung der auf Bekämpfung deS KinderclendS gerichteten charitativen Unternehmungen bereit zu stellen. Der Redner wünscht Einsetzung einer Kommission durch die Staats- regierung, der Persönlichkeiten angehören sollen, die seit längerer Zeit in der Lkinderschutzbewegung stehen. Esist Himmel- schreiend, was heute an wehrlosen Kindern gesündigt wird. Der Staat muß erhebliche Mittel, etwa>/, Million Mark, zur Verfügung stellen, wenn etwas erreickt werden soll. Der Rückgang der G eburtenziffer macht uns zur Pflicht, mit dem Kapital an kleinen Kindern sorgsam umzugehen. Der tiefere Grund für daS heutige Kinderelend liegt in der fortschreitenden Entsittlichung und Entchristlichung unseres Volkes, die namentlich in den liberal-sozialistischen Großstädten traurige Fortschritte macht. Wir müssen alles tu», um Preußen und Deutschland   gesund zu erhalten, damit daS Wort weiter gelte: Am deutschen   Wesen wird die Welt genesen I(Beifall bei der Mehrheit.) Abg. Dr. Liebert(natl.) beantragt Ueberweisung des erfreulichen Anttages an die Geineindekommission. Abg. Dr. Flesch(Vp.) findet den Anttag zu allgemein gehalten. ES müßte deutlicher von dem Mißbrauch, der Ausbeutung und Mißhandlung der Kinder die Rede sein. Eme der Nr- sacken des Kinderelends kann durch bessere Fürsorge durch die Familien beseitigt werden. Abg. Hirsch-Berlin(Soz.):> Der Antragsteller hat der Sache den schlimmsten Dienst erwiesen dnrch seine unqualifizierbaren Angriffe auf die Linke. Die Anregung, Staatsmittel zur Bekämpfung des Kinderelends herzugeben, ist von unS und den Fortschrrttlern ausgegangen. Aber bei der Etatsberatung im vorigen Jahr wurden diese Anträge ohne jede Begründung, nur weil man Mißtrauen gegen Anträge der linken Seite hat. von den Konservativen und dem Zentrum abgelehnt. Wir können unsnicht auf diesen Stand­punkt stellen und prüfen auch konservative Anträge objektiv, obgleich wir von konservativer Seite selten elwaS Gutes zu erwarten haben(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Wir erkennen die aufopferungsvolle Tätigkeit der Kinderichutzvereine durchaus an und bedauern lebhaft, daß nicht schon jetzt öffentliche Gelder in höherem Maße dafür_ beigesteuert werden. Aber wenn Sie objektiv sein wollen, müsten Sie genau dieselbe Anerkennung den von s o z i a ld e m o kr atr scher und fr e i g e w e r k s ch a f t l i ch e r Seite ausgehenden Kinderschutzbeftrebungen spenden. Die Sozialdemokratie und die freien Gewerkschaften haben überall, wo cS möglich_ war, Kinderschutzkommisfionen errichtet, die durch Veranstaltung von Enqueten die Ausdehnung der Rinderarbeit festzustellen bemüht sind und Maßnahmen ergreifen, um die armen, unglücklichen Kinder vor völligem Untergang und vor Verwahrlosung zu schützen. Der Bericht der Kinderschutzkommission Groß-Berlin ist Ihnen überreicht worden und bei Ihrem lebhaften Interesse sür alle sozialdemokratischen Bestrebungen glaube ich an- nehmen zu dürfen, daß Sie den� Bericht lesen und daraus ler»«» werden.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Vor allem aber müssen die Ursachen des Kinderelends erforscht werden, um es bekämpfen zu können. Und da möchte ich dringend bitten, die von dem Antragsteller verlangte Kommission nicht auf einige hohe Regierungsbeamle zu beschränken, sondern auch A r b e i t e r und noch mehr Arbeiterfrauen beizuziehen, die praktische Erfahrungen haben und vorläufig die einzigen sind, die solche Erfahrungen mitlen unter den armen Kindern gesammeil haben. In vielen Fällen liegt die Ursache von Kindermißhandlungen nicht in irgend welcher Entartung der Eltern oder Pfleger, sondern vor ollein ini Alloholismus und in der Armut der Eltern. Die Erhebungen der Kinderschutzkommisfionen haben ergeben, wieviele noch kleine Kinder zeitig morgens aus die Straße geschickt werden, um durch Austragen von Zeitungen und B a ck w a r e oder am späten Abend durch Kegelaufsetzen in Kneipen Geld zu verdienen. Da ist es kein Wunder, wenn die Kinder verwabrloien. Und dazu kommt das WohnungSelend der Großstädte, das wir keineswegs leugnen, auf das wir im Gegenteil oftmals hingewiesen haben, freilich ohne nach dem Beispiel des Herrn v. Wenden etwa alles in den Großstädten für schlecht und dafür alles auf dem Lande für gut zu erklären. Diese Zustände aber können nicht beseitigt werden, indem man versucht, den Zug in die Großstädte Einhalt zu gebieten, sondern indem man die Konsequenzen zieht und sür gesunde Wohnungen in den Groß- städlen sowie dafür sorgt, daß die Arbeiter höhere Löhne erzielen können und vor allem dafür, daß die Politik der Verteuerung aller Lebensmittel aufhört.(Sehr wahr I bei den Sozial- demokraten.) Nack einer Bemerkung des Herrn v. Wenden zu schließen, schwebt Ihnen als Muster der staatlichen Kinderfürsorge die st a a t l i ch e Jugendfürsorge vor Augen. Wenn Sie wirklich Erfolge in der Bekämpfung des Kinderelends erzielen wollen, dann kann ich Sie nur davor warnen, die staatliche Jugend- fürsorge hier nachzuahmen, denn diese verfolgt ausgesprochen politische Zwecke, und ihr ganzer Inhalt ist, die Sozialdemokratie zu tteffen. rn Kampfe gegen das Kinderelend aber bedarf es der Mitarbeit oller Schichten der Bevölkerung ohne Unterschied des Glaubens und der Parteirichlung. Ein so geringer Betrag, wie ihn Herr v. Wenden genannt hat, würde auch keine Erfolge sichern, es wäre nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. Es müssen viel höhere Summen aufgewendet werden und selbst dann werden Sie auch noch nicht viel ausrichten können, sobald Sie nicht die Ur» sacken des Kinderelends beseitigen und bessere soziale Zu- stände schaffen.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dtttrich- Braunsberg(Ztr.) wünscht Anstellung staatlicher Inspektoren und Jnipeklorinne». Der Antrag geht an die Geineindekommisfiou. ES folgen Petitionen. Eine Petttion um Bewilligung von Witwen« und Waisen» g e l d auch an die Hinterbliebenen auS solchen Ehen von Beamten, die«st nach der Pensionierung geschlossen worden sind, soll auf An- trag der Budgetkommission durch motivierten Uebergang zur Tagesordnung erledigt werden. Abg. Hoffmann(Soz.): Ich beantrage Ueberweisung als Material. Wenn jemand beiratet, um den Kindern wieder eine Mutter zu geben, dann sollte nicht die Härte der Pensionsentziehung eintreten. Der Antrag Hoffmann wird bei schwach besetztem Hause an­genommen.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Uebergang zur Tagesordnung beantragt die Kommission auch über eine Petition des Maschinenmeisters a. D. Henze in Göttingeu um Wiedereinstellung oder Unterstützung. Abg. Leinert(Soz.) begründet einen Anttag auf Ueberweisung der Petition zur Berück­sichtigung. Dem Manne sei unrecht gescheiten, und das Urteil der Kommission wäre vielleicht anders ausgefallen, wenn eS'sich nicht. um einen Arbeiter gehandelt hätte. Der Antrag Leinert wird gegen die Stimmen der Sozial­demokraten abgelehnt und Uebergang zur Tagesordnung be- schlössen. Das HauS vertagt sich. Morgen Sonnabend 11 Uhr: Rest des Etat» für Handel und Gewerbe. Schluß Uhr._ parlamentanlcbeö» KolouialctatS. Bei der Weiterberatung des Kolonialetats in der Budget- kommission des Reichstags erklärte am Freilag der Abg. Semler sich gegen die Verminderung der Schutztruppe m Südwestafrika. Das Zentrum wünscht in einem Antrage die Vorlegung von Gesetzentwürfen, durch die dem Landesrat in Südwestattika das Recht verliehen wird, den Haushalt der Zivilverwallung dieses Schutzgebietes bei Aufbringung aller hierfür erforderlichen Kosten durch das Schutzgebiet endgültig festzustellen. Von den eigenen Einnahmen des Schutzgebietes ist ein Teil an das Reich als Zuschuß zu den Kosten der Militärverwaltung abzuliefern. Die Volks- p a r t e i l e r verlangen, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um eine beratende Vertretung der in den Schutzgebieten ansässigen Deutschen   bei der durch den Reichstag erfolgenden Feststellung deS Haushalts ihres Schutzgebietes herbeizuführen. Nach längerer Debatte, in der u. a. Genoffe N o s k e den ab- lehnenden Standpunkt der Sozialdemokratie gegenüber den An- trägen vertrat, wurde der Anttag des Zentrums abgelehnt. angenommen aber ein konservativer Antrag, höhere Ausgaben sür Schulzwecke in die KolonialetatS einzustellen. Weit« wurde eine Zusammenstellung deS Eingeborenenrechtes und die Forderung der Kenntnis der Eingeborenenspracken gewünscht. eratung wird am nächsten Dienstag fortgesetzt. Soziales. Tie Beiträge für gelbe Werkvereinc. Um die Rückerstattung der Beiträge für den gelben Werk- verein richtete sich eine Klage, welche ein- Arbeiterin gegen die Firma Siemens u. Halske   vor dein Gewerbcgericht angestrengt hatte. Die Klägerin war mehrere Jahre im Glühlampenwerk der Firma beschäftigt. Ihr wurden allwöchentlich 22 Pf. vom Lohn als Beitrag für den gelben Werkverein einbchalteu. Als die Ar- beiterin im November 1911 plötzlich und ohne Grund entlasten wurde, mußte sie den bekannten Rever» unterschreiben, wonach sie keinerlei Forderungen mehr an die Firma habe. Die abgezogenen Beiträge wurden ihr nicht zurückerstattet, trotzdem sie diese ver- langte. Sie klagte Beiträge im Gesamtbetrage von 22,10 M. ein. Die Kammer V unter Vorsitz des Magistratsrats Wölbling verhan- delte am Donnerstag längere Zett über den Rechtsstreit. Der Ber- treter der Beklagten  . Dr. Burhenne, wendete gegen den Klagean- spruch folgendes ein: Die Klägerin habe schriftlich ihre Zustimmung dazu gegeben, daß die Beiträge vom Lohn abgezogen und dem Verein zugeführt werden sollten. Klägerin habe die Unterschrift freiwillig geleistet und die Verfügung nicht widerrufen. Ferner habe sie beim Austritt aus dem Glühlampenwerk eine Ausgleichs- quittung unterschrieben. Dabei sei nicht der geringste Zwang aus- geübt worden. Zug um Zug würden die Quittung sowie Geld u-ck Papiere gewechselt. Uebtrdies würden oic Beiträge nur zum Besten der Arbeiter verwandt. Tie Voraussetzungen des 8 117, Absatz 2 der Gewerbeordnung seien vollauf gegeben. Die Klagen auf Rückzahlung der Beiträge erfolgten auf Anregung de» Metall.