Nr. 56. 30. Jahrgang.
3. Beilage des„ Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Ein Beitrag zur Trrenpflege.
In einer Beleidigungsklage gegen den Genossen Wachs als verantwortlichen Redakteur des„ Vorwärts" wehrte sich der Fuhrherr Tönnies gegen den Vorwurf, er habe einen geistesschwachen jungen Mann, der ihm von der Jrrenanstalt Dalldorf in Pflege gegeben war, schlecht behandelt und in unverantwortlicher Weise ausgebeutet. Wir hatten die betreffenden Angaben im März vorigen Jahres im Interesse einer Reform der Irrenpflege gemacht. Unsere Angaben gingen im wesentlichen dahin: Herr Lönnies habe für die Verpflegung des Geistesschwachen ein monatliches Pflegegeld von 25 M. aus der Anstaltskasse erhalten; er habe den Pflegling in seinem Fuhrbetriebe so beschäftigt, daß er, Tönnies , einen Stallmann ersparte, aber der Pflegling habe trob vieler Arbeit Wagenwaschen, Stallreinigen, Buzen von fünf bis sechs Pferden nur 1 M. wöchentlich von Herrn Tönnies erhalten, auch sei der junge Mann von den Söhnen des Herrn Tönnies miß handelt worden und habe sich bei Nachbarn über mangelhafte Verpflegung beklagt, so daß diese ihm manchmal zu essen gaben.
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In der Verhandlung, die Mittwoch vor dem Schöffengericht geführt wurde, erbot sich Wachs, den Wahrheitsbeweis zu erbringen. Es waren gegen 20 Zeugen geladen. Von ihnen wurde aber nur ein Teil vernommen. Die Zeugenaussagen ergaben in der Hauptfache folgendes: Der geistesschwache Pflegling, der übrigens einen verkrüppelten Arm hat, wurde schon morgens um 27 1hr bei der Arbeit gesehen. Es kam öfter vor, daß er um 9 bis 10 Uhr zu Nachbarn erzählte, er habe noch kein Frühstück erhalten. Mitleidige Nachbarn gaben dem jungen Manne in solchen Fällen Kaffee und Brot. Tönnies hatte drei Wagen und anfangs drei, später fünf, auch sechs Pferde. Die vernommenen Zeugen haben nie bemerkt, daß die erwachsenen Söhne des Herrn Tönnies dem geistesschwachen Krüppel bei der Arbeit geholfen haben. Sie sahen ihn immer nur allein mit Pferde- und Wagenpuzen beschäftigt. Nach der Angabe eines Zeugen, der selber Fuhrherr ist, erfordert es die volle Arbeitskraft eines gesunden Mannes, wenn er drei Wagen und sechs Pferde in Ordnung halten soll. Der Geistesschwache hat öfter zu anderen Leuten erzählt, er sei von den Söhnen des Herrn Tönnies mißhandelt worden. Ein Zeuge hörte einmal, daß einer der Söhne dem Krüppel Schläge androhte, worauf sich der Zeuge für den Krüppel einlegte.
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Der Kläger Tönnies behauptete, von schlechter Behandlung oder gar Mißhandlung des jungen Mannes durch seine Söhne habe er nie etwas erfahren. Das höre er jetzt zum erstenmal. Frau Tönnies versicherte als Zeugin, das Frühstück für den jungen Mann habe stets bereit gestanden. Es habe nur an ihm gelegen, wenn er nicht von der Arbeit heraufgekommen sei, um es sich zu nehmen. Auch sonst sei die Verpflegung gut und ausreichend gewesen, so daß der Geistesschwache keinen Grund zur Klage gehabt habe. Einer der Söhne des Klägers gab als Zeuge an, der Geistesschwache habe den Söhnen nur bei der Arbeit geholfen, er habe nicht alles allein machen müssen.
Wachs angebotenen Umfang erhoben hat. Immerhin hat auch die beschränkt zugelassene Beweisaufnahme bewiesen, daß unsere gegen das System der Jrrenpflege erhobene Kritik vollberechtigt war. Nicht ob Herrn Tönnies, sondern ob dem System ein Verschulden zur Last fällt, ist erheblich. Nach dieser Richtung ist unter anderem voll erwiesen, daß die Talldorfer Anstaltsverwaltung keinerlei Vorschriften über die Art der Arbeit macht, nicht gegen Arbeitszwang den armen Kranken schützt und ebensowenig gegen übermäßige Arbeit. Der Prozeß hat hoffentlich die Wirkung, daß die Abstellung dieser Schäden der Verwaltung bald in die Wege geleitet wird.
Partei- Angelegenheiten.
Zur Lokalliste.
Es ist bei der Lokalkommission angefragt worden, ob die Lokalitäten des Brüdervereins in der Kurfürstenstraße 116 auch von der Arbeiterschaft benutzt werden. Die Anfrager stüßen sich auf die Abhaltung eines Kostümfestes in den genannten Räumen, das von Frau Bloch, Käthe Kollwig. Gertrud David arrangiert und von einer Anzahl Personen, die mit der Arbeiterbewegung Fühlung suchen, besucht war.
Hierzu haben wir zu erklären: Die Benutzung des genannten Lokals durch die Arbeiterschaft ist durch den exklusiven Charakter desselben, der auch schon durch die Erhebung eines Eintrittsgeldes von 5 M. zu dem erwähnten Kostümfest in die Erscheinung getreten ist, nicht gegeben.
Bon Parteimitgliedern muß verlangt werden, auch bei festlichen Veranstaltungen nur diejenigen Lokale zu berücksichtigen, die der Arbeiterschaft auch sonst zur Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen und politischen Interessen zur Verfügung stehen. Die Lokalkommission.
Kreis Niederbarnim . Sonntag, den 9. März, vormittags 11 Uhr, im Café Bellevue in Rummelsburg , Hauptstr. 2: Kreis- Generalversammlung.
Tagesordnung:
1. Die bevorstehenden Landtagswahlen. Referent: Genosse Otto Braun .
2. Stellungnahme zur Aufstellung der Kandidaten. 3. Ergänzungswahlen für den Kreisbildungsausschuß. 4. Die Reorganisation der Wahlvereine. Referent: Genosse E. Lehmann.
Freitag, 7. März 1913.
schaftlichen Erhaltung des Grundstücs ein Interesse haben, in erster Linie also Hypothekengläubiger, für den Eigentümer ein zutreten, um die Aufhebung der Wassersperre herbeizuführen. Selbstverständlich wird bei der Absperrung auf die betroffenen Mieter Rücksicht genommen. Es wird ihnen vorher von der Maßnahme Mitteilung gemacht, damit sie sich für einige Zeit mit Vorrat versehen können. In der Regel werden die Forderungen der Wasserwerke sofort nach erfolgtem Absperren der Leitung erfüllt.
Der vorliegende Fall, daß ein Haus neun Tage lang ohne Wasser bleibt, ist eine Einzelerscheinung, die nur dadurch möglich geworden ist, daß der Eigentümer das Haus vollständig im Stich gelassen hat und Schritte zur Einleitung einer Zwangsverwaltung nicht erfolgt sind. In diesem Fall wären aber alle Weiterungen vermieden worden, wenn die Mieter, die doch das Wasser entnommen haben, die rückständigen, für sie durchaus erschwinglichen Forderungen der Wasserwerke gemeinsam bezahlt und den Betrag dem Eigentümer, wozu sie berechtigt gewesen wären, bei der nächsten Mietszahlung abgezogen hätten. Daß aber aus der Absperrung teine öffentliche Gefahr entsteht, wie es in den genannten Artikeln heißt, dafür sorgt die Polizei, die von jeder Absperrung Nachricht erhält. Die Polizei hat die abgesperrten Häuser unter ständiger Aufsicht und kann erforderlichenfalls alle im öffentlichen, insbesondere gesundheitlichen Interesse erforderlichen Maßnahmen treffen, wie sich auch die Wasserwerke selbstverständlich nie dem entziehen würden, die Anforderungen der öffentlichen Gesundheit allen anderen Interessen voranzustellen. Im übrigen wird die Verwaltung der städtischen Wasserwerke darauf bedacht sein, in Zukunft schärfere Maßregeln gegen säumige Zahler. zu ergreifen."
Die Verteidigung der Wasserwerksverwaltung, die im vorstehenden versucht wird, ist eine recht lendenlahme. Es ist der Verwaltung nicht gelungen, ihre Maßnahme, Hunderten von Personen auf 9 Tage das Wasser zu entziehen, zu rechtfertigen. Es muß der Verwaltung möglich sein, andere Mittel zu finden, zu ihrem Gelde zu kommen, als die Wasserentziehung ist. Der Vorschlag, die Mieter hätten sich zusammentun und das Wassergeld erlegen sollen, ist einer ernsten Diskussion nicht wert, und der Hinweis, daß der Polizei von der Absicht der Wasserwerksverwaltung Kenntnis gegeben sei, besagt gar nichts.
Unserer Meinung nach hat die Verwaltung der Wasserwerke geradezu unverantwortlich gehandelt, als sie das Wasser für eine solch lange Zeit sperrte. Dadurch wurde die Gefahr des Ausbruchs einer Epidemie direkt heraufbeschworen. Und das in einer Zeit, wo auf allen Gebieten unter Aufwendung erheblicher Mittel Vorsorge zur Verhütung von Epidemien getroffen wird. Die Weiterlieferung des Wassers, auch wenn es nicht bezahlt worden wäre, ist immer Zur Teilnahme verpflichtet sind: Der Kreisvorstand, je noch billiger und vorteilhafter, als wenn erst eine Seuche hereinein Vertreter der Bezirksleitungen und die gewählten gebrochen ist. Die Maßnahmen der Wasserwerksverwaltung aber Delegierten. Parteigenossen haben gegen Vorzeigung ihres laufen direkt auf die Schaffung von Seuchenherden hinaus. Mitgliedsbuches als Gäste Zutritt. In der Säuglingsfürsorgestelle VII, Wörther Straße 45, beginnt
Königs- Wusterhausen und Umgegend. Am Sonntag, den 9. März, in den nächsten Tagen ein unentgeltlicher Kursus über Pflege und findet im Lokale der Witwe Wehdhorn, altes Schüßenhaus, abends Erziehung des Kindes. Näheres ist bei der Schwester der Fürsorge6 Uhr ein Lichtbildervortrag über: Die Entstehung des Menschen- stelle an allen Wochentagen von 1 bis 22 Uhr nachmittags zu erfahren. geschlechts" von H. Binging statt. Eintritt 30 f. Nach dem Vortrag geselliges Beisammensein.
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Dr. von Fleuten, ein Arzt der Dalldorfer Anstalt, der als Zeuge und Sachverständiger vernommen wurde, sagte, der hier in Das Automobilverbrechen von Hennigsdorf Rede stehende Pflegling habe schon früher in anderen Pflegestellen nachmittags 4 Uhr, im Lotal Gasthof zur Sonne"( Jnh. A. Bärsch): Mühlenbeck ( Bezirk Nieder- Schönhausen). Sonntag, den 9. März, Die vorgestern verhafteten Arbeiter Friedrich Dorenburg und unbegründete klagen über seine Pfleger in der Nachbarschaft ver- Deffentliche Versammlung, Tagesordnung: 1. Junterherrschaft". Wilhelm Spiewad aus Marwih sind durch die weiteren Ermitte breitet. Das hänge mit seiner geistigen Krankheit zusammen. Als Referent: Genosse Buhl Berlin. 2. Diskussion. Die Bewohner lungen und Nachforschungen so schwer belastet worden, daß sie für der Pflegling seitens der Anstaltsleitung Herrn Tönnies über der Ortschaften Blankenfelde , Schildow, Schönfließ und Summt sind das Verbrechen wohl in Frage kommen können. Sie befinden sich geben wurde, sei diesem gesagt worden, er dürfe ihn etwas be- zu dieser Versammlung eingeladen. noch in Haft und werden auch nicht cher entlassen, bis völlige Auffchäftigen. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Kurt Reinickendorf- Oft. Vom Landtagswahlkursus findet flärung in dieser Angelegenheit geschaffen worden ist. Beide sind Rosenfeld griff das Wort„ etwas beschäftigen" auf und fragte der zweite Vortragsabend heute, Freitag, abends pünktlich 8 Uhr, alte Wilderer und Gelegenheitsdiebe. Wahrscheinlich kommen sic den Sachverständigen, ob denn die volle Beschäftigung des geistes- im Seebad", Residenzstr. 49, statt. Auch die Genossen, die am auch für die Telephondrahtdiebstähle in Frage, die in der Tekten franken Krüppels als Stallmann vereinbart sei mit den Bedin- ersten Abend verhindert waren, sind zur Teilnahme verpflichtet. Sein Stiftungsfest feiert der Wahlverein am Sonnabend, Zeit wiederholt in der dortigen Gegend verübt wurden. Hierauf gungen, welche die Anstalt den Pflegern auferlege. Dr. von Flenten in Uhligs( früher Ramlows)" Kastanienwäldchen", Schönholz 14. läßt auch eine 3ange und sonstiges Werkzeug schließen, das man antwortete: Er habe sticht den Eindruck gewonnen, daß der junge Rezitationen und gefangliche Darbietungen werden das Programm bei einer Durchsuchung der Wohnung Dorenburgs vorfand. Als Mann im Betriebe des Herrn Tönnics zu stark mit Arbeiten in verschönen. Eintrittskarten sind noch bei den Bezirksführern er- Wilderer waren beide in dem Orte bekannt, doch wagte keiner der Anspruch genommen worden sei. Das förperliche Befinden des hältlich. Behörde diese Vermutung mitzuteilen, weil man sie fürchtete. jungen Mannes habe sich bei den regelmäßigen Untersuchungen als Alt- Glienicke. Am Sonnabend, den 8. März, veranstaltet der Spiewack und Dorenburg sind beide schon dieserhalb wiederholt durchaus gut erwiesen, woraus zu folgern sei, daß weder von Wahlverein in Haberechts Gesellschaftshaus einen Wilhelm- Busch - bestraft. Ueberanstrengung, noch von unzureichender Ernährung die Rede Abend mit Lichtbildern und nachfolgendem Tanzkränzchen. Einlaß sein könne. Auf eine Frage des Verteidigers machte Dr. von Fleuten farten à 20 Pf. sind bei den Funktionären zu haben. über die Art der Untersuchungen folgende Angaben: Die außer- Die für Sonntag, den 2. März, angekündigte Gemeindewählerhalb der Anstalt befindlichen Pfleglinge müssen sich allmonatlich cinmal zur Untersuchung in der Anstalt einfinden. Da werden dann an einem Vormittag 130 bis 140 Personen untersucht. Diese „ Untersuchung" besteht wie aus den weiteren Angaben des Herrn Dr. von Fleuten hervorgeht meistens nur darin, daß der Arzt den Pflegling anficht. Ergibt der Augenschein keine ungünstige Wahrnehmung, dann ist die„ Untersuchung" beendet. Allenfalls werden dem Untersuchten noch einige Fragen vorgelegt. Selbst in den Fällen, wo eine etwa eingehendere Untersuchung vorgenommen wird, werden Aufzeichnungen über deren Ergebnisse nicht gemacht. Daß Herr Tönnies, wie in der Verhandlung fest= gestellt wurde, als Nachtdroschkenführer am Tage schlief und sich deshalb um den seiner Pflege anvertrauten geisteskranken Krüppel persönlich gar nicht fümmern konnte, hält Herr Dr. von Fleuten gar nicht für bedenklich, denn es genüge, wenn sich die Frau um den Pflegling fümmere. Mit welcher Art von Arbeit die Pfleglinge beschäftigt werden sollen, darüber macht die Anstalt Dr. von Fleuten auf eine Frage des Verteidigers sagte dem Pfleger feine Vorschriften.
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Nachdem das Gericht die Beweisaufnahme als geschlossen erflärt hatte, nahm der Vorsitzende die vor der Verhandlung erfolg= Ios gebliebenen Vergleichsversuche wieder auf. Genosse Wachs hatte schon von Anfang an exflärt, daß er bereit sei, die Aeußerungen, durch die sich der Kläger Tönnies persönlich beleidigt fühle, zurückzunehmen; er lehnte aber das Verlangen des Klägerischen Anwalts, die Ehrenerklärung auch auf die Familie, des Klägers quszudehnen, entschieden ab. Nachdem durch die Beweisaufnahme hichts von unseren tatsächlichen Angaben widerlegt worden ist, sich aber herausgestellt hat, daß der Kläger Tönnies persönlich sich um seinen Pflegling fast gar nicht fümmern konnte, für dessen Behandlung vielmehr andere Personen verantwortlich sind, konnte Genosse Wachs erflären:
„ Wir haben im März 1912 drei Artikel veröffentlicht, in welchen gegen Herrn Bernhard Tönnies, Soldiner Str. 12, verschiedene ihn beleidigende Vorwürfe betreffend die Behandlung des Pfleglings Paul Donnerstag enthalten sind. Ich habe mich davon überzeugt, daß die gegen Herrn Tönnics erhobenen Beschuldigungen unbegründet sind und nehme dieselben zurüd." Nachdem sich Wachs verpflichtet hatte, diese Erklärung binnen emer Woche im Vorwärts" zu veröffentlichen und die Kosten des Prozesses zu tragen, wurde die Klage zurückgezogen und das Verfahren eingestellt.
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Bedauerlich ist, daß das Gericht den Beweis der Wahrheit über bas von uns kritisierte System nicht in dem vollen von Genossen
Die Aufregung, die in Hennigsdorf und Umgegend immer noch versammlung findet nunmehr am Sonntag, den 9. März, nachmittags herrscht, wurde Mittwoch abend durch einen ebenfalls auf der Chaussee 2 Uhr, im Lokale des Herrn Bohn, Grünauer Str. 55, statt. berübten Revolveranschlag noch gesteigert. Der 30 Jahre alte Referent Genosse Thurow, Neukölln. Kolonialwarenhändler Behrends aus der Chausseestraße zu HennigsKöpenick. Die Fortsetzung des Kursus des Genossen Grundorf und sein Bruder fuhren Mittwoch mit dem Zweirad nach wald muß heute abend ausfallen. Der nächste Vortrag Spandau , um dort einer Testamentseröffnung beizuwohnen. Auf findet am Dienstag, den 11. März, im Kaiserhof statt.
Die städtischen Wasserwerke und die Wasserabsperrung.
Aus dem Rathause wird geschrieben:
" Verschiedene Zeitungen haben in längeren Ausführungen gegen die von den städtischen Wasserwerken vorgenommene Ab Sperrung des Wassers in dem Hause Granseer Straße 8 Stellung genommen.
dem Heimwege nach 8 Uhr abends radelte der Kolonialwarenhändler in furzer Entfernung hinter seinem Bruder her. Unmittelbar vor dem Dorfe wurde er plötzlich in der Dunkelheit vom Rade gestoßen. Als er sich aufraffte und auf den Angreifer zuging, schoß dieser auf ihn und traf ihn in den Hals. Die Kugel, ein Geschoß ganz leinen Kalibers, blieb im Fleisch stecken und richtete teinen großen Schaden an. Behrends schwang sich wieder auf sein Rad und jagte seinem Bruder nach. Der Angreifer schoß noch einmal hinter ihm her, traf ihn aber nicht mehr. Der Angefallene machte sofort Anzeige bei der Drtspolizei. Der Wachtmeister suchte gleich die Chaussee ab und fand am Tatort einen Hut, den der Attentäter auf der Flucht zurückgelassen. Es ergab sich, daß er dem 24 Jahre alten Gelegenheitsarbeiter Späz aus Hennigsdorf gehört. Späz wurde noch im Laufe der Nacht in seiner Wohnung verhaftet. Was ihn zu dem Anschlag getrieben hat, weiß man noch nicht beZunächst sei festgestellt, daß die fragliche Leitung von der stimmt. Wahrscheinlich hat er vermutet, daß Behrends von der Wasserwerksverwaltung sofort wieder geöffnet worden ist, als ein Testamentseröffnung Geld mitbringe, und die Absicht gehabt, ihn Beauftragter des Eigentümers durch Vorlage der Quittungen dessen zu berauben.• die Erfüllung der Vertragsbedingungen der Wasserwerke nachgewiesen hatte.
Wir können diese Ausführungen im Interesse der Wasserwerke nicht unwidersprochen lassen, weil dadurch falsche Anschauungen in den Kreisen der Bürgerschaft verbreitet werden, und den Wasserwerken das an sich schon schwierige Geschäft der Beitreibung rüdständiger Kosten noch mehr erschwert wird.
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Die in Heiligensee von einem Bierkutscher gemachte Anzeige Die Lieferung des Wassers beruht in Berlin ouf vertraglicher Vereinbarung zwischen den Wasserwerken und Entnehmer. Die von einem neuen Anschlag zwischen Schulzendorf und Heiligensee Wasserwerke haben auch kein Monopol, da mehr als ein Viertel ließ es für nötig erscheinen, eigens einen Kriminalkommissar vom des gesamten Wasserverbrauchs von Berlin aus eigenen Brunnen- Berliner Polizeipräsidium dorthin zu entsenden. Dieser hat jetzt anlagen der Eigentümer entnommen wird. Umgekehrt haben aber festgestellt, daß die Angaben des Stutschers frei erfunden sind. auch die Wasserwerke weder nach der vom Magistrat aufgestellten Schon am" Tatort" verwickelte sich der Kutscher in Widersprüche. Geschäftsordnung das Recht noch nach den Gesetzen irgend eine Bei der Anzeige behauptete er, daß das Drahtseil, das er mitVerpflichtung, Wasser an Entnehmer zu liefern, die es nicht be
zahlen oder sich sonst als ganz besonders hartnädige Schuldner brachte, an einer Birke und einem anderen Baume befestigt erweisen, denen auf teine andere Weise beizukommen ist. Aber gewesen sei. Als sich aber an der von ihm näher bezeichneten auch wirtschaftlich kann diese selbstverständlich nur im aller- Stelle ergab, daß der Draht nicht ausreichte, um bon äußersten Falle angewandte Maßnahme der Absperrung nicht als einem Baum zum anderen gezogen zu werden, fam er mit der Beunbillig angesehen werden, da der Hauseigentümer das Wassergeld hauptung heraus, daß er an den beiden Brückengeländern angebunden von seinen Mietern im voraus zugleich mit der Miete einzieht. gewesen sei. Obwohl man ihm diese Widersprüche entgegenhielt, Die Wasserwerksverwaltung geht bei der Beitreibung der Rüd blieb er bei seiner Behauptung, daß er das Drahtseil losgelöst habe. stände durch Gewährung von Stundung und dergleichen im all Durch Zeugenvernehmungen und eingehende Ermittelungen wurde gemeinen so schonend vor, wie die Verhältnisse nur irgend zu aber jetzt einwandfrei festgestellt, daß die Angaben des Kutschers laffen. Die Wasserwerke suchen ferner durch Einforderung von Sicherheiten Ausfälle wenn irgend möglich zu vermeiden und nicht stimmen. Gegen diesen wird deshalb Anzeige wegen groben bei ganz hartnädigen Eigentümern wird neuerdings Voraus- Unfugs erstattet werden. zahlung auf ein Jahr gefordert. Ist aber die Sicherheit oder
der Borschuß verbraucht und wird trog allen Mahnens der Fonds Eine öffentliche unpolitische Bersammlung für jugendliche Arbeiter nicht aufgefüllt, so muß auch hier schließlich Absperrung und Arbeiterinnen findet heute, Freitag, abends 129 Uhr, in Plaz greifen. Es bleibt Sache derjenigen, die an der wirt Sellers Festsälen, Koppenstr. 29, statt. Tagesordnung: