Zurucköeforderung in ihre Heimat mit dem Gouverneur von Süd- westafrika in Verbindung gesetzt; er hat erhebliche Bedeuken geltend gemachr, weil er meint, daß darunter gerade politisch höchst gefährliche. dem Aufruhr geneigte Leute find. Nun habe ich einen neuen Bericht aus Kamerun erhalten, der an mein Mitleid■ appelliert. ES ist den Hottentotten dort schlecht gegangen, klimatische und sonstige Einflüsse haben sie dezimiert.(Hört! hört! bei den Sozial- demokraten.) Das hat mir weh getan, trotzdem eS Verbrecher waren, die eine starke Strafe verdient hatten. Ich habe mich noch einmal au den Gouverneur in Windhoet gewandt, man möchte doch die Be- denken zurückstellen. Natürlich werde ich ihm aber nicht meine Mei nung aufdrängen, damit werden die Herren einverstanden sein, die eine gewisse Dezentralisation wünschen. Sie sehen jedenfalls, daß wir dasselbe Mitleid mit den Leuten haben wie Sie.(Bravo I) Abg. Dr. Mumm(Wirtsch. Bg.): Das wichtigste ist die Msfions' tätigkeit in den Kolonien. Wir haben den Eingeborenen das Beste zu bringen, was wir haben, und das ist das Kreuz. Wenn man von Menschenjagden spricht, so haben solche in den Kolonien früher seit Jahrtausenden in viel schlimmerem Matze zwischen den einzelnen ' Stämmen stattgefunden. Abg. Dr. Weist(Soz.): In der Denkschrift über die Neuerwerbungen in Aequatorial- afrika ist der schlechte Zustand der an Deutschland neu übergegangenen Gebiete auf die Konzesfionsgesellschasten geschoben, deren lieber- nähme der ReichSlanzler unter den Schattenseiten des Vertrages aufgezählt hat; er meinte freilich, unter der- deutschen Gerichtsbarkeit würde es anders werden. Wir haben allen Grund zum Mißtrauen dagegen, daß die Regierung entschlossen ist, den Kamps gegen die Bor- Herrschaft der Konzessionsgesellschaft mit Entschiedenheit aufzunehmen. Die Denkschrift von 1911 spricht mit merkwürdiger Diskretion von einem Vorgang, der in Deutschland so gut wie keine, in Frank- reich dagegen desto größere Beachtung gefunden hat, nämlich von dem Versuch, Verhandlungen zwischen der Ngoko-Sangha-Gesellschaft und jenseits der Grenze gelegenen deutschen Gesellschaften anzubahnen. Diese Verhandlungen find aber gescheitert. Jedenfalls geht aus der Denkschrift deutlich hervor, daß die Regierung solchen Versuchen nicht unsympathisch gegenübersteht.(Hört, hört! bei den Sozialdemo- kraten.) Natürlich müßten solche Verhandlungen eine Stärkung der Konzesfionsgesellschasten zur Folge haben. Deu Gesellschaften wirft man sowohl die Art ihrer Gründung vor. dann vor allem die un- erhörten Verträge, die fie mit den Eingeborenen geschlossen haben, und den Raubbau, den fie am Kautschuk betreiben..Ihre Tätigkeit ist die organisierte Plünderung der Kolonie gewesen" (Hört! hört!), sagt ihr der Franzose Viollette nach. Ganz derselben Art sind die Vorwürfe, die gegen das Kamerun-Kaut schul» Syndikat erhoben worden find. Es kann uns nicht gleichgültig fein, daß die deutsche Regierung solche Bestrebungen unterstützt. (Sehr richtig§ bei den Sozialdemokraten.) Diese Bestrebmrgen haben auch hier im Abg. Semler einen Fürsprecher gefunden. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Für meine Behauptung, daß die Verhandlungen von der deut- scheu Regierung unterstützt worden find, ja, daß die deutsche Regiermig direkt daran teilgeuonunen hat, gibt eS amtliche Belege. Tie Ngoko-Sangha-Gesellschaft schreibt am 17. Januar an den Minister des Auswärtigen in Paris , die deutsche Regierung habe den Ar. Sew'ler mit diesen Verhandlungen beauftragt.(Lebhaftes Hört! hchrt! beü den Sozialdemokraten.) Am 21. Mai wird geschrieben, Dr. Semder würde in Paris dem Minister durch den deutschen Bot- schafter- vorgestellt werden. Der Berichterstatter der französischen Buigetlommsfion erwähnt ein Schreiben des Ministers an Herrn Deschauel, in dem es heißt, die deutsche Regierung habe Dr. Semler als denjenigen bezeichnet, der mit den Verhandlungen beauftragt worden sei.(Zuruf des Abg. Dr. Semler l) Herr Dr. Semler wundert fich über das Erstaunen meiner Freunde. Sicherlich hätte die deutsche Regierung besser getan, fich eine größere Zurückhaltung aufzuerlegen. Der Berichterstatter der frauzösischen Budgetkommisfion sagt, man zählt mit Behagen die Titel des Dr. Semler auf, Rechtsanwalt in Hamburg , Mitglied des Reichstages, Berichterstatter im Reichstag für den Etat des KolonialamtS(Lebhaftes Hört! hört! bei den Sozialdemokraten), Vorfitzender der Südkamerun-Gesellschast usw. Es ist Herrn Dr. Semler zum Vorwurf gemacht worden, daß er trotz seines Interesses an den Dingen das Referat zum Koloinaleiat übernommen habe. Dr. Semler hat erklärt, er erblicke keinen Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit für die Gesellschaften und seiner Tätigkeit als Bericht- erstatter. Ich bin gern so wohlwollend, ihnr zu glauben, daß er diesen Zusammenhang nicht erkennt; aber objektiv steht die Tatsache fest, daß die Eigenschaft deS Herrn Dr. Semler als Berichterstatter für den Etat des Kolonialamts als Beweis für seine Qual ist- k a t i o n zu gewissen geschäftlichen Verhandlungen angeführt worden ist und da sollte der Reichstag doch darauf Wert legen, daß Dr. Semler nicht aus einen derartig delikaten Posten gestellt wird.(Lebhaftes Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Auch in andern Fällen haben Beamte der Regierung eine Tätigkeit entfaltet, die durchaus nicht eine Förderung der Handelsfreiheit bedeuten. So hat die„Compagnie Forestiöre" in ihrer Haupt- Versammlung am 17. November 1912 mit Befriedigung konstatieren können, daß nach der Abtretung Neu-Äameruns an Deutschland ihre Geschäfte durch die deutsche Regierung nicht im geringsten gestört worden seien. Das haben also alle ihre eigentümlichen Verträge mit den Eingeborenen, ihr Raubbau an Kautschuk usw. nicht ver- hindert. Ferner soll eine andere Gesellschaft die Unterstützung der Regierung erfahren haben. Es handelt sich da um den Bau der Bahn von Duallah bis an den Kongo, der_ auch gestern von Herrn Semler sehr lebhaft befürwortet worden ist. Ich habe die Befürchtung, daß die betreffende KonzesfionSgesellschaft durch die Fortführung dieser Bahn in der genannten Richtung eine erhebliche Kräftigung erfahren wird. ES haben schon früher in Paris und in Berlin über diesen Bahnbau zahlreiche Verhandlungen statt- gefunden und Herr Dr. S e m l e r hat dabei ein lebhaftes Interesse dafür an den Tag gelegt. Der Botschaftsrat in Paris v. d. Laaken hat stch der Vermittlung deS Herrn Dr. Semler bei der Förderung dieser Geschäfte bedient. Ich finde nicht, daß eS Aufgabe eines deutschen Botschaftsrats in Paris ist, solche Kon- zesfionSgcsellschaften zu unterstützen. ES ist unS natürlich ganz gleichgültig, welche Privattätigkeit etwa Herr Dr. Semler 'ausübt, und wenn es ihm so schlecht geht, wie in Paris , wenn er so abfallen muß wie in diesem Falle, so ist das sein Pech. Das ist mir persönlich ganz gleichgültig, ich habe für ihn das Mitgefühl, das seiner Wirksamkeit entspricht, aber ich glaube, wir können verlangen, daß wo«S sich um ganz private Geschäftsinteressen handelt zugunsten einiger großen Kon- zessionsgesellschaften, die Beamten der Regierung sich eine größere Reserve" auferlegen. Es würde nichts schaden, wenn der Bot- fchaftSrat v. d. Sanken in die Grenzen einer normalen und angemessenen Tätigkeit zurückgewiesen würde.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten). Man sollte die Konzessionsgesellschaften durchaus nicht irgendwie zärtlich behandeln, man sollte von keinem Mittel ihm gegenüber zurückschrecken, auch nicht vergeffen, daß z. B. vorgesehen ist da-Z Mittel der Entsetzung, und daß vor allem das Ziel der Handelsfreiheit im Auge behalten werden muß. Ich be- lone nochmals, daß im ganzen Hause Uebereinstimmung herrscht über die Notwendigkeit des Kampfes gegen die KonzesfionSgesellschaft. Wir haben diese Kolonialpolitik niemals unterstützt, aber wir denken daran, welche schweren Lasten sie dem Volke aufzwingt, und wir er- heben entschieden den Anspruch, daß dieses Opfer von der Regierung respektiert werden. Die kostspieligen, mit teuren Opfern erkauften Gebiete dürfen wir nicht einem brutalen und skrupellosen Regime moderner kapitalistischer Konquistadoren ousliesern.(Lebhafter Bei- fall bei den Soziaideuiokraten.) Alv. Dr. Temlcr iuatl.): Ich bin durch dune» angriff uver- iviifht und habe kein Material. Aber ich brauche Material auch aar nicht. Daß irgendetwas dergleichen in der Luft lag, wußte ich vereits beut«. Es ist mir mitgeteilt worden, die-Sozialdemokraten wollten mir etwas anhängen, weil ich gestern die vollige Turftiakeit ihres Standpunktes in der Kolomalfrage fchars kritistert habe. AiM sollte ich nun an den Pranger gestellt werden.(Große Uw l ruhe bei den Sozialdemokraten.� Das nennt man eine kleine In- ' trigue.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Die meisten von dech Vorredner vorgebrachten Tatsachen find längst bekannt. Wenn mir nicht von sozialdemokratischer Seite, aber sonst von irgendjemand der Wink gegeben werden sollte, daß meine Stellung nicht ganz lauter wäre, würde ich dem sosort Folge geben, und wie ich früher schon mein Referat über Kamerun niedergelegt habe, auch mein Referat über den Hauptetat niederlegen. Worum handelt es sich denn? Ick wurde vor einigen Jahren gefragt, ob ich bereit sei, in den Aufsichtsrat der Gesellschaft Süd-Kamerun an leitender Stelle zu treten. Sie gab damals keine Dividenden und Tan- tiemen. Das lag mir bei meinem bürgerlichen Beruf als kauf- männischer Anwalt in Hamburg nahe. Wir Eimen doch nicht alle Journalisten, Schauspieler oder sozialdemokratische Beamte sein. l Große Unruh« bei den Sozialdemokraten.) Wir müffen enten bürgerlichen Beruf haben, von dem wir in Ehren leben(Lachen bei den Sozialdemokraten), der uns die Möglichkeit gibt, die Dinge hier iui Reichstag vom grünen Baum der Praxis zu beurteilen. Sonst dürften hier keine Landwirte, keine Spiritusintereffenten, dann dürsten hier auch keine Sozialdemokraten sitzen, denn« i c alle(zu den Sozialdemokraten) leben ausschließlich vom Geschäft, i Großer Lärm und Unruhe bei den-Sozialdemokrat ten.) Ich habe mich damals, weil ich mir klar sein wollte, ob irgendwie eine Jntereffenkollisiou entstehen könnte, schriftlich an das Kolonialamt gewandt, und mir ist das Gegenteil versichert worden. Ich habe auch bei den Kollegen aus der Budgetkmumisfion herumgesragt, ob ich das tun könne, und man hat mir auch gesagt, es läge kein Bedenken vor. Ter Gesellschaft ist es dann immer besser gegangen, sie gibt jetzt auch Dividenden und Tantiemen in vernünftigen Grenzen. Ich frage, ob da irgendetwas Unlauteres dabei ist. Die Gesellschaft hat unter meiner Leitung eine sehr arbeitersreundliche Polstik betrieben. Wenn man hier den Ver- such macht, mich, weil ich Ihnen(zu den Sozialdemokraten- etwas Unangenehmes gesagt habe, in eine peinliche Lage zu bringen (Unruhe und Zurufe bei den Sozialdemokraten: Nur deshalb?), setz« ich mich darüber hinweg. Ich weiß auch nicht, was es Böses fein soll, wenn mir das Auswärtige Amt einige französische Herren zuschickt, denen ich Rat erteilen sollte. Das kommt alle Tage vor. Dann soll ich in Paris abgefallen sein. Dort fitzt ein ganz aus- gezeichneter Botschaftsrat, v. d. Sanken, ein kluger und sehr tiich- tiger Beamter. Der hat Herren, die sich aus Frankreich an ihn wandten, freundliches Wohlwollen bewiesen, und fie aus den rich- tigen Weg geleitet. Es handelt sich dabei um die Frage der Schiff- fahrt ans dem oberen Kongo, und es war mit Rücksicht auf das neu- erworbene Gebiet sehr wünschenswert, wenn neben den Franzosen und Belgiern auch wir Deutsche dort eine Verbindung bekommen. Da habe ich mich mit Freuden zur Vermittelung angeboten, ohne persönliches und geschäftliches Interesse.(Lachen bei den Sozial- demokraten.) Ja. Herr Ledebour , das verstehen Sie nicht, wenn Sie solche Geschäfte führen müßten, da würden allerdings solche Jntriguen herauskommen, wie Sie sie mir zumuten. Ich habe mich also mit Freuden bereit erklärt, da mitzuwirken, und voraus- fichtlich wird schon am 1. April von den Dampfern auch unser Ge- biet befahren werden. Das find die Unterlagen für diese etwas kläglichen Angriffe als Revanche für meine gestrige Rede.(Bravo ! bei den Nationalliberalen.) Abg. Dr. Wcill(Soz.): Ich lehne entschieden die Unterstellung des Abg. Semler ab, als ob mein Vorgehen eine Revanche für seine schreckliche Rede von gestern gewesen sei.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Auf diesen Einwand war ich wirklich nicht gefaßt, denn schließlich gehört nicht übermäßige Scharfsinnigkeit dazu, um zu entdecken, daß ich trotz aller Geistesaaben, die mir Dr. Semler vielleicht zuschreibt, dieses schwierige Thema der Konzesnonsgesellschaften nicht seit fftern abend durcharbeiten konnte.(Sehr gut! bei den Sozialdem- aten.) Entschieden wenden muß ich mich aber gegen die Ver- schleiernng des einfach objektiven Tatbestandes, wie sie sich objektiv aus der Rede des Abg.Dr. Semler ergibt. Es ist mir gar nicht eingefallen, eine Rede über oder gegen den Abg. Dr. Semler zu halten. Ich habe ausdrücklich betont, daß inicb sein persönliches Schicksal absolut nicht interessiert, sondern ausschließlich die Miß- Wirtschaft der Konzesfionsgesellschasten in Afrika . Wenn in diesem Zusammenbang bei der Besprechung der Tätigkeit der Konzesfionsgesellschasten der Name des Abg. Dr. Semler� genannt werden muß— meine Schuld ist das wirklich nicht.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Und wen bei der ganz einwand freien, einfach nicht zu erschütternden Schilderung der Tatsachen Herr Dr. Semler irgendtoie herabgesetzt werden muß. so trage ich auch hieran nicht die Schuld, das ist lediglich sein eigenes Ver- dienst.(Sehr gnt! bei den Sozialdemokraten.) Und er muh auch die Konsequenz seines sehr—„verdienstvollen" Wirkens zu tragen verstehen. �Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Mich hat an der Person des Dr. Semler nur das Moment interessiert und interessiert mich auch noch nach seiner mehr temperamentvollen als überzeugenden Erwiderung, das ist die Tatsache, daß er der Re- ferent des Reichskolonialanttes ist.(Sehr richtig! bei den Sozial- demokraten.) Ich war sogar so wohllvollend. ihm gegenüber zu äußern, daß er sicherlich im besten Glauben gelebt hat, es bestehe keine Spur eines Zusammenhanges zwischen seiner privaten Tätig- keit und dieser seiner Eigenschaft. Gewiß, ich will mich jetzt noch so stellen, als würde ich ihm das zugeben.(Heiterkeit.) Aber im übrigen ist objektiv nicht zu bestreiten, daß diese seine Eigen- schaft als Referent des Reichskolonialcnntes zur Empfehlung ge- dient hat bei gewiffen geschäftlichen Transaktionen, und das ist das entscheidende.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Er sollte uns eigentlich dankbar dafür sein, daß wir ihn auf diese Kompli- kation seiner geschäftlichen und öffentlichen Tätigkeit hinweisen. Wenn er das nicht empfindet, so muß nach meiner Meinung der Reichstag das genügende Wohtwollen für Herrn Dr. Semler haben und ihm die Möglichkeit entziehen, in so peinliche Situationen zu geraten.— Was mich serner interessiert hat, ging Herrn Dr. Semler überhaupt nichts an, es war die Wirksamkeit der Regierung in ihrer Mitwirkung an solch privaten Geschäften, die geeignet ist, die Handelsfreiheit noch mehr zu unterbinden und die Äonzessions- gesellschaften noch mehr zu stärken. DaS ist der Kernpunkt der Frage, und wir werden Herrn Dr. Semler nicht erlauben, daß über diese entscheidende Frage irgendein Schleier gedeckt wird. Ich er- wähne die Namen der Abgg. Bassermann, Dr. Wiemer, Haußmann, Herr v. Bethmann Hollweg , die alle damals bei Beratung d«Z Kongoabkonimens die Konzesfionsgesellschasten verurteilt haben. Herr Bassermann sprach damals von einer schweren Truh crur. Diese Mnge zu beleuchten, werden wir uns nicht nehmen lassen, mag Herr Semler sich noch so beleidigt fühlen über die Erwähnung seines Namens, der nun einmal bei Behandlung dieser Kragen nicht unerwähnt bleiben kann.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemo- kraten.)-• Abg. Dr. Paasche(natl.): Ich glaube, daß das Haus keine Lust mehr hat. diese unerfreuliche Debatte fortzusetzen, und verzichte meinerseits auf daS Wort. Damit schließt die Debatte.(Zuruf bei den Sozialdemo- kraten: Und die Regierung schweigt!)— Der Titel „Staatssekretär" wird bewilligt. Tie fortdauernden Ausgaben des Etats werden debattelos genehmigt. Bei den einmaligen Ausgaben beim Titel»Studium des Ein- geborenenrechts" bemängelt Abg. Dove(Bp.). daß der Titel gegenüber dem vorjährigen Etat erheblich herabgesetzt sei. von 2S 000 auf 5000 M. Will man die Eingeborenen menschlich behandeln, so ist eine genaue Kennt- nis ihrer eigenen Rechtsanschauungen unerläßlich. Staatssekretär Dr. Sols: Auch die Kolonialverwaltung wünscht das Eingeborenenrecht zu sammeln. Es liegen jetzt bereits viele beantwortete Fragebogen vor, zu deren Bearbeitung wir in diesem Jahre mit 5000 M. auskommen werden. Die einmaligen Ausgaben und die Einnahmen werden be- willigt. Hierauf vertagt das Haus die Weiterberatung ans Sonnabend 11 Uhr.(Vorher dritte Lesung des Etatnotgejetzes.)_______ Hbcfeordmtenbauö* 149. Sitzung. Freitag. den 7. März IvtS, vormittags 11 Uhr. Am Mmistertisch: Dr. Lentzc. v. Dallwitz. Abg. v. Arnim(k.) begründet einen Antrag aller bürgerlichen Parteien auf Einfügung eines Notparagraphen in da» Etatsgesetz. Der Etat wird bis zum 1. April nicht verabschiedet sein, wir müssen die Regierung ermächtigen, bis zu seiner Verabschiedung die not- wendigen Ausgaben innerhalb der Grenzen deS Etats weiter zu leisten. Finanzminister Dr. Lentzc: Der Antrag befteit die Regierung von einer Verlegenheit, denn die Staatsausgaben können nur ge- macht werden, wenn sie vom Landtag bewillig! find. Die Regierung wird sich bis zur endgiltigen Feststellung des EtalS die nötige Be- schränkung auferlegen. Abg. Dr. Pachnickc(Bp.): Wenn die Regierung den Etat dem Hause eine» Monat früher vorlegen würde, kämen wir nicht in diese Verlegenheiten. Abg. Hoffmann(Soz.): So ist eS! Der Etat muß früher eingebracht werden, sonst kommen wir nicht aus der Not des NotstandSelatS heraus. Der Antrag geht an die Budgetkommisfion. Der Grnndstückskavf fiir das Abgeordnetenhaus. Berichterstatter Abg. Viereck(fk.) begründet den Antrag der Budgetkommisfion, dafür zu sorgen, daß der Baublock zwischen der Leipziger Slraße. der Wilhelmstraße, der Prinz-Albrecht-Straße. der Königgrätzer Straße und dem Leipziger Platz für Reichs- und Staatszwecke erhalten bleibt. Außerdem soll die Regierung geeignete Schritte tun. um das an der Westseite des Abgeordnetenhauses, Prinz-Albrecht-Straße 5, liegende unbebaute Grundstück der Heeres- verwaltmig für den preußischen Staat, insbesondere für Zwecke deS Abgeordnetenhauses zu erwerben. Der Berichterstatter beantragt Ueberweisung deS NachtragsetatS von K Millionen an die Budget- kommisfion. Finanzminister Dr. Lentzc: Da das Etatsjahr 1912 bald zu Ende ist, kann ich nur bitten, den Nachtragsetat bald zu verab- schieden. Er ist daS Ergebnis der Verhandlungen zwischen der Staatsregierung und dem Reichsmilitärfiskus, die auf Grund eines einstimmigen Beschlusses Ihrer Budgetkommisfion geführt wurden. Abg. Dr. Friedberg(natl.): Wir enthalten uns im Plenum aller weitereu AuSflihrungen. Abg. Hoffmann(Soz.): Da wir in der Kommisfion nicht vertreten sind, kann ich auf das Wort nicht verzichten. Eine große Tragikomödie findet jetzt ihren Abschluß, die unter der persönlichen.Anführung" Dr. Friedbergs be» gönnen hat. Unter viel Lärm wurde fie eingeleitet, aber eS war ein Lärmum nichts! ES handeltfich um denbekonnten Garten, den das Abgeordnetenhaus für fich zu haben wünscht. Die ganze Frage wäre ja leicht zu lösen, wenn der Garten des Oberhauses den«Gemeinen" des Volkes— als solche wird dieses Hans betrachtet— zu benutzen gestattet würde.(Sehr richtig l bei den Sozialdemokraten.) Da das nicht geschieht, soll dadurch sür gleiches Recht gesorgt werden, daß auch das Abgeordnetenhaus sich einen Garten zulegt. Wenn eS sich umjfleiche Rechte handelt, find wir intmer bereit, Sie zu unterstützen. Seinerzeit Hot die Frage hier im Hause ja einen förmlichen Aufruhr erregt; selbst bei den Frei- konservativen, und das will gewiß viel sagen.(Heiterleit links.) Selbst der sonst so friedliche Herr Hammer sprach von einem Ver- möbeln des Ministerpräsidenteu und Dr. Friedberg redete sogar von einer Operettenstimmung und trug das Couplet vor:»Habe manches schon erlebt, aber so etwas nicht!"(Heiterkeit.) Der Ministerpräfident wurde zitiert, er kam. sprach zwei Worte, machte rechtsum lehrt und verschwand.(Heiterkeit.) Wenn in diesem Hause so viel Sozial- demokraten wie Konservative säßen, das Parlament hätte sich eine solche Behandlung nicht gefallen lassen und das Ministerium hätte sich eine solche Behandlung auch nicht herausgenommen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die ganze Grundstücks- angelegenheit bekommt einen sonderbaren Beigeschmack, wenn man fich einmal darüber informiert, welche Hände in dieser Geschichte stecken. Dann zeigt sich, daß diese Gartenfrage eine w u n d e r b a r e A e h n l i ch k e i t hat mit der Angelegenheit de» Tempelhofer Feldes.(Sehr gut! bei den Sozialdemvi kraten.) In beiden Fällen spielt ein Vaulöwe, ein Grundstücksspekulant eme große Rolle und zwar eine Rolle zum Schaden der preußischen Steuerzahler. Wir müssen einmal prüfen, mit welchem Grundstücksspekulanten da» Äriegsministerium diese? Geschäft gemacht hat. Bei der letzten Debatte in diesem Hause über diese Angelegenheit hat der Geheime Oberfinanzrat Löhlein hier erklärt„Es gehört zu den m i l i t ä r d i e n st l i ch e» Zwecken, für die militärischen Ausgaben Geld zu beschaffen." Er erntete dafür stürmische Heiterleit. Er wollte sagen, daß durch dieses Grundstiicksgcschäfl das Kriegsministeriuur Geld bekomme. Alö Abgeordnete aber haben wir die Pflicht, genau zu prüfen, wie diese Geldbeschaffung aussieht. Freilich, Herr Löhlein sprach von einer loyalen Behandlung der Abgeordneten und zwar in einem Ton jmd mit einer Pose, die Ihnen allen ja noch bekannt ist.(sehr gut! bei den Sozialdeinokraten.) Sie hat ausnahmslos im Hause Protest hervorgerufen. Pose und Worte waren: Mir kann keiner! (Sehr richtig! bei de» Sozialdemokraten.) Wenn Ihnen diese Be- Handlung recht ist. das ist Ihre Sache, wir lassen sie uns nicht gefallen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir sind mit Ihnen der Meinung, daß das Abgeordnetenhaus das Recht auf Er- holung in einem Garten auf frische Lust hat. Dafür sollten 2Vs Millionen aufgewendet werden. Jetzt aber wird uns zugemutet, sechs Millionen zu zahlen.(Hört! hört I links.) Da sagen wir: Finger weg davon, dafür ist das Geld der Stenerzahter zu teuer!(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wir können es mit unserem Gewiffen nicht vereinbaren, für ein Stuckchen Garten sechs Millionen auszugeben, zumal der große Herrenhaus- garten vorhanden ist.(Sehr richtig! bei den Sogtaldemo- kraten.) Das Herrenhaus hält im ganzen 12 Vis 18 Sitzungen jährlich ab.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Der Garten steht das ganze Jahr leer, auch w ä h read de r Sitz ung en.(Hört! Hort! links.) Nur die H u n d e- des früheren Präsidenten habe ich bisher im Garten spielen sehen. lHetterkeit.) Aber dazu ist er nicht da. (Sehr richtig! links.) Ein ganzes Pudel Hm>de zerwühlte und der- nichlete den Garten, für den dann im Etat des Herrenhauses regel- mäßig die Wiederherstellungskosten angeforderi werden.(Hört l hört! links.) Wir find auch dafür, daß das Abgeordnetenhaus nicht in gewerbliche Uniernehmun gen ht neingebaut wird. Wir sind für mehr Freiheit de» Abgeordnetenhauses, aber nicht nur äußerlich, sondern auch in n e r I l ch möchten wir sür Licht und Lust und Freiheit sorgen, j�ravo. bei den Sozialdemokraten. — Lachen rechts.) Dieses � wird auch noch einmal ersterben, und die Zeit wird kommen, wo das Volk seine Rechte erobern wird und erobern muß.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) In den Erläuterungen de« NachtragsetatS wird über die Verhandlungen aus Zurücknahme des Grundstücks durch die Negierung gesagt:„Danach tonnte der Erwerb dieses Grund- stücks nur ermöglicht werden, indem Preußen sich gleichzeitig ver» pflichtete, an den Unternehmer, mit dem die Reichsverwaltung fpekulant auf ein Geschäft verzichtet, dafür soll aus den Mitteln der Steuerzahler diese gewaltige Summe gezahlt werden. Zur Begründung wird ausgeführt, daß der fragliche gewerbsmäßige Grundstückshändler Bankdirekror v. Winterfeld bereits erheb-
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