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Reichstag.

129. Sigung vom Sonnabend, den 8. März, vormittags 11 hr.

Ant Bundesratstisch: Dr. Solf.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die dritte Lesung des Etatnotgesetzes

Abg. Haase( Soz.):

folution anlangt, so machen wir uferlose Antreibereien der Regierung| schaften mit der Gesellschaft Süd- Kamerun  , die vor der Erwerbung nicht mit. Kommt die Regierung mit einer Vorlage, so werden wir sie von Neu- Kamerun stattfanden, den Schluß gezogen, daß die Res prüfen. Dann noch cins: Man hat die Erwartung ausgesprochen, gierung und Dr. Semler die Konzessionsgesellschaften begün­daß der deutsche Baumwollarbeiter monatlich einen Tage- stigen. Das ist ganz irrig. Alle Parteien im Hause haben keinen Lohn opfern werde, um die Baumwollfultur zu heben. Diese Zweifel darüber gelassen, daß sie nicht die Schlaffrankheit, sondern Hoffnung wird sich nicht erfüllen. Der deutsche Baumwollarbeiter die Konzessionsgesellschaften als schlimmste Erbschaft in Neu­hat mit der Sorge um das nadie Leben bei unserer Zeuerung und Kamerun   übernommen hat. Es ist auch ganz unzulässig, cinem bei seinen niedrigen Löhnen zu kämpfen. Mag der christliche Abgeordneten seine Tätigkeit in seinem Privatberuf zum Vorwurf Tertilarbeiterverband Beiträge zum folonialwirtschaftlichen Komitee zu machen. Dr. Semler hat an den Verhandlungen als Advokat zahlen; dieses Komitee dient doch nur kapitalistischen Interessen. teilgenommen. Wenn in den Zeitungen dabei alle seine Titel auf­Namens meiner Fraktion erkläre ich, daß wir gemäß unserer Der Deutsche   Textilarbeiterverband kann nicht Mittel für die För gezählt werden, auch seine Eigenschaft als Abgeordneter, so ist das Saltung zum Gesamtetat auch den vorliegenden Gesezentwurf derung der Baumwollkultur zur Verfügung stellen. Die von ihm etwas, dem sich niemand von uns entziehen kann. Dem Lob des ablehnen. Das hindert uns aber nicht, die entschiedenste Kritik aufgebrachten Beiträge der Arbeiter haben einen anderen Zwed: Vorredners über Neu- Kamerun kann ich nicht ganz zustimmen, aber daran zu üben, daß die Etatberatung nicht bis Ostern zu Ende die traurigen Verhältnisse der Arbeiter in Deutschland   zu ver- jedenfalls müssen wir weiter arbeiten. geführt worden ist.( Lachen rechts.) Die Behauptung, daß die so- bessern.( Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.) Staatssekretär Dr. Solf: Herr Dr. Weill hat in seiner sorgs genannte Vielrederei im Reichstag daran schuld sei, wird glatt Abg. Schiffer( 3.) erklärt die Zustimmung seiner Freunde zu fältig präparierten Rede folgende Thesen aufgestellt: zunächst die, widerlegt durch die Tatsache, daß uns von der Budgetfommission der Resolution. Der Vorredner hat uns unsere Wirtschaftspolitik daß das Konzessionssystem schlecht ist. Das ist die Ansicht aller bis zum Augenblick irgendein Beratungsstoff überhaupt nicht zu- zum Vorwurf gemacht. Die Verantwortung dafür tragen wir Parteien im Hause und auch der Regierung. Wir haben auch die gegangen ist.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Also die gern. Würden nach dem Vorschlag der Sozialdemokraten die Zölle berechtigte Hoffnung, daß die Konzessionsgesellschaften in Neu­Verantwortung trifft die Regierung, die den Reichstag trot unseres auf Tertilwaren aufgehoben, so wäre das Elend unter den Textil- Kamerun zusammenschrumpfen werden. Die zweite These war, die Protestes erst so spät einberufen hat.( Sehr wahr! bei den Sozialarbeitern noch viel größer. Neu- Kameruner Gesellschaften haben das Land im Interesse weniger demokraten.) Ganz frei von Schuld zu sprechen ist allerdings auch Abg. Dr. Paasche( natl.): Wird die Baumwollkultur in Amerita Kapitalisten ausgebeutet und verwüstet. In bezug hierauf muz der Reichstag nicht, der vor Weihnachten viel zu früh in die Ferien noch ausgedehnt, so wird auch die Textilindustrie dort zunehmen, ich den Gesellschaften die Beantwortung überlassen. Falls die Ge­gegangen ist. Die Erfahrung beweist, daß im Mai keine besondere und dann ist die Zukunft für unsere Textilindustrie sehr traurig. sellschaften uns ein solches Gesicht zeigen werden, haben wir Mittet Lust mehr vorhanden ist, weiter zu tagen, und daß dann Initiativ- Deshalb liegt es auch im Interesse der Arbeiter, die Baumwoll- und Wege, das nicht aufkommen zu lassen, wir haben die Kongo­anträge, Petitionen und die Regierungsvorlagen, die für das Volk fultur in unseren Kolonien zu fördern. Auch die Sozialdemokraten akte, wir haben unsere Geseze, und wir haben die Lastenhefte der Wert haben, einfach unter den Tisch fallen; der Reichstag wird sollten dafür eintreten, zumal alles, was wir fordern, auf eine Gesellschaften selbst. Sie können sich darauf verlassen, daß wir die geschlossen oder vertagt. Das in seinen Grundlagen völlig ver- Förderung der Eingeborenentultur hinausgeht. Gesellschaften ganz genau fontrollieren werden. Deshalb fehlte Diätengeset bedarf dringend einer Umgestaltung( Schr Staatssekretär Dr. Solf: Der Aufgaben der Baumwollfultur bin ich auch mit der dritten These Dr. Weills nicht ein­wahr! bei den Sozialdemokraten), um die Abgeordneten über den werde ich meine Aufmerksamkeit widmen, auch gegen das Votum der verstanden, nämlich, daß wir die Gesellschaften Neu- Kameruns  Mai hinaus zusammenzuhalten. Wir erwarten ferner, daß der Sozialdemokraten. mit allen Mitteln bekämpfen müssen. Nein, bekämpfen Reichstag in Zukunft im Herbst einberufen und ihm sofort der Abg. v. Böhlendorff- Kölpin: Wir lassen uns die Zuversicht nicht kann ich die Gesellschaften nicht, daran hindert mich die Vertrags Etat vorgelegt wird.( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) nehmen, daß wir mit unserer Baumwollkultur mit der Zeit gute treue gegen Frankreich  , wohl aber kann und werde ich sie kon­Abg. Seyda  ( Pole): Nach Ablehnung der Ostmarkenzulage darf Erfolge erzielen werden. Die Angriffe auf das Kolonialwirtschaft- trollieren. Herr Dr. Weill zweifelt daran, daß die Regierung alles die Reichsregierung sie selbstverständlich den Beamten auch nicht liche Komitee, dessen Mitglied ich bin( Aha! bei den Sozialdemo- tun werde, um die Konzessionsgesellschaften nicht zu stärken, und auf Grund des Etatnotgejezzes zahien.( Zuruf bei den Sozialdemo- fraten), weise ich auf das entschiedenste zurüd. beruft sich darauf, daß furz vor der Erwerbung. Neu- Kameruns  fraten: Natürlich nicht!) Wenn kein Widerspruch von irgendeiner Abg. Gothein( Vp.) tritt für Schiffbarmachung des Rufiji- der Botschaftsrat von der Landen im Gemeinschaft mit Dr. Semler. Seite erfolgt, darf ich dies wohl als Meinung des ganzen Reichs- lufjes ein. Maßnahmen getroffen habe, um die Konzessionsgesellschaften zu tages feststellen. Abg. Kräßig( Soz.) betont, es habe ihm ferngelegen, die Herren stärken. Ganz im Gegenteil müssen wir Herrn Dr. Semler für Damit schließt die Diskussion. Das Gesek wird angebürfe seine Tätigkeit nicht auf Kosten der deutschen   Steuerzahler schwierigkeiten zwischen der Süd- Kameruner Gesellschaft und der des Kolonialwirtschaftlichen Komitees persönlich anzugreifen; nur seine dabei entfaltete Tätigkeit dankbar sein. Es bestanden Grenz­Es folgt der erfolgen. großen Konzessionsgesellschaft in Neu- Kamerun. Da lag es doc felbstverständlich im Interesse unserer Verwaltung, daß wir bei diesen unbequemen Grenzstreitigkeiten es nicht mit Verhandlungen von Regierung zu Regierung zu tun hatten, und es war deshalb sehr erfreulich, daß Herr Dr. Semler sich in den Dienst dieser Ver­handlungen zwischen den Gesellschaften gestellt hat. Daß der Bot schaftsrat von der Landen dabei private Interessen verfolgt hat, muß ich ebenso zurückweisen, wie der Abg. Semler für seine Berson. Der Redner sucht weiter im einzelnen zu widerlegen, daß Maß­nahmen der Regierung die Stellung der Konzessionsgesellschaften gestärkt hätten.

nom me 11.

Etat für Ostafrika  

Hierzu liegt eine Resolution der Kommission vor, die einen Nachtragsetat mit einem ausreichenden Betrag zur Förderung der Baumwollkultur in den Schutzgebieten verlangt.

leumbet worden

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Abg. Krähig( Soz.):

Staatssekretär Dr. Solf: Der Unterlauf des Rufiji ist bercits schiffbar geworden, weitere Mittel zu seiner Schiffbarmachung sind ausgeworfen.

Abg. Dr. Arendt( Rp.): Ich bin überzeugt, daß die Entwide­lung in den Kolonien so fortschreiten wird, daß, wie schon die Frei­sinnigen, so schließlich auch die Sozialdemokraten ihren Kampf gegen Windmühlenflügel aufgeben werden.

Abg. Kräßig( Soz.):

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Die Ausführungen des Vorredners beruhten auf der falschen Vorcusseßung, daß wir überhaupt nichts für die Baumwollfultur bewilligen wollen. Ich habe demgegenüber zu erklären, daß wir Abg. Erzberger  ( 3.): Die Erklärung, die der Herr Staats­für die im Etat zu diesem Zwecke geforderte Summe stimmen sekretär über die Bekämpfung des Alkoholismus abgegeben hat, werden.( Sört! hört!) Wir lehnen nur die Resolution ab, weil wir genügt uns nicht. Wir müssen alles tun, um den Alkohol von den nicht wissen, wie die da geforderten Mittel verwandt werden sollen. lich erhöht werden. tropischen Kolonien fernzuhalten; die Alkoholzölle müssen wesent Die Konzessionsgesellschaften haben wir seit Damit schließt die Diskussion. Die Resolution wird angefeher entschieden bekämpft. Als Herr Semler feinerzeit an Stelle nommen, desgleichen zwei Resolutionen der Budgetkommission, des verstorbenen Rechtsanwalts Scharlach   in die Gesellschaft Süd­die sich gegen den Arbeitszwang für die Eingeborenen aussprechen Kamerun   eintrat, hat er die damaligen Kommissionsmitglieder ge­und im nächstjährigen Etat größere Mittel zum Bau und zur fragt, ob wir meinten, daß er trotzdem das Referat in der Kom­Unterhaltung von Hospitälern für Eingeborene fordern. mission beibehalten könne. Ich habe ihm damals gesagt, das wäre seine ureigenste Gewissensfrage.( hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Kamerun   niedergelegt und nur noch über andere Stats referiert. Er hat dann das Referat über den Etat von Das war also für das Haus nichts Neues. Etwas anderes wäre es, wenn der Abg. Weill auch nur den Versuch gemacht hätte, aut beweisen, daß Herr Semler seine Eigenschaft als Berichterstatter des Kolonialamtes mißbraucht hätte zu seinen persönlichen Be­reicherungszivecken.

Abg. Dr. Paasche( natl.) wünscht systematische Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten und des Alkoholismus   unter den Ginge­borenen.( Bravo  !) Ein schwarzer Lehrer in Togo   berichtet, daß die jungen Leute dort die Trinksitten der Europäer nachahmen.( Hört! hört!) Die weiße Bevölkerung sollte als Vorbild der Enthaltsamfcit vorangehen.( Bravo  !)

Injer Standpunkt ist der einzig richtige, indem wir uns vor Schönfärberei und lebertreibung hüten. Dr. Semler freilich stellt es in maßloser lebertreibung so dar, als ob die deutschen  Spinnereiarbeiter gänzlich auf die Baumwolle aus unseren Ko­Ionien als Rohstoff angewiesen sind. Herr Erzberger   wünschte, daß die Eingeborenen daran gewöhnt werden, nicht mehr im Adams to stüm herumzulaufen, damit der Absatz in Textilprodukten größer werde, was auch fördernd auf die Baumwollproduktion wirten müsse. Diese Ausführungen berühren merkwürdig bei einem Be fürworter der Zoll- und Teuerungspolitik, die die Arbeiter in unserem eigenen Lande dazu bringt, ihre Kinder immer weniger fleiden zu können, so daß unsere eigene Bevölkerung immer mehr dazu gezwungen wird, im Adamskostüm herumzulaufen.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir haben stets vor der Des­peradopolitik gewarnt, die zu der Ausrottung der Eingeborenen geführt hat. Als wir das ausführten, sind wir beschimpft und ver­ich erinnere nur an die Wahlen von 1907. Für die Baumwollfultur sind die Eingeborenenpflanzungen weit wert voller als die Plantagen. Kommt es doch vor, daß Leute solche Plantagen gründen, die von Landwirtschaft keine Ahnung haben. ( Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Auch fehlt es für die Plantagen an Arbeitern, zumal die Eingeborenen immer mehr erkennen, daß sie sich bei der Eigenkultur viel besser stehen. Tat­sache ist auch, daß die Baumwollpflanzungen der Eingeborenen viel besser florieren. Verkrachte Baumwollplantagen nachher auf Rosten der deutschen   Steuerzahler zu retten, Ichnen wir grund­jäßlich ab. Von Herrn v. Liebert haben wir ja gehört, wie solche Hierzu liegt eine Resolution der Budgetkommission vor, die Plantagengründungen zustande kommen mit Hilfe von Schwindel- für Neu- Kamerun die Errichtung von Eingeborenen- Reservaten und projekten. Die Produktion der Baumwolle in Amerita fann die Sicherung der Handelsfreiheit deutscher   Kaufleute fordert. och ganz enorm gesteigert werden.( Hört! hört!) Da ist es eine Abg. Dr. Braband( Bp.): Neu- Kamerun ist ja nicht gerade Utopie, daß wir mit unserer folonialen Baumwolle jemals preis- cin Paradies, aber die ungünstige Meinung, die zur Zeit des bestimmend auf den Weltmarkt werden wirken können. Uebrigens Maroffo- Abkommens über Neu- Kamerun allgemein verbreitet war, sind die Eingeborenen mit ihren Baumwollkulturen auch genüg- war nicht zutreffend. Es handelt sich jetzt darum, das Gebiet auf jamer als die dividendenhungrigen Plantagen, sie werden daher zuschließen. auch bei sinkenden Preisen den Betrieb aufrecht erhalten können, während die Plantagengesellschaften sofort nach Staatshilfe, nach Schutz der nationalen Arbeit" schreien werden. Was die Re­

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Staatssekretär Dr. Solf: Die Syphilis herrscht nur in einem Teile von Ostafrika  . Den Alkoholisnius versuchen wir natürlich den Leuten abzugewöhnen, aber die alfoholischen Getränke sind nicht erst durch die Europäer nach Ostafrifa gekommen. Der Rest des Etats wird angenommen, es folgt der Etat für Kamerun  .

Abg. Dr. Paasche( nail.): Dr. Weill hat uns gestern die Aus­beutung des Gebietes durch französische   Konzessionsgesellschaften geschildert und aus den Verhandlungen der französischen   Gesell

Theater.

Natürlich, das kann bei jedem Abgeordneten eintreten, auch bei Er sagte nur, das könnte einmal eintreten. sozialdemokratischen Arbeitersekretären; wenn die hier stunden­lange Reden über irgendeine bestimmte Frage halten und die dann in ihrem Blatt abdrucken, so sparen sie sich einen Leitartifel. als wenn Steinarbeiter oder Metallarbeiter hier ausführlich ihre ( Rufe: Au! au! bei den Sozialdemokraten.) Das ist doch dasselbe, Berufsfragen erörtern.( Lachen bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Weill( Soz.):

Ich habe schon gestern Wert darauf gelegt, daß die theoretische Entschlossenheit zum Kampfe gegen den vorherrschenden Einflußz und die Mißbräuche der Konzessionsgesellschaften widerlegt, ijt nicht nur in der Denkschrift der Regierung selbst, sondern auch in ihrer Stellung, die sie in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart zu den Konzessionsgesellschaften eingenommen hat. Ich habe ganz unividerlegliche Beweise dafür beigebracht, auf einer sogenannten Filmidee auch die neue Vaudeville  - Operette Neue Freie Boltsbühne( im Neuen Volkstheater). auf, die am Freitag im Theater am Nollendorfplak Nach Artur Fitgers einst biel gespielter historischer Tragödie Die aufgeführt wurde:" Extrazug nach Nizza  ". Die Librettisten natürlich sind es zwei machen uns mit einem Filmfabrik­Here" schrieb Martha Vogt eine in ein schlesisches Dori bon inhaber bekannt, der einen Eisenbahnzug fürs Kino verwerten will Der Ursprung des Chauvinisten. In diesen Tagen des über- heute verlegte. Das Milieu verlangte Dialettiprache, die ja durch und dazu die berühmteste Kinospielerin engagiert. Da sie hitzten Patriotismus, der in Deutschland   wie in Frankreich   den Gerhart Hauptmann   literarisches Heimatrecht erworben hat. In aber ihren Geliebten als den Schwiegerjohn des Fabrikanten wieder­Massen als höchste Sittlichkeit gepredigt wird, dürfte es von Interesse seinen Dramen und dann in seinem Immanuel- Quint- Roman hat findet, brennt sie zum Karneval in Nizza   durch. Der Alte ihr sein, zu erfahren, woher die für die aufgeregte Nationaleitelteit so er uns aber auch genügend mit dem Wesen seiner Landsleute ver- nach; ordnet an, daß sie heimlich aufgenommen werden; amüsiert gerne gebrauchten Bezeichnungen, Chauvinismus und Chauvinist" traut gemacht. Wir unterstellen deshalb die von Martha Vogt ge= tammen. Wie der Gil Blas" erzählt, gehen sie auf einen Soldaten gebenen Menschen- und örtlichen Zustandsschilderungen als wahr; sich, während das geschicht mit ihr; anderen Amuſementpärchen des ersten Kaiserreiches, Nikolaus Chauvin aus Rochefort, zurüd. nicht bloß, weil die linschuld vom Bande" überhaupt, sondern weil geht es ebenso; zuletzt finden alle sich selbst bei der Filmprobe ver­Chauvin stellte sich im Alter von 18 Jahren freiwillig. Er foftete die in Schlesien   im besonderen ein Storchenmärchen ist. Liederjahne, raten und haben einander nichts vorzuwerfen. Soll mans glauben, daß der Komponist des Egirazuges"

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Kleines Feuilleton  

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das Stahlbad" des Krieges mit besonderer Gründlichkeit aus. mic der zum Vagabund heruntergekommene Gustav Gierig, brutale einer unserer ernstesten Tontünstler ist, der Schöpfer der wert Siebzehn Wunden, brei amputierte Finger, eine zerfchmetterte Weiberschänder und selbst vor verbrecherischen Gewaltmitteln nicht Schulter, eine verstümmelte Stirn, ein Ehrensäbel, ein rotes Ordens zurückschredende Egoisten, wie der alte Großbauer Hübner und vollen musikalischen Tragödie Der polnische Jude", Karl Weis? band und 200 Fr. Pension" berzeichnet fein Biograph als Ergebnis fein Sohn Lorenz, sind typisch für die Bauernmoral. Lorenz ist also auch von da der Schritt hinab zum Tagescffett! Und der jeiner Heimatstadt als Torwart angestellt. Aber sein Patriotenherz Schalaster hat er unglüdlich gemacht. Das Lore'l, von der sein Mufit in einer zwar unscheinbaren, doch vornehmen und zugleich diefer Heldenlaufbahn. Nachher wurde Chauvin von der Seepräfeftur nun gar ein ausgemachtes Scheusal. Zwei Töchter der Bäuerin Text bietet gar nicht einmal Gelegenheit zu einer dramatischen Operette", lediglich zu lyrischen Stückchen. nen aber wird die war noch immer nicht zur Ruhe gekommen. Als Bonaparte am illegitimer Sohn Heinrich herstammt, ertränkte sich, und Meta, fraftvoll charakteristischen Weise gerecht. Nur wenig ließ sich der Ende der 100 Tage nach Rochefort tam, um von dort nach der durch Abtreibungen um ihre Kinder beschummelt", läuft, blöd­fleinen Insel Air und dann nach St. Helena   gebracht zu werden, sinnig geworden, im Dorf umher. Der Haushälterin Ida, einem Komponist durch den 3wang unterkriegen, für Tanzipäße, bei war Chauvin nicht dazu zu bringen, die Tür, hinter der der Ge- dritten Opfer, droht ein ähnliches Schicksal. Dumm, abergläubisch denen es darauf antommi, mit welchen Sprüngen oder Ver­bieter schlief, zu verlassen. Und als er sein Ende herannahen fühlte, find alle anderen Dörfler, Männer wie Weiber, Sic glauben da- drehungen die Tanzenden zuleht hinaushopsen, den Musikaffen zu lich er ein Zeichentuch aus alten französischen   Fahnen anfertigen her auch, daß die siebzigjährige Armenhäuslerin Tine eine Here machen. Kaum, daß man sich an den Typus neuester" Operetten­und sprach die erhabenen Worte:" Ich werde darin trepieren." ist. Und doch ist sie nur eine mitleidige Seele, bei der alle ver- mujit erinnert fühlt! Schmiegsam umfangen die Orchesterinstru­Und so geschah's. Zu die Nationalfahne gehült, wurde er begraben. liebten, freilich auch alle um Gesundheit, Ehre und Lebenshoff wenn auch nicht mit start produktiven Themen, fließen Gesang und mente die szenische Situation; nichts Forciertes stört; melodios, Seither nennen die Franzosen   Leute seines Schlages Chauvin", an nungen betrogene Mädchen Rat, Warnung und Trost juchen. Tine welches Wort die Deutschen   unnötigerweise in ihrer Sucht, ist aber auch eine Wissende. Sie kennt die verbrecherischen Ge­Orchesterspiel dahin. Stategorien zu schaffen, die Endung ist" angehängt haben. Die liste des Lorenz Hübner   zu genau. Er hat seinen Haß auf sie ge- Mafiary zwei erste Lieblinge des Berliner   Publikums, die eine Das Theater besitzt an May Pallenberg und an Frizi Nachfahren des Chauvin aber haben weniger das Bedürfnis, in morfen  ; er stempelt sie zur Bere und die Dörfler glauben das, der Nationalfahne ihr Heldenleben auszuhauchen und ziehen es vor, weil es der reiche Großbauer so haben will. Infolge der Drang: solche Stellung auch tatsächlich durch ihre eigenwüchsige Stomik die Proletariermassen in Stadt und Land unter dem Steuerdrud salierungen wird Tine allmählich verbitterter. Und als sie auf rechtfertigen, an Sarl Pfann einen zuverlässigen Operettentenor ausgehungert trepieren" zu lassen. Betreiben des Hübner jogar als Diebin beschuldigt und aus dem und an Susanne Bachrich eine Sängerin und Spielerin, der Lederers Heine- Denkmal für Hamburg   ist, wie in der Kunst- in ihr die Oberhand. In der irrfinnigen Meta findet sie die und die Poffenlacher kommen diesmal erst recht auf ihre Dorf in eine Waldhütte vertrieben wird, da kriegt das Rachegefühl man immer wieder die Ehre einer Operntätigkeit wünschen möchte. chronit" mitgeteilt wird, soeben fertiggestellt worden. Der Dichter Rächerin. Die legt Feuer an Sübners Haus, und beide Merle ver­erscheint hier stehend im Biedermeierfostilm; das rechte Bein ist brennen darin. Jest weiß Tine allerdings, daß sie sich ihr Schick­Notizen. lässig über das linke gekreuzt, so daß die rechte Fußipize den Boden jal, als richtige Here zu sterben, besiegelt hat. Bevor die Dörfler berührt. Die fofette Grazie, die in dieser Stellung leise angedeutet es tun, verbrennt sie sich gemeinsam mit Meta in der Hütte. Duncan Gastspiel in der Kurfürstenoper. ist, wird noch mehr in der Haltung der Arme betont: wie auf Neben großen Vorzügen weist die Tragödie größere Mängel fadora Duncan führt am Montag und Mittwoch Tänze von einigen berühmten Heine- Bildnissen hält die linte Hand den Stopf. auf. Die dramatische Schlagkraft der Handlung wird durch mono- Chopin, Schubert und Brahms   vor. Am Freitag findet während der linke Ellenbogen von dem rechten Arm geſtügt wird; tone Breitspurigkeit beeinträchtigt. Alles Spintisieren, namentlich eine Aufführung des Orpheus" statt. An den drei Abenden wirkt dieser ist quer über den Oberkörper gelegt, und die zarte, fein- im Schlußaft, müßte heraus. Die fünf Afte auf drei zusammen- die Duncan- Schule aus Darmstadt   mit. gegliederte Hand ruht auf dem Glockenrod. Jene seltsame misung gezogen und es gäbe eine gute Dorftragödie. Die Regie hatte Gortis Rüdkehr nach Rußland  ? Wie verlautet, aus romantischem Träumen und moderner Stepsis, die Heines für einen stimmungsvollen Rahmen gesorgt. Die Aufführung war wird von der Amnestie, mit der das Romanow  - Jubiläum auffrisiert Wesen bezeichnet, befeelt das raffige Gesicht, das ebenso wie die in allen Teilen gut vorbereitet. Aques Werner- Wagner als wird, auch Gorki betroffen. Ob er aber davon Gebrauch machen Gestalt fehr fein empfunden ist. Die genrehaften Züge des Ganzen Tine, Grete Bad( Hanne) gaben Ausgezeichnetes. e. k. wird, steht noch dahin. dürften bei der Ausführung zugunsten eines großen monumentalen Die Zeitung des New Yorker Deutschen  Eindrucks noch zurüdtreten. Die Figur und der fleine Sodel, auf Theaters übernahm der frühere Berliner   Hofschauspieler Rudolf dem sie steht, werden in Bronze ausgeführt, während der massive Christians, der in den lehten Jahren nur gastierte, an Stelle Unterbau aus Muscheltalt sein wird. des verstorbenen Direktors Baumfeld.

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Wufit.

Nach Kino drängt, am Kino hängt doch alles oder wie man eben den alten Sak vom Golde verändern will! So baut sich denn

Rechnung.

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SZ.