Die Bachemiten dachten sich durch ihre Aufrührung dersogenannten Jesuitenfrage bei der römischen Kurierehabilitieren zu können, und nun müssen sie sehen, wie ihreschönsten Anstrengungen als naive politische Kinderstreicheverurteilt werden.Prinz Heinrich als Heerrufer im Streitgegen die Sozialdemokratie.Schon einmal hat der Bruder Wilhelms II., der sich früher vondem öffentlichen Auftreten zurückhielt, eine Rede gegen die Sozial-demokratie gehalten. Das war vor nicht langer Zeit auf demBundesschützenfest in Frankfurt a. M. Der Anfang scheint für denPrinzen verhängnisvoll geworden zu sein. Der Ehrgeiz, auch eingroher Redner zu werden, stachelt ihn zu neuen Taten an. Er hatsich jetzt zum zweiten Male vernehmen lassen. Am Montag,auf der Hunderljahrfeier des Kreis« Kriegerverbandes in Kiel,brachte Prinz Heinrich das Kaiserhoch anS. Borher hielt er eine kleineAnsprache an die patriotische Festgesellschaft, in der er sagte:„Einen solchen Abend wie den heutigen kann ich nicht vorüber-gehen lasten, ohne an die bürgerlichen Parteien einenAppell zu richten, daß sie auch geschlossen seinmüssen gegen jene Elemente, die immer undimmer sy st e in atisch versuchen, die Volksseele zuvergiften und zu verseuchen. Und wird das deutscheReich in einem solchen Zustand befunden, dann ist eS innerlichkrank. Vor einer solchen Krankheit bewahre uns der liebe Gott.Und an Sie, meine Herren, wende ich mich.die Sie Bürger sind, nicht zum gering st enan die alten SchleSwig-Holsteiner und Kieler.um diesem entgegenzuwirken. Schleswig-Holsteingehört ja nicht zu den sogenannten alten preußischen Provinzen.Sie sind aber lange genug mit Preußen und Deutschland vereinigt.um zu wissen, wohin siegehören und wohin siebtePflicht ruft. Möge der alte niedersächsische von Treue ge-tragene Bolksgeist der Schleswig-Holsteiner am rechten Orte wiedertreu befunden werden. Ich zweifle nicht an ihm."Prinz Heinrich ist Ehrenbürger der Sladt Kiel. Schon dieserUmstand allein sollte ihn veranlassen, seine Worte etwas mehr ab-zuwägen. In Kiel fällt nicht nur bei den ReichstagSwahlen die Mehrheitder Stimmen auf die Sozialdemokratie, sondern auch bei den Stadtver-ordnetenwahlen. 12<Zl>() Kieler Bürger erklärten sich im vorigenHerbst bei den Stadtverordnetenwahlen in voller Oeffentlichkcit für dieSozialdemokratie, und die Kieler Bürgerschaft hat 24 Sozialdemokraten— die Hälfte aller Stadtverordneten— ins RalhauS geschickt. Indes,diese Verhältnisse dürsten dem Prinzen wohl wie die ganze Politikein ziemlich unbekanntes Gebiet sein. Er hält sich wahrscheinlich fürredebegabl— und so redet er. seinem inneren Herzensdrangefolgend— nach bekannten Mustern.Die dreijäknAe Dienstzeit und die franzctfircbeVolhawirtfcbaft.Paris, 11. März.(Gig. 33er.) Wir haben schon daraufhingewiesen, welche wirtschaftliche Krise das an Arbeitermangelleidende Frankreich von der Rückkehr zur dreijährigen Dienst-zeit zu befürchten hat. Der radikale Deputierte MarcR e v i l l e führt zu diesem Thema in der„ A u r o r e* aus;»Die industrielle Ausrüstung Frankreichs bedarf der Er-Neuerung und der Vervollkommnung. Die 500 Millionen,die der»riegLminister fordert, werden nicht produktiv sein,wie sie es gewesen wären, wenn man sie für Land-ftraßen, Kanäle, Eisenbahnen und Häfen verwendethätte. Weiter aber werden 200000 Mann des hinzukommenden Kontingents zu ernähren, unterhalten, de-solden und encadrieren sein und wenn die budgetärenAusgaben in diesem. Tempo zunehmen, werden sie bald diesechste Milliarde überschreiten. Unter diesen Umständen ist,insofern man das Land nicht dem Ruin und der.Hungersnotentgegenführen will, eine Erhöhung der nationalen Produktionnötig, vor allem aber eine Behebung der Krise der idustriellen und ländlichen Arbeitskraft undeine Sicherung der wachsenden intellektuellen Kräfte. Unddieses so schwere Problem will man lösen, indem man demarbeitenden Frankreich 50000 industrielle, 80000 landwirt-schaftliche Arbeiter und 20000 junge Kräfte der freienBerufe entzieht. Man vermehrt die Slusgaben und beschädigt dio Quellen der Einnahmen."In der„Humanits" schreibt Genosse Albert Thomas:„In allen Gegenden der großen Landwirtschaft ertönen dieKlagen der Grundbesitzer. Die 45— 50 000 Belgier, die alljährlich nach dem französischen Norden kommen, genügennicht mehr. In den Bergwerken ist die Situ-ation ebenso. Der Sekretär des Komitees der Kohlen-Werke, Herr de Peyerimhvff, legte vor einigenTagen in einem Vortrag dar, daß es keinen Direktor einesfranzösischen Kohlenbergwerks gebe, der nicht bereit wäre,von einem Tag auf den andern um 15 bis 20 Proz. mehrPersonal einzustellen. Nach der Katastrophe von Courriöresstritten die Werke von Marly und Bruay um die lieber-lebenden und Gourrieres mußte seine neuen Arbeiter bis indie Bretagne, unter den ausgehungerten Sardinenfischernsuchen gehen. Die großen Bergwerksunternehmer vermögenihre Arbeiterregimenter alljährlich kaum um die ungenügendeZahl von 3000 bis 5000 zu verstärken. Sollen sie sie nuran die andere Armee abgeben? In der Metallindustriestehen die Dinge ebenso. Und der Bedarf nach Arbeiternwird hier um so mehr wachsen, alS der 500 Millionen-Regen hier in Form von Bestellungen niedergehen wird.Creuzot braucht Arbeiter, die Waffenmanufaktur vonSt. Etienne wird vielleicht 5 bis 6000?lrbeiter stattder jetzigen 2 MS 3000 finden müssen. Zur Stunde stellen,wie die letzte„Revue Noire" berichtet, die Metallwerke desLoire-Departements selbst die arbeitslosen Passamentierer ein,die den Slufschwung in der Weberei nicht abwarten wollen.Und muß man daran erinnern, daß im Gebiet von Brich, imDepartement Meurtye-et-Moselle die Kohlen- und Metall-gesellschaften den größten Teil ihrer Arbeiter auS dem Auslandrekrutieren mußten? So daß die Volkszählung von 1911bei einer Gesamtbevölkerung von 126 684 in dem genanntenBecken 45883 Ausländer ergab. Und dabei sind bisher nut18 Bergwerke erschlossen. Um zum normalen Betrieb in den42 vergebenen Konzessionen zu kommen, wird eine Vermehrungder Bevölkerung auf 200000 bis 25OO0O nötig sein. Wo wirdman sie finden? Im Ausland— in Polen, Italien oderselbst in Deutschland?"„Auf diese Aich wird Frankreich, dank der Absicht, einevermutete Jnvasiori, die eine intelligente Diplomatie durcheine französisch-deuthche Entspannungspolitik unmöglich machenkönnte, zu verhüten, seine Industrie, seinen.Handel, seinenBergwerksbetrieb einer inneren, von unseren Chauvinistenebenso gefürchteten Invasion preisgeben I"Thomas weist dann noch auf die gloriose Idee deSreaktionären Dummkopfs Pupliesi-Conti hin, der justdiesen Augenblick dazu ausersehen hat, um eine Taxe von125 Fr. jährlich für jeden in Frankreich arbeitenden Aus-länder zu beantragen, womit er die Kosten der neuenRüstungen hereinzubringen glaubt und schließt mit der Frage:Wird das arbeckende, denkende, produzierende, kulturelleWerte schaffende Land sich durch die abscheuliche Schreckens-campaqne der nationalistischen Reaktion zum Abgrund treibenlassen?_Kricgsministcr Etienne über die Heercsvorlagen.Paris, 12. März. Nach einem Bericht des„Figaro" lautetendie Erklärungen, welche Äriegsminisier Etienne gestern imHeeresaus schütz der Kammer abgegeben hat, im wesent-lichen folgendermaßen: Da sich die europäische Lage insbesondereinfolge der Balkanereignisse verändert hat, darf man sich nichtwundern, wenn Deutschland seine Militärgesetze von 1907,1911 und 1912 als unzureichend ansieht, und durch eine neue Vor-läge seine unverzüglich mobilisierungsfähigen Mannschaftsbeständeauf 899 099 Mann mit Ausschluß der Reservisten erhöht. Deutsch-land erblickt in der Stärke seiner Ärmce eine Bürgschaft desFriedens. Seit 49 Jahren hat das republikanische Frankreich eineentschlossene friedliche Politik ohne jeden Angriffsgedanken vcr-folgt. Es will mehr denn je bei dieser Politik verharren. Geradediese Politik ist es, welche Frankreich zwingt, das Beispiel Deutsch-lands nachzuahmen. Frankreich kann dies wegen der stetigen Ab-nähme seiner Geburtenziffern nur mittels Verlängerung derDienstzeit erreichen, und es wird nach Vereinbarung des drei-jährigen Dienstes einerseits gleich Deutschland einige sofort mobi-lisierungsfähige Armeekorps ohne Reserven haben, andererseitswerden diejenigen Truppen, welche Zeit haben, ihre Reservistenabzuwarten, viel stärker sein infolge der großen Zahl von aktivenund gut ausgebildeten Soldaten, welche die Reservisten einrahmenwerden. So wird man anstatt der Truppenkörper, in denen dieReservisten die Mehrheit bildeten, nunmehr Truppenkörper haben,in denen die aktiven �Soldaten in der Mehrheit sind.Paris, 12. März. Ueber die gestrige Sitzung des HceresauS-schusses wird weiter gemeldet: Ter radikale Deputierte GeneralPedoha richtete an den Kriegsminister die Frage, warum er sichnicht mit der ihm zustehenden Befugnis begnügt habe, eine Jahres-klaffe länger unter den Fahnen zu behalten und die Reservisten ein-zuberufen. Kriegsminister Etienne erwiderte: Ter Oberste Kriegs-rat und die Regierung seien im Hinblick auf die Mannschafts'-bestände und die allgemeine Lage in Europa der Ansicht gewesen,daß die zu ergreifenden Maßnahmen einen dauernden Charakterhaben müßten. Auf die von I a u r e s«stellte Frage über dieetwaige Verstärkung von Toul und Nancy, über die Mobilisierungder russischen und der französischen Armee sowie über die Ver-teilung der französischen Dcckungstruppen gab Etienne eingehendeAufklärungen, hinsichtlich deren der Ausschuß das Geheimnis zuwahren beschloß; doch veylautet, der Kriegsministcr habe bezüglichder Deckungstruppen erklärt, daß Frankreich am ersten Tage derMobilisierung an der Ostgrcnze über drei Armeekorps mit einemBestand von ungefähr 194 999 Mann verfügen würde, zu welchen24 Stunden später 28 999 Reservisten aus den Ostdcpartcmcntskämen. Die deutschen Bestände wären bis auf etliche tausendMann von derselben Stärke.dnganD.Eine neue Komödie der Opposition.Die Opposition des ungarischen Reichstages, die sich vorder Verabschiedung des Wahlrechtsgesetzentwurfes so feige be-nahm, will eine neue Komödie ausführen. Uns wird ausB u d a p e st gemeldet:Die Oppositionsparteien hielten am Dienstag eine Kon-ferenz ab, in der beschlossen wurde, am Donnerstag korporativin den Reichstag einzuzuziehen, um gegen das System Tisza-Lukacs zu demonstrieren. Im Parlament sollen die Be-ratungen solange gehindert werden, bis ein WahlrechtSgesetzgeschaffen ist, das den Forderungen der Opposition entspricht.Auch gegen die Hausordnung wurde der schärfste Kampfproklamiert. Die Opposition will gemeinsam mit der Sozial-demokratie und mit allen denjenigen vorgehen, die dasallgemeine gleiche Wahlrecht fordern.Lelgien.Verschiedene Erwartungen und Deutungen.Unser Brüsseler Korrespondent schreibt uns unterm10. März:Der Beschluß des Generalstreikkomitees hat in derOessenilichkeii eine fast einhellige Billigung gefunden, wobeiman nicht zu übersehen braucht, daß der Ueberschwang des Lobesüber die„Vernünftigkeit" der Führer sich zuweilen wenigeraus einer politisch-erfreulichen Wertung der Dinge, der voraus-sichtlichen günstigen Lösung deö Wahlrechtsproblems, als ausdem durch den Generalstreik bedrohten Geldsackinteresse ab-leitet. Immerhin soll nicht verkannt werden, daß nebendieser sagen wir moralischen Befriedigung, die in der klerikalenPresse allerdings oft eine kindisch-hochmütige Form annimmt, daspolitische Moment allenthalben gewürdigt wird und die Revisionder Verfassung als eine logische und unausweichliche Konsequenz desStreikkomiteebeschlusses vorweg genommen wird. In derliberalen Presse herrscht darüber nur eine Stimme, und auchführende klerikale Blätter. wie etwa daS Brüsseler„XX«- Sisele", erklären, daß nunmehr, nachdem die„General-streikdrohung" entfernt ist, dem Verlangen einer Revisionnichts mehr im Wege steht.Aber es wäre zu schön und zu— überraschend, wenndie ganze klerikale Presse dieser Meinung beipflichtete. Erstwar es ein Blatt, nun kommen ihrer immer mehrere dran,die mit ihrer, in der Wirkung wohl unschädlichen, als Tatsacheaber darum nicht weniger bemerkenswerten Hetzarbeit gegendie Sozialisten und die Revision einsetzen. ES beliebt diesenedlen Seelen, den Beschlutz der Arbeiterpartei als eine ArtCanossagang zu deuten, der von der Regierung ohne ernstereZusagen gnädigst akzeptiert worden ist. Man hat gedroht—die Drohung ist zurückgezogen. Basta. Vielleicht, meint einervon den Herren, wird sich die Regierung großmütig zu einerReform des Gemeinde- und Provinzialwahlrechies verstehen:Die katholische Partei, schreibt der klerikale„Courrier deBruxelles", sei in ihrer übergroßen Majorität gegen eineRevision. Man könne die Anhänger an den Fingernabzählen. Das ist nebenbei eine direkte Lüge.An der Regierung selb st sind Freunde derRevision und Herr v. Broqueville ließ seinerzeit aus allenReden mehr oder weniger hervorleuchten, daß die Regierungohne die Generalstreikdrohung zu„plaudern" bereit sei.Und man weiß, daß auch in der klerikalen Partei einerevisionsfreundliche Majorität existiert, die nur aus Disziplingegen die Revision und für die Regierung gestimmt hat.Wie früher der direkten, schreibt das Blatt, so würde dieRegierung- heute der indirekten Drohung der Sozialisten nach-geben und ihre Würde preisgeben I Und kurz und gut: keineRevision, heute so wenig wie gestern. Keine Berhand-lung weder mit Sozialisten noch mit Liberalen—Andererseits gefallt sich ein Teil der klerikalen Presse inallerlei kasuistischen Ausdeutungen des Beschlusses der Arbeiter-Partei. Ist der Generalstreik zurückgezogen? Ist es nur dasDatum? Ist mit der Resolution des Streikkomitees derWürde der Regierung genug getan, damit diese zur„Geste"der Versöhnung schreite? Lauert nicht doch noch irgendwoin dem Beschluß eine geheimversteckte„Drohung"? Es istaber ein ganz überflüssiger Aufwand von Jesuitismus, densich die klerikalen Herrschasten leisten. Die Resolution ist was siesein wollte und sollte: eine Zurückziehung des Generalstreiks.Die Regierung erklärte, sie unterhandle nicht unter der„Drohung". Die mit der Vermittelungsaktion betrautenBürgernleister wieder erklärten den Vertretern der Arbeiter-Partei, Vandervelde, Dedrse und Anseele, daß in dem Augen-blick, wo die Partei die„Drohung" wegschaffe, die Lahn zueiner befriedigenden Lösung frei sei. Die Partei hat diesenäußersten Schritt des Entgegenkommens getan, und wenn sieder Oeffentlichkeit auch keinen„Vertrag" mit Paragraphenunter die Nase hält, so mag sich diese schon für versicherthalten, daß— wie Vandervelde und andere Vertreter derPartei unterdes in den Arbeiterversammlungen dargelegthaben— die Zusagen �a n die Vertrauens-männer die Lösung des Wahlrechtsproblemsaußer allen Zweifel st e l l e n. Die Arbeiter wissenes zu würdigen, daß man einen Kriegsrat nicht an die großeGlocke hängen kann, und ihr Vertrauen in die Partei wirddurch die Machinationen jener klerikalen Presse, die von Un-klarheit faselt, die gewaltsam Schwierigkeiten anhäuft, ja dieRegierung gern zum Widerstand Hetzen möchte, nicht er-schüttelt werden. Die Situation ist so klar als sie nur seinkann. Die Drohung ist beseitigt: die Revision ist auf demMarsche!_Provokatorische Haltung der Negierung.Brüssel, 12. März.(W. T. B.) In der Kammer er-klärte heute der Ministerpräsident auf eine Anfrage, daß, nach-dem die Sozialisten den Generalstreik abgesagt hätten, dieRe-gierung sich auf das Wahlergebnis vom Juni 1912 berufeund sich höchstens nur dazu verstehen könne, das Kommunal-und Provinzialwahlrecht zu revidieren. Das bedeutet, wie dieanschließende Debatte feststellte, die Ablehnung jederVerfassungsrevision im Sinne des gleichenWahlrechts.__j_iJus der parteuAus den Organisationen.Am Sonntag hielt der Sozialdemokratische Veloinfür das F ü r st c n t u m Lippe in Detmold seine General-Versammlung ab. Die Mitgliederzahl stieg von 1944(davon68 weibliche) am 1. Juli auf 1151(davon 99 weibliche) am21. Dezember 1912. Die Einnahmen bezifferten sich in derselbenZeit auf 2683,13 M., die Ausgaben auf 1727,95 M., so daß einKaffcnbestand von 946,98 M. am Schlüsse des JahreS vor-Händen war.Die LandtagSwahl 1913 brachte uns in der dritten Ab-teilung 7191 Stimmen gegen 3797 im Jahre 1998; das ist eineZunahme von 3394, Wenn unsere Parteigenossen auch nur daseine Mandat halten konnten, steht doch die Eroberung weitererMandate bei der nächsten Wahl in sicherer Aussicht, stand doch schondiesmal die Entscheidung in drei Kreisen auf Messerschneide. Dieliberalen Stimmen vermehrten sich nur um 497 aus 8183, unddie Konservativen verloren gar 741 Stimmen, sre erhieltennur 1957 Stimmen. 116 999 Flugblätter und Handzettel wurdenzu dieser Wahl verbreitet und 99 Versammlungen unt Besprechun-gen wurden abgehalten. Außerdem sprachen unser» Redner in63 gegnerischen Versammlungen. Die LandtagSwahl kostete4492,65 M. Um das Defizit zu decken und eine bessere Finanz-gebarung des Vereins überhaupt zu erzielen, wurde der neonat-liche Beitrag für männliche Mitglieder von 39 Pf. auf 49 Pf.und für weibliche Mitglieder von 15 Pf. auf 29 Pf. erhöht.Bezirkssekretär Genosse Schreck betonte in einem instrnktwenReferat über:„Unsere nächsten Aufgaben" vor allem, daß die Mit-gliederzahl des Vereins und die Zahl der(Bielefelder)„Volks-wacht"-Abonnenten in ein besseres Verhältnis zu unserer Stimmen-zahl bei der Landtagswahl gebracht werden müßten.Ein Antrag, der Gründung einer eigenen Zeitungfür Lippe näherzutreten, wurde, nachdem Genosse RedakteurSchädlich die Vorbedingungen für eine solche Gründung— obKopfblatt oder Zeitung mit eigener Druckerei—, die zurzeit abernoch fehlen, erläutert hatte, dem Kreisvorstand zur weiteren Vcr-folgung überwiesen.Am Sonntag fand in U l m eine zahlreich besuchte Konferenzder drei obcrschwäbischen Wahlkreise statt. GenosseRuggaber berichtete zunächst über den Stand der Parteibetdegungim Oberland. Im 15. Wahlkreis ständen von 168 Orten nur in45 Orten uns Versammlungslokale zur Verfügung, im 16. Wahl-kreis von 124 Orten nur in 5, im 17. Wahlkreis in 6 Orten des148 Ortschaften umfassenden Wahlkreises. Man mutz sich deshalbin der Hauptsache auf eine systematische Flugblattvcrbreitung be-schränken. 182 999 Stück wurden von den Genossen verbreitet.Aus dem Bericht über die Partcibewegung im Oberland istu. a. hervorzuheben: Vom 1. April bis 31. Dezember 1912 wurden494 Aufnahmen vollzogen. Mitgliederversammlungen wurden 99,öffentliche 199 abgehalten. Die Mitglicderzahl stieg von 394 auf518, darunter 29 weibliche. Der 19 Ps.-Wochenbcitrag ist mit Aus-nähme von zwei Orten überall eingeführt. Unsere Parteiprcsse istnicht in dem wünschenswerten Maße verbreitet-Ein Schiedsgericht,das am 19� März unter dem Vorsitze des Genossen Müller-Berlin in Stuttgart über einen LluSschlußantrag de« sozialdemo-kratischen Vereins in Stutigsrt gegen den Genossen Joh. Schermzu beschließen hatte, entschied, daß die nach z 26 de» Organisa-tionsstatuts erforderlichen Voraussetzungen für die Einleitungeine? Ausschlußvcrfahrens gegen Scherm nicht gegeben sind.k>ollr«lli«t»e», Scrlcbrlickieo uto,Wahrnehmung berechtigter Interessen.Unser Bremer Parteiblatt hatte im Dezember v. I. die Miß-Handlung scharf verurteilt, die eine Mutter an ihrem Kinde ver-übt hatte. Obwohl diese Mutter wegen der Mißhandlung vom Ge-richt verurteilt wurde, strengte sie gegen den Verantwortlichen der„Bremer Bürgeczcitnng" Privatklage ivegcn Beleidigung an. DasAmtsgericht in Blumenthal lehnte die �Eröffnung der Hauptver-Handlung u. a. mit folgender, allgcinein interessierender Begrün-dung ab:„Bei dieser«schlage(daß nämlich durch Gerichtsurteilfestgestellt worden ist, die Frau habe ihr Kind in äußerst roherWeise mißhandelt) entsprechen die Angaben des Artikels im wesent-lichen der Wahrheit. Soweit sie im einzelnen ein wenig überdas Ziel hinausgeschossen sein sollten, ist, da eine Slb-ficht der Beleidigung aus dem Artikel selbst nicht hervorgeht, zu-gunsten des Beschuldigten angenommen, daß er in Wahrneh-mung berechtigter Interessen gehandelt habe. Wennauch der Presse im allgemeinen ein besonderes Recht, bestehendeZustände zu kritisieren, nicht zugesprochen werden kann, so mußein Recbt, derartig rohe Mißhandlung von Kindern zurügen, doch anerkannt werden, wie ein solches Recht, wenn es inangemessener Weise ausgeübt wird, auch jeder anderen Per-son aus dem Publikum zugebilligt werden muß."