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haben, wozu noch bis etira 10 Minuten währende Pause hinzutritt, in der die Brüder Aeritcn gemeinsam eine Zigarette rauchten. ES wird darauf der vierte Angeklagter Schwiclenz vernommen. Er schildert ebenso ivie die Brüder Kerstcn die Ar- beitssuche und das Zusammentreffen mit Stcrnickel. Wir wollten nach Berlin zurücklaufen, aber da kamen auf der Ehausscc Willi Kersten und Sternickel auf uns zu. Willi Kersten sagte hierbei: Das ist der Mann, der mit uns ein Ding drehen will bei einem reichenBauern, und der ihm cinenSchabcrnack spielen will. Vors.: Was verstanden Sie darunter? Angckl.: Ihm das Geld weg- nehmen. Durch die Orte auf unserem Wege gingen wir zu zweien, weil Stcrnickel da überall bekannt war und es aufgefallen wäre, wenn wir zu vieren gegangen wären. Er sagte: daß er au falsche Papiere arbeite. Der Weg zog sich ohne Ende, ich war krank und tonnte doch nicht mit.(Weinend): Ich blieb liegen und schleppte mich nur mit Mühe und Not nach. Vors.: Was haben Sie mit den Kindern des Kalks gemacht? Angekl.: Sternickel bat erst, nachdem er Kalies gebunden hatte, festgestellt, daß die Kinder auf dem Gut anwesend toaren. Die Stricke, die zu Schlei- fen geknüpft waren, sollten zuerst wir einstecken, aber er nahm sie dann selbst für den Fall, dah wir nicht sozugreifen" sollten, wie cr sagte. Die Hunde legte er an die Kette. Als wir in den Ho kamen, hatte Sternickel einen Streit mit Kalies um eine Mar! im Lohn; er rief dem Kalies zu:.Tu Aas, Dir werde ich schon lernen!" Bei diesen Worten warf er ihn zu Boden und kniete ihm auf die Brust. Ich hielt Kalies an den Armen, Georg Kersten an den Beinen, so dah Sternickel ihm(dem Kalies) die Schlinge über den Kopf ziehen konnte. Er rief dem Sternickel zu:Last los, ich gebe Dir Deine Papiere!" Und darauf sagte Sternickel: Du Aaas , Du, Dir werde ich schon Papiere geben. Du willst ja nichts bezahlen." Er zog die Schlinge fest an, und hielt dem Ka- lies ein bis zwei Minuten an dem festgezogenen Strick fest, so daß das Gesicht deS Kalies mit der Zeit bereits bläulich wurde. Kalies schrie und Sternickel versilchte, ihn mit einem weihen Taschentuch zu knebeln. Schliehlich setzte er ihn in die Rübenkammer und sagte zu uns: Bor einer Stunde steht er nicht mehr auf. Vors.: iöabtn Si« denn schon jemals gehört, dah nian jemandem, um ihn zu betäuben, eine Schlinge»m den Hals legt? Angekl.: Nein. Vors.: Aber das haben Sie schon gehört, dah jemand sich auf diese Weise erhängt oder zu töten versucht? Angekl.: Ja. Vors.: Warum glauben Sie denn daran, dah Sternickel den Kalies nur betäuben wollte? Angekl.: Weil er es uns gesagt hat. Vors.: Und haben Sie sich keine Gedanken darüber gemacht, dah es schlecht ausgeht? Angekl.: Nein, ich habe dann nachher den Bauern noch in der Kammer röcheln gehört, bevor das Mäd­chen gebunden wurde. Der Angeklagte schildert dann die Ermor- dung des Dienstmädchens. Georg Kersten hat ihr die Beine zu- sammengebnnden, den Strick hatte er von Willi Kersten. Zu dieser Zeit hatte das Mädchen bereits die Schlinge um den Hals und strampelte mit den Beinen. Ihr Gesicht war auch, als Sternickel die Schlinge zuzog, ebenfalls schon bläulich. Er schleppte sie Ifci Meter weit und lieh sie liegen. Vors.: War sie da bloh be- täubt? Angekl.: Nach meiner Meinung ja. Vors.: Aber in der Untersuchung haben Sie gesagt, dah sie schon tot war. Angekl.: Stcrnickel sagte uns: Für eine vsiunde steht auch die nicht wieder auf. Vors.: Da haben Sie also immer noch gedacht, dah sie bloh betäubt ist, trotzdem sie doch mit dem ganzen Ge- wicht ihres Körpers an der Schlinge hing und geschleift wurde. Angekl.: Ja. Vors.: Sie wollten nun nicht bei den Kindern Wache halten, sondern bei der Bindung der Frau mithelfen? Angekl.: Nein. Nachdem ich gesehen hatte, dah das Dienstmädchen schon bläulich war, lvurdc mir ganz anders und Georg Kersten sagte ja auch: die Leute werden gewih sterben. Bors.: Na, warum sind Sie dann nicht einfach weggelaufen? Es war doch noch ganz dunkel, Sie konnten doch ohne weiteres davon- gehen? Angeklagter schweigt. Tann gibt cr an: Als wir mit Sternickel ba der Frau eintraten, war sie ganz paff. Er schildert nun auch die Fesselung der Frau, wobei die drei Angeklagten nicht mitgetan, sondern nur zugesehen hätten. Di« Kinder hatten Hunger, und ich nahm von einem Tisch Brödchen und Wurst, gab es dem Willi, der eS den Kindern reichte. Als Stcrnickel den Geldschrankschlüssel von dem Bauern geholt hatte, sagte er: der Bauer röchelt sehr, und cr müsse ihn loS- binden. Das muh auch Erich Kersten gehört haben. Auf Be- frag erklärt jedoch der Angeklagte Georg Kersten, von dieser Aeuhe- rung nichts zu wissen. Vors.: Angeklagter Schwiclenz, wieviel Geld haben Sie bekommen? Angekl.: 115 M. Stcrnickel sagte unS: ivenn wir weg wären, würde er die Leute losbinden, sie in die Stube bringen und Kaffee und Essen ihnen hinstellen, und dann mit dem Rade über Müncheberg nach Berlin fahren. Da dachte ich: die Leute lvürdcn doch wieder lebendig, Vors.: Aber nach den ganzen früheren Vorgängen konnten Sie doch so richtig nicht'überzeugt sein? Angelü: Nein. Erich Kersten sagte immerzu, die würden nicht mehr leben. Ich habe aber lvider- sprochen und gesagt: wenn man sie losbindet und ihnen Kaffee binstellt, warum sollen si« nicht leben? sBemegung.) Vors.: Da» ist doch nicht gut möglich, nachdem, was Sie uns eben erst selbst erzählt haben. Auf weiteres Befragen de« Vorsitzenden sagte der Angeklagte noch, dah Sternickel davon gesprochen habe, vic Kinder beiseite zu schasse», indem er sie auf Stühle binden wollte. Vors.: Hat er sich auch dahin geäuhert, dah er den Kindern even- tuell einen Strick um den Hals legen wolle? Angekl.: Das weih ich nicht. Er wollte die Kinder auch in den Treppenverschlag ein- sperren. Schliehlich warf er die Sachen aus dem Spind auf die Erde und sperrte die Kinder hinein. Er umschlang das Spind mit Stricken, legte aber eine Bohle schräg gegen die Türe. Vors.: Wie haben Sie das Geld verwendet? Der Angeklagte schildert nun, ivie er sich für 80 bis HO Mark neu eingekleidet habe und dann die anderen Tage und Nächte mit einigen jungen Leuten sowie mit dem als..Schmalzbacke" bezeichneten Mädchen durchgc- bracht habe. Schließlich mar er auch beim Sechstagerennen, und zwar, nachdem ihm die Verhaftung de» Willi Kersten bereit» be- ckanirt war. Bei der Verhaftung hatte cr noch 1l> Mark. Vors.: Also 102 Mark waren durch die Einkleidung und das Bezahlen für andere draufgegangen? Angekl.: Ich hatte auch dem Willi Kersten Geld gegeben, weil fein Geld schon einen Tag vorher alle gewesen war. In der Untersuchung hatte der Angeklagte auf die Frage, warnm er mit den zwei Brüdern Kersten dem ÄalicS und feiner Frau sowie den« Dienstmädchen nicht gegen Sternickel beigestanden bätte, geantwortet, der Knecht habe sie mit einein Revolver be- droht und ihnen gesagt, dah sie Ruhe halten mühten. Angekl.: TaS stimmt. Zu dieser Zeit lvar der Mann und daS Mädchen schon gebunden, da» war, als die Frau gebunden wurde. Vors.: Hätten Sie sich ohne diese Drohung des Sternickel anders verhalten? Waren Sie durch diese Drohung beeinflußt? Angekl.: Ja frei» lich; schon wie ich bei KalieS nicht so angefaßt hatte wie ich sollte, sagte Sternickel, ich sollte doch besser anfassen. Auf mehrfaches-Befragen erklärt der Angeklagte Schwiclenz wiederholt, er habe geglaubt, es handele sich nur um einen Dieb- stahl. Bei den schnellen Vorgängen war überhaupt nicht klar, wa» kommen sollte. Er habe geglaubt, dah eine Betäubung stattfinden solle, damit sie ans'Geld herankommen könnten. In Einzelheiten habe Sternickel sie gar nicht eingeweiht. Versuche, die Widersprüche aufzuklären. Vors.:.Angeklagter Sternickel. Sie hören nun, was die anderen sagen; die Sache klingt doch ganz anders. Angekl. Sternickel: Ich erzähle die Sache ganz anders. Der eine hier, der im grauen Anzug(auf Georg Kersten zeigend), hat ganz allein Kalies die Schlinge um den Hals gelegt; ich hatte Kilies ja angepackt; einer von den beiden anderen hat ihn an den Bcenen gehalten. Ich hatte nur einen Strick und keine Schlinge. Vors.: Was sagen Die aber. wenn wir später von Zeugen hören werden, dah Sie noch mehrere solcher Schlingen besessen haben? Angekl. Sternickel: Da» kann mir leener mch nachsagen. Wenn Ich den Mann anfasse, kann ich ihm doch nicht auch eine Schlinge umlegen; ich habe ja mit dem Mann Streit angefangen und ihn angepackt gehabt. Ich rede nur die reine Wahrheit, ich kann nichts an meiner Aussage ändern. Bei der Frau haben mir die beiden älteren auch geholfen. Willi Kersten war ganz allein bei den Kindern. Vors.: Sie bleiben �ilso bei Ihrer alten Aussage, nur mit der Einschränkung, dah Sie jetzt sagen, Georg Kersten habe allein die Schlinge umgelegt. Angekl. «ternickcl: Ja, gewiß, ich kann nichts anderes sagen, als die reine Wahrheit. Sollten die Leute sagen, ich habe alles getan, so möchte ich angeben, dah ich Schliewenz 10 Pf. gegeben habe zum Brotkaufen und daß die drei sodann sogar die Bäcker frau bcstohlen haben. .öie haben alles Mögliche mitgenommen. Nein, das geht nicht, daß man mich beschuldigt, alles getan zu haben. Es ist auch nicht richtig, daß ich den Leuten vorerst etwas gesagt habe vom Tot - schlagen; das war gar nicht meine Absicht. Angekl. Willi Kersten bestreitet nach wie bor eine Beteiligung bei dem Mädchen. Angckl. Sternickel: Der hat an der Tür gestanden. Das muh ich sagen, alles was Recht ist, soll Recht bleiben. Vors.: Georg Kersten, Sie werden ja jetzt durch Sternickel sehr, schwer belastet. Angekl. Georg Kersten: Ich habe keine Schlinge gehabt, das ist er allein ge- wesen. Angekl. Schliewenz: Das ist nicht wahr, daß Georg die Schlinge umgelegt hat; das hat alles Sternickel getan. Vors.: Ich halte nun alle» vier Angeklagten noch vor, dah Kalies durch Er- sticken den Tod gefunden hat, und dah Frau KalieS nach dem ärzt­lichen Befund ohne Zweifel den Tod durch einen Schlag auf den Kopf gefunden hat. Angekl. Sternickel: Kein Mensch hat einen Hammer gehabt, ich nicht und auch die anderen nicht. Vors.: Sie werden mir zugeben, dah, wenn man jemand betäuben ivill, es näher liegt, eS durch einen Schlag zu tun, als durch das Umlegen einer Schlinge. Angekl. Willy Kersten: In der Zeit, wo ich da war, habe ich nicht gesehen, daß Sternickel etwas in der Hand gehabt hat. Die beiden anderen Angeklagten erklären dasselbe. Damit ist die Vernehmung der Angeklagten beendet und es wird in die Beweisaufnahme eingetreten. Untersuchungsrichter Gcrichtsassessor Andersohn hat zuerst mit dieser Sache zu tun gehabt und den ersten Lokaltermin vorgenommen. Er hat Zeichnungen angefertigt, die vervielfältigt wurden und den Geschworenen übergeben werden. TaS Protokoll deS Lokaltermins wird verlesen. Die Schlafkammer des damals noch Schöne genannten Hauptangeklagten war in großer Unordnung, man fand ein Tachdeckerbeil, einen starken Hammer, lange schwarze Strümpfe und eine große Anzahl von Brieftchaftem In dem Lokaltermin wurde Sternickel dem Zeugen vorgeführt, der kurze Zeit vorher von dem Gendarmeriewachtmeister eingeholt und Der- haftet worden war. Er verantwortete sich dahin, daß er von Ein- dringlingen genötigt worden sei, gegen seine Herrschast in dieser Weise vorzugehen. Diese Aussage hat er nicht aufrecht gehalten. Kriminalkommissar Alexander Nasse: Bei der Obduktion des ermordeten Dienstmädchens muhte Sternickel feine Finger in die Würgemale am Hals der Ermordeten legen. Er tat das mit kolos- saler Rube und erklärte, er könne das mit gutem Gewissen tun, denn cr habe sie nicht umgebracht. Als ich hörte, dah die Kom- plizen Sternickel» in Berlin verhaftet worden waren und getrennt voneinander übereinstimmend Sternickel der Täterschaft beschuldigt hatten, wurde für mich die Hauptsache, die Persönlichkeit Sternickels zu ermitteln. Ich sagt« ihm schliehlich auf den Kopf zu. dah er Sternickel sei, er bestritt es mir suerst, aber alsbald nachher hat er unter dem Eindruck meiner Wort« dem Anstaltsgeistlichen ein teilweifes Geständnis der Ortwigcr Tat abgelegt. Ich habe mich in der Hauptsache mit seinem Vorleben beschäftigt, um ihm seine früheren Taten nachzuweisen. Als ich ihn fragte, wie er sich denn den Ausgang der Sache gedacht habe, sagte er: Ich habe nur einen Raubanfall mit Fesselung geplant. Nachdem er sich das Geld an- geeignet, wollte er daS Dienstmädchen entfesseln, die dann wieder Kalies und seine Frau entfesseln konnte. In der Zwischenzeit hätte er genügenden Vorsprung zur Flucht gewonnen. Als ich ihm darauf sagte: Sie haben ja keine Fesselung vorgenommen, sondern versmlft. die Leute zu strangulieren, erwiderte er: ja. Herr Kriminalkommissar, ich habe mich nicht ganz richtig aus- gedrückt, ich wollt« sie zuerst drosseln, bis sie die Besinnung der- lorcn und hoffte, dah sie, wenn ich geflohen bin, die Besinnung wieder erlangen werden. Al» Motiv gab er Rache, nicht Raubsucht an. Sein« Sachen seien in seiner Abwesenheit durchsucht worden, und es sei ihm ein« blau« Schürze abhanden gekommen. Das habe ihn so mahlo» erregt, dah der Gedanke der Tat in ihm gereift sei. Blutspuren waren im Hause nicht aufzufinden. Ter Zeuge bestritt, daß ein Teil der Betten deS Ehepaars Kalte» in Sacke gepackt vorgefunden worden sei, die von Frau Hampe, mit der Sternickel vom März 1011 bis Mai 1912 ein Verhältnis unterhalten haben soll, hergegeben worden waren. Er hatte dem Mann« der Hampe verschiedene kleine Gefälligkeiten erwiesen, ihm Kaninchen von seiner Zucht geliefert usw. Die Säcke bekam er von Hampe aus Erkenntlichkeit dafür. Stcrnickel wieder erklärte, er habe einen reichen Onkel in Posen, und werde Kartoffeln von ihm den Hampeschen Eheleuten bringen. Zu diesem Zwecke bekam cr die Säcke von Hampe, die er erst ein Jahr später bei der Sache benutzte. Vors.: Sternickel, was haben Sie dazu zu sagen? Angekl.: Ich habe nicht zusammengepackt, ich weih nicht? von den Säcken. Diese Säcke hatte ich schon längst ein- >'packt und zusammengerollt gehabt. Vors.: ES wurde ja auch in einigen dieser Säcke Getreide vorgefunden? Angekl.: Aller­dings, ich wollte für meine Kaninchen von KalieS Gerste und Hafer kaufen und hatte ihm bereits S9 M. dafür gegeben. Ein Zwischenfall. Vors.: Wo sind Ihre Kaninchen? Angekl.: Auf meinem Stalle zu Hause, oa, wo ich daS Mädchen verlassen habe. Vors.: Wo ist diese Stelle? Angeki.: In Dingsda,(zögeriid) da war ich bei Altreetz.... Vors.: Und Ivo noch? Angekl.: Ja, da» kann ich beim besten Willen nicht sagen. Wtnn ich alles sage, da? sage ich nicht. Meine Fra» will ich nicht unglücklich machen. (Große Bewegung.) Vors.: Sie sind verheiratet? Angekl.: Ja, meine Frau weiß nicht» davon, daß ich auf solchen Wegen ge- wandelt bin und deshalb sage ich nichts. Ich habe auch keine Säcke nach dem Fortgehen der Berliner herumstehen sehen und weih nicht, wie sie beim Lokaltermin vorgefunden werden konnte». Die Beile hatte ich schon seit 2 Jahren in«in Säckchen ringe- bunden, der Hammer war ein Klopfhanuner für Sensen. Aehnlich erklärt Angekl. Sternickel die anderen vorgefundenen Gegenstände und behauptet, daß verschiedene andere Arbeiter des Kaltes da» bezeugen könnten. Auf die iveitere Frage de» Vor- sitzenden, die sich wiederum auf die Herkunft der Säcke bezieht, erklärt Sternickel schlichlich unvermittelt: da» will ich Ihnen sage». Wenn man einen Tag von einem solchen Mädel weg kommt, ist gleich ein anderer da. Das hat mich von dem Mädel verdrossen. Von Hampe habe ich 2 oder 3 Säcke bekommen. Vors.: Herr Kriminalkommissar Nasse, haben Sie Geld in Ortweg gefunden? Zeuge Kriminalkommissar Nasse: Nein. Bei dem Grundstück ist es ein reiner Zufall, wenn man etwa» findet. Ich bin aber fest überzeugt, dah noch Geld da ist, denn Sternickel hat mir er- klärt, dah er 7000 M. für sich erbeutet bat, von deren Existenz seine Komplicen keine Ahnung hatten. Diese 700 M. habe cr auf einer Sandstelle bei einem Gehöft in der Nähe von Wern- stadt �vergraben, wo er eine Zeitlang unter dem NamenMilsch" beschäftigt lvar. Ich habe mich bei dem betreffenden Gutsbesitzer erkundigt und e» wurde bestätigt, dah Sternickel dort als Milsch tätig gewesen sei. Er kam auch in den verdacht. Sternickel zu sein und wurde bei dem Guisbesitzer gesucht. Da flüchtete er aber. Der Gutsbesitzer schrieb mir, daß er glaube, Sternickel habe i>o» Geld auf dem Heuboden versteckt. Sternickel hat dort eine Schiebe- klappe vom Stall zum Heuboden angebrocht, die nur tbm und dem Gutsbesitzer bekannt war. Nachdem er geflüchtet war, hat eine� un­bekannte Person auf dem Heuboden genächtigt und das Heu durch- wühlt. Das kann nur Stcrnickel gewissen sein, denn nur cr kminte diese Schiebetür. Wenn er, trotzdem cr unter dem schweren Ver- dacht stand, Sternickel zu sein, zurücktam und das Heu durchwühlte. so kann er dazu nur höchst triftige Gründ« gehabt haben. Also muh er dort s«in Geld versteckt haben. Da» ist natürlich nur ein Schluß. aber ei« sehr zwingender. Vors.: Nun Stcrnickel? Angekl.: Das alles beruht nicht aus Wahrheit. Ich habe allerdings 800 M. in einem Kuvcrt erbeutet, das habe ich dem Komniissar gesagt. Es war Geld, welches die anderen nicht gesucht haben, das habe ich in. Lappnitz in Papier - scheinen gehabt. Im Besitz dieses Papiergeldes war ich in der Nähe von Rotenburg in Schlesien , Eisenbahnstation Horka , in Stellung bei einem gewissen Kileinert und zlvar unter dem Namen Milsch. Aber die Sache mit der Schiebetür stimmt gar nicht. 20 bis 30 Schritte von dem Gut dort ist eine Sandflächc, die nicht bebaut wird. Dort ist ein großer Stein und da habe ich die 800 M. vergraben. Vors.: Wo ist das? Angekl.(lächelnd): Nein. Vors.: Das sagen Sie wieder nicht. Angekl.(mit triumphierendem Lächeln und mit einem gewissen Stolz in der Stimme): Das wird nicht verraten.(Allgemeine Bewegung.) Vors.: Hören Sie mal, Sternickel, irgendeine Veranlassung zum Lachen haben Sie hier nicht. Angckl.: Als ich von dort verjagt war. weil man mich suchte, wollte ich am nächsten Tage_ wieder hingehen, um das Geld zu holen. 14 Tage später war ich ja schon wieder in einer anderen Stellung, ich kann also nicht den Heuboden dort durchwühlt haben. Am dritten Tage, nachdem ich von dort weggegangen war. kam ich aber zurück. Am zweiten Tage waren die Leute mit Gewehren und Aextcii ausgerückt, um mich zu fangen. Sie fingen einen armen Mann, der Kaninchen jagte, den haben sie erbärmlich zerschlagen. Zeuge Nasse auf Befragen: Sternickel hat nicht eingeräumt, den Müller Knappe in Plagwitz ermordet zu haben. Sternickel hat bloh seine Mittäterschaft eingeräumt, aber genau so, wie in dem Ort Wicgerfalle die Haupttäterschaft auf seine Mitschuldigen ab- gewälzt. Sternickel hat damals mit zwei jungen Brüdern Pietsch die Tat begangen. Das waren ebenfalls junge Leute, die er genau wie in diesem Falle in einer Herberge geworben hatte und die ihm ganz unbekannt waren. Die Mittäterschaft gab er zu; aber die Haupttat, die Srwürgung des Pietsch, schrieb er seinen Mittätern zu. Sternickel: Ich behaupte, dah ich die Tat so: ge- schildert habe, wie sie gewesen ist. Dah ich den Herrn erschlagen oder gefesselt habe, ist eine Unwahrheit. Zeuge Nasse: Aus der Gleichartigkeit der Fälle habe ich auf die Identität Sternickels ge- schlössen. Zeuge Kommissar Nasse teilt dann weiter mit, daß in der Dunggrube zusammen in einem roten Taschenluch auch ein Stück wcihcS Leinentuch gefunden wurde, und dah er annehme. dah dieses im Zusammenhang mit der Mordtat st�he, Angekl. Sternickel(sehr erregt): Nein, das beruht auf Unwahrheit. Vors.: Einen solchen Ausdruck dürfen Sie nicht gebrauchen. Zeuge Nasse: Bei der frithcron Geliebten deS Angeklagten Skr- nickel in Altreetz, einer gewissen Hampe, ist eine Peitschenschnur und mehrere Stricke, die zu Schlingen zusammengezogen waren, gesunden worden, die von der Hampe als Eigentum des Stcrnickel bezeichnet worden sind. Auch ein Rucksack mit Stricken und Wäscheschlinaen hat er bei einem Gastwirt in Wriezen aufbc- wahrt. Diesen Rucksack hat er vier Tage vor der Ortwiger Tat abgeholt. In seiner Kammer sind auch mehrere Stricke gefunden. «ternickel(sehr erregt): Nein, das sind nicht 3, sonder 14 Tage vorher gewesen, daß ich den Rucksack abgehölt habe, wo m{t schmutzige Wäsche drin war. In der Kammer waren überhaupt keine Stricke; die hat der Kommissar selbst hineingelegt. Das sage ich ihm auf den Kopf zu; da? gau-e beruht auf Unwahrheit. Vors. Ich verbiete Ihnen derartige Ausdrücke. Sternickel: Dah bei der Hampe Peitschenschnüre und Stricke gefunden worden sind, ist Mumpitz. Bedenken Sie doch, Herr Präsident, daß ich seit März von der Hampe weg bin. Darauf wird die älteste Tochter des ermordeten Ehepaares, Margarethe Kalles, ein sechzehnjähriges Mädchen, da? in tiefer Trauer erscheint, als Zeugin vernommen. Sie blickt mit erficht- lichem Schauder nach der Anklagebank, worauf der Vorsitzende rät, sich doch nach der anderen Richtung zu den Geschworenen zu wenden. Sie möge sich beruhigen, da ihr doch nichts geschehen könne. Der Vorsitzende ermahnt sie, sich durch ihren berechtigten Zorn nicht bestimmen zu lassen, von der Wahrheit abzuweichen. Vors.: Wie war Ihr Vater mit dem Knecht Schöne zufrieden? Zeugin: In der Arbeit lvar er mit ihm zufrieden, das hat der Vetter öfter ge- sagt. Allerdings hat er auch darüber gesprochen, dah cr nicht wisse, woher der Knecht kommt und wer cr ist. Späterhin, nachdem Schöne schon längere Zeit bei ihm war, hat der Vater einmal seine Sachen nachgesehen, weil ihm der Schöne verdächtig vorkam. Schöne war östcrS Sonnabends und Sonntage von Hause fort und bei einer solchen Gelegenheit hat der Vater seine Sachen durchsucht. Dabei fand er einen Revolver und Stricke. Er bot auch darüber gesprochen. Die Zeugin schildert nun den Tag ver Ermordung ihrer Eltern, wobei sie die bereits bekannten Einzel« Helten wiederholt. Sie konnte aus den Gerkuschen aus dem Nebenzimmer hören, dah ihrer Mutter etwas Schlechtes angetan werde. Vorher hatte Schöne die Mutter zur Rede gestellt, was sie über ihn gesagt habe. Dann erzählt sie, wie Willi Kersten. den sie an der Stimme wiedererkennt, weil cr auf Anordnung deS Vor- sitzenden die damals gesprochenen Worte wiederholt, mit denen cr mit geladenem Revolver die Kinder zur Ruhe zwang. Er hat auch die Zeugin am Halse so airgefaht, dah sie keine Luft bekam. Dann erzählt die Zeugin, wie die beiden Kinder von Skrnickel in den Schrank eingesperrt wurden, und wie er sie wieder einmal auf kurze Zeit au? dem Schrank herauslieh und ihnen etwas zu essen gab. Sie schildert auch, wie Sternickel die Fensterläden vorschob und vernagelte. Sie erzählt auch, dah draußen ein Posten auf» und abgehe, der den Verkehr verhindern solle. Vorst: Haben Sie diesen Posten schreiten gehört? Zeugin: Nein, aber au» Angst haben wir so getan. Die Zeugin gibt noch an, dah ihr Vater davon gesprochen habe, Schöne zu entlassen, weil cr ihm unheimlich sei. Er habe aber hernach davon abgesehen, weil er fürchtete, dich Schöne ihm eine Scbeune anstecken könnte. Die Zeugin gab noch an, daß Sternickel gedroht habe, die Kinder ebenfalls zu erwürgen, während die anderen Angeklagten davon abließen. Stcrnickel halie immtr mit der Schlinge in der Hand mit dem Erwürgen gedroht. Tic elfjährige Marie Kalies wird darauf hereingerufen und er- scheint in Begleitung ihrer Tank. Sic ist sehr verschüchtert und ängstlich und der Vorsitzend« sucht sie zu beruhigen, Sie weih nur noch, dah fremde Leute ins Zimmer gekommen sind und dah Schöne etwas zur Mutkr sagte. Die Mutter habe geantwortet, dah sie von ihm nichts zum Vater gesagt habe. Darauf ist die Mutter ins Wohnzimmer gegangen. Die Mutter schrie auf einmal ans: Grete! Grete! Sie hat von dem Schrei keinen Schrecken bekommen. Die Zeugin weih auch nicht mehr, dah der Schrei so geklungen hätte, dah der Mutter der Hat» zugehalten würde und gibt weiter an, dah sich jemand mit dem Revolver aufs Bett gesebt habe. Auf eine weitere Vernehmung der kleinen Zeugin wiro vcrzichlct und die beiden Kinder werden entlassen. Die Verhandlung wird auf morgen früh 10 Uhr berlagt. Soziales. Unfug mit Ablehnung von Richtern. In einer der letzten Sitzungen hat da? O b e r s ch ö n e iv e i d e r Ge Werbegericht bekanntlich die Akkumulatorcnwerke zur Heraus- zahlung der dem Kläger widerrechtlich für den gelben Unter- stützungSverein einbehaltenen wöchentlichen Beiträge verurteilt. Ein zweiter Prozeh, der auf derselben Grundlage beruht, schwebt etzt. In diesem hat die Direktion sämtliche Beisitzer de« Gericht» als befangen abgelehnt, weil diese der özialdemokratischen Partei angehörten. Die Kammer des Gerichts, die über den Ablehnungsantrag zu befinden hatte, hat am Dienstag den Antrag zurückgewiesen. Aus dem von der Direktion angegebenen Grunde einen Ab- lchnungsantrag stellen ist ein grober Unfug. Wie würde die Unter- nehmerpresse über TerroriSmu» und Sabotage zetent, wenn in einem Zivilprozeh der der Sozialdemokratie angehörlge Beklagte alle Richter ablehnen würde, weil sie befangen feien. Der Fall mit dem