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angesehen werde. Als Bulgarien Rodosto Midia als neue Grenze vorschlug, sei es nicht von politischen Er- wägungen beeinflußt worden. Bulgarien   habe diese üiiiie für dringend notwendig gehalten im Hinblick auf den ausgedehnten Handel Bulgariens   mit Konstantinopel  und Kleinasien  . Es habe sie auch ans militärischen Gründen gewählt wegen der verhältnismäßigen Kürze der Grenze vom Schwarzen Meer zum Marmarameer  , deren Berteitigung weniger Truppen erfordern würde alS die Linie über Enos. Der Haupt- grund sei jedoch der, daß die von Europa   vorgeschlagene Linie so nahe der Eisenbahn Adrianopel Dedeagatsch laufe. daß sie diese so wichtige Verbindung ernstlich bedroht. Außer- dem würde die Annahme der vorgeschlagenen Grenze die Zurückziehung eines großen Teils der bulgarischen Armee aus /den jetzt besetzten Städten notwendig machen und diese Gegenden den Türken überliefern, was eine schwere Gefahr für die Bevölkerung dieser Orte /ein würde. Vom bulgarischen Standpunkte aus sei es schwierig einzusehen, aus welchem Grunde die Mächte so sehr gegen die Linie Rodosto Midia seien. Cestemichischc Verstimmung gegen Montenegro. Wien  . 19. März. Zu der AnHaltung eines Dampfers vor San Giovanni di Medua meldet dasNeue Wiener Abendblatt", daß es sich um den DampferSkodra  " der Un­garisch-Kroatischen Schkffahrtsgesellschaft handle. Die bisherigen Nachrichten über den Vorfall deuteten auf eine ernste Ver­letzung des Völkerrechts hin. Wien  , 19. März. Die Abendblätter besprechen das Bombardement von Skutari  , welches nicht nur den Fortifikationen, sondern auch der tvehrlosen Stadt und der Zivilbevölkerung zu gelten schien und bereits schweren Schaden angerichtet hat, in sehr ernster Weise. Außer den früher genannten Gebäuden sollen auch das österreichisch-ungarische Waisenhaus nahezu vollständig und das Franziskanerkloster teilweise zusammengeschossen worden sein. Es wird die An­sicht ausgesprochen, daß die Montenegriner mit dem Bom­bardement eine Stadt zerstören lvglleu, von der sie wissen, daß sie niemals ihr Eigentuni werden könne. Eine gleich ernste Beurteilung findet der Zwischenfall von San Giovanni di Medua. Einige Blätter geben der Meinung Ausdruck, daß diese Vor- kommnissc zu einem ernsten Konflikt zwischen Oesterreich  . Ungarn   und Montenegro führen könnten. Wie dieReichs­post" erfährt, steht ein energischer Schritt Oesterreich-Ungarns  zur Wahrung seiner Interessen an der Westküste Albaniens  gegenüber dem eklatanten Bruch des Völkerrechts durch die Kriegführenden bevor. Der Gesandte in Cettinje sei beauf- tragt, bei der montenegrinischen Regierung energisch zu inter  - venieren und sein Bericht soll für die weiteren Entschließungen Oesterreich  -Ungarns entscheidend sein. Eine österreichische Flotteildemonstration an der albanischen   Küste? Frankfurt   a. M., 19. März. DieFrankfurter Zeitung  " meldet aus Wien  : Nach Verständigung mit Jtalieu sind heute zwei Divisionen des Geschwaders in Pola mit der Bestimmung nach der albanischen  Küste ausgelaufen. Montenegro bestreitet die österreichischen Vorwürfe. Cetinje  , 19. März. Von amtlicher montenegrinischer Seite wird die Meldung eines Wiener   Blattes, daß monte- negrinischc Truppen einen österreichischen Dampfer im Hafen �ion San Giovanni di Medua �ain Löschen der Waren ge­lindert und die Matrosen mit dein- Tode bedroht hätten, als .durchaus unrichtig bezeichnet. Wieder ein serbisches Dementi. Belgrad  . l9. März. Die Nachrichten der Blätter über die Er- schießung von 600 Albanesen in der Umgebung von UeStüb und Prizrend sowie über eine Bewegung im Ljuma-Gebiet und un- menschliche Behandlung der albenefifchen Bevölkerung von feiten der serbischen Behörden werden von berufener Seite für absolut un- wahr erkärt. Kämpfe an der Tschataldschalinie. Konstantinopel  , 10. März. sMeldung deS Wiener   I. k. Telegr.- Korresp.-Bureaus.)' Amtlicher Kriegsbericht. In Adrianopel   hat sich gestern nichlS Bemerkenswertes ereignet. Unsere vom rechten Flügel aufgebrochenen Streitkräfte konnten gestern bis östlich von SofaSlöj, Kalfokoj und Akalan vorrücken. Der Feind wurde vertrieben und seine Stellungen besetzt. Abteilungen des ersten Korps, die sich' m Eakil und Sürgünköj befanden, vereinigten sich mit den Truppen des Zentrums und rückten bis Kadiköj vor, besetzten dieses sowie die Stellungen in der Umgebung, welche sich in den Händen des Feindes befanden, nach einem blutigen Kampfe, der bis Sonnenuntergang dauerte. Der Bericht über die auf beiden Seiten Gefallenen und Verwundeten liegt noch nicht vor. Die beiderseitigen Streitkräfte stehen längs der ganzen Front in engem Kontakt. «* i»» Die Verzweiflung der Mobilisierten. Aus Wien   wird uns geschrieben: Nun kann sich selbst die deutsche nationale Hurrapresse dem Jammergeschrei der in Rot   und Frost, in Schmutz und Fäulnis, in Krankheit und Verzweiflung zu Zehntausenden dahinvegetierenden Reservisten im bosnischen Karst nicht entziehen. DieOstdeutsche Rundschau" in Wien   veröffentlicht einen langen Reservistenbrief, der die entsetzlichsten Einzelheiten berichtet, viel Gräßlicheres mitteilt als je unsere Presse, und der dabei von einem der Regierungsabgeordneten des Deutschen  Nationalverbandes als unbedingt glaubwürdig erklärt wird- Seit Weihnachten sind die Reservisten in der Festung Mostar  nicht aus den Kleidern und Schuhen gekommen, um nicht in den eiskalten Baracken zu erfrieren; sie schlafen zu 150 in einem Raum je 48 Zentinieter voneinander entfernt, ganze Kompagnien haben di« Krätze, selbst Fälle von Lungenentzündung werden von den Militärärzten nicht als Krankheit anerkannt, und jeder Mann, dem da» Kranksein bestritten wird, wandert auf Befehl des Korps- lommandanten auf 1014 Tage in den Arrest. Hat schließlich nicht der K. u. k..Arzt" recht, der den Leuten sagte. ob sie v e r- recken oder von den Montenegrinern nieder- geknallt werden, sei ganz egal? Einstweilen häufen sich die Selbstmorde und WahnsinnSfälle. Aber zum Schadenersatz für die k. und k. Verwahrlosung schenkt man den Leuten die weiteren Waffenübungen l_ politifchc CleberRcbt. Berlin  , den 19. März 1913. Tie leidige Teckungsfrage. Heeresverstärkungen zu bewilligen, ist nicht schwer, die zur Deckung der Ausgaben erforderlichen Mittel aufzubringen um so schwieriger. Die Ausschüsse deS Bundesrats beraten noch immer über die Heeres- und Teckungsvorlagen, ohne bisher zu einem Ab- ichluß ihrer Verhandlungen gekommen zu sein. So viel steht jeden- falls fest, daß zum Zwecke der Vermögensabgabe«ine Abschätzung des ganzen in Deutschland   vorhandenen Vermögens nach einhest- lichen Grundsätzen erfolgen soll. Wie halbamtlich mitgeteilt wird, sind die beteiligten Behörden auch bereits eifrig beschäftigt, die Ein- führungSbestimmungerr für die einmalige Vermögensabgabe auszu- arbeiten. Besondere Schwierigkeiten bietet hierbei die Frage der Ermittelung des Besitzes bei immobilen Werten. Bei der Un­gleichheit der bestehenden Grundsätze für die Vermögenssteuer der Einzelstaateu besteht die Absicht, die Deklarationspflicht einzuführen. Man wird dabei allerdings mit dem Wider- stand der besitzenden Klassen rechnen müssen, denn es ist zur Genüge bekannt, daß bei der Angabe des Vermögens zum Zwecke der Besteuerung sich die besitzenden Kreiie eine große Bescheidenheit auferlegen. Hat doch der frühere Schatz- selretär Frhr  . von Stengel einmal im Reichstag gesagt, daß da» Reich aller Schwierigleiten ledig wäre, wenn es gelänge, dem Reiche das zu überweisen, waS in den Einzelstaaten an Steuern hinter- zogen wird. Mittlerweile mehren sich die Stimmen, die dafür«intreten, daß auch die T o t e H a n d" zur Vermögensabgabe mit heranzogen wird. So schreiben dieDresdener Nachrichten": Es ist von mehreren Seiten der Borschlag gemacht worden, bei der einnialigen Vermögensabgabe auch dieTote Hand" nnl heranzuziehen, und man mutz sagen, daß es durchaus der Gerechtigkeit entspricht, hier ebenfalls zuzugreifen. Wenn sogar die deutschen   BundeSsürsten bei dein allgemeinen Opier auf dem Altar des Baterlandes nicht zurückstehen wollen, so ist schlichter- dings nicht einzusehen, warum gerade die.Tote Hand" ganz un- behelligt bleiben soll. Eine umfassende Statistik über die im ganzen Reichsgebiet in derToten Hand" aufgestapelten Besitz- tümer ist bisher nicht vorhanden, so daß sich eine auch nur an- nähernde Schätzung deS zu erwartenden steuerlichen Erfolges nicht geben läßt, nur soviel steht fest, daß eS sich um ganz erkleckliche Werte bandelt, bei denen in erster Linie der kirchliche Besitz in Be- tracht kommt." Dieser Vorschlag hat entschieden viel sür sich. Gerade die Kirche hat nicht allein ein ganz gewaltiges mobiles Vermögen, sondern auch überaus großen und wertvollen Grundbesitz. Der Einwand. daß dieses Vermögen charitativen Zwecken dient, ist nicht stichhaltig; denn das, was die Kirche auf dem Gebiete der Charstas leistet, steht in gar keinem Verhältnis zu ihrem enormen Vermögen. Wenn sich aber schon in den Ausschüssen deS Bundesrates so gewaltige Schwierigkeiten bei der Beratung dieser Frage auftürmen, dann darf man als sicher annehmen, daß diese Schwierigkeiten im Reichstage noch wesentlich größer werden, und daß insbesondere an eine Verabschiedung dieser Steuer und der anderen, die mit ihr in Verbindung stehen, vor den Psingstferien nicht gedacht werden kann._ Walhall oder Himmel? DieGermania  " ist unzufrieden mit der schönen pathetischen Rede, die hier am Sonntag der General v. Wrochem beim Fackelzug gehalten hat, denn derdeutsch- völlisch" veranlagte General hat zum Schluß gesagt:Deutsche   wollen wir sein, Herz und Augen nach Walhalla   gerichtet". Entrüstet fragt das fromme Blatt: Hat denn der christliche Himmel für Herrn v. Wrochem aufgehört zu existieren, daß er feine Zuhörer auffordert, Herz und Augen auf den Heidenhimmel Walhalla   zu richten, wo nach heidnisch- germanischer Auffassung die Helden ihren Met aus den Schädeln der erschlagenen Feinde trinken sollten? Soll das wegwerfende Wort vomWeltbürgertum" die christliche Lehre, daß alle Menschen Brüder sind, auch zum alten Eiien werfen? Soll das WortDeutsche   wollen wir sein" in reli- giöser Beziehung bedeuten:Wir wollen wieder die Ur- germanen, Heiden   werden?" Der Herr Generalleutnant,' so fordert das ultramontane Blatt weiter, hätte bedenken sollen, daßseine in religiöser Beziehung an- stößigen Wort« auch von katholischen Bürgern und Arbeitern mit- angehört werden mußten, die sich in so starker Anzahl und in so glänzender Weise an dem Fackelzug beteiligt hatten, die aber an ihrem katholischen Glauben festholten und nicht gewillt sind, ihre Herzen und Augen statt aus den christlichen Himmel auf das heidnische Walhalla   zu richten." Von ihrem Standpunkt hat dieGermania  " nicht so unrecht. ES ist wirklich gar zu albern, daß die Konservativen und Alldeutschen  , die für das sogenannte positive Ehristentum schwänflen und die Lehre vom christlilben Staat des getauften Juden Julius Friedrich Stahl als tiefgründigste Staatsweisheit preisen, ihre Anrufungen immer an Wotan und Thor rickiten und vom heidnischen Wahall reden. Der große Barde Georg Oertel   hat zwar diesen Unsinn an« gefangen und versteht vomefflich in feinen religiösen Festartikeln christliche Anschauungen mit urgermanischen zu einem rührseligen vaterländischen Ragout zusammenzurühren; aber muß denn jede Albernheit dieses sächselnden Urgermanen gleich nachgeahmt werden? Prcuftens Schutzengel. Bei den jetzt überall veranstaltetenJahrhundertfeiern", die weit richtiger Hohenzollernfeiern genannt werden sollten, wird meist neben demvollSliebenden gutmütigen König Friedrich Wilhelm III." auch seine Gattin, die Königin Luise  , in allen Tonarten gepriesen und angesungen. Augeblich soll sie einMuster aller Weiblichkeit". ein.EngelanGüte", di«besorgteste aller Mütter" und sonst noch allerlei gewesen sein. ES dürfte daher ein Urteil interesfieren, da» bald nach ihrem Tode der General Neidhardt v. Gneisenau über ste in einem Briese an seine Frau gefällt hat und der Sammlung un- gedruckter Briefe diese» Offiziers entnommen ist, die soeben Julius von Pflugk  » Härtung im Berlage von Perthes(Gotha  ) erscheinen läßt. Gneisenau schreibt am 6. Oktober 1810 au» Warmbrunn an eine Gattin: Hierbei übersende ich Dir einige bei Gelegenheit de» Todte» der Königin gehaltene Predigten. Zwei davon sind von einem meiner Freunde, dem Prediger Schleicrmacher, einem vor» trefflichen Kanzelredner. Du wunderst Dich vielleicht über diesen Prcdigtanlauf, aber ich will nicht läugnen. daß ich nach dem Tobte dieser Fürstin mehr für sie fühle, als es oft bei ihren: Leben nicht der Fall war. Sie war zusehrFrau, zu wenigKönigin undun- sähig. sich aus einen hohen Standpunkt zu- stellen oder daraus zuerhalten. Selbst ihr Herz war ihrem Gemahl nicht immer zugewandt, viel mehr einem anderen. was sie auch nicht verHelte, und als Mutter war sie nicht acktunqS würdig, da sie iick»m di« Erziebung ihrer Kinder nicht ernstlich bekümmerte. Aber sie besaß noch so manche gute Eigenschaften und mutzte, so jung noch, von ihren Kindern scheiden, von denen sie fürchten mutzte, daß sie nach wenigen Jahren das Gnadenbrot würden essen muffen. Ein so gebrochenes Mutterherz erregt Mitleid und diese arme Königin scheint nun bereits vergessen zu s-yn-"_ Prcutze« i« der Welt voran! Als kürzlich im Reichstag   die Frage der Ueberführung der Eisen- bahnen in den Besitz oder wenigstens den Betrieb des Reiches be- rührt wurde, begab sich der Abgeordnete Graf Kanitz auf die Tri- büne, um zu verlünden, daß Preußen nimmermehr auf seine glän- zenden Eisenbahnerträge verzichten werde. Er trumpfte auf mit den mehr alS 300 Millionen Ueberschuß, die bei der Eisenbahnverwaltung im Jahre 1311 gemacht worden seien, und rechnet den übrigen, be- ionderS den süddeutschen Staaten vor, wie armselig et um ihr« Bahnen bestellt sei. Das Eisenbahnkopital habe sich in Preußen mit 7,22 Proz. verzinst, in Baden nur mit 4,17 Proz., in Württemberg gar nur mit 3.48 Proz. Stur zu einem Teil darf sich die preußische Eisenbahnverwaltung und der Landtag die günstige Rente al« ein eigenes Verdienst an- rechnen. Die dem Bau und Betrieb der Eisenbahnen sehr vorteil- hafte Bodengestaltung Preußens, die gewaltige Größe des Verkehrt- netzeS, die dev Vorteil des Großbetriebs gewährt, die günstigen Bedingungen der industriellen Entwicklung im Westen, sind wahrlich nicht auf junkerliche RumeStaten zurückzuführen. Wohl aber haben die Junker nach einer anderen Richtung sich verdient gemacht um die Rentabilität der preußischen Bahnen: durch Festhallen an den niedrigen Löhnen der Unterbeamten und Arbeiter de» Eisenbahn- betriebS. Schärfer al» wir sie darstellen könnten, wurde diese Tat- fache im Finanzausschuß des württembergffchen Landtags vom württembergischeii Ministerpräsidenten zum Ausdruck gebracht, der gegenüber den Anträgen unserer Genossen auf Revision der Lohn- ordnungen folgende Ziffern bekannt gab: Im Jahre 1311 wurde an Löhnen gezahlt: Württbg. Preußen Bayern Sachsen Baden Bahnunterhaltung«- arbeiter.... 1037 8 5 3 955 952 1 067 M. rbeiter im Zugab- fertigung». u.Zug- begleitungsdienst. 1401 12 8 5 1 812 1 245 1 871. Arbeiter im Zug- sörderunzS- und W-rlstättendienst. 1607 1 4 0 7 1 442 1 529 1 507. Trotz der fabelhaften Eisenbahnüberschüsse steht Preußen in der Bezahlung seiner Arbeiter durchweg an letzter Stelle. Nur Sachsen  weist bei einer Kategorie einen noch etwas geringeren Satz auf als der Kulturstaat Preußen. Für 853 M. läßt der preußische Staat einen Arbeiter ein volle» Jahr schuften, damit 800 Millionen aus den Eisenbahnen herausgepreßt und den Besitzenden an Steuern erspart werden. Dabei prunkte der preußische Eisenbahnminifter vor wenigen Tagen bei Beratung des Eisenbahnetats im Landtag init der Erhöhung der Arbeiterlöhne um 33.7 Proz. seit dem Jahre 13021 Und trotzdem kommen heute, in der Zeit höchster Lebensmittelpreise, erst 853 M. JahreSlohn für BahnunterhaltungS« arbeiter heraus I Der preußische Staat beutet aber nicht nur seine eigenen Ar- bester aus, sondern hindert auch die süddeutschen Staaten an weiteren Lohnerhöhungen. Der württembergische Ministerpräsident erklärte nämlich weiter, wenn Württemberg den Lohnunterschied noch vergrößere, so entsteh« die Gefahr, daß innerhalb deS Staatsbahn- wagenverbandeS an den Kosten der in Württemberg ausgeführten Wagenreparaturen von den übrigen Verwaltungen Abzüge gemacht würden wegen der hohen Löhne in Württemberg l Eine köstliche Empfehlung. Tie nationalliberale Partei in Nürnberg   geht auf den Mit- glicderfang au» und versendet zu diesem Zwecke ein Rundschreiben. in dem sie mitteilt, daß sie sich einenAkquisiteur" mit dem poetischen Namen Silvcrius Wenzel zugelegt hat. Zu dessen Emp- fchlung wird hervorgehoben: Genannter wird Ihnen sicherlich kein Unbekannter mehr sein, wenn Sie erfahren, daß er in seiner Eigenschaft al» Kapellmeister des Königl. 11. Infanterieregiment» ohne Wissen und Willen seiner Vorgesetzten aus eigenem Antriebe dem Fürsten Otto p. Bismarck, welcher damals zur Kur in Kissingen  weilte, ein Ständchen brachte, welches kühne Unterfangen ihm die Entlassung eintrug." " Es ist wirklich kostbar, wie die Partei der Reserveoffizier« der Vorsitzende der Partei, der da» Rundschreiben unterzeichnet hat, ist selber Hauptmann der Landwehr ihrem neuen Mann al» besondere Zugkräftigkeit nachrühmt, daß er sich eine» mili- tärischen TitziplinvergehenS schuldig machte, da» mit Dienstent» lassung geahndet wurde._ Dr. Muller-Fürer. DieKreuz-Ztg.", die ohnehin leinen Ueberfluß an fähigen Leuten besitzt, hat ihren bisherigen Chefredakteur Dr. Müller-Fürer durch einen Gehirnschlag verloren. Der Gestorbene wurde 1853 ge- boren und erhielt nach beendeten Studien zunächst eine Stelle als Gymnasiallehrer, vertauschte dann aber diesen Beruf mit dem eines Redakteurs und trat 1891 in die Redaktion derKreuz-Ztg." als Feuilletonredakieur ein. Später übernahm er den Handeisteil und verfaßte nach dem Tode de» Freiherrn   v. Ungern-Sternberg   in»- besondere die Wochenübersichten über die innere Politik. Noch dem Nückttitt deS Ministerialdirektor» o. D. Dr. Herme» von der Leitung derKreuz-Ztg." übernahm Dr. Müller-Fürer am 1. Juli v. I. die Chestedaklion._ 6ewitterwoU«n im fernen Often. Tic Lage in Ostasien   wird mit jedem Tage bedrohlicher. Aus der Mongolei  , aus der Mandschurei  , aus China   kommen täglich Nachrichten, die auf drohende Verwickelungen zwischen Rußland   und China   hinweisen. Die russischen Blätter regi- strieren fortlaufend die besorgniserregenden Tatsachen, die aus den wirtschaftlichen Zusammenbruch in- den russischen Grenzgebieten in Ostasien   grelle Schlaglichter werfen. Der Korrespondent derRjetsch" schreibt, die Kanonen hätten noch nicht gesprochen und schon müsse das Land seine Verlust« registrieren. Fn der Tat, wie aus den Berichten der Börsen in Charbin  . Wladiwostok   u. a. hervorgeht, durchlebt das Transbaikalgebiet und die russische   Einflußsphäre in der Mandschurei   eine schwere wirtschaftliche Krise, die um so be- drohlicher erscheint, als ihre Ursachen und Konsequenzen noch gar nicht abzusehen sind. Handel und Industrie stocken, zahl- reiche Firnien stellen ihre Zahlungen ein. die Tätigkeit der russischen ostchinesischen Bahn ist fast völlig lahmgelegt, da trotz der glänzenden Ernte fast keine Getreidezufuhr aus der Mandschurei   nach den russischen Märkten zu verzeichnen ist. Alle diese Tatsachen üben auf das Erwerbsleben im Amur- gebiet eine fast panikartige Wirkung aus, denn die örtliche Bevölkerung sieht darin keine lokale Zusallserscheinung, son- dern ein Ergebnis der aggressiven Politik, die die russische Diplomatie neuerdings wieder in Ostasien   eingeleitet hat und die gewaltige Komplikationen in sich birgt. Den Ausgangspunkt dieser Komplikationen bildet die nur notdürftig verhüllte Annexion der Mongolei  , eine? Gebietes von fast drei Millionen Ouadratkilometer, durch Ruß- land, die durch das am 26. Dezembsr v. I. veröffentlichte Ab- kommen zwischen dem russischen Sondergesandten Koroswwetz und einigen mongolischen Fürsten   proklamiert worden ist. Die russische Diplomatie nutzte die'dürch den Balkankrisg herauf- beschworene Spannung in Europa   in raffinierter Weise dazu aus, um den von langer.Hand vorbereiteten Schlag gegen China   auszuführen und sich die unter chinesischer Oberhoheit stehende Mongolei   anzugliedern. Formellschützt" sie aller- dings nur dieUnabbängigkeit" der mongolischen Fürsten  , die sich von dem republikanischen China   losgesagt haben. In Wirklichkeit hat die russische   Diplomatie aber diese ganze Un- abhängigkeitskomödie inszeniert, um durch Schaffung eines Pufferstaates nach dem Muster Persiens   das ganze gewaltige Gebiet von der turkcjtanijchen und sibirischen Grenze bis zur