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Nr. 69. 30. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Sonntag, 23. März 1913.

Tirpitz

Ein Max und Moritz- Streich.

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Heeringen

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Ach, was muß man doch von bösen

Buben hören oder lesen,

So zum Beispiel auch von diesen,

Die Tirpitz und Hering hießen.

Lebte da ein Bauer Michel, Der mit Spaten, Sack' und Sichel Seinen Garten pflegt voll Fleiß Chad ihn düngt mit seinem Schweiß.

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Und des Michels emsig Schanzen Bringt Gedeihen allen Pflanzen; Alepfel, groß und gar nicht sauer, Trägt der Baum ihm an der Mauer. Michel denkt, ob all der Mühen Goll mir auch der Lohn jetzt blühen. Aber Tirpitz und Hering Drehten ihm ein schlimmes Ding.

Kleines feuilleton.

Konfirmation.

Zieb den fchwarzen Kleidrock an, Armer Junge, guter Junge; Am Altar der Gottesmann Löft zum Eide dir die Zunge.

Armer Junge, gutes Kind, Nun beftätige frei entfchloffen, Was als Cäufling taub und blind Unfreiwillig du genoffen. Vierzehnjährig! Vor Gericht freilich noch nicht mündig bíft du; Doch die Kirche wartet nicht, Und du fchwörft dich Jefu Chrift zu. Schwörft, an Vater, Sohn und Geift Stets zu glauben, und des Zweifels Künftigen Kampf erklärft du dreift Deut als Anfechtung des Teufels.

Eh'verfprechen, Erbkontrakt, Dazu bist du nicht kapabel;

Doch den großen Geifterpakt.

Schwör drauf los mit gelbem Schnabel.

11/11

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You

Tore

Zu der Mauer, still verstohlen Taten sie' ne Wippe holen. Und nun geht es, eins, zwei, drei, Hurtig an die Mauserei.

Schwups, fliegt Tirpitz in die Aleste Und er klaut und grabscht das Beste, Er greift zu als wär er toll Und stopft sich die Taschen voll. Jest tut Hering aufwärts flitzen Und nach Herzenslust stiebigen. Tirpitz unten Aepfel schmaust, Bis er wieder aufwärts saust. So geht's immer rauf und runter Und sie stehlen frech und munter, Bis der Michel sie erwischt Und nach Noten sie verdrischt!

übel dran. Dann laß dir von den Knospen und Blüten zurufen: mit dem 3artgefühl des Mannes und heraus mit der Ausweis­Vorwärts, lerne leben, lerne Hoffen. Dieses Aufraffen wird dir karte?" Das wäre! helfen, dich mit zu verjüngen. Du wirst den Aufgaben der Gegen- Vor allem aber: Seit wann ist ein Liebesbrief unfittlich? wart gerecht werden und dein Gutes wird dir begegnen. Liegt dein Die Sittlichkeitsschnüffler sind schließlich ja auch nicht durch Gutes nur in der Vergangenheit, so kann es dir ja nie mehr den Schornstein gefallen. Wenn ihre Eltern keine Liebesbriefe entgegenkommen. miteinander gewechselt, hätten wir sie nicht unter uns. Wie oft Und eins noch. Nimm dir an den alten Bibelmenschen das hat ein junges respektables Liebespaar nicht mit dem Wider­Beispiel, daß du voll im Heute lebst. Man kann auch in eine stand der Familie zu kämpfen! Warum in Kuckucks Namen Zukunft träumen und darüber das Heute verpassen. Aber das soll dann die Grete ihrem Hans nicht postlagernd unter Chiffre Heute ist das Wichtigste. Aus dem Heute wird das Morgen ge- treu bleiben dürfen? boren. Wer kein Heute hat, dem kann kein Morgen geboren werden.

Wir brauchen eigentlich Auferstehungsmenschen, kein Auf­erstehungsgerede. Das sind solche, die mit aller Kraft ihr Heute ausnußen und ihm gerecht werden. Ihr Gutes wird allewege im Vorwärts liegen und ihnen einmal voll begegnen. Denen ist der Frühling keine verfliegende Wehmut, sondern ein Zeuge ihres Neuwerdens. Sie haben weder Zeit noch Lust, sich über Auf­erstehungsfragen zu streiten, aber sie sind selbst Auferstehungs­menschen. H. 2.

Und die weniger harmlosen Liebesbriefe, die auch postlagernd gewechselt werden?

Ja, weiß man denn nicht, daß Amor ein erfinderischer Gott ist? Er läßt sich seine Wege so leicht nicht versperren! Am allerwenigsten aber auf diese Weise. bureaukratischer Bevormundung würde lediglich das Publikum Eine derartige Probe schifanieren; der geflügelte Gott aber würde nach wie vor seine treffsicheren Pfeile versenden.

Die Nasenspitze im Munde. Prof. Klapp, der bekannte Berliner Chirurg, konnte in der letzten Sigung der Berliner Chirurgischen Schnüffelei und Sittlichkeit. Es gibt eine Sorte von Men- Gesellschaft eine amüsante Demonstration abhalten. Es handelte schen, die den normalen Bewohnern Deutschlands in der pein- sich um einen Studenten, dem in einer Schlägermensur die Nasen­lichsten Weise auf die Nerven fällt. Im Namen der Sittlichkeit spige abgeschlagen worden war. Getreu der studentischen Tradition schnüffeln sie mit einer gewissen Dummdreistigkeit in öffentlichen hob der Bruder Studio, wahrscheinlich mit einer mehr oder weniger und privaten Angelegenheiten herum. heroischen Geste, den wertvollen Körperteil auf und verwahrte, ihn

Mufik

Hat in irgend einem Dorf ein kleiner Bub mit den Mädchen bis auf weiteres in seiner Mundhöhle, um ihn frisch und lebendig zu zusammen ein Bad genommen, flugs hat ihn ein Sittlichkeits- erhalten. Er setzte also das in Praris um, was Prof. Carrel schnüffler beim Ohr und bringt ihn mit Gewalt auf Gedanken, theoretisch ergründet hat und was ihm den Nobelpreis eintrug: auf die der Kleine von selber gar nicht gekommen wäre. Körpergewebe dadurch lebendig zu erhalten, daß er es bei Körperwärme Artur Fitger. Hat ein Künstler eine nadie Brunnenfigur geschaffen, kriegen in einer Störperflüssigkeit konservierte. Der Student benutzte seine die Schnüffler sofort moralische Zudungen und schreien nach einem Mundhöhle als Thermostaten und seinen Speichel als Nährflüssigkeit Auferstehungsmenschen. Unser alter Lehrer sagte einmal in Lendenschurz. dreiviertel Stunden lang. Dann wurde die Nasenspize noch einmal der Prima: Der Frühling hat für den alternden Menschen etwas Wenn Goethes frohe Heiterkeit und Rubens derbe Frauen- in warmer phyfiologischer Kochsalzlösung ausgewaschen, um darauf Wehmütiges. Wißt ihr auch, warum? Wir wußten es nicht. Da zimmer nicht durch die Autorität der Kunstgeschichte geschüßt wären, mit feinen Nähten am Nasenstumpf wieder befestigt zu werden. Die fagte er: Weil man fühlt, daß man nicht mit neu und jung wird. Die Sittlichkeitsschnüffler hätten sie längst dem moralischen Schutz- Wundheilung verlief glatt, und das Resultat war, wie die Zuschauer Es ist eigentümlich, wie zuweilen unbedeutende Gespräche im mann ausgeliefert. sich überzeugen konnten, ein vorzügliches. Gedächtnis haften bleiben. Ich habe oft an den alten Mann denken Wenn hinter ihnen nichts stände als ihre eigene Narrheit, müssen und ihm jedesmal unrecht gegeben. Aber heute sehe ich, fönnte man sich mit einem frohen Lachen begnügen. Die Dinge daß er doch eine gewisse Wahrheit ausgesprochen hat. Es gibt wirt- liegen aber leider so, daß sie in ultramontanen Kreisen sehr Berliner Boltschor: Dic Seligpreisungen von lich Menschen, und leider viele, die deutlich empfinden, daß das einflußreiche heimliche oder offene Verbündete haben. Wir César Frand. junge Jahr sie nicht verjüngt. Dagegen gibt es andere, und das brauchen ja nur an die 2er Heinze oder an die Um sturz- mand. Aber als preußischer Junker und Polizeipräside will er dem Db Herr von Jagow musikalisch ist, weiß nic­find die Glücklicheren, das sind Hoffnungsmenschen, deren Gutes vorlage zu denken, um zu wissen, daß diese häßliche verkniffene Volte die Religion erhalten. Deshalb untersagte er Franz nach vorwärts liegt, die nach Großemt ausschauen. Diese empfinden Brüderie unter Umständen zu einem gesetzgeberischen Anschlag auf Liszts Heilige Elisabeth" und Edgar Tinels Heiligen Franziskus" den Frühling als Auferstehen der Natur, nicht als Wehmut, son- die geistige Freiheit des ganzen Volkes führen kann. Wenn das als Karfreitagsaufführungen. Beide Oratorien waren ihm nicht dern als Bestätigung ihres Hoffens. Denen bringt jedes Neu- aber der Fall ist, muß man die Herrschaften schon im Auge fromm genug. Hingegen fanden César Frands Seligpreisungen" werden draußen eine Lebenswelle, und sie gehen freudig vorwärts behalten. Gnade vor seinen Augen. bon Sieg zu Sieg. Und so bekamen wir das Frandsche Ihre neueste Tat ist eine Aktion gegen postlagernde Oratorium zum allerersten Male in Deutschland zu hören. In alter Zeit waren solche die Menschen, die man Bibel- Sendungen ohne volle Adresse. Die Männerbereine zur Be- dem Präsidenten verraten, daß mit der Aufführung dieses Musit Da sei menschen nennen kann. Darin liegt der Reiz der alten Geschichten. fämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit", die im heiligen Köln tagen, werts eine fünstlerische Kulturtat vollbracht wurde! Es ist die Geschichte von Menschen, die fest in der Gegenwart wur- haben sich an die Petitionskommission des Reichstages mit der Bitte Von Arbeiterfängern für die Arbeiterklasse vollbracht! Eines zelten, aber immer etwas zu hoffen hatten; deren eigentlich Gutes gewandt, daß postlagernde Sendungen stets die volle Adresse des schlagenderen Beweises ihrer Toleranz gegen eine Kunstschöpfung allewege vorwärts lag. In den Reihen dieser wurde der große Empfängers tragen und nur gegen Post ausweiskarte aus- bon jo ausgesprochen firchlicher Färbung Auferstehungsglaube geboren, und man mag dazu stehen wie man geliefert werden möchten. Die Kommission aber hat das Schrift der biblischen Tertunterlage wenigstens hinsichtlich will, ein belebender Glaube ist es jedenfalls. Die einen Menschen stück dem Reichskanzler zur Kenntnisnahme" überwiesen, mit darf es wohl nicht. Intolerant sind doch nur die Staatserhaltenden", wie Frands Seligpreifungen" be find mit der Vergangenheit belastet. Da heißt es wie im Märchen: welchem Resultat der glorreiche Feldzug hoffentlich erledigt ist. weil sie von polizeiwidriger Blindheit und Borniertheit geschlagen Es war einmal. Diese haben es schwer und sie versinten oft Warum sollen postlagernde Sendungen die volle Adresse des werden! César Frand, für dessen Gefänge, Drgel- und Kammer­genug in Verdüsterung; die anderen sind Menschen des großen Empfängers tragen? Vorwärts. Von ihnen hat einmal ein alter Sänger gesagt: Sie stücke das Kestenberg- Trio sich schon mehrfach mit Erfolg ein­Die Antwort lautet natürlich: Weil Liebesleute häufig fette, hat laut einem berjüngen sich wie die Adler. Sie laufen und werden nicht müde, postlagernd unter einer Chiffre korrespondieren." von Leo Kestenberg am ber­fie wandeln und werden nicht matt. gangenen Sonntag gehaltenen Vortrage zehn Jahre alt Wir fragen zunächst:" Und warum sollen denn bei dieser diesem seinem einzigen Dratorium gearbeitet. Mit der christ­Es gibt Menschen, die jedes Jahr um die Osterzeit den Augen- Gelegenheit die vielen postlagernden Sendungen anderer Art latholischen Verfrommungstendenz des Tertes, die der Oberpolizei­blid für gegeben erachten, sich über die Idee und die Wirklichkeit gleich mit totgeschlagen werden?" Ein Mann muß beispielsweise behörde offenbar sehr gefallen hat, können sich aufgeklärte Arbeiter der Auferstehung zu streiten. Merke: Das sind ganz gewiß keine Auf- aus wirtschaftlichen Gründen einen Erwerb suchen, der seiner nun allerdings schwer abfinden. Aber Frands Musik: erstehungsmenschen. Laß alle streiten. Aber wenn draußen die gesellschaftlichen Stellung nicht recht entspricht. Er wünscht also die Erhebung, nicht für Büttelohren, jedoch für feine Sinne, empfängliche Natur neu wird und das Leben sich entfaltet nach dem winterlichen Sache unter der Hand zu erledigen und läßt sich die Angebote Gemüter. Lode, dann laß durch deine Seele die stille Frage gehen: Wo liegt postlagernd kommen. Das praktische Leben schafft derartige Fälle zösischen Charakter an sich hat, eher zu sagen deutsch flingt. Man staunt, daß sie eigentlich gar so wenig fran mein Gutes? Liegt es bloß in der Vergangenheit, dann bist du zu Hunderten. Und nun soll es plößlich heißen: Zum Teufel Es erscheint mir nicht unwichtig, darauf hinzuweisen, daß Habened

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