Nr. 70.
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Der Aufruf von Kalifch.
Er war hauptsächlich nach den Ansichten von Stein entworfen und ebenso an die Fürsten als an die Völker gerichtet, da man zu jener Zeit es nicht zu leugnen wagte, daß ohne den Beystand des Volkes der vorliegende große Kampf nicht zu beenden sey. Späterhin haben freylich unwürdige Menschen, deren Brust Edeler Regungen unfähig ist, jedes Aufrufen des Boltes als etwas Gefährliches geschildert.
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Generalfeldmarschall von Bohen. Was von Anfang an als eine düstere Tragik auf dem Freiheitskampf des Jahres 1813 lastete, war, daß er nur mit russischer Hilfe ausgefochten werden konnte. Zarische Stnute und Freiheit das läßt sich schwer in einen Reim bringen. Und in der Tat: wenn man von höherer geschichtlicher Warte aus abschätzt, erkennt man, daß, was sich mit den Kosaken und Tataren, Stalmücken und Kirgisen des russischen Heeres 1813 nach Deutschland hineinwälzte, nichts anderes war als die Woge der Konterrevolution und daß mit dem letzten französischen Linieninfanteristen, der sich tiraillierend über den Rhein zurückzog, die Revolution für ein Menschenalter aus Deutschland verschwand. Für geraume Zeit schien die Frage, ob Europa republikanisch oder kosakisch werden sollte, zugunsten des Kosakentums entschieden zu sein, denn das Vasallenverhältnis Preußens zum Zarismus, dessen fester Kitt der gemeinsame Raub an Polen war, wurde durch das Jahr 1813 noch enger gefügt, und im wahrsten Sinne des Wortes war von da an durch Jahrzehnte russische Schande auch preußische Schande. Aus dem bitteren Gram über diese Entwickelung ließ Heinrich Heine seinen alten Lehrer von den Siegern des Jahres 1813 sagen:
Es geht diesen Leuten wie den Thebanern, als sie bei Leuktra endlich einmal jene unbefiegbaren Spartaner geschlagen, und beständig mit dieser Schlacht prahlten, so daß Antisthenes von ihnen sagte:„ Sie machen es wie die Senaben, die vor Freude sich nicht zu laſſen wissen, wenn sie einmal ihren Schulmeister ausgeprügelt haben". Liebe Jungens, es wäre besser gewesen, wir hätten selbst die Prügel belommen. Und Heines Widerpart, der Graf von Platen, schrieb aus denselben Empfindungen heraus sein Distichon:
Sogenannte Freiheitskriege.
Freiheitskriege fürwahr! Stand einst Miltiades etwa
Mittwoch, den 26. März 1913.
die der russische Alexander an dem Entwurf vorgenommen yatte, noch mehr als genug. An den entscheidenden Stellen bes Manifestes hieß es:
Indem Rußlands fiegreiche Krieger, begleitet von denen Sr. Majestät des Königs von Preußen, ihres Bundesgenossen, in Deutschland auftreten, fündigen Seine Majestät der Kaiser von Rußland und Seine Majestät der König von Preußen den Fürsten und Völkern Deutschlands die Rückkehr der Frei heit und unabhängigkeit an. Sie fommen uur in der Absicht, ihnen diese entwandten, aber unveräußerlichen Stammgüter der Bölker wieder erringen zu helfen.... Nur dieser große, über die Selbstsucht erhabene und des halb ihrer Majestäten allein würdige 8wed ist es, der das Vordringen ihrer Heere gebietet und leitet.... Ihre Losung ist Ehre und Freiheit.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 1984.
einverstanden sind, dem schönen 3wed der Befreiung Deutschlands von fremdem Joche ihre höchsten Anstrengungen jederzeit gewidmet sein lassen.
Soweit der Aufruf von Kalisch, von dem Mehring mit Recht sagt, daß in keinem bonapartistischen Bulletin so arg geschwindelt worden sei wie in dieser feierlichen Kundgebung frommer Monarchen. In den Massen des preußischen Volfes aber bestärkte er zur Zeit seines Erscheinens die Auffassung, daß es auf den Schlachtfeldern von 1813 höhere Güter zu erringen gelte als die Sicherung der Hohenzollernkrone und die Herrschaft des ostelbischen Junkertums. Als die Hoffnungen des Voltes aber so schnöde zuschanden geworden, da griffen die wahren Patrioten immer wieder auf dieses Manifest zurück, und mochten die Soldschreiber der Reaktion vom Schlage des Geheimrats Schmalz noch so sehr die Tünche Hiermit ist zugleich das Verhältnis ausgesprochen, in welchem untertäniger Knechtsgesinnung darüber fleren, wie die FlammenSinne Seine Majestät der Kaiser aller Reußen zum wieder schrift an der Wand zu Babylon leuchtete es doch immer geborenen Dentschland und zu seiner Verfassung stehen wieder durch: Freiheit und Unabhängigkeit unveräußerliche wollen. Es kann dies fein anderes sein als eine schützende Hand Stammgüter der Völker- Ehre und Freiheit ureigner über ein Wert 31 halten, dessen Gestaltung Geist des deutschen Volkes! Unendlich öfter als der Aufruf ganz allein den Fürsten und und Völkern Deutschlands an mein Volt ist in der trübseligen Zeitspanne zwischen 1815 anheimgestellt bleiben soll. Je schärfer in seinen Grund- und 1848 der Aufruf von Kalisch zitiert worden. zügen und Umrissen dies Werk heraustreten wird aus Aber eben weil er ein Denkmal monarchischer Lüge und demureigenen Geiste des deutschen Volkes, desto Schmach ist, haben sich dieselben Bratenbarden, die noch eben verjüngter, lebensfräftiger und in Einheit gehaltener wird Deutsch den 17. März 1813 mit dithyrambischen Hymnen gefeiert land wieder unter Europas Völkern erscheinen können. Uebrigens haben, an diesem 25. März 1813 auf den Zehenspitzen und werden Seine Majestät nebst ihrem Bundesgenossen, mit dem sie ohne einen Laut vorbeigeschlichen. Sie wollen, die armen in den hier dargelegten Gennungen und Ansichten vollkommen Schächer, nicht erinnert sein!
Lehte Kämpfe.
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Die Balfanfrise scheint sich nun doch ihrem Ende zu Zivilbevölkerung die Stadt verlassen könne, und gegen die nähern. Am Sonntag hatte die„ Norddeutsche Allgemeine Drohung mit 3wangsmaßregeln, falls Monte Zeitung" nochmals den Ausgleich zwischen Desterreich und negro diesem Verlangen nicht entsprechen würde, Protest Rußland in der albanesischen Frage angekündigt und die Ueberzeugung ausgesprochen, daß eine endgültige Einigung auch über den letzten bisher strittigen Bunft gesichert sei. Und diese Ansicht wird von London aus in folgender Depesche bestätigt: pantall
erhebt. Montenegro erklärt, diese Forderung DesterreichUngarns als Verlegung der Neutralität zu beihrer Note, daß sie aus Menschlichkeitsgefühl und um deni trachten. Die montenegrinische Regierung erklärt weiter in einstimmigen Wunsche der Mächte nachzukommen, beim Kommandanten von Skutari die notwendigen Schritte unternehmen würde, um den Abzug der Zivilbevölkerung zu ermöglichen. Zu diesem Behufe hat sich heute früh ein Parlamentär nach Sfutari begeben.
London , 24. März. Wie das Reutersche Bureau erfährt, Mit Baschkiren im Bund, als er die Perser bezwang? sind sich die Mächte über die Grenze Albaniens von Dennoch hat man damals versucht, zarische Snute und Diakova bis zum Ochridasee einig. Unter den Orten, deutsche Freiheit in einen Reim zu bringen und zwar geschah über die ein Einverständnis erzielt worden ist, befinden sich Die Dampferaffäre. das in dem Aufruf von Kalisch, der von dem russischen Ober- utari und Djakova. Eine offizielle Erklärung darüber Cetinje , 25. März.( Aus amtlicher montenegrinischer Quelle.) befehlshaber Stutusoff im Namen Alexanders I. und Friedrich steht unmittelbar bevor und wird wahrscheinlich morgen erfolgen. Wilhelms III. am 25. März 1813 erlassen wurde. Die Verbündeten werden eine Kollektivnote der Mächte über Von montenegrinischer Seite wurden am 19. d. M. die Nachrichten ein österreichisch unga= Als Verfasser des Aufrufs nenut Treitschte den Ober- dieses Ergebnis erhalten. Damit sind zwei der heikelsten auswärtiger Blätter, wonach sachsen Karl Müller, über den der geschäftige Varnhagen Bunkte geregelt, und da den Berbündeten deutlich erklärt rischer Dampfer im Hafen von San Giovanni di Medna b. Ense 1847 eine Lebensbeschreibung zurecht gebastelt hat werden wird, daß Europa diese Frage erledigt hat, wird es am Löschen der Waren gehindert und die Matrosen am Leben beund der geschildert wird als ein fanatischer Teutone: in seiner nicht mehr nötig sein, die militärischen Operatio droht worden wären, als durchaus unrichtig bezeichnet. blinden Deutschtümelei, die auch ein Zeichen der Zeit war, der Mächte nichts mehr ändern würde. Die Botschafter werden denn es war kein Schiff verhindert worden, seine handelsgeschäftnen fortzusetzen, deren Ergebnis doch an der Entscheidung Dieses Dementi war den Tatsachen und der Wahrheit entsprechend; wollte er etwa den Generalstab in ein Hildamt verwandeln und die Generaladjutanten zu Hauptwernolden umtaufen. sodann die südliche Grenze Albaniens erörtern, für die Italien und lichen Manipulationen vorzunehmen, noch waren Matrosen von Aber dieses Karl Müller Anteil an dem denkwürdigen Doku- Desterreich besondere Gesichtspunkte haben. Obgleich die Berhand- montenegrinischen Soldaten bedroht worden. Von der Beschwerde ment ist zweifelhaft und dunkel geblieben, zweifellos da lungen hierüber langwierig sein können, besicht doch kein Grund, des Kapitäne und des Maschinisten der Skodra hat die montenegrinische Regierung erst vorgestern durch die Note der österreichische gegen ist die Urheberschaft des Freiherrn vom Stein. Schwierigkeiten zu befürchten. Unter diesen Umständen war es flar, daß Monte- ungarischen Gesandtschaft Kenntnis erhalten. Die Regierung Der vont französischen Staiser wie von den preußischen Junkern gleichermaßen geächtete Stein hatte sich notgedrungen negro das Verlangen Desterreichs, das von dem russischen hat sich beeilt, sofort in offizieller Form die nach Rußland an den Hof Aleranders I. begeben. Dort Gesandten in Cetinje ausdrücklich unterstützt wurde, werde Erklärung abzugeben, den Verkehr der öster= hatte er beratend und anstachelnd gewirkt, aber als nun über erfüllen müssen. Und in der Tat hat Montenegro auf eine reichisch ungarischen Dampfer erleichtern und die Felder der Frühlingssturm von 1813 fegte, da wollte er neuerliche Note der österreichisch- ungarischen Regierung, die selbst für ihre Bewegungen alle Erleichte Die Regierung hat unum alles in der Welt selbst den Schein vermeiden, als sei die mit Gewaltanwendung drohte, eine nachgiebige Ant- rungen bieten zu wollen. Erhebung Preußens ein Werk Rußlands , Die Siegestümmelei mort erteilt. der russischen Generale, der beschränkten Nachthaube Stutujoff bevölkerung aus Stutari geschehen lassen und bis dahin das Erklärung abgegeben, eventuelle Schuldige streng beMontenegro wird den Abzug der Zivil- berzüglich einen besonderen Funktionär behufs strenger Untersuchung des Zwischenfalls entfendet und gleichzeitig die an der Spize, ging ihm sehr wider den Strich und er wußte, Bombardement einstellen. Und da die Mächte mit Einschluß strafen zu wollen. wieviel Mühe es gekostet hatte, diese russische Generalität überhaupt zur Fortsetzung des Feldzuges zu bewegen: echte Rußlands darin einig sind, daß Skutari dem selbständigen Die Friedensvermittelung. Ajiaten, die sie waren, wären sie am liebsten wieder in ihren Albanien auf jeden Fall gehören werde, so ist zu hoffen, daß asiatischen Stumpffinn zurückgesunken, nachdem der legte die Einstellung des sinnlosen Blutvergießens eine endgültige Die Antwort der Verbündeten. Franzose über den Niemen retiriert war. Alexander freilich sein werde. Sofia , 24. März. Ueber die Antwort auf die neue war anderer Meinung, aber nicht um seinem preußischen Auch die Friedensverhandlungen gehen, wenn Friedensbasis der Großmächte wird noch zwischen den VerKollegen einen Gefallen zu tun oder gar um Deutschlands auch schrecklich langsam, fort. Die Balkanstaaten und nament- bündeten verhandelt; man hofft, in dret Tagen eine Freiheit zu retten, sondern um die napoleonische durch die lich Bulgarien suchen noch im letzten Augenblick die von den Verständigung zu erzielen. Wie verlautet, wollen die alexandrinische Weltherrschaft zu ersetzen. Auf jeden Fall wollte Stein diesen Merander samt seinem Mächten vorgeschlagene Grenze gegen die Türkei hinaus Verbündeten den Vorschlag der Großmächte als Basis für die Auf jeden Fall wollte Stein diesen Alexander samt seinem Friedrich Wilhelm auf unverbrüchliche Prinzipien festlegen, zuschieben. Und um ihre Position zu verbessern, hat die bul Friedensverhandlungen annehmen; sie hoffen jedoch, noch deren Verkündung gleichzeitig dem Bölferkrieg ein neuer Treib- garische Regierung noch eine letzte furchtbare Anstrengung einige Bedingungen stachel sein sollte. Aber nicht nur an die Völker, sondern gemacht: der Generalsturm auf Adrianopel hat ändern zu können. auch an die Fürsten sollte sich der Aufruf von Stalisch wenden, begonnen, die Festung soll noch vor dem Waffenstillstand um und zwar hatte Stein, der ja überhaupt nur Staaten mit jeden Preis genommen werden. Ein sinnloses Morden auch mehr als einer Million Einwohner für eristenzberechtigt hielt, hier, da das Schicksal Adrianopels selbst schon lange feststeht, im Sinn, jedem Rheinbundpotentaten, der sich nicht binnen ein wahnsinniges Dahinschlachten von Tausenden, um den sechs Wochen gegen Napoleon erklärte, die Absetzung an- militärischen Ehrgeiz zu befriedigen und einige Feßen Land zudrohen. Aber so unehrerbietig wollten die beiden Fürsten mehr zu erhalten! von Gottes Gnaden doch nicht mit denen von Napoleons Gnaden umgehen, und so findet sich in dem Aufruf nur die sehr platonische Voraussetzung, daß sich feiner finden werde unter ihnen, der, indem er der deutschen Sache abtrünnig sein und bleiben will, sich reif zeige der verdienten Vernichtung durch die Kraft der öffentlichen Meinung und durch die Macht gerechter Waffen."
ihren Gunsten
Erklärungen Greys. London , 25. März. Unterhaus. In der heutigen Budgetdebatte gab Sir Edward Grey eine bedeutsame Erklärung über die Balkan lage ab, in der er sagte: Die Balkanfrage zerfällt in zwei Hauptpunkte. Folgen schwer und ernst, wie der Krieg ist, war es die dringendste Aufgabe der Großmächte, dafür zu sorgen, daß der Krieg örtlich begrenzt werde und sich nicht ausdehne oder irgendwelche Mächte in gegenseitige Mißhelligkeiten verwickle, die zunt Friedensbruch hätten führen fönnen. Wer sich an die Cetinje , 25. März.( Aus amtlicher montenegrinischer großen Besorgnisse in den lezten Jahren erinnert, daß die Quelle.) Die montenegrinische Regierung hat Satastrophe im nahen Orient hereinbrechen könnte, wird jezt den Vertretern der Mächte eine 3irkularnote über- anerkennen, daß es für die Diplomatie der Großmächte mittelt, worin sie gegen das Verlangen Desterreich- Ungarns , rühmlich ist, daß diese den Sturm bis zum gegenwärtigen dem Aufruf versprochen wurde, war trok mancher Korrekturen, die Operationen vor Stutari einzustellen, bis die dortige Augenblick ausgehalten, und, wie ich hoffe, einen Punkt er
Was aber dem Volf an schönklingenden Verheißungen in
Nachgeben unter Protest.