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vor einigen Jahren von derartigen Banditen in den Tod ge» hetzt. Ein alter Landgerichtsdireltor, Vorsitzender einer BreS- lauer Strafkammer, wurde von einer internationalen Er- Presserbande um Amt und Vermögen gebracht. Ein stein- reicher Fabrikbesitzer am Oberrhein wurde durch den Radfahrer Breuer, einen berüchtigten Berliner Zuhälter in den Tod getrieben, vielleicht auch, wie die Trierer Geschworenen annahmen, von Breuer ermordet, nachdem letzterer seinem Opfer das gesamte Vermögen, über eine Viertelmillion Mar! abgepreßt und das Geld in Berlin und Köln mit Halbweltlerinnen in unsinnigster Weise vergeudet hatte. Noch immer soll daS Erpresscrtum, insbesondere seit den Moltke- Horden- und Eulenburg- Prozessen, trotz aller harten Bestrafungen sich geradezu in unheimlicher Weise geltend machen. Seit einiger Zeit droht den einsamen Spazier- gängern im Berliner Tiergarten eine noch schlimmere Gefahr. In der Nähe deS im Tiergarten gelegenen Goldfischteiches taucht in den Abendstunden, sobald sich die Schatten der Nacht in die Riesenstadt gesenkt haben, ein hübscher, bartloser Mensch, im Alter von etwa 20 Jahren auf. Der junge Mann ist elegant und schick gekleidet und hat wcltstädtische Manieren. Er soll keineswegs den Eindruck eines anormal Veranlagten oder eines männlichen Pro- stituierten machen. Mit einem bezaubernden Lächeln soll er eS ver­stehen, sich einsamen Spaziergängern zu nähern und sie zu einer Unterhaltung auf einer etwas verborgen stehenden Bank einzuladen. Während der angenehmsten Unterhaltung verzerrt der junge Mann, ohne ein Wort zu sagen, plötzlich das Gesicht, die Augen blicken un- heimlich und mit einem aus der Hosentasche hervorgeholten etwa 30 Zentimeter langen Dolchmesser sticht der Unhold seinen Nachbar in irgendeinen Körperteil, zumeist in den Bauch, wenn es dem be- treffenden Herrn nicht gelingt, sich rechtzeitig zu flüchten. Einige der Ueberfallenen haben es unterlassen, Anzeige zu erstatten, weil sie befürchte», öffentlich kompromittiert zu werden. Eine Anzahl der Ueberfallenen hat jedoch Anzeige erstattet, die Polizei ist daher aufs eifrigste bemüht, den Unhold, der wahrscheinlich, ähnlich wie die Zopfabschneider, an einer krankhaften Veranlagung leidet, festzu- nehmen. Es ist bisher nicht bekannt geworden, daß der unheimliche Mensch auch den Versuch unternommen hat, Personen weiblichen Geschlechts, oder Männliche, die seiner Einladung nicht gefolgt sind, zu stechen. Irgend eine Geldforderung hat der junge Mann auch nicht gestellt. Der Polizei soll es bisher nur gelungen sein, zu ermitteln, daß der eigenartige Messerstecher in Charlottenburg wohnt. Weitere Ausdehnung des Sperrbezirks für Hunde. Amtlich wird berichtet: Nachdem im Institut für Jnsektions- krankheiten bei den Impftieren Tollwut festgestellt worden ist, hat sich der Regierungspräsident von Potsdam veranlaßt gesehen, den Sperrbezirk für Hunde auch auf die Vororte Grunewald , Schmargendorf . Friedenau , Steglitz , Südende, Tempelhof , Marien- dorf, Britz und Treptow , und serner auf die im Nordosten Berlins gelegenen Vororte auszudehnen. Die Ausdehnung des Sperr- bezirks dürfte wahrscheinlich schon in den nächsten Tagen noch eine weitere Verschärfung erfahren, als auch alle die Vororte einbegriffen werden sollen, die im Bereiche der Stadtbahn liegen, da in zahlreichen Fällen die Hundebesitzer nach einem Ausflug in einen außerhalb des Sperr- bezirks belegenen Vorort ihre Hunde ohne Maulkorb und Leine frei umherlaufen ließen und sich daraus zahlreiche Unzuträglichkeiten und Beschwerden entwickelten. Im Anschluß an diese Veröffentlichung sei nochmals auf die Symptome aufmerksam gemacht, die bei Hunden auftreten, welche von der Tollwut befallen worden sind. Bei den Tieren stellt sich eine vollständige Aenderung ihres bisherigen Benehmens ein. Friedliche, ruhige Hunde werden mürrisch, aufgeregt, miß- trauisch und verkriechen sich gern. Zweitens zeigt sich eine Aenderung ihres Appetits. Sie verschmähen ihr ge- wohntes Futter und bekunden die Neigung, unverdauliche Gegenstände zu verschlucken. Nach erwa zwei Tagen stellt sich der Drang ein. aus ihrer Umgebung zu entweichen und große Weg- strecken zurückzulegen. Sie scheuen sich nicht, fremde Gehöfte zu betreten und zeigen gesteigerte Beiß- sucht, die sich gleichmäßig auf Menschen und Tiere, wie auch auf leblose Gegenstände erstreckt. Auch die Stimme verändert sich und nach 3i Togen machen sich Lähmungs- erscheinungen bemerkbar, die zunächst die Schlingorgane be- fallen, so daß die Tiere dauernd speicheln, den Unterkiefer herab- hängen und die Zunge zum Maule heraushängen lassen. Dann werden auch die Hinteren Gliedmaßen von dieser Lähmung ergriffen und nach weiteren ö S Tagen tritt der Tod ein. Fliegerunfall in Johannisthal . Von einem Mißgeschick wurde gestern vormittag der Flieger Stoephasius betroffen. Als er aus einer Rumplertaube von der Ballonhalle nach dem Schuppen zu fliegen wollte, wurde er von heftigen Wen gepackt, die die Maschine niederdrückten. Der Flieger vermochte den Eindecker kurz vor dem Zaun zwar noch einmal hochzureißen, wurde jedoch nach wenigen Metern wiederum niedergedrückt und stürzte in den Wald, wobei eine Kiefer umgerissen wurde. Die Maschine, die völlig in Trümmer ging, gelangte schließlich auf den Boden, so daß Stoe- phasius und sein Fluggast sich ohne fremde Hilfe aus den Trüm- mern zu befreien vermochten. Der Führer hat eine Verletzung im .Gesicht davongetragen, die jedoch ungefährlich sein dürfte. Ein»Exportgeschäft", das gerückt ist, wird von der Kriminal- Polizei gesucht. In dem Hause Potsdamer Str. 56 mieteten zum 1. Februar d. I. zwei Männer, die sich Max Schönig und Rudolf Schiel nannten, im zweiten Stock zwei Räume, um darin, wie sie sagten, das Bureau eines Exportgeschäftes in Lebensmitteln zu errichten. Das neue Geschäft zeichnete M. Schönig u. Co. Max Schönig suchte sich bei dem Hauswirt in ein günstiges Licht zu stellen. Zu dem Zweck erzählte�cr auch, daß er mit dem Inhaber der bekannten Kassechandlung Schöning verwandt sei. Ter Wirt glaubte das ohne weiteres und dachte gar nicht an den Unterschied in den beiden Namen. Die Firma mietete die Räume auf ein Jahr, bezahlte aber nur für jeden Monat im voraus. Am 17. März zog ein anderer Mieter aus dem Hause weg. Erst später entdeckte der Hauswirt, daß auch dasExportgeschäft" mit seiner ganzen Einrichtung verschwunden war. Schönig u. Co. hatten alles, was nicht niet- und nagelfest war, weggeschafft. Sie hatten die Ge- lcgenheit des anderen Umzugs geschickt benutzt, um zurücken". Nach und nach erschienen jetzt Leute beim Hauswirt, um sich nach dem Verbleib des Exportgeschäftes, dessen Türen sie verschlossen fanden, zu erkundigen. Sei klagten ihr Leid, daß sie geliefert hätten, ohne Geld zu bekommen: der eine Lebensmittel, der andere Kunstblätter, ein dritter Zigarren usw. Die Lieferanten der Kunstblätter, eine Leipziger Firma, hatte sich, wie ihr Vertreter mitteilte, zur Vorsicht an ein Austunftsburcau gewandt, aber auch sich vor Schaden nicht gerettet. Die Auskunft hatte berichtet, daß Schönig persönlich schon ein Vermögen von 50 000 M. besitze. Zu den Geprellten gehört auch eine Schreibmaschinenhandlung, die dem neuen Geschäft vier Maschinen auf Probe überlassen hatte. Auch diese sind mit der ganzen Einrichtung verschwunden. Sie sind allein 1750 M. wert. Ob die verschwundenen Geschäftsinhaber ihre richtigen Namen angegeben haben, steht noch dahin. Welchen Umfang die Schwindeleien in der kurzen Zeit des Betriebes an- genommen haben, ist auch noch nicht aufgeklärt. Zu einem Zusammenstoß zwischen einem Arbeitswagen und einem Straßcnbahnzuge, bei dem zwei Personen verletzt wurden, kam es am Mittwochabend gegen'A7 Uhr am Kriminalgericht in der Rathenower Straße. Dort versuchte der Führer eines Last- Wagens der Firma Heinemann aus der Schulstraße, kurz vor einem in der Richtung nach Schöneberg fahrenden Straßenbahntoagen der Linie 23 das Gleis zu kreuzen. Obwohl der Straßenbahn- führer nach Kräften bremste, wurde der Wagen doch so heftig an- gefahren, daß der Kutscher�Wilhclm Rotlack und der Mitfahrer Richard Engel von ihren Sitzen geschleudert wurden und bcsin- nungslos auf dem Straßenbahndamm liegen blieben. R. hatte eine klaffende Kopfwunde, E. einen Bruch des linken Oberarmes und Quetschungen davongetragen. Während der Kutscher, nachdem ihm von einem in der Nähe wohnenden Arzt ein Verband an- gelegt worden war. auf seinem Posten verbleiben konnte, mutzte der Mitfahrer nach dem Krankenhaus Moabit geschafft werden. An dem Straßenbahnwagen wurde der Vorderperron stark be- schädigt. Durch den Zusammenstoß wurde eine Störung von 10 Minuten verursacht. Im Grunewald erschossen aufgefunden wurde am Mittwoch ein junger Mann, der seinem Aeußeren nach den besser gestellten Kreisen angehört zu haben scheint. Der Tote, der sich im Jagen 101 durch einen Schuß in den Kopf tötete, hatte keinerlei Papiere bei sich, aus denen man seine Persönlichkeit hätte ersehen können. Die Leiche wurde nach der Halle in Schildhorn gebracht. Der Unbekannte ist ungefähr 25 Jahre alt und mittelgroß, hat dunkelblondes, krauses Haar, einen blonden Schnurrbart, ein blasses, mageres Gesicht, etwas abstehende Ohren, sehr kleine Hände und Füße und wohlgepflegte Fingernägel und trug einen Ueberzicher, ein blaues Jackett und Weste, hellgestreifte Hosen, schwarze Schnür- stiefel mit Gummiabsätzen und einen Kneifer. Sein Selbstbinder hat violette Punkte._ Vorort- jNachricbtem Charlottenburg. Die Nrwählerlisten zur Laudtagswahl werden in Charlottenburg vom Sonntag, den 13. April(einschl.) ab 3 Tage lang im Wahlbureau, Lützower Str. 8a, ausliegen, und zwar am Sonntag von 103 Uhr, an den übrigen Tagen von 108 Uhr. Die Wahlzeiten sind folgendermaßen fest- gesetzt: Für die 1. Abteilung nachmittags von 34 Uhr, für die 2. Abteilung von 45 Uhr und für die 3. Abteilung von 5 8 Uhr. Neukölln. Im Bett erstickt ist am Mittwochnachniittag daS fünf Monate alte Söhnchen Edmund des Kutschers Götze aus der Leylestr. 8. Frau Götze hatte ihre beiden Kinder, den kleinen Edmund und das 4Jahre alteTöchterchenGertrud, in ein Bettchen schlafen gelegt. Nachdem beide«ingeschlafen waren, entfernte sich die Mutter, um einige Be- sorgungen zu machen. Als sie um 4 Ubr zurückkehrte, fand sie ihre Tochter Gertrud noch fest schlafend vor, während der kleine Edmund tot war. Sie rief sofort einen Arzt herbei, der nur noch feststellen konnte, daß das Kind erstickt sei. Die Leiche wurde beschlagnahmt und dem Schauhause in Berlin überwiesen. Ein Zopfabschneidcr soll wieder einmal aufgetreten sein. Bei der hiesigen Kriminalpolizei wurde die Anzeige erstattet, daß der 11 Jahre alten Schülerin Erna Grunwald au? der Hobrechtstraße der rechte Zopf abgcschnitteu worden sei. Der Täter habe dem Mädchen, als es auf dem Rummelplatz in der Urbanstr. 72 vor einer Ringkämpferbude stand und den Anpreisungen des Ausschreiers zu- hörte, von ihren beiden starken Zöpfen den rechten abgeschnitten, ohne daß diese davon etwas bemerkt habe. Erst durch andere Mädchen sei sie auf das Fehlen des einen ihrer Zöpft aufmerksam gemacht worden. Da sich die in letzter Zeil gemeldeten Fälle in Neu- lölln alle als erdichtet erwiesen haben, werden auch die Angabe» dieses Mädchens genau nachgeprüft. Petershagen bei Fredersdorf . Die letzte Gemeindevertretersitzung befaßte sich zunächst mit der Festsetzung des Etats für 1913/14; derselbe ist in Einnahme und Ausgabe auf je. 26 850,76 M. festgesetzt. Vermögen hat die Gemeinde 69 740,12 M.. welchem eine Schuldenlast von 40 516 M. gegenüber steht. Erwähnt sei, daß auch bei dem jetzigen Etat wiederum für Synodalkosten 395 M. und als Miete für die Pfarrerwohnung 400 M. vorgesehen sind, obwohl diese Posten im neuen Rechnungsjahr nichts mehr zu suchen haben, da ab 1. April dieses Jahres Kirchensteuer erhoben werden. Beim zweiten Punkt, das Kreiswafferwerk betreffend, wurde mitgeteilt, daß der Preis für das Wasser eine Herabsetzung gefunden hat, desgleichen auch die Festsetzung des Mindestverbrauchs. Bei der Vergebung des Leichenhallenbaues entspann sich eine lebhafte Debatte. Unsere Genossen wollten auf keinen Fall die Arbeit wieder an den Unter- nehmer und Gcmeindevcrtreter Paul Lindholz übertragen wissen, da die Gemeinde beim Schulhausbau, welchen der Herr ausgeführt hat, nicht so bedient wurde, wie vertraglich dies festgelegt war. Ferner wurde von unseren Genossen die Frage aufgeworfen, ob der Unternehmer seinen Arbeitern auch die tariflichen Löhne zahle. Diese Frage hatte den Schöffen Breseckc vom Dudel so verschnupft, daß er ausrief:Was geht es uns an, wie der Unternehmer seine Arbeiter bezahlt!". Ein Antrag, dem Schulgrundstück durch Er- richtung eines eisernen Torweges einen besseren Zugang zu schaffen, wurde angenommen; aber auch hier waren die beiden Schöffen und drei bürgerliche Vertreter dagegen. Das Schulgrundstück selbst soll noch jetzt eine entsprechende Bepflanzung erhalten. Gerickts-Leitung. Spielerprozeß Stnllmann und Genossen. Zweiter Tag. In der gestrigen Sitzung wurden noch eine Reihe Jllustrations- fälle erörtert. Die Verteidigung beantragte, von einer solchen Er- örterung abzusehen und lediglich den zur Anklage gestellten Fall Dippc zur Verhandlung zu bringen. Dieser Antrag wurde abge- lehnt, weil aus dem Verhalten der Angeklagten in den sogenannten Jllustrationsfällen Rückschlüsse auf ihr Verhalten im Fall Dippe zulässig sind. Von den Fällen mögen folgende Erwähnung finden: I. Oberleutnant Beckhaus wurde in London mit einem Falsch- spieler Pauly bekannt, durch diesen mit Gras Metternich und einem Spieler Newton. Newton stellte ihm Stallmann als Baron Korff- König vor. Stallmann lud Beckhaus zu einem Diner ein. Daran schloß sich ein Spiel Rouge et noir an. Beckmann verlor 7100 M., stellte hierüber einen Schein aus, bezahlte aber nicht. Stallmann bestreitet entschieden, daß falsch gespielt sei. 2. Der Hauptmann Freiherr von Fürstenbcrg wohnte im Januar 1908 in Rom in einem deutschen Hotel. Als er eines TageS zum Rennen fahren wollte und sich bei dem Portier erkun- digtc, wurde er von dem ihm wildfremden Angeklagten Cramer an- gesprochen, der sich alsvon Cramer" vorstellte und ihm zurief: Ich fahre auch zum Rennen, da können wir ja zusammen fahren." Als von F. acht Tage später nach Florenz fahren wollte, kamvon Cramer" im letzten Augenblick, als sich der Zug schon jn Bewegung gesetzt hatte, an und mit ihm ein zweiter Herr, der sich als Buch- Händler Maringer vorstellte. Unterwegs kamen alle drei ins Ge- sprach und stiegen dann auch in Florenz in demselben Hotel ab. In einer Pilsener Bierstube kam dann zufällig der angebliche Minenbesitzer Pauly aus Afrika hinzu, der die Herren zum nächsten Tage zu einem Diner in seinem Hotel einlud. Bei diesem Diner offerierte Pauly dem Herrn von F. eine Zigarre, die ihn. wie er später angab,ganz duselig" machte. Plötzlich waren dann Karten auf dem Tisch und Pauly erklärte ein SpielHäufeln", welches angeblich in Afrika gespielt werde. Bei dem Spiel gewann von F. stets kleinere Sätze, während er größere verlor und schließlich an Pauly 16 000 Lire schuldete. Nunmehr mischten sich auchvon Cramer" und Maringer wieder ein und erboten sich, die Angelegenheit zu ord- nen. Wie von Fürstetiberg später angab, habe er sich nach jener Zigarre die ganze Nacht hindurch unwohl gefühlt, ebenso auch noch den nächsten Tag hindurch. Am nächsten Tage erklärte Maringer, daß er die Sache mit Pauly geordnet habe und legte dem Zeugen von F. einen Wechsel über 13 000 M. vor, den von F. auch unterzeichnete. Cramer erklärt die Geschichte von der Zigarre für eine Fabel. Fürstenbcrg habe schließlich 2000 bis 3000 M. bezahlt. 3. Bei dem dritten Fall sollen präparierte Austern eine Rolle gespielt haben. Im Juli 1906 befand sich der Leutnant von Western- Hägen im Hotel Imperial in Ostende . Eines Tages drängte sich Maringer an ihn heran und begann mit ihm ein Gespräch, in welchem er ihn aufforderte, am Nachmittage mit zu einem Rennen zu kommen, welches er in Begleitung eines Herrn von Cramer be- suchen wollte. Am Nachmittage gesellte sich auch noch der Minen- besitzer Paüly. der ebenfalls zu den Falschspielern gehört, zu ihnen. Am nächsten Tage wurde in einem Restaurant neben dem Kursaal ein schon vorher bestelltes Frühstück eingenommen, welches auf dem Tisch stand. Wie von Westernhagen behauptet, ist er an- scheinend durch irgendwelche Beimischungen z« den Speisen, ins- besondere zu den Austern, in einen Zustand verminderten Bewußt- seinS verfallen. Er erinnert sich, daß seine Herztätigkeit ohne erkennbare Ursache ganz plötzlich äußerst beschleunigt wurde. Wie die Anklage behauptet, sei auch hier genau wie in dem Falle von von Fürstenbcrg die anscheinend schon vorher als Stichwort verab- redete Frage an Pauly gefallen, was man denn eigentlich in Afrika spiele, darauf zeigte Pauly dasHäufele"-Spiel. Plötzlich war das Spiel auch im Gange und in sehr kurzer Zeit verlor von Westernhagen allein an Pauly 2980 Frank, über welche Summe er einen Wechsel ausstellen mußte. Wie von W. angibt, habe er erst später im Coupe seine physische Bewegungsfreiheit wieder- erlangt, anscheinend sei er durch irgendeine Beimischung zu den Speisen oder durch Hypnose in jenen Zustand gebracht worden. Aus eine Frage des Borstocnde», was er zu der Behauptung deS von W. bezüglich der Austern sage, erklärt Cramer: DaS ist ja kompletter Unsinn. 4. Ein anderer JllustrattonSfall, dessen Erörterung längere Zeit in Anspruch nimmt, wird von der Anklage so dargestellt: Ein Gutsbesitzer Seydl habe intimen Verkehr mit einer gewissen Anna Moll gepflogen, die er von früher her kannte. Plötzlich sei von Cramer" auf der Bildfläche erschienen, habe sich alsEhe- gatte" der Moll vorgestellt und von ihm 10 000 M. erpreßt. Die Zahlung sei in zwei Wechseln erfolgt, deren letzter von der Bei- treibungszentralc Fandreyer in Düsseldorf präsentiert wurde. Später sei die Erpressung weiter fortgesetzt worden, eS sei behauptet worden, die Anna Moll sei in andere Umstände gekommen, der Angeklagte habe gedroht, Herrn Seydl wegen Verbrechens gegen keimendes Leben anzuzeigen und so sollen dann weitere 36 000 M. erpreßt worden sein. Angeklagter Cramer erklärt diese ganzen Angaben von Anfang bis zu Ende für unwahr. Richtig sei nur, daß er mit der Moll in Beziehungen gestanden habe; sie habe ihm im Jahre 1909 dem Seydl in Aachen als ihren neuen Freund vorgestellt. Nach Besprechung dieses Falles wendet sich die Verhandlung dem wirklichen Anklagefalle zu, dem Falle von Dippe, der schon in dem Prozesse Buies-Metternich ausführlich erörtert worden ist. Dieser Fall hat sich etwa wie folgt abgespielt: Der jetzige Oberleutnant v. Dippc, der früher in Stendal bei den Husaren und dann bei den Königshusaren in Bonn stand, wurde durch Ver- Mittelung des damals noch aktiven Niemela, der damals an der Prinz-Heinrich-Fahrt teilnahm und gerade im HotelFürstenhof" in Berlin wohnte, nach Berlin gelockt, um eine geschäftliche Besprechung hier abzuhalten. Buics, der Herrn v. Dippe schon früher flüchtig kennen gelernt hatte, soll denselben Zug wie Herr v. Dippe benutzt. sich ihm im Speisewagen vorgestellt haben und mit ihm zusammen in Berlin angekommen sein. Hier soll sich Stallmann zu ihnen ge- scllt und als Baron König vorgestellt haben und alle drei sollen nach demFürstenhof" gegangen sein, um gemeinschaftlich zu früh- slücken. Dort soll dann der Angeklagte Nj�mela hinzugekommen fein und so getan haben, als ob er Stallmann und Buies gar nicht kenne. Der Kaffee wurde dann auf Niemelas Zimmer eingenommen und dort kam es zum Spiel Rouge et noir, zunächst zwischen Buies und Stallmann, dann aber beteiligte sich auch Herr v. Dippe. Der Enderfolg soll gewesen sein, daß Herr v. Dippe sowohl als auch Stallmann 80 000 M. an Buies verloren hatten; beide hatten auf Stallmanns Anregung gemeinschaftlich die Bank gehalten. Es wird behauptet, daß Herr v. Dippe sich in animiertem Zustande befunden und nicht erkannt habe, daß mit ihm falsch gespielt worden sei. Als das Spiel abgebrochen wurde, hat Stallmann die Karten zerrissen. Tic Angeklagten bestreiten, in solcher Weise vorgegangen zu sein, wie die Anklage behauptet, und widersprechen in vielen Punkten den Aussagen, die v. Dippe im Buiesprozetz gemacht hat. Niemela erklärt, weder Buies noch Stallmann habe er für Falsch- spieler halten können. Als er den Wron König in Paris besuchte, habe er in seiner luxuriös ausgestatteten Wohnung die vornehmste Gesellschaft, darunter einen deutschen Prinzen eines regierenden Hauses, angetroffen; die Schwiegermutter des Barons König sei eine sehr vornehme Dame und er selbst, damals 25jährig, habe eine Dame aus der vornehmsten Gesellschaft zu Tisch führen dürfen. Wenn jemand mit einem deutschen Prinzen verkehrt, so könne er ihn doch unmöglich als Falschspieler einschätzen. Er habe dies auch keineswegs getan. Bei der Vernehmung des Angeklagten Stallmann über den Fall Dippe ergibt sich die interessante Tatsache, daß Stallmann während der Berhandlung des Metternichprozesses seelenruhig in Berlin war und unter falschem Namen imHabsburger Hof" gewohnt hatte. Vielleicht hätte die Polizei den steckbrieflich Verfolgten fassen können, wenn ihre Tätigkeit nicht durch Verfolgungen gegen Unschuldige, insbesondere gegen die Arbeiterklasse und die Arbeiterjugend, zu sehr in Anspruch genommen wäre. Zur Sache gibt Stallmann u. a. an: Bei dem Spiel selbst verlor ich an Buies 2000 M. und an Nie- mela 500 M. Als v. Dippe dazu kam, sagte er:Ach, daS sind doch keine Sachen, kommen Sie, wir wollen mal einen braunen Lappen zusammen setzen!" Herr v. Dippe setzte dann mit mir zusammen. Als wir weiter verloren, sagte v. Dippe:»Das dauert mir zu lange, wir wollen malbanco" setzen, d. h. alles, was in der Bank war." Auf diese Weise hatten wir im Handumdrehen zusammen 160 000 M. verloren. Mir fiel auf, daß Buies, als v. Dippe, ehe ich ihn hindern konnte, mehrmalsbanco " rief, blitzschnell die Karte umwarf, durch welche wir nochmals je 40 000 M. verloren. Ich faßte einen Moment Mißtrauen, griff zu und zerriß die Hälfte der Karten mitten durch, nachdem ich mir vier Karten heimlich eingesteckt hatte, um sie nachzuprüfen. Diese Prüfung ergab, daß die Karten weder gezeichnet noch gebogen waren. Buies holte dann Wechsel- formulare hervor und ließ Herrn v. Dippe unterschreiben. Die Verhandlung wird in später NachmittagSstunde abge- brachen und auf Sonnabend 9 Uhr vertagt. Die lleberlchmmmiiiigsllZMi'ophe In liordamerlha. Die furchtbare Zerstörung, die die Wasserfluten in den verschiedenen Staaten der Union angerichtcn haben, stempeln das entsetzliche Unglück zu einer nationalen Katastrophe. ES ist noch nicht möglich, den durch die Fluten hervorgerufenen Verlust an Menschenleben und Eigentum auch nur annähernd zu schätzen, da immer noch neue Schreckensnachrichten einlaufen. Jn Dayton hat sich den Wasserfluten das Feuer bei- gesellt, um die Zerstörung zu vollenden. Durch ausströmende Gase des städtischen Gaswerkes ist eine große Fcuersbrunst ent- standen, die das Leben der auf die Dächer der Häuser Ge- flüchteten bedroht. Die ganze Nacht hindurch leuchteten Brände auf. Fünfzigtausend Personen drängten sich in den oberen Stockwerken der Häuser, ohne Licht, ohne Trinkwasser, ohne Nahrungsmittel, unter der Kälte schwer leidend. Ununterbrochen bemühten sich Ruder-