Einzelbild herunterladen
 

Nr. 284.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 8,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 6 Pfg. Gonntags: Nummer mit Illuftr. Sonntags- Beilage Neue Belt" 10 Pfg. Poft- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Defterreich: Ungarn   2 Mt., für das übrige Ausland s Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Boft Beitungs- Breisliste für 1898 unter Nr. 6708.

Vorwärts

10. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Beritzeile oder deren Raum 40 Bfg., für Vereins- und Bersammlungs Anzeigen 20 Pfg Inferate für die nächite Nummer müffen bis 4 Uhr Nachmittags in ber Expedition abgegeben werden. Die Erpedition it an Wochen­tagen bis 7 Uor Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Bor­mittags geöffnet. Fernsprecher: Amt I. 4186. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  !

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Die Sozialdemokratie bei den Wahlen zum Deutschen  Reichstage.

II.

Nebenstehend sind die Wahlkreise aufgeführt, in denen es die Sozialdemokratie bis zu einem Fünfter aller ab­gegebenen giltigen Stimmen gebracht hat, in denen sie also eine maßgebende Stellung errungen hat. Wurde der sozialdemokratische Kandidat gewählt, so ist das durch fetten Druck der Verhältnißzahl angedeutet; kam er in eine erfolglose Stichwahl, so ist der Verhältnißzahl ein Stern beigefügt.

Wir sehen in dieser Liste neben einigen, meist mit Lokalen Gründen zu erklärenden Rückschritten in den meisten Wahlkreisen erfreuliche Fortschritte gegenüber der Wahl von 1890. Und dieses Bild behält auch für die weiter folgenden Wahlkreise, in denen es die Sozialdemokratie noch nicht zu so großer Bedeutung gebracht hat, denselben Charakter.

Sonntag, den 3. Dezember 1893.

Nr.

1 Berlin 4.

Glauchau- Meerane'

Altona  - Stormarn  Leipzig  - Land

6 Berlin   6.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

ftein Oberbarnim

Wahlkreis.

Erfurt  - Schleusingen  . Kaffel Melsungen Halle( Saalkreis  ). Naumburg   Zeit Aschersleben  - Kalbe Lennep- Remscheid  

=

Prozent der foz. Stimmen 1893 1890

Wahlkreis. Nr.

* 40,95* 34,83 107 Nordhausen   Hohen­* 40,60* 45,09 108 * 40,40 42,79 * 40,30* 37,64 109 Köln   Stadt. 110 Würzburg  40,16 40,14 40,08* 38,27 111 Liegnitz  - Goldberg. 112 Neustadta. Orla- Jena 113 Barel- Jever. 114 Berlin   1. 115 Hagen  - Schwelm  Wiesbaden   Rheingau Löbau i. S.. Danzig Stadt Wolmirstedt- Neu­Haldensleben

* 38,96 86,50 * 38,92 31,76 * 38,76* 40,13 116 * 38,75 23,66 117 * 38,48 19,85 118 * 38,26 19,13 119

Wahlkreis.

Prozent der foz. Stimmen 1893 1890

Nr.

Prozent der soz. Stimmen 1893 1890

2

Hamburg   2.

3

4

7 Stollberg  - Schneeberg  

8

Chemmit.

9

Zwickau  

10

Hamburg   1.

11

Nürnberg

12

Reuß j. 2.

71,36 72,48 55 66,37 66,98 56 65,01 60,20 57 63,80 62,09 58 63,72| 61,33 59 63,50 62,19 61,06 57,90 60.81 62,48 62 58,55 57,00 63 57,93 58,75 64 57,16 56,41 65 57,15 50,39 66

55

27,97 24,13

* 27,74 9,77

27,69* 30,64

* 27,36* 33,20

60 61

27,04 22,78

Ratibor  Nossen  - Döbeln  . Plauen  - Delsnitz Dessau  - Zerbst  

39,80 3,28 * 39,41 36,19

* 26,94 16,03

* 26,79 14,09

.

* 26,61 23,56

* 26,58 23,83

Leipzig  - Stadt

* 26,36 26,40

·

Lauenburg  

26,19 18,14

13

München   2.

56,58 52,31

67

Annaberg

* 26,11 20,75

14

Neuß ä. 2..

56,55 51,37

68

Pirna  .

15

Hamburg   3.( Land)

56,01 53,19

69

Holzminden  - Ganders­

26,07 30,31

16

Sonneberg  - Saalfeld  

55,27* 41,04

heim

* 38,10 16,53

120 Rarlsruhe- Bruchsal  

25,96 25,21

17 Auerbach  - Reichenbach  

53,81* 48,53

70

18

Gotha  

58,18$ 46,07

71

Frankfurt a. D.- Lebus  Straßburg   i. E. Stadt

* 37,94* 29,95

121

37,37 36,19

19 Mülhausen   i. Glfaß.

53,09 63,44

72

20

Braunschweig­

78

Meißen   Großenhain Harburg  

* 37,30 37,00

122

Hagenow   Greves­mühlen Eschwege- Schmaltal

* 25,79* 81,28

* 37,30* 30,44

den.

25,54 19,60

Blankenburg

21

Breslau  ( West)

falza

* 25,50 15,72

22

23

Breslau  ( Ost) Mittweida  

25,44 21,81

* 25,15* 28,54

25 Pinneberg  - Segeberg  

Im ersten Wahlgang wurden 1890: 20, 1893: 24 Sozialdemokraten gewählt. 1890 war unsere Partei an 57 Stichwahlen betheiligt, von denen 15 zu unseren Gunsten entschieden wurden; 1893 standen 83 sozialdemokratische 24 Riel- Rendsburg  Kandidaten zur Stichwahl, von denen 20 gewählt wurden. Es ist wahr, wir haben bei der Wahl dieses Jahres sechs Mandate eingebüßt, die wir 1890 gewonnen hatten. Diese Thatsache wurde von unseren Gegnern mit großem Jubel begrüßt und als ein offenbares Zeichen unseres Niederganges hingestellt.

Das ist natürlich lächerlich. Schon die Thatsache, daß wir dafür 15 Wahlkreise neu erobert haben, müßte den Jubel dieser Leute verstummen machen. Aber sehen wir uns doch einmal jene verlorenen sechs Wahlkreise näher an. Läßt sich denn aus ihrem Verlust wirklich folgern, daß die Sozialdemokratie auch nur in ihnen zurück­gegangen ist?

Mit nichten! Die Ursache unserer Berluste liegt nicht in einem Rückgang unsererseits, sondern darin, daß sich die bürgerlichen Parteien immer enger zusammenschließen zu der einen reaktionären Masse, die fest zusammengehalten wird durch den einen Zwed: Vertheidigung des gegen­wärtigen Ausbeuterstaats gegen die siegreich vordringende Sozialdemokratie um jeden Preis. Diese Entwicklung ist aber von uns schon oft genug vorausgesagt worden, und es ist gar kein Zweifel, daß sie noch nicht zum Abschluß gelangt ist. Wir werden uns gar nicht wundern, wenn wir im Laufe der Zeit immer mehr Stichwahlen verlieren werden. Das ist die ganz natürliche Entwicklung. Wir werden aber desto mehr Mandate gleich im ersten Wahl­gang erringen. Den Nachwahlen wird immer mehr nur die eine Bedeutung bleiben, Fehler wieder gut zu machen, die bei den ersten Wahlen gemacht worden sind, wie z. B.

Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

Skizzen

( 28

aus der sozialistischen   Bewegung in Rußland  .

"

( Aus dem Russischen   übersetzt.)

Wenn Du durchaus willst, ich bin einverstanden." " Ich auch."

"

Du wirst natürlich die Angelegenheit am besten burchführen."

Somit schließe ich die Sitzung." Ardaljon sagte das im scherzhaften Ton, trotzdem klang es ganz fo, als ob er der Präsident der Versammlung gewesen wäre.

Ardaljon öffnete die Thür in das nächste Zimmer und sagte laut: " Jeßt, unsere liebenswürdige Wirthin, wäre es Zeit, Thee zu trinken."

Sofort", erwiderte Frau Jsjumkin und erschien zu gleich im Salon.

Sie betrachtete sich die Wände, als ob sie an ihnen

Und so

26

Nieder Barnim

27

Waldenburg i. Schl.

28 Lübeck  .

29 Dresden- Land

77

=

Rostock Doberan Dortmund- Hörde

Freiberg   i. S.

Dithmarschen Stein­ burg  

- Helgoland  . Erlangen  - Fürth  Dschay- Grimma  

52,10 48,63 74 51,81* 46,52 75 51,44 42,29 76 50,53 50,51 50,42$ 45,46 49,68 43,06 78 48,94 45,27 79 48,60 29,12 80 * 48,45 45,41 81 * 48,39 46,08 82 83 48,02 66,11 47,91 49,63 84 Oschersleben Halber­

30

Solingen

31 Berlin   3.

32

Reichenbach- Neurode

47.75* 46,94

33

Teltow Charlottenb.

34

Elberfeld   Barmen

-

35 Magdeburg..

·

37 Dieburg  - Offenbach  

36 Stettin  

38 Hannover  - Linden.

39 Berlin   2.

40

München   1.

41

Königsberg   i. Pr.

42

43

Schwarzburg- Rudol­ stadt  Frankfurt   a. M.. 44, Marienberg   i. S.

46

45 Bremen Stuttgart

47

Dresden I. d. E. 48 Westhavelland 49 Hainau

50

.

51

52

Berlin   5. Dresden   r. d. Elbe  Sachsen- Altenburg

.

53 Mainz  - Oppenheim  

54 Randow Greifen­hagen

47,30* 38,46 85 46,57 51,46 86

87

46,42. 50,22 46,37* 45,14 88 46,27 44,69 89 89 45,93 44,44 90 45 69* 38,01 91 45,30 37,13 45,25 49,31 92 93

Sorau  

Wanzleben

Potsdam- Spandau

Mannheim

stadt

V

Schwerin- Wismar  Bernburg  - Ballenstedt  Luckenwalde Straßburg  

i. E. Land Obertaunus- Höchst Obertaunus- Höchst Schwarzburg Schwarzburg Son dershausen

.

Kottbus- Spremberg. Borna  - Pegau  .

Hameln  - Springe  

Pforzheim  - Durlach  

* 36,72* 26,73

36,55 39,76

* 37,23* 37,50 123 Mühlhausen  - Langen­

124 Aachen Stadt

125 Geeftemünde- Lehe.

* 36,14 28,31 126 Bielefeld  - Wiedenbrück 25,03* 22,96 24,93 * 36,09* 30,50 127 Gebweiler

35,88 13,00 128 Saargemünd  - Forbach   24,74 25,18 129 Rappoltsweiler

* 35,65 30,73 85,51 87,48 130 Breslau- Land- Neu­

markt

* 35,38 20,68

* 84,91 33.10

131 Güstrow   Ribnitz  

* 34,75 24,23

132 Hildesheim  - Alfeld  

24,68

.

* 24,61 17,97

* 24,56* 20,54

24,15 24,82

138 Flensburg  - Apenrade.* 24,14* 28,88 * 34,27* 39,91 23,91 16,54 134 Göttingen  - Münden  34,08 23,17 135 Oldenburg  - Birkenfeld  * 28,85 18,58 * 34,02, 29,01 136 Rannstatt Ludwigs = 33,85 0,84 burg

=

33,83 31,14 137 Görlig- Lauban  33,37* 40,04 138 Rönigsberg i. N. M.. 139 Altena  - Iserlohn  . * 33,32* 29,85 140 Heilbronn   Besigheim  32,97 30,26 141 Kronach   Lichtenfels  * 32,82* 33,82 142 Bitterfeld  - Delitzsch  * 32,03 24,57 94 143 Bayreuth  95 81,00* 31,96 144 Augsburg  * 30,14 23,29 145 Lüneburg  - Winsen  29,64 13,83 146 Parchim Ludwigslust  29,62 17,86 147 Northeim  - Osteroda 29,61 14,94 29,19 26,58 * 28,80 23,90 * 28,68 20,10 * 28,50 25,46

* 45,20 21,81 43,68 42,29 42,91 33,92 96 42,61 48,72 97 * 42,30* 37,21 98 99 * 42,15 42,08 * 42,09* 36,10 100 * 42,08,* 38,63 101 41,95* 33,04 102 * 41,69 39,93 103 41,58 35,86 104 41,30 40,07 105 * 41,18 88,30 106

Darmstadt  - Großgerau Goslar   Zellerfeld

Schleswig- Eckernförde Königsberg i. P. Land Bochum  - Gelsenkirchen  

3itiau Weimar- Apolda

Hof

23,67 17,79

23,45 16,18

23,45 15,90

23,36 18,93

22,99 10,78

22,70* 28,99

22,28 12,82

22,12 7,78

·

22,04 21,75

21,99 19,41

21,86 18,38

21,80 23,95 21,66 11,87

21,48 6,85

20,77 17,01

20,57 6,10

20,55 7,04

20,41* 20,66

a. H. 148 Schweidniß- Striegau 149 Malchin- Waren

150 Querfurt- Merseburg  .

Greifswald  - Grimmen  

Speyer  - Ludwigshafen  Wolfenbüttel  = Heli­ftedt Düsseldorf Coburg.

151

152

Met

* 28,39 19,19

153

Stade  - Bremervörde  

Ach, meine Herren. das ist ja lächerlich.... weshalb thun Sie denn so heimlich? Sie mißtrauen mir wohl?" " Wir mißtrauen Ihnen nicht, aber unsere Regeln ver­bieten es uns, Fremden irgend etwas zu sagen." Ich eine Fremde?!.. Eine solche Beleidigung hätte ich nicht erwartet!"

Ich habe Sie auch nicht beleidigen wollen. Selbst­verständlich sind Sie für unsere Sache, im Allgemeinen genommen, keine Fremde, ich sprach auch nur in Beziehung auf die speziellen Sachen, die nur der wissen soll, dem sie aufgetragen worden sind."

"

Ihnen worden

* 28,17* 28,25 154 Prenzlau  - Angermünde   20,05 11,23 28,05 10,67

Diftator auf. Mar müßte es ihm auf freundschaftliche Weise eintränken."

" Doch nicht! Laß ihn in Ruh. Er könnte sich beleidigt fühlen und sich von unserem Kreise lossagen, er ist ein nüglicher Mensch... Weshalb Aergerniß erregen. Mag er bramarbasiren, der Sache schadet das nicht, und sein Egoismus läßt sich der Sache zu Liebe ertragen."

" So ist es. Aber trotzdem ist er mir nicht sympathisch." Mir auch nicht, aber der Sache schadet das nicht." Sie drückten sich die Hände und trennten sich. Unter­dessen ging Frau Jsjumkin in das Kinderzimmer, küßte ihre Kinder und setzte sich in ihrem Schlafzimmer hin, unt sich mit einer sehr angenehmen Arbeit zu beschäftigen. Sie tannte in der Nachbarschaft einen Rabitalen, welcher fort­während seine Kameraden besuchte, überall zu streiten anfing und nichts that; man vermied es sogar, ihm er im die geringsten Aufträge zu ertheilen, weil im höchsten Grade unzuverlässig war. Diefer Radikale ver­stande war alles verkehrt zu machen und überhaupt Bein Thee erzählten sie von verschiedenen Erlebnissen sicherte Frau Jsjumtin, als er sie besuchte, daß er in alles der Radikalen. Die Wirthin versuchte es zu erfahren, was eingeweiht sei, und sie flehte ihn an, ihr über alles zu die Reife Ardalion's nach Petersburg   zu bedeuten hatte, schreiben. Er versprach es, und an demselben Abend, als aber es gelang ihr nicht. bei Frau Jsjumkin die Berathung stattfand, hatte sie einen

Frau Jsjumkin blies ihre Backen auf. Ich halte es für angemessen," sagte Ardaljon, mitzutheilen, daß in der Versammlung beschlossen ist, daß ich nach Petersburg   abreisen werde." Weshalb?" fragte Frau Jsjumkin. " Nun, weil es nothwendig ist." Die Kameraden sahen sich dabei an.

Ardaljon ging zuerst fort, nach ihm die drei anderen. Brief von ihm erhalten. Jezt machte sie sich daran, den Ardalion ging zuerst fort, nach ihm die drei anderen. Brief zu dechiffriren. Das war für fie ein großes Vers das Protokoll der Versammlung abzulesen hoffte. Du hast es bemerkt, wie Ardaljon indiskret wurde," gnügen. Jezt strich sie die Reagenzflüssigkeit über das sagte einer von ihnen auf der Straße, das ist ein Verstoß Papier   und deutlich traten die Ziffern hervor; sie lächelte Die Berathung ist schon zu Ende? schnell! vor Vergnügen... auch auf der zweiten Seite erschienen ... Gewiß waren es nur unwesentliche Sachen." gegen die Regeln der Konspiration." Alle schwiegen. Warum nicht gar... Allerdings führt er sich nicht die Ziffern und sogar auf der dritten und vierten. Ach, wie schön! Was für eine Menge Ziffern!" Nein, das sind keine unwesentlichen Dinge gewesen," gut auf... gar nicht kameradschaftlich. Dieses Prahlen rief Frau Jsjumfin aus und begann zu dechiffriren- es dachte sie, und ihre Neugirde regte sich wieder. Nachdem und Kommandiren unter den Sozialisten ist widerlich." sie furze Zeit geschwiegen hatte, sagte sie in beleidigtem Er hat auch Grund zum Prahlen." schien ihr, als ob diese geheimnißvollen Ziffern sehr was " Ja, so von ungefähr. Er spielte sich als zukünftiger Wichtiges enthalten mußten."

Tone:

"