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den Artikel selbst verfaßt hat, behauptet,daß viele führende und maßgebende Personen deS Zentrums schon längst leine Ahnung mehr haben von der M i ß st i m m u n g, die in immer weiteren Kreisen der Partei um sich greift". Gegen verschiedene ZentrumSblätter müsse die Anklage erhoben werden,daß sie planmäßig Tat» fachen und Ereignisse unterschlagen oder in irre- führender Form und mit enistelltem Sinn mitteilen". Für diesen schweren Borwurf werde er den Beweis nicht schuldig bleiben. Der innere Zusammenhalt der Partei sei wegen d«S Rüstung-Wahnsinns gefährdet, aber die Leier der Zentrumspresse dürften die Wahrheit nicht erfahren.Was eben jetzt wieder in bezug auf die neue Heeresvorlage durch die m i l i t ä r t o l l e n Zeitungen im Hurra schreien gelei stetwird, über- steigt alles, was m a n seither in der Zentrums- presse erlebt hat, und überhaupt bei noch halbwegs zu- rechnungSfähigen Leuten für möglich halten sollte. UebrigenS, abgesehen von allen Gründen der Vernunft, liegt doch auch klar zutage, daß die Kriegshetze die Aufstachelung der niedrigsten, rohe st cn In- stinkte im Menschen, die Schürung der Mordgier und des Blutdur st schnurstracks den Lehren Jesu  und dem Sittengesetz zuwiderlaufen." Der Verfasser deS Artikels bringt dann eine persönliche Erinne- rung aus der Zeit de-Z Ausbruchs deS deutsch  -französischen Krieges, wo sowohl in Teutschland' als in Frankreich   zu gleicher Zeit Bitt- gottesdienste um den Sieg abgehalten wurden. Sem Lehrer in Obersekunda, Prof. Dr. de Weldige-Cremsr, ein katholischer Geist­licher, habe sich dazu am 21. Juli 1870 ungefähr folgendermaßen geäußert: ..Da flehen nuiz hüben und drüben Kinder eines Gottes, des liebenden Vaters aller Mensche», daß er ihnen helfen möge, möglichst viele seiner Kinder jenseits der Grenzpfähle niederzumetzeln. Uns soll er beistehen, die Franzosen zu zerschmettern, die Franzosen verlangen von ihm, daß er ihre Waffensegne", unS massakrieren zu können. Ich muß sagen, daß ich solcheGebete" zu dem Gott der Liebe bei- nahe wie eine Gotteslästerung empfinde." Redakteur Klostermann ist überzeugt, daß seine Leser sämtlich der Ansicht de- Herrn de Weldige-Cremer beipflichten werden, was soviel heißt, sie sind Gegner der glorreichen Zentrums- Politik. Eine interessante Enthüllung läßt das Blatt noch folgen, die im übrigen ein sehr bezeichnendes Licht auf den Zentrumsoberhäupt- ling Abgeordneten H e r o ld wirft. Klostermann erzählt von dem Besuch eines Gutsbesitzers aus dem Amte Everswinkel  . Dieser Gutsbesitzer habe sich im Gespräch auch über dieneuere Taktik" deS Zentrums geäußert: Sicher weiß ich. daß dieTaklikcr" deS Zentrums auf die Dauer unsere Partei ruinieren. Mit der versl..... Finanz­reform fing die Geschichte a n. Herold(der Provinzialvorsitzende der Zentrumspartei   für Westfalen   hielt nach seinen eigenen vertraulichen Aeußerun gen diese ungeheure Volksbelastung für verkehrt und durchaus verfehlt. Als es zunächst den Anschein hatte, daß die nationalliberale Partei die Finanz- reformapporlieren" wollte, hat Herold zu dem mir befreundeten Gutsbesitzer S. gesagt:Got: sei Dank, daß wir nun nicht in Versuchung kommen: mögen die Nationalliberalen nur machen: sie werden die Folgen schon spüren bei den nächsten Wahlen." Nachher haben dann dennoch die überschlauen Zentrumstatiker, nur um den verhaßten Fürsten Bülow zu stürzen, der Re- gierung den ganzen Kitt bewilligt. Was daö Zentrum dadurch an Vertrauen eingebüßt bat im Volke, das ahnen dieTaktiker" wohl selbst nicht: der Schaden ist niemals wieder gutzumachen. Der Stachel sitzt fest im Volksgemüt. Und nun mit der neuen Militärvorlage geht'S wieder gerade so." Soweit der Gutsbesitzer derWestfäl. Rundschau"; daS Blatt fügt hinzu, daß die Folgen der glorreichen Finanzreform sich speziell im Wahlkreise Warendorf-Beckum-Lüdinghausen schon gezeigt hätten, als für den abgesägtenVolksvertreter" Herzog von Arenberg   eine Ersatzwahl stattfinden mußte: ein be- deutender Rückgang der Zentrumsstimmen, eine überraschende Zu- nähme roter Stimmzettel. Herr Herold reiste nach der Bewilligung der Finanzreform im Lande herum und pries die Bewilligung der halben Milliarde durch das Zentrum als eine nationale Großtat. Was hat er zu der Ent- hüllung zu sagen?_____ Der einige Liberalismus. Wie in anderen westfälischen Gegenden ist auch im Kreise Hagen  ein narionalliberal-freisinniges Landtagswahlabkommen zustande ge- kommen. Jede der beiden Parteien stellt für die LandtagSwahl einen auf dem Boden ihres Parteiprogramms. stehenden Kandidaten auf. Die Wahlmänuer werden gemeinsam aufgestellt und für die Wahl beider Kandidaten verpflichtet. Ein neuentdecktesAergernis". Was alles in Oberschlesien   AergerniS erregt, dafür liefert nach- stehender Vorfall ein neueS Beispiel. Zu den Protestversammlungen gegemdie neue Wehrvorlage suchte beim Amtsvorsteher in Zawodzie Genosse NieSler um die Genehmigung zum öffentlichen Berteilen von VeriammlungSeinladungen nach..Auf denselben war das Thema ww folgt bezeichnet:Die neue Heeresvorlage ein lln- gluck für bie gesamte Kulturwelt". Der wahrscheinlich sehr für Heeresvorlagen schwärmende Herr Amtsvorstehcr versagte deshalb die Erlaubnis mit folgender schriftlichen Begründung: Die durch den Tischler Joseph NieSler aus Kattowitz   heute nachgesuchte Genehmigung zum Verteilen von Bekanntmachungen �Einladung zu einer Volksversammlung am 30. dieses Monats wird versagt, weil der 1. Punkt der Tagesordnung in seinem Wortlaut AergernjK erregend ist." Noch am gleichen Tage wurde dem Landrat dieärgerniS- erregende Beriammlungs-Einladung" mit dem schriftlichen Bescheid deS AmtsvorsteberS unterbreitet� der dann auch dem feinfühligen Amtsvorsteher z" verstehe» gab, daß die Genehmigung zu erteilen ist. Da inzwffchen viel Zeit verstrichen war, konnte ein einzelner die VersammlungS-Emladungen nicht mehr verteilen. Der Amts- Vorsteher mußte daher jetzt sogar vier solcher Genehmi- gungen zum Verteilen derärgerniserregcnden" VersammlungS-Einladungen erteilen. Die Voll-veriammlung war gut besucht. Ter Vorsitzende konnte unter dem Beifall aller konstatieren, daß zwar niemand an der Einladung, wobl aber alle an der neuen Mililärvorlage mit ihren ungeheuren LastenAergerniS" genommen haben. Tic Reichstags-Ersatzwahl im Wahlkreise Oft- und West-Sternberg lBrandenburg S) wird am S. Mai stattfinden. Das Mandat hatte der Konservative v. Aaphengst tnne, der am 6. März d. I. ver- starben ist. Der Wahlkreis rst den Konservativen sicher. In der Hauptwabl wurden Sl42 konservalrv». 3427 antisemitische. 3333 fozial- demokratische und 607 fortschrittliche Stimmen abgegeben. Ein schwarzer Revolutionär. In: frommen Rheinlande droht eine Revolution auszubrechen. Dre Niets, ein Nebenfluß der Maas  , wird seit Jahren pestilenzialisch verseucht durch Fadrikabwässer u?w. Abhilfe ist trotz jahrelanger Proteste der anliegenden Ortschaften nlcht erfolgt. Nachdem schon im vorrgen Sommer in der Gemeinde Oedt eine lebhafte Bewegung im Gange war, die auf Verweigerung der Zahlung der Staatssteuern abzielte, hat jetzt ein adliger Zentrumsmann Ernst gemacht mit der Steuerverweigerung. Der Freiherr v. Gehr auf Haus Caen bei Straelen   hat sich dieser Tage pfänden lasten. Er hatte die Zahlung der Staatssteuern verweigert mit der Begründung, er fühle sich nicht zur Zahlung der Steuer verpflichtet, solange nicht der Staat dafür Sorge trage, daß er Caen   ohne Gefährdung seiner Gesundheit als Wohnung benutzen könne. Man darf neugierig �darauf sein, ob man dem schwarzen Frei- Herrn seine gepfändeten Sachen auch so rasch� verkaufen wird, wie daS bei einem armen Teufel der Fall ist, der Steuern nicht zahlen kann, weil sonst die Seinen hungern müßten. Betreßte Rüpel standen am DienZtag vor dem Kriegsgericht der 2. Marmeinspektion der Nordsee   in Wilhelmshaven  . Der Sergeant Bracizewski und der Unteroffizier Ott rempelten nachts auf der Straße au« Uebermut mehrere Zivilpersonen an und schlugen einem jungen Mann, der sich die« verbat, die Nase blutig. Bon hinzukommenden Passanten zur Rede gestellt, zogen beide daS Seitengewehr und schlugen damit um sich, wobei ein Arbeiter verletzt wurde. Als die Zivilisten_ ebenfalls tätlich zu werden drohten, flüchteten die beiden Helden. Sie wurden jedoch eingeholt. Von einem Nachtschutzmann nach dem Namen be- fragt, gaben sie falsche Namen an und widersetzten sich ihrer Ver- Haftung. Bei der Uebergabe der Festgenommenen an den Posten vor der Wache stieß der Sergeant diesen vor die Brust und wider- setzte sich auch den Befehlen des Wachthabenden. Beide gaben vor Gericht an, das Seitengewehr nur aus Not- wehr gezogen zu haben, wurden aber durch die Zeugen gründlich widerlegt. O. erhielt 46 Tage Festungshaft, der Sergeant 2 Monate 14 Tage und 3 Tage Haft. Klerikaler Boykott. Wie oft hat die Zentrumspresse sich, nach ReichSverbandSmamer entrüstet über den sogenannten sozialdemokratischen TerroriSmu«. Daß sie selbst ihre Verbreitung dadurch zu fördern sucht, daß sie ihre Leser zum Boykott der Geschäftsleute auffordert, die ein schwarze« Blatt nicht halten, beweist das Blatt deS Liborius Gerstenberger  , das.Bamberger   Volksblatt", das in seiner Nummer vom 7. März 1913 seine Leser in folgender Weise aufmunterte: ? Hat Dein Bäcker, ?? Hat Dein Metzger, ? Hat Dein Spezereihändler, ? f Hat Dein Wirt, Dein Schuster dasBamberger   Volksblatt"? Warum veranlasse st Du ihnnicht, dasselbe zu abonnieren? Eine Hand wäscht die andere." Ein ungeheuerliches Urteil der Militärjustiz. Eine Korrespondenz meldet: Verhängnisvoller Wutanfall im F c stu n g S- gefängniS. Schwer büßen muß der Grenadier Slotinski eine Ausschreitung, die er im Spandauer FestungSgcfängniS verübt hat. Vor einiger Zeit hatte sich S., der gestern wegen tätlichen Angrifss auf einen Vorgesetzten vor dem Oberkriegsgericht deS 3. Armeekorps stand, am Stubenältesten tätlich ver- griffen. Bekanntlich sind di» Stubenältesten auf den Mann- schaftSzimmcrn Vorgesetzte der Leute und die letzteren haben ihren Befehlen nachzukommen. Ter Angeklagte führte nun eines Abends einen Bcfebl des Stubenältesten nicht auS und kam des­wegen mit ihm in Streit. In dessen Verlauf ergriff er ein Ge- wehr und schlug damit irach dem Stubenältesten. Dieser wich dem Schlage jedoch aus. Hierauf ergriff S. eine Kleider- b ü r st e und warf diese dem Vorgesetzten so heftig ins Gesicht, daß eine blutige Verletzung entstand. DaS Kriegsgericht der- urteilte ihn wegen diese» Exzesses zu zwei Jahren und sieben Monaten Gefängnis. S. verbüßt dies« Strafe gegenwärtig im FestungSgefängniS in Spandau  . Eine« Nachts wurden die wachthabenden Unteroffiziere und Feldwebel sowie die anderen Arrestanten durch einen großen Lärm aufge- schreckt. S. hatte in seiner Zelle einen förmlichen Tob- s u ch t s a n f a l I bekommen. Man sah zunächst durch das Guck- loch der Tür und beobachtete nun, wie der Angeklagte wild in seiner Zelle herumtobt«. Als dann der Vizeseldwebel Grotber die Tür aufschloß und die Zelle betrat, schleuderte ihm der Be- schuldigte einen Eßnapf entgegen. Er traf ober den Vorgesetzten nicht, sondern flog geycn die Wand. Wegen dieses Vorganges wurde wiederum dre Anklage wegen tat- lichen Angrifss gegen S. erhoben. In der Sitzung des Kriegs- gericht? der Kommandantur wurde S. f r e i g e- s p r o ch e n, weil er nach der lleberzeugung des Gerichts bei Begehung der Tat seiner Sinne nicht mächtig war. In der gestrigen Sitzung vor dem OberkriegSgericht wurde von einem Einjährigenarzt, der unmittelbar nach der Tat die Zelle deS S. betreten hatte, bekundet, daß er den Angeklagten, in einer Ecke stehend, wie ein wildeS Tier fauchend, angetroffen habe. Er, S., habe sich auf ihn gestürzt und ihn i n den Arm gebissen. Das Oberkriegsgericht war im Gegen- satz zur Vorinstanz der Ansicht, daß der Angeklagte für seine Handlungsweise V e r a n t w or t l i ch zu machen sei und es ver- urteilte ihn zu zwei Jahren Gefängnis, so daß S. nun vier Jahre und sieben Monate Gefängnis zu verbüßen hat. Zweifellos handelt es sich hier in der Tat nur um Exzesse eines Unzurechllungsfähigen. Tas mindeste wäre dpch ge- Wesen, den Angeklagten nicht erst jetzt, schon bei seiner e r st e n Anklage erst einmal grundlich auf seinen Geistes- zustand untersuchen zu lassen! In dem zweiten Falle ge- langte ja auch die erste Instanz zu einem freisprechenden Urteil, weil es den Angeklagten für unzurechnungsfähig hielt. Tas Oberkriegsgericht aber setzte sich über alle psychiatrischen Momente hinweg und erhöhte die Strafe des Unglücklichen auf 4 Jahre 7 Monate Gefängnis! Die Sache kann damit freilich nicht zu Ende sein! Eine Revision des Urteils wird nötigenfalls der Reichstag   er- zwingen! OeftewmcK. Wahlersolg bei einer Reichsratsersatzwahl. Bei der Reichsratsersatzwahl für den verstorbenen tschecho- 'lawischen Sozialdemokraten Czerny in dem böhmischen Eisen- hüttenbezirk Schlau wurde der bekannte Führer der tschecho-fla- wischen Sozialdemokratie. Dr. Franz S o u k u p geivählt. Der Kreis ist so sehr unbestrittener Besitz der Partei, daß eine ernst- hafte Gegenkandidatur garnicht ausgestellt war. Dr. Soukup ge- hörte bereits von 1907/11 dem Abgeordnetenhause an, war aber bei den allgemeinen Neuwahlen in seinem Prager Wahlbezirk unterlegen. Kelgien. Die Haltung des Bürgertums. Unser Brüsseler Korrespondent schreibt uns: Der I i b e- r a l ePetit Bleu", der sich schon vor dem letzten Streikbeschluß bereit erklärt hatte, wenn es zum Generalstreik kommen sollte, jede Woche 100000 Frank und zwar während der ganzen Streit- d a u e r dem Wahlrechts- und Streikkomitee der bei- gischen Arbeiterpartei zur Verfügung zustellen, hat Plakaie anschlagen lassen, in welchem er von diesem Beschluß Mitteilung macht. Es heißt dort u. a.:Helfen wir den Streikenden! Auf alle K o n z e s s i o n e n der Arbeiterpartei, auf alle Friedensversuche der Liberalen hin hat die Regierung selbst daS einfache Studium des WahlrechtSproblems verächtlich abgelehnt. DieChinoiserie  " unserer Wahlgesetze bildet das Gelächter Europas  . Nachdem die Arbeiterpartei alle parlamentarischen Mittel erschöpft hat. hat sie sich zum äußersten Mittel, zum Generalstreik einem gesetz- und rechtmäßigen Mittel übrigen« ge- zwungen gesehen. Ein Kongreß hat ihn feierlich beschlossen. Er wird am 14. April beginnen und er wird in friedlicher, imposanter, ruhiger Form andauern, bis die Allgemeinheit Genugtuung erfahren hat. Aber eS ist nötig, daß die, die für daS Recht kämpfen, während des ganzen Kampfes vor Not geschützt sind." DerPetit Bleu" teilt dann mit, daß er zu diesem Zweck einen Streikfonds errichtet, dem er selbst jede Woche, solange der Streik dauert, hunderttausend Frank zuführen wird und stellt an das Publikum das Ersuchen, seinem Beispiel zu folgen und sich deSUeberflüssigen" zu entledigen, damit die anderen dasNotwendige" haben. Der Aufruf schließt mit den Worten:Die Sache der Arbeiter ist heute die Sache aller a»ständigen Leute. Tue jeder seine Pflicht. Helfen wir den Streikenden! ES lebe daS Wahlrecht!' DaS nationale Streikkomitee wird die vomPetit Bleu" zur Verfügung gestellten Summen an alle Streikenden, ohne Unterschied der Organisations- und Parteizugehörigkeit Verteilern DerPeuple" druckt heute das Anerbieten des liberalen Blattes und seinen Aufruf ab und dankt ihm im Namen deS Streikkomitees. In der Tat scheinen dieanständigen Leute' ihre Solidarität mit der Sache der Arbeiter bekunden zu wollen. Mancherlei Initiative von feiten der Bürgerlichen  , insbesondere was die Ver- sorgung der Kinder der Streikenden anlangt, sind er- griffen worden. Wir haben darüber, wie auch über eine größere Spende an daS Streikkomitee schon berichtet. Hier eine kleine bunte Lese vom heutigen Tag: Ein bekannter wallonischer Schriftsteller auS Lüttich  stellt allen sozialistischen   Vereinigungen, die seine Werke zugunsten der Steilenden aufführen wollen, diese zur freien Verfügung. Eine Freimaurerloge au« Lille   erbietet sich 60 Kinder während der Streikdauer zu versorgen. Ein Landwirt stellt einen Waggon Kartoffeln zur Verfügung usw. usw. DaS nationale Streik- komitee wartet weiter der Gabenaller anständigen Leute". Portugal  . Polrtischc und wirtschaftliche Schwierigkeiteu. Die Niederlage der Monarchisten im vorigen Sommer, schreibt Gen. Muralha derHumanite", und die freundliche Haltung Brasiliens   zeigten, daß die Republik   nicht mehr gefährdet ist. Droht so kein Konflikt mehr mit den Monarchisten, so wächst täglich der Gegensatz zwischen den verschiedenen republikanischen Gruppen. Die Revolution vom Oktober I9l0 hatte in Wirklichkeit keinen po­litischen Charakter. Sie war die Folge eine? Systems, das auf wirtschaftlichemund sozialem Gebiete alleS verwahrlost und den Aufstieg deS Landes ein halbes Jahrhundert aufgehalten hatte. Heute gibt e« eine schwere geistige Krise, die alle Freunde des Fort­schritts mit Recht beunruhigt. DaS Parlament hat seine Un- sähigkcit bewiesen, indem eS sich monatelang mit Iceren Diskussionen abgab und, nicht anders als die Parlamente der Monarchie, die Wirtschaft«-, Finanz-, Kolonial- und Erziehungsfragen beiseite ließ. Zum Glück entwickelt sich die sozialistische Partei mehr und mehr. Wir hoffen, daß die Arbeiter bei den nächsten Wahlen mehrere Genossen in die Kammer senden werden. Die Arbeiterklasse macht jetzt eine sehr schwere KrisiS durch. Darum verdient der Feldzug der Gewerkschaften in der Brot- frage die Sympathie der ganzen öffentlichen Meinung. Trotz dem Portugal   ein Agrarstaat ist, steht der Brotpreis sehr hoch in­folge einer S t e u e r, die ans dem Getreide lastet und von dem Volke als Hungersteuer bezeichnet wird. Außerdem sind fast alle wichtigsten Bedarfsgegenstände monopolisiert. Auch in der für Portugal   so wichtigen Frage der Kolonien zeigt die Regierung keine größere Energie zur Reform. Der frühere Gouverneur von Mozambique tSüdostafrika), Alfredo de M a g o I- haes, bat in einem Vortrag über das Kolonialsystem, auf Schrift- stücke gestützt, scharfe Kritik geübt und die Haltung des Kolonial- minister« und seiner hohen Beamten gegeißelt. Das hat die Rc- gierung zu raschem Eingreifen veranlaßt, sie hat MagalhaeS sofort abgesetzt. Da dieser«ine der angesehensten Personen der de- mokratischen Regierungspartei ist, hat dieser Vorgang großes Auf- sehen im ganzen Lande erreA. ftoUand. Wahlkompromist der Regierungsparteien- Amsterdam  , 4. April.  (Eig. Ber.) Die drei Parteien der klrri- kalen Mehrheit sind nach langwierigen Verhandlungen, die sich so- wohl auf die Verteilung der Wahlkreise, als auf das Wahlprogramm bezogen, zur Einigkeit gekommen. Diese Einigkeit trägt aber beut- lich die Kennzeichen eines mit schwerer Mühe zustande gekommenen Kompromisses in sich. Das gesamte Wahlprogramm der drei Par- teien bezieht sich nur auf zwei Teile der VerfassungSrevisionSvor- läge deS klerikalen Kabinetts, nämlich auf die Verpfaffung ber Schule und die Erhaltung der bisherigen Staatszuschüsse an die Kirchen. Ueber alles andere, was bei dieser Wahl in Frage steht, über das Wahlrecht, den Zolltarifwucher, die Arbeiterverstcherungs- frage usw., hat man sich also nicht einigen können. Der Kompro- miß bedeutet in dieser Weise eine beträchtliche Schwächung der so- wieso schon sehr geschwächten Regierungskoalition. CKina. Anerkennung der Republik   durch die Bereinigten Staaten. Washington  , 3. April. Staatssekretär Bryan hat allen hiesigen diplomatischen Vertretern formell mitgeteilt, dast die Vereinigten Staaten beabsichtigen, am 8. April, dem Tage des Zusammentritts des chinesischen Parlaments, die chinesische Republik anzuerkennen. Gleichzeitig hat der Staatssekretär vorgeschlagen, daß auch alle anderen Regierungen an diesem Tage die chinesische Republik gemeinsam anerkennen. Mfrtk*. Kolonialkampf der Franzosen   in Westafrika  . Pari«, 4. April. Da» Kolonialministerium erhielt vom Ge- neralgouverneur von Westafrika   eine Depesche, wonach am 10. März bei Ahmada zwischen einer Truppenabteilung des Obersten Mouret und einem Eingeborenenstamme, an dessen Spitze der Bruder des marokkanischen Prätendenten El Hiba steht, ein mehrstündiger Kamps stattgefunden habe. Die Eingeborenen wurden in die Flucht geschlagen und erlitten starke Verluste. Auf französischer Seit- wurden ein Hauptmann und ein Leutnant getötet, ein Offizier und ein Sergeant wurden leicht verletzt,