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Nr. 80. 30. Jahrgang.

Reichstag .

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

132. Sigung. Sonnabend, den 5. April 1913, nachmittags 2 Uhr.

Am Bundesratstisch: Rühn .

Auf der Tagesordnung steht der

Etat des Reichstags.

Sonntag, 6. April 1913.

akzeptabel. Jezt haben sich die Nationalliberalen noch werden.( Heiterkeit). Die Hauptsache ist nun, daß die Mängel des weiter nach rechts entwickelt und verlangen einfach heutigen Verfahrens beseitigt werden, das liegt im Interesse des die Uebertragung der Wahlprüfungen ant einen Gerichtshof. Ansehens und der Würde des Parlaments.( Bravo !) Mindestens hätten die Antragsteller doch sagen müssen, an welchen Abg. Dove( Vp.) Wir stimmen dem ersten Antrag der Gerichtshof; es geht doch nicht an, beispielsweise die bayerischen Nationalliberalen zu. Den zweiten ersuchen wir der Geschäfts­Wahlen vom preußischen Kammergericht prüfen zu lassen. Oder soll ordnungskommission zu überweisen. Die Frage ist noch sehr un es ein Senat des Reichsgerichts sein? Gerade die Nationalliberalen geklärt, wie die Ausführungen der Vorredner bewiesen haben. flagen doch so sehr über die Ueberlastung des Reichsgerichts. In der Abg. Dr. Spahn( 3.): Dem Antrag in bezug auf das Diäten­Presse aller Parteien wird mit Recht darüber geklagt, daß zwei, gefeß stimmen auch meine Freunde zu. Den anderen Antrag lehnen Hierzu liegen zwei Anträge der Nationalliberalen bor . drei, vier Jahre, in einem Fall sogar einmal fünf Jahre vergangen wir ab. Eine Decapitatio des Reichstags können wir nicht zugeben. 1. Die Regierung zu ersuchen, einen Gesezentwurf vorzulegen, sind, ehe über die Gültigkeit eines angefochtenen Mandats ent- Gibt der Reichstag das Recht der Wahlprüfung aus der Hand, so durch welchen das Diätengesez dahin abgeändert wird, daß schieden war. Die Schuld liegt nicht an der Wahlprüfungskommission, beraubt er sich auch der Möglichkeit Mißbräuche bei der Wahl, Ver­ den Mitgliedern des Reichstags freie Fahrt während der sie arbeitet so fleißig wie nur irgend eine. Die Schwierigkeit stöße gegen die geheime Wahl hier öffentlich an den Pranger zu Dauer der Regislaturperiode auf den deutschen Eisen- liegt in der Materie und in der Methode. Die Wahlprüfungs- stellen. Im Interesse des Ansehens des Reichstags bitte ich den bahnen gewährt wird. tommission müßte selbständiger für die Beweiserhebung gestaltet Antrag abzulehnen. 2. Den Reichskanzler zu ersuchen, baldmöglichst den Entwurf werden, das allein fann zur Beschleunigung des Verfahrens führen. Abg. Dr. Arendt( Rp.): Der Antrag über die Freifahrtkarten liegt eines Gesezes vorzulegen, durch welchen die Wahlprüfungen Der Referent sowie der Korreferent der Kommission müßten im Ein auch im Interesse der Regierung und des Landes. Wir eiver gerichtlichen Behörde überwiesen werden. verständnis mit dem Vorsitzenden sich einfach an die Gemeindevor- haben seit Bestehen des Diätengeseges erst einmal einen Schluß der Abg. Baffermann( natt.): Wiederholt ist unser Antrag auf freie steher wenden können und eine einfache Anfrage würde ergeben, ob Session gehabt. Die Beseitigung der dauernden Vertagungen liegt Eisenbahnfahrt während der Legislaturperiode einstimmig an der betreffende Wähler ein Deutscher gewesen ist oder nicht. In ein im öffentlichen Interesse. Auf die Dauer kann sich die Regierung genommen worden, aber der Reichstag muß sich in Geduld faffen. bis zwei Tagen könnte die Antwort da sein und die Arbeit könnte doch dieser Forderung nicht widersetzen; daher sollte sie sie schnell Der gegenwärtige Zustand, bei dem es von Zufälligkeiten abhängt, weiter gehen. Es handelt sich ja in den meisten Fällen nur um erfüllen. In dem anderen Antrag sehe ich feine Decapitatio des ob der Reichstag vertagt oder geschlossen wird, zuweilen von einem ganz einfache Auskünfte, etwa ob der Wähler Armenunterstügung Reichstages. Es liegt im eigenen Interesse des Reichstages, daß die besonderen Wunsche des leitenden Staatsmannes mit oder bezogen hat und dergleichen Dinge, die durch telephonische Anfrage Wahlprüfungen schnell und unparteiisch erfolgen. Den Vorschlag ohne Zylinder, ist des Reichstages nicht würdig. Man führt an, die erledigt werden können, während es jetzt wochen- und monatelang v. Calfers hatte ich für praktisch undurchführbar. Dem Antrage auf Gewährung der Freifarten würde dazu führen, daß die Abgeordneten dauert, ehe der Reichstag Reichstag eine Auskunft bekommt. Bei leberweisung an die Geschäftsordnungskommission stimme ich zu. Agitation freiben. Das ist ein ganz veralteter Gesichtspunkt. Die schwierigen Dingen allerdings, wo Zeugen vernommen werden Ich hoffe aber, daß er dort nicht ebenso begraben wird wie die Agitation wird unter allen Umständen betrieben, höchstens fahren müssen, muß ein Gerichtshof damit beauftragt werden. Heute übrige Revision der Geschäftsordnung, von der man die Abgeordneten nicht in der ersten, sondern in der zweiten und sind aber die Gerichte gar nicht verpflichtet, einem solchen gar nichts mehr hört. dritten Klasse, und die erste wird noch mehr entvölfert als so Wunsche des Reichstags Folge zu leisten. Weigern sie sich, so muß schon. Wünschenswert wäre es auch, daß die Regelung der Materie ein Verwaltungsgericht damit betraut werden. Auch hier würden die recht bald erfolgt, damit nicht ein Zusammenhang zwischen ihr und Schwierigkeiten nicht so groß sein, wenn nicht der lange Instanzen den Deckungsvorlagen vermutet wird.( Sehr gut! links.)

Abg. Stücklen( Soz.):

zug wäre.

V

-

Abg. Fischer- Berlin( Soz.):

Abg. Dr. Neumann- Hofer( Vp.): Eine Beschleunigung der Wahl­prüfungen ist in dieser Session schon dadurch erreicht worden, daß der Herr Präsident die Wahlprüfungen immer sehr bald nach ihrer Erledigung in der Kommission auf die Tagesordnung gesezt hat. Erwägenswert wäre auch noch, ob die Wahlprüfungskommission Ich hoffe, daß es bei dieser llebung bleiben wird. Vielleicht wäre nicht in der situngsfreien Zeit arbeiten soll. Die Kosten, ein Ausweg dahin denkbar, daß der Reichstag die endgültige Die Schuld an der unwürdigen Behandlung des Reichstages die daraus entstehen, wenn die Wahlprüfungstommiffion in dem Entscheidung der Wahlprüfungskommission überläßt, die schließ trägt die bürgerliche Mehrheit.( Sehr richtig! bei den ersten Jahre das ganze Jahr hindurch arbeiten würde, können gegen- lich auch in der sessionsfreien Zeit tagen könnte. Um die erziehliche Sozialdemokraten.) Herr Bassermann hat mit Recht darauf hin- über der raschen Erledigung der Wahlprüfungen gar nicht in Frage Wirkung der Verhandlungen über Wahlprüfungen auf die Bevölke gewiesen, daß wegen der Eisenbahnfahrkarten keine Fahrt zur Agitation tommen. Wer soll denn die Wahlen prüfen, wenn nicht der Reichs- rung, auf die Herr Spahn hinwies, zu erhalten, könnte man ja diese mehr oder weniger gemacht wird, die Agitationsreisen werden in tag selbst? Trog aller üblen Erfahrungen, die gerade wir Sozial- Kommissionsverhandlungen zu öffentlichen machen. jedem Falle gemacht. Wir werden dem Antrage der Nationallibe- demokraten gemacht haben, sind wir dagegen, die Wahlprüfungen ralen zustimmen. Sie verlangen aber in einem zweiten Antrag, dem Reichstage zu nehmen und einem Gerichtshof zu übertragen. daß die Wahlprüfungen dem Reichstage entzogen werden. Nach( Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Der lleberiveisung der Resolution an die Geschäftsordnungs­der Verfassung soll verhütet werden, daß eine Instanz außerhalb Abg. Dr. v. Calfer( natl.): In vielen Punkten muß ich dem kommission widersprechen auch wir nicht, wenn ich auch nicht des Reichstages einen Einfluß auf seine Zusammenfeßung ausübt. Vorredner bei stimmen. Gewiß würden wir bei Annahme unseres glaube, daß dabei viel im Sinne des Antrages herauskommen wird. Der Antrag der Nationalliberalen ist wohl aus einer momentanen Antrages auf ein Recht des Reichstags verzichten. Ich wäre der Die wichtigste Frage ist, wem der Reichstag sein Recht abgeben soll, Berstimmung über die Vorgänge, die wir bei Wahlprüfungen erlebt legte, der ein Recht des Reichstags aufgeben wollte, wenn nicht ganz und ob es dadurch besser werden kann, und da erkläre ich, für haben, geboren. Jedes deutsche Parlament hat das Recht, die durchschlagende Gründe vorliegen. Diese Gründe hat aber mich ist der Antrag Bassermann unannehmbar. Ich werde Mandate seiner Mitglieder selbst zu prüfen, mit Ausnahme des der Vorredner angeführt. Bei dem jezigen Zustand werden die doch nicht dieses Recht der Wahlprüfung abtreten zu einer Zeit, wo reichsländischen, dessen Mandat von dem Oberlandesgericht in Colmar Wahlprüfungen vielfach verschleppt und das führt zu dem Miß die größte Partei des Landes nicht einmal hier im Hause geprüft werden, und man muß zugeben, daß dieses Oberlandesgericht verhältnis, daß wichtige Beschlüsse gefaßt werden können mit geringer als gleichberechtigt anerkannt wird, zu einer Zeit, wo sehr rasch gearbeitet hat und daß man seinen Entscheidungen Mehrheit, bei der Abgeordnete waren, deren Mandat nachher der deutsche Richterstand in der ärgsten lassenjustiz bes zustimmen lann.( Abg. Bassermann: Na also!) Wollen Sie die Prüfung tassiert wird. Der Hauptzweck unseres Antrages ist fangen ist. Gerade das ruft ja unser Mißtrauen zu dem Richter­der Reichstagsmandate vielleicht dem Oberlandesgericht in Colmar also dahin zu wirken, daß Wahlprüfungen nicht ver- stand hervor, daß die Richter ja kein Verständnis für die überweisen, Herr Bassermann, und wollen Sie auch die Garantie dafür schleppt werden. Etwas anders läge die Sache, wenn die Ent- Weltanschauung der Leute haben, über die sie zu Gericht übernehmen, daß dieses Oberlandesgericht, dessen Zusammenseßung scheidungen der Wahlprüfungskommission endgültig wären, ſizen. Ich freue mich, daß hier offen zugegeben wurde, die Wahl­doch eine wechselnde ist, immer in so zufriedenstellender Weise arbeiten aber das endgültige Entscheidungsrecht hat bekanntlich das Plenum prüfungen werden nicht als Rechtsfrage, sondern als Machtfrage wirg. Die Wege der bürgerlichen Justiz sind so wunderbar, und dies entscheidet erfahrungsgemäß lediglich nach Macht behandelt. Db politische Einflüsse bei einer Wahl sich geltend daß wir große Bedenken haben, einem Gerichtshof die Prüfung fragen, nach Parteien. Wir halten aber die Entscheidungen über gemacht haben, wird lediglich unter dem Gesichtspunkt betrachtet, der Mandate zu übertragen.( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wahlprüfungen für Urteilssprüche. Für Urteilssprüche berlangen wir was die einzelnen Parteien dabei gewinnen. Dieser Umstand er­Gewiß ist die Art und Weise, wie der Reichstag vorgeht, nicht vor allem lnparteilichkeit und niemand wird behaupten, daß flärt ja auch die Umfälle, die wir erlebt haben. Sehr erfreulich immer einwandfrei, mehrfach ist Macht vor Recht gegangen der Reichstag in Wahlprüfungsfragen unparteiisch sei. ich brauche nur Daher demokratisch hat Herr Spahn hier gesprochen, aber man muß be­an die Fälle Buchwald und Braun zu wünschen wir die leberweisung dieser Prüfungen an ein un- dauern, daß er dabei so selten seine Partei hinter sich hat; sie ist erinnern. Wenn aber die Mehrheit das Recht beiseite geschoben hat, parteiisches Gericht. Das Oberlandesgericht Colmar hat ja sehr ja, die bei solchen Fällen am meisten umfällt.( Sehr richtig! so darf das doch nicht dazu führen, daß der Reichstag auf ein Recht schnell gearbeitet.( Abg. Spahn: Es war auch danach!) Gewiß, bei den Sozialdemokraten.) Es war von normalen Fragen die berzichtet. seine Entscheidungen sind auch fritisiert worden von den Parteien, Rede, die ein Gericht prüfen könne, z. B. die des Wohnsizes. Der Antrag beteist nur, wie sich die Nationalliberalen immer die dabei schlechte Geschäfte gemacht haben.( Heiterfeit.) Aber auch das ist gar keine formale Frage. Unter der Frage des mehr nach der reaktionären Seite entwidelt haben. Ich würde vorschlagen, um das Reichsgericht auch vor der Möglich wechselnden Wohnsizes haben vor allem die Arbeitermassen Im Februar 1899 führte gerade Herr Bassermann hier aus, daß keit zu bewahren, daß ihm politische Voreingenommenheit vorge- zu leiden, und so sehen Sie, daß bei der Entscheidung des Begriffes eine Aenderung des Wahlprüfungssystems eintreten muß, daß er worfen werden kann, dazu überzugehen, Wahlprüfungs. fich aber nicht für eine leberweisung der Wahlprüfungen an einen senate zu errichten " Wohnsiz" das Interesse einer großen Partei berührt wird. Auch an dem zu errichtenden Reichs- die Frage der Geheimhaltung der Wahl ist eine äußerst Gerichtshof aussprechen könne.( hört! hört! bei den Sozialdemo- verwaltungsgericht und tur bis zu dessen Gründung am wichtige politische Frage. fraten.) Sie fönnten an die einzelnen Abteilungen des Reichstages Reichsgericht. Diese Wahlprüfungsfenate wären zu besetzen aus Die Frage der Beeinflussung der Wahl durch den überwiesen werden, und in zwei bis drei Monaten sämtlich erledigt Richtern und Abgeordneten mit der Majorität schlimmsten Terrorismus der Unternehmer, der fein. Im Februar 1910 nannte der nationalliberale Abgeordnete der Richter. Das englische Parlament hat sich auf diesen sich jahrzehntelang im Kohlenrevier geltend gemacht hat, hat noch Heinze den Vorschlag, die Wahlprüfungen einem Gerichtshof zu Standpunkt gestellt, während früher der König die Entscheidung nie zur Beanstandung einer Wahl geführt. Glauben Sie etwa, übergeben, kaum akzeptabel. Im Februar 1912 fand der hatte. Wenn die Engländer gescheiter geworden sind, warum soll daß die Richter den Arbeitern größeren Schuß angedeihen lassen Abgeordnete Jund diesen Vorschlag bereits sehr nicht auch die nationalliberale Partei gescheiter würden? Terrorismus der Unternehmer würden Sie sicherlich das Einzige sein, was uns diese Trabrennbahn cines Besuches wert Heute, nach wenigen Jahrzehnten ist es ein leichtes, Roons Befehl erscheinen läßt. R. Br. zu erfüllen. Wo ist er? Das ist eine neue Filmidee: Wo ist Coletti? In Die Trabrennbahn von August Endell . Es ist freilich fatal, diesem Flimmerstück handelt es sich um einen Privatdetektiv, der Theater. daß die besten Architekturen, die wir zustande bringen, dazu verwettet, daß er unerkannt drei Tage lang in Berlin herumlaufen 3oom". Komödie von Sacha Guitry . Der historisch gelehrte Kammerspiele. Die Einnahme von Berg op dammt zu sein scheinen, kulturell wertlosen Zwecken den Rahmen könne, auch wenn die ganze Bevölkerung mit einer Tausender- Titel, der gewissenhafte Leute zum Nachschlagen im Konversations­zu geben. Neulich sprachen wir vom Kientopp des Oscar Kauf- belohnung auf ihn gehetzt werde. Gut. mann; heute ist über die Trabrennbahn des August Endell zu be­richten. Wenn man den Glauben hat, daß alle Architektur Aus- Theaterdirektor der Residenz? Er muß doch irgendwo leben, französischen Schauspielers Lucien Guitry , zeigt eine anmutig unter­Jah aber frage: Wo ist Lothar? Wo ist der verkrachteste Bariser Schwankkomödie. Der Verfasser, Sohn des weitberühmten lexikon anstacheln kann, deckt scherzhaft nur eine ganz moderne druck für bestimmte Lebenstreise ist und nur als solcher Ausdruck existieren. historischen Wert und Anspruch auf Ewigkeit besitzt, so muß man aufstehen, seinen Kaffee trinken, und daran zurückdenken, wie ihm Pointe herausarbeitende Darstellung der Kammerspiele unterstützt, Schweigen. Er muß doch wie wir jeden Morgen haltsame Plauderkunst, die durch die ausgezeichnete, jede kleinste fagen, daß mit dieser Kientopp- und Trabrennarchitektur irgend- noch die Berliner Polizei traute, wie man eben einem blumigen dem Stück zu einem unbestrittenen Heiterfeitserfolg verhalf. Milieu etwas nicht in Ordnung ist. Es ist nicht anzunehmen, daß der Feuilletonisten traut, der noch nie etwas Staatsgefährliches ge- und Thema find dieselben wie überall in diesem Genre: Herr­Betrieb der Schieber und Pferdemasseure von der Weltgeschichte schrieben hat. Schauspieler ruinieren, du lieber Gott, wem passiert schaften, die im Gelde schwimmen und nichts als ihre Liebschaften für würdig befunden werden sollte, seinen architektonischen Apparat bas nicht einmal! Aber: als Denkmal nach dem Vorbild der pharaonischen Pyramiden er= im Stopfe haben. Der Abwechselung halber tritt in die Stelle des halten zu bekommen. Es steckt eine kulturelle Lüge in der Bau­kommissar, der auf die Theorie der großen Liebe" und des ersten gewöhnlichen Schürzenjägers hier ein vierzigjähriger Polizei­fultur der Kinos und der Schenkelei. Darüber muß man sich klar Blickes" eingeschworen ist. Für jeden Mann gibt es nur eine Frau, mit der er wahrhaft glücklich werden kann, es kommt nur darauf Nach solcher Distanzierung ist dann allerdings zu sagen, daß an, das von dem Schicksal so voraus bestimmte Wesen aufzufinden August Endell mit dieser Rennbahn den Beweis gab, daß er ein und ihm die gleiche lleberzeugung beizubringen. Diese romantische Konstrukteur von sinnlichem Intellekt und einer raffinierten Züch­Jugendschwärmerei vereinigt sich bei ihm sehr drollig mit tung der Nerven ist. Er hat die Grübeleien, von denen er von einer potenzierten Unverfrorenheit. Seitdem er der tugendsamen Jugend auf besessen war, zu produktiver Straft entwickelt. War es Madame Bannaire, die ihren trottelhaft verdrehten und durch­vielleicht nicht unberechtigt, ihn zuweilen einen bizarren Orna­gängerischen Gemahl in sechs Ehejahren noch nie betrog, einmal auf, mentifer, einen grätigen Phantasten, zu heißen, so muß man heute der Straße begegnete und dabei den ersehnten Herzensruck verspürte, fagen, daß er ein Logiker des Minimums und damit ein Klassiker Läßt sich das Abtreiben von Luftschiffen vermeiden? Zur Beant- durchstreift er jeden Abend die Lokale, die sie besuchen könnte, um sie der Zweckmäßigkeit wurde. Was er da draußen in Mariendorf auf wortung dieser Frage muß man natürlich voraussetzen, daß alle bejeligt anzuitarren. Jumitten des wißig geschilderten Foyertreibens den Sand gestellt hat, sieht auf den ersten Blick ganz einfach und Einrichtungen eines Luftschiffes, namentlich der Motor, intakt bleibt. eines Pariser Theaters findet die erste Aussprache statt. Je energischer alltäglich aus. Wenn man aber näher zuschaut, empfindet man das Das dürfte mit dem Fortschritt der Motorentechnik auch immer mehr sie sich jede Annäherung verbittet, um so verzückter feßt er ihr, sauft­Geistreiche der einzelnen Baukörper und die Großzügigkeit der zutreffen. Dann kann es sich nur noch darum handeln, festzustellen. mütig, siegessicher seinen Schicksalsglauben auseinander und prophe­Gesamtanlage. Was zunächst diese betrifft, so muß man zum ob die Windgeschwindigkeit so groß werden kann, daß ein Luftschiff zeit zuletzt, sie werde am nächsten Tage in seine Wohnung kommen. Vergleich etwa Karlshorst entgegenstellen; hier eine üble 3er- sich nicht gegen sie zu behaupten vermag. Auch diese Frage ist Ein Zufall führt sie wirklich zu ihm, und seine beharrlich starrsinnige rissenheit, in Mariendorf ein von Haus zu Haus greifendes Um- nichts als eine Frage der Motorentechnik. Denn wenn die Motoren Ueberzeugtheit, die erst so lächerlich erschien, erobert Position auf faffen und damit die Erzwingung einer gewaltigen Raumbor- eines Luftschiffes start genug sind, wird es sich auch Position in ihrem Herzen. Die Einnahme der Festung Berg- op­stellung. Man muß sich diesen Eindruck von der ersten Tribüne gegen den stärksten Wind behaupten können. Wir sind gewöhnt, Room, von der der Abreißkalender an der Wand erzählt, rückt ge­aus oder von dem Restaurationspavillon verschaffen; dann weiß bei unserer modernen Technik nichts für unmöglich zu halten. Aber fährlich in die Nähe. man sofort, daß Endell zum Architekten reif wurde. Die einzelnen daß man in den nächsten Jahren wird Motoren zur Verfügung Im Schlußaft amüsieren einige Verwechselungsszenen gröberen Bauten verblüffen durch die Leichtigkeit, das Zerbrechliche, das haben, die diese Forderung erfüllen, daran ist nicht zu denken. Denn Schwanktalibers. Schließlich willigt der anderweitig schon versorgte Unmaterielle, das Motorische. Die Eisenkonstruktionen sind von die dazu erforderliche Straft, ein Luftschiff gegen den Wind zu und rasch getröstete Ehemann gern in die Scheidung, und der faszinierender Schönheit. Endell duldet keine Festigkeit; er macht treiben, wächst nicht in demselben Maße, wie die Windgeschwindigkeit, romantische Kommissar wird seine überschwänglichen Theorien in alles locker, durchsichtig, schwebend. Die großgemessenen Dächer fondern viel schneller. Ein Schiff, das sich gegen 15 Meter Wind- einer richtigen Ehe zu erproben haben. hängen, ohne, daß man zunächst weiß, wie das geschicht; sie geschwindigkeit behauptet, kann nicht gegen 30 Meter ankommen, wenn Waßmann brachte den Humor in der Rolle des polizeilichen hängen aber doch überzeugend. Die Gläswände stehen wie Wag- man die Motorenkraft verdoppelt, man muß sie vielmehr vervierfachen. Liebesfatalisten mit fein diskreter Abtönung heraus. Ja, fast gelang nisse; die Brüstungen scheinen ein dünnes Geflecht zu sein. Und Und mit solchem Forschritt in der Motorentechnik dürfte es ihm, die witzig kombinierten Elemente zu einem Scheine psycho­doch spürt man überall und aus allem eine elastische Festigkeit. es doch noch einige Weile haben. Hoffentlich werden wir aber ebenso logischer Einheit zu verschmelzen. Indem er lachen machte, rührte Es ist alles neu und eigen empfunden; und selbst da, wo leichte sehr enttäuscht wie einst der Striegsminister Roon, der es so ziemlich er zugleich durch einen Gefühlston warmherziger Aufrichtigkeit. Eine Anklänge an Schinkel und( an der Rückseite der zweiten Tribüne) für ausgeschlossen hielt, daß man Luftschiffe würde bauen können, treffliche, pariserisch lebendige Partnerin stand ihm Leopoldine an Griechenland zu spüren sind, überwiegen doch die Intelligenz die ordentlich direktionsfähig sein können. Zu einem Betenten fagte Konstantins Madame Vannaire zur Seite. Die dürftige und das Temperament des modernen Fanatikers der Präzision. er einst: Fahren Sie mit Ihrem Luftschiffe von hier nach Potsdam , Possenfigur des Gatten gab Biensfeldt erfreulicherweise Ge­Jedenfalls: für uns, die wir auf mannigfachen Wegen die neuc, lebren Sie dort um und kommen Sie auf demselben Weg zurück, so legenheit, wieder einmal alle Lichter seiner grotesken Komik spielen die reine Kultur suchen, werden die Bauten des August Endell gebe ich Ihnen sofort 100 000 Taler, aber vorher feinen Pfennig!" zu lassen.

Kleines Feuilleton.

sein, wenn eine Leistung wie die des August Endell beurteilt

werden soll.

Wo ist Lothar?

Es gibt so Fragen: Wo ist der Schußmann, der eine Hand abhackte, der frei denkende Verwaltungsbeamte in Preußen, der Unteroffizier, der keine Soldaten drangfaliert, der Mann der sich bei Sicht eines bunten Rockes nicht den Hals abdreht, Lothar, der Nachfolger von Jagow..., wo find fic?

Man findet sie nicht. Man müßte suchen. Suchen: das heißt hier, Vorhandenes zunächst einmal abschaffen. Dann erft ist der Durchblick frei, dann kann man schon suchen, und braucht nicht mehr zu fragen: Wo ist er?

dt.