durch Preugen I) Das Reich hat üi deu Ichieu Jahrzehnten mit Zu.siimmung und vielfach auf Veranlagung Preußens mehr für dieBesserung der Arbeiterverhälwisse getan, als irgend ein andererStaat.«'Lebhafte Zustimmung rechts.) Auch die preußische Aus«führung hat immer auf die Interessen der minderbemitteltenSchichten Rücksickt genommen.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Wenn trotzdem die Sozialdemokraten sich daringefallen. immer wieder die sattsam bekannten undeigentlich längst verblaßten Schlagwörter vonder Entrechtung und der Ausbeutung und Verelendungder breiten Massen in Preußen zu sprechen, so drängt sich die Frageauf: Wie kommt es denn, daß dann unsere einheimische Arbeiter-schaft dauernd im Lande verbleibt und daß die Auswanderungauf dem Nullpunkt gesunken ist?(Sehr gut! recht«.— Lachen beiden Sozialdemokraten.) Statt einer Auswanderung sehen wir. daßalljährlich ausländische Arbeiter in Scharen zu uns hereinströmen, hier bleiben und sich einbürgern. Russen, Polen, Oester-reicher, Italiener, Belgier und Holländer kommen in großer Zahl zuuns und bewachten es als ein erstrebenswertes Ziel,das preußische Staatsbürgerrecht zu erlangen.(Sehr gut! rechts.)Sie tun das, weil sie bei uns bessere Arbeits- undLebensbedingungen finden, als in ihrer Heimat undtveil der Staat nach Kräften für sie sorgt.(Sehrrichtig! rechts.— Lachen b. d. Soz.— Abg. Hirsch: Wahlrededes Ministers!)Wenn weiter der Abg. Ströbel behauptet hat, daß die Sozialdemokratie in Preußen von der Regierung in einseitigem Partei-interesse des Großkapitals und des Großunternehmertums bekämpftwürde, so ist das eine Unterstellung, die durch unsere gesamte Ver-waltungspraxis und Gesetzgebung aä Eidsunlum geführt ist.(Sehrrichtig! rechtig.) Wir bekämpfen die Sozialdemokratie nicht deshalb,tveil wir den Großkapitalismus begünstigen, sondern weil wir diebestehende Staats« und Gesellschaftsordnunggegen den An stürm der Sozialdemokratie ver-teidigen und schützen wollen.(Sehr wahr! rechts.) Aufdem Magdeburger Parteilag hat der Abgeordnete Bebel esoffen ausgesprochen, daß die Sozialdemokratie den preußischenStaat in ihren Bann zwingen will und daß das nichtnur Arbeit, Mühe und Schweiß, sondern noch weit mehr kostenwürde.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Abg. N o s I ehat diese Worte noch unterstrichen durch die Wendung, daß dieSozialdemokratie dem Bekenntnis des Kaisers zum GotlcSgnadentumdie Forderung der Republik entgegensetze.(Sehr gut!bei den Sozialdemokraten. Hört! hört! rechts.) Die Erfüllung dersozialdemokratischen Ziele hätte den Zusammenbruch und die Lockerungdes Reiches zur Folge.(Locken bei den Sozialdemokraten.) DieSozialdemokratie �will unsere bewährte Heeresorganisationbeseitigen und an ihre Stelle ein schwächliches Miliz«system setzen. Unsere dann mangelhaft und schlecht g schulteArmee soll schutzlos dem Waffen kräftigen Auslandeausgesetzt sein(Lachen bei den Sozialdemokraten),um ihre verwerflichen ZukunftSpläae zu verwirklichen, verlangtdie Sozialdemokratie für Preußen die Einführung deS Reichs-tagswahlrechts.ti» ist die Pflicht der Regierung, dem entgegenzutreten und allepatriotischen und nationalen Kreise auf die bierin enthaltene Gefahraufmerksam zu machen.(Stürmischer Beifall rechts— Lacken undZurufe bei den Sozialdemokraten: Wahlrede!) Von eirRechtlosigkeit des preußischen Volkes kann nicht dieRede sein, denn in den alle Deutschen gleichmäßig berührendengroßen nationalen wirtschaftlichen und sozialen Fragen habenalle Deutsche dasselbe Wahlrecht.(Sehr wahr! rechts.) Dasabgestufte Wahlrecht zum Landtag aber, in dem dieAngelegenheiten der ethischen Kultur. Kirche und Schule, der direktenSteuern und der inneren Verwaltung ihre Erledigung finden, isteine politische Notwendigkeit.(Sehr wahr I rechts.)Preußen ist verpflichtet, sich das Maß von innerer Festigkeit undWidentandSsähigkeit gegen innere und äußere Feinde zu geben, derenauch das Reich auf die Dauer nicht enlraten kann.(Lebhafte Zu-stimmung rechts— Unruhe links.) Nach alledem kann die Ein-fübrung deS Re i ch S t a g S w a h lr e ch l S für Preußennicht in Frage kommen. Es würde das eine Schwächung derGrundlagen bedeuten, die den preußischen Staat, wie der Abg.Bebel mehrfach anerkannt hat, zu dem festen Bollwerk gemachthaben, an dem die Wellen deS Umsturzes sich brechen werden.(Stürmischer Beifall recktS: Zischen bei den Sozialdemokraten.)Abg. Frhr. v. Zedlitz(sk.): Im Magdeburger Fall teilenwir ausdrücklich die Ausführungen des Ministers.(Zuruse bei denSozialdemokraten: Natürlich!) ES war hohe Zeit, daß aus«ländischer Frechheit auch einmal deutscher Ernst gezeigtwurde.(Lebhafter Beifall rechts: große Unruhe bei den Sozial«demokraten.) Die Aufreckterbaltung des bestehendenWahlrechts ist eine Pflicht Preußens gegen sich selbstund gegen daS Reick.(Lebhafter Beifall rechts.)Abg. Dr. Friedberg(natl.): Auch wir billigen die Auf«fassung des Ministers im Magdeburger Fall.(Hört! hört!bei den Sozialdemokraten.) Ausländer, die eine antinationale Politlkbetreiben, müssen ausgewiesen werden.(Lebhaft�Zustimmungrechts und bei den Nationalliberalen: Hört! hört! berben Sozialdemokraten.) Bei aller Achtung vor dem Gastrecht kann es nickt dieAufgabe eines Ausländers sein, im fremden Lande eine Agitation(Abg. Hirsche Für den Frieden zu entfalten!— Sehr gut!bei den Sozialdemokraten.) Nein, Bestrebungen zu unterstützen, diegeeignet sein können, in ernster und schwerer Zeit das Vater-land wehrlos zu machen.(Lacken bei den Sozialdemokraten.)Drehen Sie den Fall einmal um: einer Ihrer Freunde käme nachFrankreich. Sie sollen einmal sehen, was ihm dort passiert.(Sehrwahr! rechts.— Zurufe bei den Sozialdemokraten: Wir sind ja dagewesen, nichts ist uns pasfiert!) Eine Reform des preußischenWahlrechts halten wir nach wie vor für eine der d r i n g e n d st e nAufgaben der Gegenwart. Der Minister hat die Aus-sührungen de« Abg. Leinert nickt vollständig ver-standen. Der Abg. Leinert hat sich nicht nur gegen dieBekämpfung der Sozialdemokratie im Interesse des Groß-kapitaliSmus und der Großindustrie gewendet, sondern erhatte auch das Großgrundbesitzertum erwähnt unddie von ihm daran geknüpften Schlußfolgerungen kann ichnicht so ohne weiteres von der Hand weisen.(Stürmische Aharufe rechts.) Auch bei den bevorstehenden Wahlenwird der staatliche Verwaltungsapparat für die Konservativenarbeiten.(Sehr richtig i sinkS.) Im übrigen war die Rede deSAbg. Leinert ein krasses Beispiel für die Verhetzung der Sozial-demokrotie. Dieser Druck muß Gegendruck erzeugen und deshalbist die Sozialdemokratie ein Schrittmacher der Reaktion. Nur unterdiesem Gesichtspunkte ist die Sckmdenfreude zu verstehen, mit der derAbg. Leinert die Niederlage des Liberalismus prophezeit hat.(Beifall bei den Nationalliberalen.)Vizepräsident Dr. Porsch rügt den Ausdruck.Verhetzung' alszu sckarf. wenn er lich aus Mitglieder deS HauseS bezieht.Abg. Lippmann(Vp.): Die Sozialdemokratie würde mit ihrenUebertreibungen kemen Boden im Volke gewinnen, wenn bei unsgesunde Zustände Herrichten und ein gerechtes Wahlrecht bestünde.Gerade die Konservatwen fordern durch ihre Politik die Sozial-demokratie. Auch daS heutige Wort de« Ministers, daß unser Wahl-recht der kulturellen Entwickelung dient, wird im Volke Erbitterungerwecken. Wenn der Abg. L e i n e r t den Konservativen den Sieg beiden LandtagSwahlen prophezeit, so ist das sehr leicht, denn dieSozialdemokratie bereitet diesen Sieg vor.(Lachen bei den Sozial-demokraien.)_ ,,,,Abg. Strobel(Soz.):Der freisinnige Held Lipp mann gehört zu den Realtio-n ä r st e n seiner Partei. Und das lmll viel heißen.(Sehr richtig!bei den Sozialdemokraten.) Ww kann ein Freisinniger von lieber-treibungen des Abg. Leinert sprechen� wo Leinert doch jede seinerBehauptungen bewiesen hat.« sehr richtig! bei den Sozial-demokraten.) Dafür schließt Lippmann sich Herrn Dr. Friedberg«n? diesem unsicheren Kantonisten.(Sehr richtig! bei denSozialdem.) Man sieht wieder eimnal, daß der preußische Liberalisums'unter allen liberalen Parteien am tiefsten steht.(Sehr wahr!bei den Sozialdemokraten.) Ausgerechnet ein Freisinniger muß sagen,daß wir übertreiben, wenn wir behaupten, daß das Volk von denJunkern und Schlotbaronen ausgesogen wird.(Sehr gut! bei denSozialdemokraten.) Es ist einfach nicht wahr, daß wir den Wahl-sieg der Junker vorbereiten. Schuld daran ist die W a h l t a k t i kd e S F r e i s i n n s, der sich mit den Nationalliberalen verbündete,die schlimmere Feinde eines freien Wahlrechts sind, als das Zentrum.(Sehr richtig! b. d. Soz.) Die Nationalliberalen wollen durch Be-seitigung der Drittelung in den UrWahlbezirken das bestehende Wahl-recht so ändern, dast die stärkste Partei des Landes auch nicht eineinziges Mandat erhalten würde. Mit dieser Partei hat der Freisinneinen Wahlpakt abgeschlossen und nicht mit den ehrlichenKämpfern für das gleiche Wahlrecht.(Sehr wahr! bei den Sozial-demokraten.) Also, ob Lippmaun oder Freiherr v. Zedlitz, das istfurchtbar schnuppe, diese Nuancen sind nicht sehr genau voneinanderzu unterscheiden. Ein Zusammengehen mit unZ wäre daseinzige Mittel, um den Junkern zu Leibe zu gehen und die Reaktionzu schwächen. Es müssen endlich einmalWahlrechtsfanfaren geblasenund der Masse gezeigt werden, was auf dem Spiele steht. DieseCourage wendet der Freisinn nicht auf und deshalb täte er besser.auf den Namen„Freisinn" zu verzichten und sich zu denNationalliberalen zu begeben.(Sehr gut I bei den Sozialdemokraten.)Dr. F r i e d b e r g hat dem Abg. Leinert vorgeworfen, daß er nuralte Ladenhüter vorgetragen hätte. Ist der Vorwurf, wir seien dieSchriitmacher der Reaktion, kein alter Ladenhüter? Die BemerkungDr. Friedbergs von der freiheitlichen Entwicklung, die auch dieNationalliberalen wollen, kann von uns nur als ein unfreiwilligerWitz aufgefaßt werden.(Heiterkeit und Sehr richtig I bei den Sozial-demokraten.) Luch Dr. Friedberg verlangte eine Wahlrechtsreformvon der Regierung. Eine Regierung, die nicht bedingungslos dieBefehle der Mehrheit dieses Hauses zu erfüllen brauchte, müßte esallerdings für ihre erste Pflicht halten, endlich einmal dasfeierlich gegebene KönigSwort einzulösen.(Sehr richtig? bei den Sozialdemokraten.) Die Minister pflegendoch sonst sich als die Beauftragten der Krone hinzustellen. Ministerv. Dallwitz hat sogar einmal erklärt, die Regierung würde dieReform nur dann machen, wenn sie die Gewähr hätte, daß Ruheeintritt. Geben Sie das ReichStagswahlrecht für beide G e»schlechter(Lachen rechts) und Sie werden die Ruhe haben, aberfrüher nicht.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wennein Minister Forderungen der Agrarier jemals so gegenübergetreten wäre, wie heute Herr v. Dallwitz den Forderungen desVolkes, ich hätte einmal das EntrüstungSgeschrei dieser Patriotenhören mögen.(Sehr loahr! bei den Sozialdemokraten.) Aber demBoll glaubt man allcS, jeden Hohn und Spott bieten zu können.Für diese Rechtlosigkeit des Volkes hat Dr. Friedberg kein Wortübrig gehabt. Dafür hat er das Vorgehen der Polizei inMagdeburg ganz in der Ordnung gefunden, und Freiherr vonZedlitz hat sogar von der Fr e ch h e it dieses Ausländersgesprochen. Nun, dieser französische Genosse war ein Gastdes deutschen B-lkes, ein Gast der Magdeburger Arbeiter.WaS für ein Anlaß lag vor. ihm das Reden zu verbieien? GenosseCompere-Morel wollte in Magdeburg nichts andere« erklären, alswas der Reichskanzler im Reichstag gesagt hat, nämlich, daß dasfranzösische Volk friedliebend ist.(Sehr toahr! beiden Sozialdemokraten.) Es muß dem deutschen Volk erlaubtsein, darauf hinzuweisen, daß die Wehrvorlage nicht demFrieden dient, sondern daß durch sie nur der Chauvin is-müs in Frankreich und Deutschland gefördertwird.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Undtrotzdem wird ein Mann ausgewiesen, der dazu bei-tragen will, daß die Gegensätze zwischen den beiden Kulturnationengemildert werden. Wenn der Minister davon gesprochen hat, daßder Patriotismus gebot, diese Ausweisung vorzunehmen, so protestierenwir gegen einen solchenAst erpatriotismus.Wir glauben, dem Patriotismus zu dienen, Iveun wir die schwer-drückenden Militärlasten vermindern und damit Mittel frei machenfür wirkliche Kulturzwecke.(Sehr wahr! bei den Sozial-demokraten.) Der Minister behauptete, daß die Reden der sozialdemokratischen Abgeordneten inhaltslos seien. Na, inhaltslosereReden als die der preußischen Minister findet man auf demweiten Erdenrund nicht.(Lachen rechts.) Die deutsche Arbciterklaffe kann nicht auswandern, sie besitzt nichts undmuß im Lande bleiben. Das könnte Ihnen aber so passen, wennalle deutschen Arbeiter auswanderten und Sic nur mit Aus-l ä n d e r n weiter zu arbeiten brauchten. Das sind rechtloseHeloten, die sich nicht organisieren dürfen. Die Rededes Ministers hat bewiesen, daß er sich als Vertreter der besitzendenKlassen fühlt. Nur so ist sein Loblied auf die preußischen Arbeitgeber zu verstehen. Schließlich ist un§ vorgeworfen Ivorden, daßwir Republikaner sind. Es wäre ja verlockend, in eine DiSkussion darüber einzutreten, ob ein vernünftiger Menschüberhaupt Monarchist sein kann. Namentlich über dieErbmonarchie läßt sich selbst vom Standpunkt der Monarchisten aussehr viel vorbringen. Jedenfalls kann die große Masse des Volkesnicht begreifen, warum denn eine einzige Persönlichkeit berufen seinkann, einen so ungeheuerlichen Einfluß auszuüben, selbst wenn erder Allerbegabteste wäre. DaS Volk will nicht regiert undbeherrscht werden, cS willsich selbst regiere».(SeÜr richtig! b. d. Soz.) Deshalb verlangt eS das allgemeine,gleiche, geheime und direkte Wahlrecht. Wir werden triumphierenüber alle Gewalten, die Sie uns entgegenstellen, und die jubelndeZustimmung unserer Ausführungen durch die Massen deS Volks beweisen unS, daß die Massen deS Volks nicht bei Ihnen, sondernbei unS sind.(Lebh Beifall b. d. Soz.)Abg. Herold(Z.): Auch wir erstreben mit aller Energie einneues Wahlrecht.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Eine Be-seitigung der Drittelung in den UrWahlbezirken lehnen wir ab, weilsie eine Verstärkung des plutokratischen Charakters des geltendenWahlrechts bedeuten würde.Abg. Lippmaun(Bp.): Wir können eS Ausländern nicht zugestehen,sich in unsere inneren Angelegenheiten zu mischen.(Hört I hört! beiden Sozialdemokraten.) Die französische Nation scheint doch nicht sofriedliebend zu sein, wie der Vorfall in Nancy bewiesen hat. Wenndie Sozialdemokraten Frankreichs einen Krieg gegen uns verhindernwollten, würden sie ins Gefängnis oder inS Irrenhaus gesperrtwerden. Die persönlich herabsetzende Polemik deS Abg. Ströbelverletzt den parlomemariichcu Anstand.(Abg. Hoffmann: Nein, IhreZwischenrufe. Große Heilerkeit.) Herr Hoffmann beschwert sichüber Zwischenrufe!(Stallende Heiterkeit.) Wir find aufrichtigeWahlrechlsfreunde.(Beifall b. d. Vp.)Abg. Dr. Friedbcrg(natl.): Dem Abg. Hoffmann muß ich etwasabbitten. Er hat eben bewiesen, daß er doch noch vortreffliche Witzemachen kann.(Heiterkeit.,Ein Schlußantrag der Rechten wird angenommen.Es folgen persönliche Bemerkungen.Abg. Hoffmann(Soz.): Wenn Dr. Friedberg sich über meineschlecht gewordenen Witze beklagt, so erwidere ich ihm, daß ich meineWitze immer dem Objekt anpasse. Ist das Objekt so schlecht wie dienationalliberale Partei, so ist der Witz auch schlecht.(Große Heiter-keit.)_Mcin Zwischenruf zu Herrn Üippmann bezog sich darauf, daßer, während Ströbel den Fortschrittlern zurief, man solle Fanfarenblasen lassen, rief:Jawohl von hinten!!(Minutenlange schallende Heilerkeit.)Abg. Ströbel(Soz.): Ich habe Herrn Lippmann lveder beleidigt,noch ihn abschrecken wollen. Uns kann es nur recht sein, wenn ernoch recht viel solcher Reden hält, denn damit bis-kreditiert er sich und seine Partei.Abg. Dr. Friedbcrg(natl.): Wie sehr eS mit Herrn Hoffmann«Miben doch zurückgebt, beweist, daß er zur Rechtfertigung seinerschlechte» Witze über die»lationalliberale Partei sogar eine geistigeAnleihe bei Tallehrand gemacht hat, diesem Vertreter eines aristo-kratischen Systems, der zuerst gesagt hat, daß sich die Scherze demMilieu anpasien müßten.(Heirerkeit.)Abg. Hoffmann(Soz.): Wenn ich das wirklich getan habe, binich jedenfalls nicht durch den Anblick deS Dr. FriedbergS auf dengeistvollen Tallehrand gebracht worden.(Heiterkeit und Sehr gut!bei den Sozialdemokraten.)Beim Landwirtschafrsetat wendet sichAbg. Fischbeck(Vp.) gegen Willkürlichkeiten des Landrats vonMeseritz bei der Vergebung von Jagden.Laiidwirtschaflsniinister Frhr. v. Schorlemer kann das VorgehendeS Landsrats von Meseritz nicht billigen und wendet sich gegen dieAusführungen des Abg. Leinert bei der zweiten Lesung über Steuer-Hinterziehungen eines Gutsbesitzers bei Sarstedt. Der Mehrbetragder Packt für die Pachlperiode 1906 bis 1923 gegenüber der Pacht-Periode 1887 bis 1906 beträgt nicht 22 000 M.. wie der Abg. Leinertbehauptet hat, sondern 2100 M.(HörtI hört! rechts.) Der Guts-besitzer bat auch nicht 2700 M. Einkommen versteuert, sondern12 300 M. Alle ziffernmäßigen Angaben deS Abg. Leinert warenfalsch.(Hört I hört! rechts.) Ich überlasse eS dem Hause, aus meinenMitteilungen die cntiprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen.Abg. Leinert(Soz.): Ich nehme an, daß die Angaben des Land-wirtschaftsministers richtig sind und ich nehme deshalb meine An-gaben zurück. Ich glaube, ritterlicher kann niemand handeln. Aberdaß Sie(nach rechts) auch auf Grund falscher Information unrichtigeBehauptungen aufstellen, das kann ich Ihnen aus einem Fall ausden Verhandlungen des Landesökonomiekollegiums des letzten Jahresbeweisen. Dort hat ein Dr. ASmis der sozialdemokratischenLandarbeiterorganisation vorgeworfen, daß sie die Landarbeiter zuWeinbergszerstörungen und Abbrennen der Getreidemieten aus-gefordert hat. Der Vorsitzende des Landesökonomiekollegiums.Graf Schwerin-Löwitz, ist nun ersucht worden, zur Aufklärungdieser Angaben des Dr. Asmis beizutragen, und die Organisationder Landarbeiter hat die Antwort erhalten, daß sich Dr.AsmiS auf Zeitungsberichte und mündliche Ergänzungendazu gestützt habe. Sogar von christlichen Organisationenist hervorgehoben worden, daß es sich um wahnsinnige zweckloseRacheakte Nichtorganisierter elender Weinbergsarbeiter handele und daßorganisierte Arbeiter dabei nickt in Betracht kommen. Also Dr. Asmiswar falsch berichtet. Also fassen Sie sich nur an Jbre eigene Nase.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Die sozialen Lasten derLandwirte sind nickt so erheblich.(Widerspruch rechts.) Tie Land-krankenkasien gewähren keine ausreichende Krankenfürsorge unddie Unfallrenten auf dem Lande sind mehr als gering.Dabei werden die Vorschriften der Nnfallverhütung häufig gar nichtbeachtet. Die neue Landarbeiterlasse deS Bundes der Landwirte istnur zu WahlagitationSzwecken gegründet worden. Man will vor denWahlen den Arbeitern vorspiegeln, daß der Bund der Landwirte auchetwa« für die Landarbeiter tue. In Wahrheit ist sie nur einPreffionSmitiel, die Arbeiter von der Landflucht abzuhalten unddie Wahlkasse deS Bundes der Landwirte zu füllen.(Bravo! beiden Sozialdemokraten.)Abg. Dr. Becker<Z.): Die Sozialdemokraten mögen sich Zeitund Mühe sparen, sie haben keine Ahnung von der Landwirtschaftund den ländlichen Verhältnissen. Gerade in sozialdemokratischenBetrieben weiden die Arbeiter am schlechtesten behandelt. In einemdem verstorbenen Abg. Singer nahegcstandenen Betrieb hat manden Arbeiterinnen gesagt: Geht auf die Straße, wenn Ihr mehrverdienen wollt.(Lärm bei den Sozialdemokraten.— Abg. Hirsch:Verleumdung!)Präsident Graf Schwerin ruft den Abg. Hirsch zur Ordnung.Abg. Dr. Mugdan(Vp.) führt aus, daß der Liberalismus derLandwirtschaft freundlicher gegenüber stehe, als der Bund der Land-Wirte.(Lachen rechts.)Abg. Dr. Rösicke(k.): Man merkt, daß die Wahlen vor der Türstehen. Unsere Landarbeitersparkasse ist eine soziale Einrichtung. DieBorwürfe der Linken sind hinfällig.Ein Scvlußantrag wird angenommen.Abg. Leinert(persönlich): Durch den Schlußantrag bin ich ver«bindert, die Angriffe des Abg. Rösicke zurückzuweisen. Was ich aberüber die Sparkassen deS Bundes der Landwirte gesagt habe, halteich vollständig aufrecht. Auch auf die unerhörten Angriffe des HerrnBecker auf unseren verstorbenen Genossen Singer kann ich nicht ein«gehen. Er hat sich zum Kolporteur von Verleumdungen gemacht,die schon vor 20 Jahren gerichtlich als Verleumdungen gebrandmarktworden sind.Sierauf wird die Weiterberatung auf Mittwoch 11 Uhr vertagt.chluß 6 Uhr.Klus Industrie und fjandd.Der Boykott wirkt. Die Branntweinstaiistik für die Er«zeugungöperiode 1912/13 zeigt einen neuerlichen Rückgang de!Trinkverbrauchs. Während die Produktion im März d. I. um33 000 Hektoliter höher war als im März des Vorjahres, fiel derTrinkverbrauch um 28 000 Hektoliter. Ein ähnliches Verhältnisergibt sich, wenn man die Erzeugung seit der letzten Kartoffelernteberücksichtigt. Von Oktober 1912 bis März 1913 sind 47 MillionenLiter mehr erzeugt wurden, als in der entsprechenden Zeit 1911/12.In den gleichen sechs Monaten stellte sich der Trinkverbrauch aberum 9 Millionen Liter geringer. Dieser Rückgang ist um so be-achtenswerter, als die Preise für TrinZPranntweill gerade am1. Oktober 1912 um rund 13 M. herabgesetzt wurden. Durch dieLiebcsßabeiipolitik der agrarischen Mehrheit können die Brennernatürlich die Ucberprodnktion und den Minderverbrauch noch guttragen. Die gewissenhafte Beobachtung des Branntwein-b o y k o t t s ist daher nach wie vor Pflicht jedes aufgeklärten Ar-bciterS.Wieder KapitalSbcdarf im A.-E.-G.-Konzern. Tie MärkischeElektrizitätswerk-A.-G., die dem Konzern der Allgemeinen Elektri-zitätsgesellschaft in Berlin angehört, nimmt 8 Millionen MarkObligationen zu S Proz. auf. Diese Obligationen sollen nichi,wie die der Allgemeinen Elettrizitätsgesellschaft. sich auiomatischauf einen' 4>j prozentigen Zinsfuß ermäßigen, sondern bis zurvolligen Auslosung mit b Proz. verzinslich bleiben. Auch diegroßen Jndustrickonzerne sind also genötigt, ihre Kapitalsbcdürf-msse zu recht teuren Bedingungen zu befriedigen.Besieuerung von Bcrgsonderrechten in Sübwcstafrika.Kolymalgesellschaften konnten bisher innerhalb ihres KonzessionS-gebltteS das Schürfen(Aufsuchen) und Abbauen von Minsr-aliendurch Dritte verhindern, auch wenn sie selbst nicht ihr Gebiet ausMlneralvorkommen untersuchten. Gegen diese Inhaber von Bcrg-londerrechten, die ihr Gebiet verschließen, geht nun der Reichs-kanzler durch eine Verordnung vor, die eine Besteuerung solcherverschlossenen Ländereien vorsieht. Jeder Inhaber von Berg-sonderrechten, der Bergbau- und Schürffreiheit einführt, ist vonder Steuer befreit. Die Verordnung richtet sich in erster Liniegegen die Kaoko Land- und Minengesellschaft, die zu Speku-lationszwccken jahrelang eine bergbauliche Erforschung ihrer Ge-biete verhindert hat.— Tie leichtfertige Uebertragung von Rechtenan privatkapitalistische G-esellschaften durch die Regierung mußletzt so mühsam wieder rückgängig gemacht werden, nachdem sieich für die Entwickelung der Kolonie als schädlich erwiesen hat.Schuhe werden teurer. Die Fabrikanten für Einheitspreis-Schuhwaren(12,60 bezw. 16,60 M. das Paar) haben beschlossen,eine Preiserhöhung vorzunehmen. Zunächst soll dies in der„ge-milderten" Form geschehen, daß eine neue Preissorte von 14,60 M.das Paar eingeführt wird. Schuhe in der alten Preislage voii12,51) M. sollen nur noch in verschlechterter Qualität geführtwerden..Der frühere Blciröhrcnverband ist, wie die„Köln. Ztg."meldet, zunächst aus drei Monate neu gebildet worden. Die erstePcrbandStat war die Erhöhung der Preise,