Konsequenz gezogen hat. Daß der Konzern der RüstungZ-interessenten nicht nur ein deutscher Konzern, sondern ein intcr-nationaler ist, darauf weist ja bereits der Borgang Dillingenhin. Ich darf auch darauf hinweisen, daß die Firma Krupp mitihrer vollen Firma, vollkommen unverschleiert, in Oesterreich-Ungarn an einem größeren Konzern teilnimmt, also über dieGrenzen Deutschlands hinaus.Daß es sich um eine Sache von prinzipalster Bedeutung fürdas Wohl des Vaterlandes handelt, das dürfte doch wohl außerZweifel stehen.Was habe ich nachgewiesen?Ich habe dargetan, daß die Deutsche Waffen- undMunitionsfabrik in der ausländischen Presse falscheNachrichten verbreitet, um auf diese Weise in DeutschlandStimmung für eine neue Heeresvorlage zu machen. Ich habe nach-gewiesen, daß die Firma Krupp in Essen mit Bestechung,mit demMittel des Verrats militärischer Geheimnissearbeitet, und daß sie damit bereits s e it Ja h r e n arbeitet, undzwar mindestens unter Kenntnis und auf Betreiben sehr hoher An-gestellter dieser Firma. Das sind Dinge von allergrößter Bedeu-tung, die dazu führen müssen, daß die Stellung des Reichstageszu der Frage unserer Rüstungen und der Art, wie die erforderlichen Materialien aufgebracht werden, sich gegenüber der Ber-gangenheit wesentlich verändert. Die Bestechlichkeit— daraufmöchte ich hinweisen— der unteren oder oberen Beamten derMilitärverwaltung fördern, wie es die Firma Krupp getan hat,das ist wahrlich keine Kleinigkeit. Das heißt diese Beamtenschaftkorrumpieren. Das heißt diese Beamten doppelt zugänglich machenetwaigen Bestechungen auch aus dem Auslände.(Zustimmungbei den Sozialdemokraten.) Das ist wohl kaum eine„hochherzigeBetätigung patriotischer Gesinnung", für die ein solcher Dank hätteabgestattet werden müssen, wie ihn gestern der Herr Kriegsministerabgestattet hat.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) DieseLeute, wie sie in der Firma Krupp, wie sie in der Waffen- undMunitionsfabrik, wie sie in dem Werke Dillingcn das große Wortführen und die diese Geschäftspraktiken ausüben, das sind die-selben Leute, denen der größte Teil der jetzt neu gefordertenMilliarden aus den Taschen des Volkes gezahltwerden soll, das sind dieselben Leute, in deren Taschen jährlichungezählte Millionen flössen, das sind dieselben Leute, die gleich-zeitig denHauptprofit auS unserer heutigen Militärvcrfassung,aus den heutigen kapitalistischen Zuständen ziehen, und die alsdie schlimmsten Scharfmacher die Massen ber Bevölkerung gewalt-tätig niederhalte«, das sinddie Rufer zum. Streit in ber Unterdrückung ber Bevölkerung,die Hauptschreier nach Zuchthaus- und Ausnahmegesetzen.(Stür.Mischer Beifall bei den Sozialdemokraten.) Das sind dieselbenLeute, die der Sozialdemokratie den Vorwurf derVaterlandslosigkeit zu machen sich erdreisten. DieseMufterpatriotc« dürften gerichtet sein mit ihrem Gebaren, das anHoch- und Landesverratmindestens grenzt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)' Ichhabe, indem ich mein Material hier vorgebracht habe, meineSchuldigkeit getan. Ter Herr KriegSmini st er wirdseine Schuldigkeit zu einem großen Teil noch zutun haben; es darf nichts verschleiert und nichts vertuschtwerden. Es handelt sich hier um einPanama, schlimmer als ein Panama.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wir wollen abwarten,ob die Regierung die nötige Energie finden wird, um auch derallmächtigen Firma Krupp gegenüber und dieser ganzen allmäch-ligen Kapitalsclique gegenüber mit der nötigen Wirkung einzu-greifen, und wir wollen abwarten, ob auch die Mehrheit diesesReichstages die erforderlichen Schlußfolgerungen ziehen wird, dieim Interesse des deutschen Volkes, im Interesse des europäischenIm Kwinsge.Mit der Südbahn nach Möns, in den Borinage, inS LandMeunierS, zu beiden Seiten von Steinbrüchen unterbrochen, hell«grüne Frühlingswiesen, junges Blattwerk an Baum und Strauch.Mittendrin da und dort kleine Fabrikgebäude, Papierfabriken. Aberdie Luft ist über ihnen klar, kein Rauch steigt auf. Zwischen Brüsselund Möns, auf der Weghälfte Braine-Le-Compte. Wir stecken denKopf aus dem Wagenfenster. Es stimmt. Der Tunnel ist militärischbewacht. Die Regierung, Gott sei Dank, denkt an alles.I» MonS besteigen wir den Wagen und beginnen unsere kleineRundtour durchs„schwarze Land", in dem gegenwärtig SO 000Berg- und Metallarbeiter die Hände gekreuzt haben. Sie gehörenmit zu den ungeduldigsten enthusiastischsten Wahlrechtskämpferndes Landes, diese„BorainS", deren markige Typen dieganze Welt aus den Bronzen Meuniers kennt. Sie gehörtenzu jenen auch, die am Tage nach den Juniwahlen in aufwallendemZorn das Werkzeug hingelegt haben. Die Proklamation des jetzigenGenecalstreiks war für sie das ersehnte Kampfsignal. Man hat unsdie beiläufige Ziffer der Spareinlagen genannt, die die Borinage-arbeiter bei ihrer Gewerkschaft für den Generalstreik gemacht haben.Auch sie zeigt das Ausmaß der Begeisterung und den Heroismusder wallonischen Bergarbeiter an: vom kargen Lohn Sou um Souzurückzulegen, durch Monate und Monate, damit der Kampf für ihreWürde und ihr Bürgerrecht auf Wochen gesichert sei.— Die BorainSkönnen ausharren im Kampfe. Das hörten wir, so oft wir auch dieFrage an einen Streikenden oder an einen Gewerkschaftsfunktionärrichteten.Ah, der Borinagel Man reibt sich wahrhaftig die Augen undglaubt an Verzauberung. Ist es denn wirklich das„schwarze Land?"Die Sonne tritt zwischen Regenschauern hervor und wir schauen indie eigenartige, etwas schwermütige Landschaft hinaus, wo Terrilan Terril— die, pyramidenartig aufgehäuften Schutthalden— oftgrün überwachsen und manchmal schon bewaldet, steht. Wir sehendie roten Häuser in Grün gelagert, mit hellgelben undhellgrünen Fensterläden, sehen die langen trüben Zeilen dereinförmigen, geschwärzten Bergarbeiterhäuschen. Und wirsehen die Kohlen werke! Eins am anderen, größere,kleinere, riesige wieder mit palastartigen Werksgebäuden. Aber einrätselhafter Schlaf liegt auf diesem bunten Bilde voll Natur- undArbeitspoesie. Kein Rauch, wohin wir schauen! Munter schauendie Schlote in die Luft— aber kein brauner Qualm kommt ausihrem Innern.... Rein und klar die Luft über allem! Still dieSträßchen, die Werke vereinsamt, verlassen. In den Vizinalbahnen,in Trambahnen, wo es sonst von Arbeitergestalten wimmelt, fastkeine Seele. Tie Arbeit schlaft, feiert. Wie Sonntagsstimmungliegt'S überm Land. Fehlt nur, daß die Glocken läuteten. DerBorinage ist verzaubert. Die Luft ist klar, nicht Rauch noch Lebenin der ganzen Weite.«Friedens gezogen werden müssen.(Stürmischer wiederholter Bei-fall bei den Sozialdemokraten.)Kriegsminister v. Heeringen: Ich habe gestern gesagt, daß, so-weit ich das Ergebnis der Untersuchung überhaupt zurzeit kenne,Landesverrat oder Verrat militärischer Geheimnisse, die die Sicher-hcit des Reiches gefährden, nicht in Frage kommen. Dabei bleibeich. Ueber die Untersuchung selbst kann ich mich nichtäußer n. Erstens geht sie mich überhaupt nichts an, und zweitensweiß ich auch tatsächlich nicht, wie sie im Augenblick steht. Was dasVerhalten der Waffen- und Munitionsfabriken be-trifft, so hat sie allerdings vor etwa 3 Jahren einen Artikelin die französische Presse lanzieren wollen, der aber nach den Er-k l ä r u n g e n der Generaldirektion damals lediglichden Zweck hatte, bestimmte Anhaltspunkte über die Absichten derfranzösischen Heeresverwaltung durch die Herausforderung ihrersWiderspruchs zu erhalten.(Lachen links.) Fest steht, daß dieseFabrik niemals irgend einen Einfluß auf die Entschlüsse der beut-scheu Heeresverwaltung betr. Ausstattung mit Maschinengewehren,um die es sich damals handelte, gehabt hat.— Mit den D i l l in«ger Werken stehen wir in keinerlei geschäftlicher Verbindung.Was den Fall Krupp anlangt, so mochte ich nochmals bitten,warten Sie die Untersuchung ab. Für den Verdacht, daß irgendetwas vertuscht wird, haben Sie keinen Grund. Die Untersuchungliegt in den Händen preußischer Gerichte und das Ansehenpreußischer Gerichte bürgt dafür, daß olj i« c A nf e h e n derPerson untersucht wird.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ichunterscheide mich von dem Abg. Liebknecht dadurch, daß ich meinVerdammungsurteil zurückhalte, bis Klarheit durch die Untersuchunggeschaffen ist, und daß ich auch die Verdienste der Firmanicht verkenne.Abg. Oertel(k.): Der Versuch der Waffen- und Munitions-fabrik, auf die öffentliche Meinung in Frankreich einzuwirken, istnicht nur als höchst unglücklich, sondern auch als rechttöricht zu bezeichnen. lRufe bei den Sozialdemokraten: Weiternichts!) Ich hoffe, daß diese Fabrik künftig etwas vorsichtiger vor-geht.(Große Heiterkeit und ironisches Sehr gut! bei den Sozial-deniokraten.) Daß sie sich auch etwas vaterländischer verhalten wird.Ich will nur einige Worte zur Haltung der„DeutschenTageszeitung" zum Fall Krupp sagen. Der Abg.v. Putlitz hat bereits gestern uiunnwuiiben erklärt: Wenn dieMitteilungen des Herrn Abg. Dr. Liebknecht richtig wären,wenn der Nachweis geführt ist, daß die Firma Krupp oder höhereBeamte an diesen Machenschaften beteiligt sind, könnten wir keingenügend scharfes Wort der Verurteilung finden.Unbedingt können wir die Verurteilung heute noch nicht aussprechen.Denselben Standpunkt hat die„Deutschs Tageszeitung" vertreten.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Ueberschrift!) Sic hat geschrie-ben:„Der ganze Reichstag ist sich wohl darin einig, daß wenn dieBeteiligung der Direktion der Firma Krupp an diesen Dingen sichherausstellen sollte, die erforderlichen Konsequenzender Firma gegenüber gezogen werden müssen, und daß kein Wortder deutschen Sprache scharf genug sei, um derartige Verfehlungenzu kennzeichnen. Auch das, was jetzt schon feststeht, ist peinlich undbedenklich genug."(Hört! hört! rechts.) Schärfer und entschiedenerkann man sich wohl in diesem Augenblick nicht aussprechen. Nun hatallerdings der Schlußredakteur des Blattes dem Artikeldie Ueberschrift gegeben:„Eine schwere Beleidigung derF i r m a K r u p p. Ich gebe zu, daß ich statt dessen geschriebenhätte„Eine schwere Beschuldigung". Das wäre klar und korrektgewesen.(Sehr richtig!) Aber die Herren vom„Vorwärts"haben ja wohl auch schon die Erfahrung gemacht, daß sie irgendeinen unglückseligen R e d a k t e u r nicht vollkommen an derStrippe halten konnten.(Heiterkeit.) Herr Liebknecht wiesdann auf uns hin: Hier säßen die Kenner des Panzerplatten-konzerns. Ich selbst habe keine Ahnung von den Machcnschaf-ten dieses Konzerns.(Zuruf rechts.) Meine politischen Freundelegen Wert darauf, daß ich dabei auch für sie spreche. Ich unter-schreibe, was gestern Herr v. P u t l i tz sagte, in der B c r g a n g e n»h e i t wären bisweilen Kriege durch großkapitalistischeMachenschaften veranlaßt worden. Er hat hinzugefügt,daß für das Deutsche Reich diese Gefahr nicht bestehe, insbesonderenicht in diesem Zeitpunkt. Die Notwendigkeit der Hecresverslärkungliegt so auf der Hand, daß es dazu großkapitalistischerMachenschaften nicht bedarf.(Bravo! rechts.)Abg. Dr. Braband(Vp.): Niemand wird hier den Anwalt derFirma Krupp spielen wollen, wir hoffen, daß es nur an demmangelnden Urteilsvermögen des Beamten gelegen hat, wennErste Station Jemappes, eine Gemeinde von 14 000 Ein«wohnern. Der Regen strömt nieder, ein Flüchten ins Maison duPeuple von Jemappes. ES ist eben Streikversammlung und wir betreten den großen Festsaal, wo die Menge schon Kopf an Kopf steht.Der Leiter der Versammlung nötigt uns, auf der Tribüne Platzzu nehmen. Das erste, worauf unser Auge fällt, sinddie kleinen Jungen, die um die Tribüne gruppiertsind. Kappen tragen sie wie die großen Arbeitsbrllder.Arbeitsbrüder, in der Tat: denn die kleinen Jungen sind— Berg-arbeiter und Glasbläser. Im Laufe der Versammlung hörte man,daß sich Eltern gefunden haben, die ihre Kinder während de« Streiksin einer Seidenfabrik arbeiten lassen, was mit lautem Protest auf«genommen wurde. Wahrlich, auch ein herrliches Zeiche» des kapita-listischen Zeitalters: Kinder als Streikbrecher im Wahlrechts-kämpfe....Wir— der Sekretär der belgischen Bildungszentrale und ich, diewir die kleine Tour gemeinsam machen— werden vom Vorsitzendender Versammlung als Freunde und Genossen vorgestellt— denn dieBergarbeiter sind mißtrauisch und keiner darf in ihre Versammlung,der sicki nicht als Streikender legitimiert. Sie halten sich an dieParteiparole: Achtung vor den„Pourbaix"— vor der Spitzelgarde,die den„ftiedlichen Streik" umlauern.In der Versammlung werden verschiedene Mitteilungen gemacht,Mahnungen erteilt und schließlich wird über die Kammerfitzung be-richtet. Auffallend ist die zwar wallonisch-icmperamentvolle, aberdoch ruhige Haltung der Versammlung. Ein Zwischenruf undwieder Ruhe. Die Diskussionsredner melden sich nicht zum Wort,sondern sprechen einfach aus der Menge heraus, was den ganzenVerhandlungen etwas Familiäres, einen Charakter von Bonhomiegibt. Von nächster Woche soll ein Versuch mit Suppenausspeisunggemacht werden. Wenn nötig, soll zur Zeit auch hier die Versorgungvon Kindern in die Hand genommen werden.(Aber man hörtallenthalben, daß die BorainS sich dem widersetzen. So lang Brotim Haus ist. bleiben unsere Kinder da, erklärte unS mehr als eineBergarbeiterfrau im Laufe unserer Rundfahrt. Und die Väterdenken ebenso.)Wie in allen Streikversammlungen, wird auch in dieser derAlkoholboykott gepredigt. Ihr müßt nichts trinken, Ihr seidim Volkshaus, wo es keinen Trinkzwang gibt. Spart Euer Geld,nehmt ein Glas Kaffee höchstens— ein friedlicher Streik mußauch ein A l k o h o l st r e i k sein, sagt der Berichlerstatler. Eineandere Mitteilung bezieht sich aus eine gesetzliche Bestimmung, dieden Unternehmern das Recht gibt, in bestimmten Fällen, wenn die„öffentliche Sicherheit' es gebietet, durch Intervention der RegierungArbeiter zu requirieren. Es müsse vorgesorgt werden, daß dieseBestimmung nicht dazu benützt werde, durch Requisitionen den Kampfder Arbeiter zu schwächen. Wir verlassen die Versammlung und weitergehts nach Quaregnon. Dasselbe Bild, wenig Leute in denSrraßen. Die Bergarbeiter halten sich streng an die Parole: Bleibtzu Hause, meidet die Straße und Ansammlungen. Auch die Volks«Häuser sind fast leer, wenn nicht eben Versammlungen sind. DieBorains find daheim, bestellen ihr Haus, ihr Gärtchen, spielen iner glaubte, im Sinne der Firma zu handeln.(Lachenbei den Sozialdemokraten.) Eine Aeußerung des Abg. Liebknechtmutz uns vorsichtig machen. Es klang aus seinen Worten herausnicht nur die völlig berechtigte Empörung über Mißstände, sondernnebenbei auch der Wunsch, aus diesen, wären sie zutreffend, gewißbedauerlichen Vorgängen Kapital zu schlagen für seinegrundsätzlichen Anschauungen.(Unruhe und Zurufe bei den Sozial-dcmokraten.) Die Schlußfolgerung: Wenn eine Firma etwas Un-rechtes tut, werden es wohl alle tun, lehnen wir ab.(Abg. Lede-bour: Sie rutschen noch unter die Konservativenherunter! Heiterkeit.)Abg. Dr. Spahn(Z.): Ich bitte den Kriegsminister, sich über dieUntersuchung a u f d e m L a u f e n d e n zu halten und uns möglichstrasch und vollkommen zu unterrichten.Kriegsminister v. Heeringen: Ich bin dazu gern bereit, soweitdas Gericht es für angängig erachtet.Abg. Dr. Hegenscheidt(k.): Herr Liebknecht hat, um derHeeresvorlage Schwierigkeiten zu bereiten(GroßeUnruhe bei den Sozialdemokraten), es so dargestellt, als ob dieRüstungsinteressenten die Urheber der Wehrvorlage seien. Dagegenlegen wir Verwahrung ein.Abg. Dr. Liebknecht(Soz.):Die Ueberschrift d es Artikels der„Deutschen Tageszeitung"war zweifellos geeignet, einen Leser irre zu führen, der diePresse nur flüchtig durchgehen kann. Dafür ist die Zeitungverantwortlich. �Abg. Oertel: Sehr richtig!) Ausden angeführten Tatsachen Schlußfolgerungen zu ziehen, warmeine Pflicht.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Eshandelt sich um gefährliche Symptome, die es notwendigmachen, daß mit einem eisernen Besen ausgefegt wird. Wir hoffen,daß das geschehen wird.(Bravo! bei den Sozialdemokraten.)Damit schließt die Debatte. Die vorliegenden Resolutionenwerden angenommen, darunter eine Resolution A l b r e ch tvom vorigen Jahr, wonach kein Angehöriger des Heeres aus rcli-giöser oder politischer Ueberzeugung zurückgesetzt werden darf.—.Der Titel„Kriegsminister" wird bewilligt.Zum Kapitel Militärjustizverwaltung liegt eineResolution A l b r e ch t(Soz.) vor, wonach die Kriminalstatistik fürHeer und Marine ausgedehnt werden soll auf folgende Punkte:Hast- und disziplinarische Arrcststrafen;Ausschluß der Oeffentlichkeit bei der Hauptverhandlung;Einjahrig-Freiwillige;Angehörige der dem Militärrecht unterstellten Gendarmerie:Summe der Freiheitsstrafen innerhalb jeder einzelnen Straf,art undGesamtsumme aller Freiheitsstrafen, Selbstmorde und Selbst-Mordversuche.Abg. Kuncrt(Soz.):Die Militärsustiz greift tief ein in unser ganzes Volksleben.Es ist der juristische Niederschlag des ganzen militari-stischcn Geistes und Milieus. Für dieses Militärjustizwesen könnenwir die Kosten nicht bewilligen. In Zriedenszeitenerstreckt sich daS Militärrecht aus eine Million, in Kriegszeitenauf fünf Millionen Personen. Es ist ein Ausnahme-, einSonderrecht, weit schlimmer als das Jesuiten»g e s e tz. Dieser Zustand ist unerträglich. Ich könnte eine langeReihe Einzelfälle aufführen. Ungefähr 14 000 Verurteilungen hatdas statistische Jahr 1011 gebracht. Darunter sind eine große Mengesehr schwerer Strafen.75 Jahre Zuchthaussind verhängt worden, einmal Todesstrafe. Auffallend ist, daß dierein militärischen Delikte der Desertion und der Insubordination,des Mißbrauchs der Dienstgewalt und Mißhandlungen zugenommenhaben. Ich stütze mich dabei auf amtliches Material. Eine Ab-»ahme hat stattgefunden, wenn man die Jahre 1900— 1911 denJahren 1900— 1905 gegenüberstellt, auf dem Gebiete der Jiisub-ordinationsprozesse und der Mißhandlungsprozesse. Eine kleineZunahme ist zn verzeichnen beim Mißbrauch der Dienstgewalt, eineerschreckende Zunahme bei den DescrtionS-d e l i k t c n. Für die Höhe der Bestraftrngcn fehlt es an sicherenstatistischen Unterlagen. Daher verlangen wir solche in unsererResolution. Schätzungsweise kann man feststellen, daß für Des er»tion seit Bestehen der Armee 33 090 Jahre Gefängnis verhängtworden sind; ebenso viel etwa für Insubordination. Zu-sammen sind also mindestens 50 000 Jahre Strafen nur für diesebeiden Deliktarten verhängt worden.(Hört! hört! bei den Sozial»demokraten.) Für alle Deliktarten muß man mit wenigstensder Nähe im Freien eine Art Kugelspiel, besSäftigen sich mit ihrenKindern, lesen Streiknachrichten. Kommt man durch die Straßen,sieht man die Arbeiter an ihren Fenstern, die Frauen auf derSchwelle, die Kinder vor dem Tore. Und die Gendarmen undSoldaten kauern. Pfeifen rauchend, Karten spielend in ihren Schlupf«winkeln, in der Mairie oder wo sie sonst untergebracht sind. KeinBetrunkener ist zu sehen, die Wirtschaften stehen leer. Eine Dis»ziplin, eine Würde der Haltung, die immer wieder zu neuer Bewunde-rung hinreißt.Von Quaregnon, wo eS 5000 Streikende gibt, nach Horn«,ins dortige VolkShauS. Alles streikt. Kein Zwischenfall. Ruhe.Disziplin. An der Charlonnage de Gd. Hornu vorbei weiternach Paturages. Dieselbe Stille wieder. Im Volkshause drei, vierArbeiter.„Wo sind die Streikenden?" fragen wir.„Alles zu Hause,bei Weib und Kind in häuslicher Tätigkeit. Wollen wir welche be»suchen?"— Wir sind natürlich gerne einverstanden. In einem ver-schlafenen Gäßchen, wo das Grün aus allen Ecken guckt, machen wirHalt, klopfen an. Freundlich werden wir, vom Verwalter des Volks»Hauses vorgestellt, aufgenommen. Die kleine Vorderstube ist blankund freundlich. Wir werden nach der Küche gebeten, wo gerade dasMittagbrot dampft. Tie Kinder sitzen vor den Tellern und lachenuns lustig zu, während sie die Kartoffeln in den Mund schieben.„Die Kinder? Ach, die bleiben bei uns. Es wird reichen. Wirhaben ja für den Generalstreik gespart." Und er zeigt uns einSparbuch vom Syndikat.„Und die Frauen sind zuftieden mit demGeneralstreik?" fragen wir. Die Frau lächelt.„O ja, uns ist errecht."— Das ist alles, was sie sagt. Aber wie viel ist diesesbrave, tapfere«o ja", das für sie und die Tausende Frauen bedeutet,auf den kargen Lohn verzichten, Entbehrungen auf sich zu nehmenfür einen politischen Kampf— der Männer. Ein SolidaritälSait,vor dem sich mancher laute, großmäulige frauenrcchtlerische Aktverstecken kann.In einer anderen Bergarbeilcrwohnung treffen wir die In»fassen gerade beim— Tunchen und Tapezieren ihrer kleineuBehausung. In, müssen doch den Streik ausnützen,lacht die Frau gemüilick. Wir stellen wieder die Frage, ob dieFrauen für den Streik sind.„Freilich", sagt sie, und die andere HauS»bewohnerin stimmt redselig bei. Und man plaudert über frühereKämpfe der Bergarbeiter, über Kommendes. Und auch hier wieder:Mut und Freude für den Kampf, Hingabe an das Ideal. Opfer»freudigkeir„Ein wunderbarer Streik", so sagte uns ein Partei.funltionär,„wie er noch nicht zu seben war". Dieses Wort klingtin uns, wie wir durch den sinkenden Abend von Möns wleder nachBrüssel fahren, aus dem toten Kohlenland in die lebendige Groß-stadt. Wir läcbeln, da wir Soldaten auf den Wiesen sehen. � Wieklein und armselig erscheinen die Interessen und die Bedürfnisse,Furcht und Hoffnung der Herrschenden angesichts dieser einzigartigenWillenskundgebung des belgischen Proletariats, daS nicht nur mitden Ziffern seiner Slreikarmee, sondern ebenso durch seine wunder»bare Disziplin und KampfeSwürde der sozialistischen Internationaleund schließlich allen, die Sinn für Größe haben» Bewunderung ab»ringen muß. � �