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Dte Sfterrefdjffche an die rufftfdjc öozfal- demokratie. Dko Fraktion der deutschen   Sozialdemo- traten Hat die Zuschrift der sozialdemokratischen Abgeord- neten der russischen   Duma folgendermaßen beantwortet: An die sozialdemokratischen Abgeordneten der Reichsduma, Petersburg! Werte Genossen! Mit Frende und Genugtuung haben wir, haben hunderttausende österreichische Arbeiter Euren Brief gelesen. Unzerreißbare Bande verknüpfen uns mit Euch, nicht nur die Bande, die die Gemeinschaft des Zieles knüpfen, auch die Bande gemeinsamer Geschichte, gemeinsamer Erinnerung. Mit Euch haben wir die großen heldenmütigen Kämpfe der Jahre 1905 und 1906 durchlebt. Eure großen Kämpfe haben unter den Arbeitermassen Oesterreichs   jene leidenschaftliche Entschlossen� heit ausgelöst, die sie zum Siege im Wahlrechtskampf geführt hat. Mit Euch haben wir gelitten, als feindliche Gewalten Euch.be- siegten. Mit Euch jubeln wir über alle Zeichen der Wiederbelebung der russischen Arbeiterklasse: über die großen Massenstreiks, über die Erfolge bei den Dumawahlen, über die prächtige EntWickelung. Eurer Presse. In Eurem Aufstieg, in Eurem furchtlosen Kampf gegen p an slaw i sti sch en Chauvinismus sehen wir eine der festesten Bürgschaften der europäischen   Demokratie und des europäischen  IriedenS. Wie Ihr erblicken auch wir die Lösung der Balkan  - frage nur in der demokratischen Selbstbestimmung der Balkanvölker selbst, nur in der demokratischen Föde- ration der Nationen des Balkans, die gleich frei fein soll von den - Einflüssen der Wiener und der Petersburger HerrfchaftSgelüste. Wie Ihr weisen auch wir mit leidenschaftlichem Abscheu jeden Gedanken an die furchtbare Katastrophe eines Krieges zwischen Oesterreich   und Nußland zurück. Wie Ihr setzen auch wir seit Monaten alle Kraft in dem Kampfe gegen alle krie- gerischen Gelüste ein. Wie Ihr haben auch wir nie einen Feldzug mit größerer Leidenschaft geführt als den Krieg gegen den Krieg. Euren Bedrückern gilt unser unversöhnlicher Haß. Die Völ- ler Rußlands   aber sind uns verbündet durch das unzerreißbare Band des gemeinsamen Kampfes um die Freiheit und den Frieden. Für den Parteivorstand der deutschen   Sozialdemokratie in Oesterreich  : Ferdinand Skaret  . Dr. Viktor Adler  . Mai und Zugend. %-9 Der Maientag ist für die Arbeiterklasse zum Symbol ge» jvorden. Sie feiert ihn inmitten einer neuerwachten, der- jungten Natur. Millionen von Proletariern auf dem weiten Erdenrund blicken an diesem Tage hoffnungsvoll auf. lassen die Hände ruhen und grüßen den jungen Mai. den frisch- fröhlichen Gesellen. Sie alle wissen und fühlen es an diesem Tage: einst wird, einst muß ein Völkermaientag kommen, ein Tag, der auch ihnen, die unausgesetzt die Hände rühren, die rastlos schaffen und dafür nichts ernten als Mühsal und Ent» behrungen, das zuweist, worauf sie Anspruch erheben können: die Früchte ihrer Arbeit. Auch die arbeitende Jugend vertraut auf den Maren» tag. Mit Stolz dürfen wir' es bekennen: Wir sind jugend- liche Arbeiter und Arbeiterinnen, wir sind es im wahren Sinne des Wortes, durchdrungen von echt proletari- schem Empfinden. Wir sind es und wollen es bleiben. Und mögen noch so viele Schreier und falsche Freunde auferstehen und versuchen, die Arbeiterjugend den Idealen, der Gedanken- well ihrer Klasse zu entfremden, zu Heuchlern, zu Verrätern zu erziehen, möge es der Staat selbst versuchen mit all seinen Machtmitteln: an der harten Wucht der Tatsachen, an der nackten, rauhen Wirklichkeit des Lebens werden all diese Be° mühungen früher oder später zerschellen. Die Forderungen der Arbeiterschaft find auch die Forderungen der Arbeiterjugend. Nach Licht. Lust und Frei- heit geht unser Sehnen und Wollen. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend ins Arbeitsjoch gezwängt, so gehen unsere Tage sang- und klanglos dahin. Ob der junge Körper dabei zerrüttet wird, ob der Geist abstumpft, wer fragt danach? Es sind ja nur Proletarierkinder. Kinder der Armen, und deren gibt es übergenug. Lange genug hat es gedauert, ehe der Staat, der Sachwalter der herrschenden Klassen, dazu über- ging, Arbeiter, und Jugendschutzgesetze zu schaffen. Jugend- schutzgesetze, die die Jugend schützen sollen vor allzu schlimmer Ausbeutung und Mißhandlung. Wirft es nicht ein grelles Licht auf die vielgerühmteOrdnung", unter der wir leben, daß solche Gesetze notwendig sind? Der Unternehmer ist skrupellos', sein ganzes Sinnen und Trachten steht nach Pro- fit. Kinder und Jugendliche werden rücksichtslos seinem Profitinteresfe geopfert. Da blieb denn selbst dem Staate freilich nach langem Drängen nichts anderes übrig, als die Jugend wenigstens vor den schlimmsten Ausbeutungsge- lüften des Unternehmertums zu schützen. Aber wie unzu- länglich find die geltenden Jugendschutzbestimmungen und wie zahlreich find die Verstöße dagegen I Selbst die Kinder- arbeit, dieser schlimmste Auswuchs unserer heutigen Wirt- fchaftsweise, ist noch nicht einmal durch die Gesetzgebung unter- Kunden, sondern bewegt sich immer noch in recht ausgedehnten Grenzen. Darum gilt eS, im Interesse der arbeitenden Jugend, im Interesse ihrer Gesundheit, ihrer körperlichen und geistigen EntWickelung, gerade am Maienfesttage den Ruf zu erheben: mehr Jugendschutz! Nach Wissen und Bildung lechzt die Arbeiterjugend. Nicht nach de» verstaubten Thesen und Heilslehren der christ- lichen Kirche, die dem jungen Proletarier für das Leben nichts geben und nichts bedeuten können, die ihn zum Vertrauen auf eine höhere Macht erziehen, ihm dafür aber jedes Ver- trauen auf sich selbst, auf seine eigene Kraft rauben. Der Mensch gestaltet sein Schicksal s e l b st nur im Bunde mit seinesgleichen vermag er Großes zu leisten. Der Mensch soll und mutz«in Kämpfer sein. Das Leben ist erfüllt von Gegensätzen und Widersprüchen. Der Kampf ums Dasein, den jeder einzelne zu führen hat, erfordert die Anspornung aller Kräfte, die Heranbildung aller Fähigkeiten; der Kampf um bessere Existenzbedingungen, um eine Hebung unserer traurigen materiellen Lage, den wir gemeinsam mit unseren Kameraden und Kameradinnen zu führen haben, verlangt einen geschärften Blick und eine klare Erkenntnis der Gesetze, die unser wirtschstastliches und gesellschaftliches�Leben be- stimmen. Die Bildungsgelegenheiten, die den Söhnen der Besitzenden zur Verfügung stehen, fehlen dem jugendlichen Arbeiter gänzlich. Darum muß er versuchen, aus eigener K r a f t die bedenklichen Lücken in seiner Bildung auszufüllen und sich mit dem modernen aufklärenden Wissen zu versehen, das uns ein lebendiges Bild gibt von der Entwickelung in der Natur und der menschlichen Gesellschaft. Eines aber sei vor allem unser Bestreben: zu Persönlichkeiten, zu ge- festigten Charakteren zu werden. Wir tragen ein großes Verantwortlichkeitsgesühl in uns, das uns unsere Pflichten gegenüber uns und den anderen vorzeichnet. Diese Pflichten zu erkennen und zu erfüllen, klar zu sein im Wollen und Denken, konsequent im Tun und Handeln, unerschütter- l i ch in der Ueberzeugung, die wir als die richtige erkannt haben, das sei die Losung, mit der wir als jugendliche Ar- heiter und Arbeiterinnen das Maienfest begehen. Die Arbeiterjugend lebt in einer schweren Zeit. Alle Machtmittel des Staates werden aufgeboten, um ihre geistigen Regungen zu unterdrücken. Mit brutaler Gewalt versuchen die Behörden die freie Jugendbewegung zu erdrosseln. Ver- lorene Mühe! Mögen auch die Formen wechseln, unter denen die freie Jugendbewegung ihre Ziele verfolgt sie bebt als Ganzes, sie gedeiht, stark und fest im Innern, weil ihr idealer Geist das Band ist, das die Tausende und Aber- tausende ihrer Anhänger umschlingt. Freilich, die bürger- lichen Jugendvereine erfreuen sich der Gunst der Regierungen. Sie werden zärtlich gehegt und gepflegt und reichlich unter- stützt, während die arbeitende Jugend, wenn sie einen eigenen Willen, eine eigene Meinung bekundet, die schlimmsten Drang- salierungen erdulden muß. Doch dieses Ausnahmerecht trägt keit klargemacht, daß wir in einem Staate leben, in dem mit seine guten Früchte: wird uns dadurch mit Eindringlichkeit zweierlei Maß gemessen wird. Je mehr inan uns unterdrückt, je weniger Rechte man uns gewähren will, um so mehr ge- loben wir uns, mit aller Kraft und zu jeder Zeit für unser Recht einzutreten. Wie die erwachsene Arbeiterschaft kein Opfer und keine Mühen scheut, um vorwärts zu gelangen, wie sie alles für ihre Sache einsetzt, so wollen wir in diesem Bei- spiel lernen und das gleiche tun. Wenn der Gruß der Maienglocken an unser Ohr schlägt, dann verkündet er uns nicht den Himmelfahrtstag der christ- lichen Kirche, sondern die Botschaft einer neuen, einer kommen- den Zeit, der auch die arbeitende Jugend mit Zuversicht und fröhlichem Vertrauen entgegensehen darf. Die Landtags-Aahlbemgung. Vierter Landtagswahlbezirk. In Habels Brauerei, Bergmcmnstraße, sprach vor stark besuchter Versammlung Genosse Leid über das Thema:Das preußische Volk und die Landtagswahlen". Seine von großer Sach- kenntnis zeugenden Ausführungen lösten lebhaften Beifall aus. Ohne Zwischenfälle verlief dann die Aufstellung der Wahlmänner. Genosse Dupont verstand eS imHofjägerpalast", Hasenheide, der Zuhörerschaft die Sünden und Schäden de? persön. lichen Regiments, der preutzisch-deutschen   Politik usw. recht grell vor Augen zu führen. Nach dem mit großem Beifall aufgenommenen Referat schritt die Versammlung auch hier zur Aufstellung der Wahlmänner, die ebenfalls glatt verlief. Vor überfülltem Saal, bei Raabs, Fichtestraße, referierte Genosse Dadidsohn. Des öfteren von lebhaftem Beifall unter- brachen schloß Davidsohn seine Rede mit den Worten:Wie jetzt das Proletariat feine Blicke nach Belgien   richtete, so erwartet auch die Internationale, daß das preußische Volk am 16. Mai der preußi- schen Reaktion einen neuen Stoß ins Herz versetzt. In diesem Sinne müssen wir arbeiten."(Stürmischer Beifall.) Die vor­geschlagenen Wahlmänner, über 100, wurden einstimmig bestätigt. In denR i t t e r s ä l e n", Ritterftr. 75, war der Raum bis auf den letzten Platz befetzt. Hier hatte eS Genosse Landtagskandidat Dr. Alfred Bernstein übernommen, die Wähler aufzurufen zum Sturm gegen die Junkerfeste, gegen die preußische Dreiklassen- schmach. Unter dem lebhaften Beifall der Versammlung schloß der Redner seinen Vortrag mit dem eindringlichen Appell, alles auf- zubieten, um in das preußische Abgeordnetenhaus eine verstärkte Schar von wirklichen Volksvertretern zu senden, auf daß sie der gegnerischen Mehrheit wirksamer entgegentreten könne. Nachdem die Aufstellung der Wahlmänner einstimmig er. folgt war, schloß der Vorfitzende die Versammlung mit einem drei- fachen Hoch auf die Sozialdemokratie. Zwölfter Landkagswahlbezirk. Am Dienstag fanden wieder zwei Versammlungen im zwölften Wahlbezirk statt. ImArtuZhof" in der Perleberger Straße sprach Adolf Hoffmann   vor einer zahlreichen Zuhörerschaft. AuS der Fülle der Erfahrungen, die er auf unserem Vorposten im Junkerparlament gesammelt hat, führte der Redner eine Reihe von Einzelfällen an, welche zeigen, wie schwer unfemn sechs Vertretern die Wahrnehmung der Interessen der Entrechteten gemacht worden ist und noch täglich gemacht wird. Daß ihre Zahl stärker werde, daß der Wille des Volkes um so energischer und wirkungsvoller zum Ausdruck komme in der Hochburg der Reaktion, dafür werden die Wähler sorgen, und die Genossen des zwölften LandtagSwahlbezirkS werden alles aufbieten, um ihren Kandidaten der kleinen aber kampfentschlossenen Schar der sozialdemokratischen Abgeordneten zu. zugesellen. In der Patzenhofer Brauerei(Turmstraße), deren Saal bis auf den letzten Platz gefüllt war, sprach Genosse Ledebour  . Er kennzeichnete die politische Situation im Reiche und in Preußen. Die Junkercligue, welche das Ohr des Monarchen hat, glaubt, auf den Willen des Volkes keine Rücksicht nehmen zu brauchen, und so sehen wir denn, daß in der Junkerdomäne Preußen die Rechte des Volkes mit Füßen getreten werden. Das schändliche Unrecht der Dreiklassenwahl schließt ja das Volk fast gänzlich aus von der Ver- trctung im preußischen Abgeordnetenhause. Darum gilt unser Kampf nicht nur der Eroberung weiterer Mandate, wozu die Ge- nossen des zwölften LandtagSwahlbezirkS ihr Teil beitragen werden, sondern wir haben auch einen energischen Kampf zu führen, um das die Geldfatfsinteressen begünstigende Dreiklassenwahlrecht zu Falle zu bringen, ein freies Wahlrecht zu erobern und Preußen da- mit unter die Kulturstaaten einzureihen. Unser Kandidat, Eugen Ernst  , hielt Ansprachen in beiden Versammlungen. Auch er rief die Wähler auf zum energischen , Kumps für bessere Zustände in Preußen. Zu lange habe das Volk feine Rechtlosigkeit ertragen. Solange die von den Liberalen ge- stützte Herrschaft der Junker anhält, ist an eine Verbesserung der Verhältnisse nicht zu denken. Darum fort mit der Junkerherrschaft, fort mit dem Dreiklassenwahlrecht. Auf zum energischen, leiden- schaftlichen Kampf für ein fteies Wahlrecht. Durch lebhaften Beifall bekundeten die Zuhörer, daß sie ent- schlössen sind, diesen jtampf mit aller Kraft zu führen. Die frauen im LandtagewaMfcampf. Die proletarischen Frauen bekunden ein erfteuliches Interesse an der diesjährigen Landtagswahlbewegung. Obwohl am Abend vorher der Leseabend viele Frauen in Anspruch genommen hatte. eilte doch eine große Anzahl von ihnen in die für den 9. Landtags- Wahlbezirk einberufenen öffentlichen Frauenversammlungen. Bei Franke in der Badstraße referierte der Landtagsabgeordnete Ge- nosse Ströbel. Er zeigte die Rechtlosigkeit der Frauen auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Lebens und die Notwendig- keit ihrer Gleichberechtigung sowohl im eigenen als auch im all- gemeinen Interesse. Dann fesselte er im besonderen die Ausmerk- samkeit der Anwesenden mit einer eingehenden Schilderung der ver- brecherische» Wettrüstereie» und der dahinter steckenden mpitalisti- schen Interessen. D« Empörung über das Treiben der Kriegshetzer kam wiederholt durch eine lebhafte Bewegung zum Ausdruck. Die Aufforderung der Vorsitzenden zu fleißiger Mitarbeit wird hoffest, lich guten Erfolg haben. In einer gutbesuchten Versammlung in denMila-Säle»" sprach Genossin Rüben unter großem Beifall über das Thema: Welche Bedeutung haben die Landtagswahlen für die Frauen?" Eingehend behandelte sie die Frage des Schulwesens. Auch mit der Erörterung einer Reihe anderer Fragen wußte sie das Interesse der Frauen für die bevorstehende Landtagswahl zu wecken. Mit zwingender Logik bewies sie, daß es ohne die Eroberung eines wirk- lich freien Wahlrechtes, das selbstverständlich das Fräuenwahlrecht einschließt, in Preußen keinen kulturellen Fortschritt gibt. Daher sei die energische Mitarbeit der Frau bei den Wahlen, wie über- Haupt in der proletarischen Bewegung, unerläßlich. Nach einem kurzen Schlußwort der Genossin Lohse endete die gutverlaufene Ver- sammlung. Hier wie auch in der Versammlung bei Franke wurde eine größere Anzahl don Frauen in die Partei aufgenommen. csvcktsgztvsvlel'vei'ssmmluvgen in den Vororten. Neukölln. Am Dienstag, den 29. April, hatten sich die Land- tagswähler von Neukölln in derNeuen Welt" zusammengefunden, um den Vortrag des Kandidaten Otto Hue   zu hören. Der große saal war dicht gefüllt. Genosse Hue zeigte in seinen Ausführungen an verschiedenen Beispielen, daß es eine irrtümliche Auffassung sei, den Einfluß der Junker auf die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse nur nach ihrem Verhalten im preußischen Ahgeord- netenhause selbst zu beurteilen. Ihr Einfluß gehe viel weiter und übertrage sich auf andere gesetzgebende Körperschaften direkt und indirekt. Dabei schrecken sie vor keinem Mittel zurück. Sie könnten dieses um so mehr, weil ihnen vom Zentrum und den National- liberalen, die keinen Deut besser seien, sekundiert werde. Nur umkleideten sich diese Parteien mit der heuchlerischen M cus k e der Volksfreundlichkeit. Die Halbheiten der Frtisinni- gen, ihr Verhalten bei den verschiedenen Gesetzen wurde einer gründlichen Kritik unterzogen. Kein Arbeiter, kein freiheitlich den- lender Bürger könne diesen seine Stimme geben. Mit der Auf- forderuna an die Wähler, voll und ganz ihre Schuldigkeit zu tun und mit dem Versprechen, daß, wenn er gewählt werde, er genau wie bisher die Interessen des werktätigen Volkes vertreten werde, schloß Genosse Hue seine mit stürmischem Beifall aufgenommene Rede. Trotz schriftlicher Einladung waren die Kandidaten der bürger- lichen Parteien nicht erschienen. Graf v. Matuschka hatte sich wegen Verhinderung wenigstens entschuldigt, während der Herr Stadtrat Mier dieses nicht mal für notwendig hielt. Da sich trotz Aufforde. rung kein Gegner meldete, schloß der Vorsitzende die Versamm- lung mit einem wuchtigen Appell an die Anwesenden, sich keiner Illusion hinzugeben, sondern eifrig mitzuarbeiten, damit der Kreis von uns vertreten wird. Lichterfelde  . Eine gut besuchte Landtagswählcrversaminlung hörte am Dienstagabend bei Richter ein Referat des Landtags- abgeordneten Genossen Borchardt. Aus eigener Anschauung entwarf der Redner ein Bild der preußischen Zustände. Am Schlüsse seiner mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Darlegungen forderte er die Versammelten aus, rege an den Wahlarbeiten teil» zunehmen, damit die kleine sozialdemokratische Fraktion selbst unter dem elenden Wahlrecht eine Verstärkung erhalte. Diskussion fand nicht statt. Weißensee  . Im Schloß Weißensee tacsie am Dienstag eine öffentliche, von über 800 Personen besuchte Landtagswähler- Versammlung, in der Genosse D ä u m i g referierte. Ausgehend von den historischen Ereignipen des Jahres 1813, dessen hundert- jährige Wiederkehr zurzeit alle patriotischen Gemüter umnebelt und in einen Jubiläumsrausch versetzt, gedachte er jenes erstenroten Sonntags" am 21. Januar 1906, an dem die Proletarier Preußens eine so machtvolle Demonstration gegen die Dreiklassenschmach und zum Andenken an die ebenso glorreiche Erhebung des russischen Volkes veranstalteten. Im weiteren Verlauf seiner Rede zeichnete er ein umfassendes Bild preußischen Elends und erinnerte hierbei an die erst kürzlich gehaltene Rede deö HerrenhausmitgliedeS v. Kleist, daß, wenn das Reich den Kampf gegen die Sozialdemo- kratie nicht aufnehme, Preußen diese Aufgabe erledigen müsse. Die Arbeiterklasse sei in diesem Kampfe auf sich selbst angewiesen, alle bürgerlichen Parteien bis zum Freisinn herab hätten ein Interesse an den bestehenden Zuständen. Die Ausführungen fanden in der Versammlung einen lebhaften Widerhall. Nunmehr erfolgte die Nominierung der im Ort auszustellenden 157 Wahlmänner, die einstimmig gewählt wurden. Prächtiger Gesang deS Weißenseer Männerchors, der die Versammlung einleitete, beschloß die ein» drucksvolle Kundgebung. Strausberg  . Hier referierte im Gewerffchaftshaus(Otto Weiß) Reichstagsabgeordneter Otto Büchner über die Herrschaft der Junker und die Landtagswahl. Der Redner schilderte die schmach- vollen Zustände in Preußen und übte scharfe Kritik an Polizei und Justiz. Stürmischer Beifall lohnte den Redner für seine vortrefflichen Ausführungen. Nach einem kurzen Schlußwort d«S Versammlungsleiters, in welchem er zum Abonnement der Arbeiter- presse und zum Beitritt in den Wahlverein aufforderte, wurde die Versammlung geschlossen.__ 20. Gtlleralvtrsavmlllug des Derbaudes der Kergarbeiter > Deutschlands  . Hannover  , 29. April. Die Sitzung beginnt mit zwei prinzipiellen Abstimmungen über die B e i t r a g s f r a g e. um die Arbeiten der Kommission zu er- leichtern. Zunächst wurde über die Frage abgestimmt, ob die Bei- träge allgemein in den drei Beitragsklassen erhöht werden sollen. Dafür stimmen nur wenige Delegierte; eine allgemeine Beitrags- erhöhung ist also abgelehnt. Die zweite Abstimmung geht da- hin, ob eine oder zwei weitere freiwillige Beitragsklassen eingeführt werden sollen. Dafür erklären sich 69 Delegierte, dagegen 48 De- legierte. Die Einführung erhöhter Beitragsklassen fft   damit be- schlössen. Den Bericht des Borstandes erstattet dann Verbandsvorsitzender Sachse- Bochum. Dieser wandte sich zunächst gegen einen verlogenen Bericht der hiesig«» Zentrumspresse über die Eröffnungssitzung der Generalversamm- lung. In seinem Geschäftsbericht gab Sachse einleitend ein Bild der wirtschaftlichen Verhältnisse im Bergbau in der Berichts- zeit; er zeigte an Hand eines reichen Zahlenmaterials, wie enorm die Produktion und die Gewinne der Grubenherren ge- stiegen und wie wenig dieser Steigerung gegenüber die Löhne der Arbeiter in die Höhe gegangen sind.(Wir haben die Zahlen bereits im Vorbericht gegeben.) Die Christlichen   hätten den Vorwurf erhoben, der Verband habe in Niederschlefien nichts für die Bergarbeiter getan. Diesen Vorwurf müsse er entschieden zurückweisen. Der Verband habe dort getan was er konnte. In bezug auf die Schichtzeit seien allgemein keine Fortschritte gemacht worden. Der Schutz vor allzu großer Ausbeutung, der durch gefetz- liche Regelung der Schichtzeit erfolgen muß. würde den Berg. arbeitern noch immer vorenthalten. In Preußen gelte zwar die Bestimmung, daß die in der Arbeitsordnung festgelegte Schichtzeit durch die Ein- und Ausfahrt um höchstens eine halbe Stunde ver- längert werden darf. Diese Schilymaßregel werde aber hinfällig. indem den Werksbesitzern das Einlegen von Ueberschichten mcht ver- boten sei. Sie ließe im Bedarfsfalle einfach Ueberschichten ver. fahren, was auf eine allgemeine Verlängerung der normalen Schichtzeit hinauslaufe. Gegenwärtig grassiere die Ueber. schich tenseuche in beängstigender Weise. Die Unternehmer wollten aus der guten Geschäftslage möglichst hohen Gewinn schla. gen. und die Bergarbeiter seien zum großen Teil töricht genug, die Unternehmerhabgier auf Kosten ihrer Gesundheit zu befriedigen. Diesem Uebel könne abgeholfen werden durch gesetzliche Beschräu..