9 Jahren und eine über 79 Jahre alte in Pflege genommene Frau oft bis 12 und 1 Uhr nachts; einer der Ballen dient der neunjährigen Tochter und ihrer lungenleidenden Schwester von 12 Jahren, der andere der alten Frau, während die Mutter mit ihrem vierzehnjährigen Sohn in einem dunklen, nur durch einen Vorhang von der Küche getrennten Raum in einem Bett schlafen." «Neben einer in einer kleinen Küche mit Tabakrippen be- schäftigten Frau liegt auf dem Küchentisch ein Kind von wenigen Monaten, tvährend ein noch nicht ganz zweijähriges Kind auf feuchten Rippen sitzt und spielt. Ein Pflegekind schläft in der kleinen Nebenkammer...." Der Verfasser, ein Schüler Brentanos, fordert u. a.:„Fest- legung eines gesetzlichen Lohnminimums nach dem Grundsatz, daß für gleiche Leistungen in Haus- oder Fabrikindustrie gleiche Löhne zu zahlen sind." Die jetzigen Bestimmungen über die Heimarbeit seien vollständig untauglich. Ein wirksamer Reformfaktor sei die Organisation der Heimarbeiter. Sie muh die Widerspenstigen zu der Einführung menschenwürdiger Verhältnisse zwingen. Raffgier und Schmutzlonkurrenz bilden das schwerste Hemmnis.„Einige Unternehmer haben mir erklärt, ,sie fänden die Forderungen ihrer Arbeiter vollkommen berechtigt, jedoch könnten sie einzeln wegen der Konkurrenz an dey bestehenden Verhältnissen nichts ändern; auch sei eZ aus Konkurrenzneid unmöglich, alle Unternehmer derselben Branche zum gleichzeitigen Vorgehen zu veranlassen." Da kann eben nichts anderes helfen als ein Gesetz mit Mindest- lohnen sowie scharfen Strafbestimmungen und eine starke Arbeiter- organisation. Man kann dem Verfasser schon folgen, wenn er meint, nur dann, wenn das Gesetz energisch eingreife,„kann die Gesellschaft ein Nichtschuldig auf die entsetzliche Anklageschrift er- warten, die die Geschichte der EntWickelung und Ausartung der Heimarbeit Deutschlands teilweise darstellt." Das Nichtschuldig könnte sich allerdings nur auf die Zukunft beziehen und auch nur bedingt, denn die gesetzliche Regelung der Heimarbeit allein beseitigt noch nicht die aus der kapitalistischen Gesellschaftsordnung entspringende fürchterliche Ausbeutung der Arbeitskraft. Weit über die durch den Kapitalismus bedingte Aus- beutung hinaus fördert und steigert der Staat die Auspowerung durch sein passives Verhalten in der Frage der Heimarbeit. Hat doch Regierung und Reichstag erst vor zwei Jahren abgelehnt, Lohn- kommissionen zur Festsetzung von Minimallöhnen einzusetzen. Und das, wiewohl Australien und neuerdings England vorzügliche Er- folge in der Bekämpfung der Hungerlöhne durch solche Einrichtung erzielt hatten. Ein Kampf um die Invalidenrente. Der Kampf eines armen Mannes um die Invalidenrente kam jetzt beim Oberversicherungsamt in Chemnitz zum Abschluß. Der Wollsortierer Gränitz hatte am g. September 1911 Antrag auf Gewährung der Invalidenrente gestellt. Er war dann vom Hof- rat Dr. Reichelt untersucht und seine Erwerbsfähigkeit au� 49 Proz. geschätzt worden. Gränitz leidet von Kindheit an an emer Lüh- mung der rechten Körperhälfte. Dadurch ist er immer vermindert arbeitsfähig gewesen. Durch einen Fall erlitt er noch einen Bruch der linken Kniescheibe. Dadurch ist der Mann nahezu hilf- loS geworden; ohne Stock kann er sich nicht aufrecht erhalten, dem Körper fehlt die Balance. Zur Begründung des Antrages auf Gewährung der Inda- lidcnrente war noch ein Gutachten vom Sanitätsrat Dr. Gutte beigezogen worden, das die Erwerbsfähigkeit deS Mannes auf 25 Proz. bezifferte. Auf Veranlassung der LandeSversicherungS- cmstalt war von diesem Arzte noch ein Ergänzungsgutachten bei- gezogen worden, in dem der Arzt ausführte, daß die Erwerbs- fähigkeit deS Mannes wegen seines verkrüppelten Körpers nicht höher bewertet werden könne. Auch sei die vom Hofrat Dr. Reichelt erwartete Besserung nicht eingetreten. Nun wurde noch einmal Hoftat Reichelt gefragt. Dieser kam zu dem Ergebnis, daß die Erwerbsfähigkeit 49 Proz. betrage, daß sie aber bis hart an die Jnvaliditätsgrcnze heranrücke. Der Arzt hielt es wunderbarer- weise aber für möglich, daß der Mann bei angemessener Beschäf- tigung noch mehr als ein Drittel verdienen könne. Das Bersiche- rungsamt erachtete mit seinen Vertretern nach GutteS Gutachten und insbesondere nach dem persönlichen Eindruck des Rente- ansprechers diesen als seit dem 28. August 1911, dem Tage deS Falles, als invalid, da er bei dem hilflosen Zustande keinerlei Arbeit finden könne. Trotzdem gab die Landesversichcrungsanstalt Königreich Sachsen einen ablehnenden Bescheid. Diesen begründete sie mit dem Hinweise, datz G. schon von Kindheit auf sehr be- hindert gewesen sei, die Erwerbsbeschränkung aber durch den Knie- gelenksbruch noch mehr eingebüßt habe; aber als Zigarrenarbeiter oder als Wollesortierer könne er in sitzender Stellung immer noch mehr als ein Drittel verdienen. Dieser ungeheuerliche Bescheid wurde mit der Berufung ange- griffen. Es wurde hervorgehoben: Es sei rein unbegreiflich, wie man den G. zu irgend einer ErwerbZtätigkeit fähig halten könne. Der Mann sei gänzlich ohne Balance, ohne künstlichen Stützpunkt lönne er sich nicht aufrecht erhalten. Nach seinem Zustande könne der Mann keine Zigarren machen, auch als Wollesortierer nicht arbeiten. Höchstenfalls könnte er in einem Stuhl mit zwei Lehnen als Vorleser, Bauchredner oder Harmonikaspieler tätig werden. Viermal habe der Kläger bei der Firma, wo er als Wollsortierer tätig gewesen war, versucht, Arbeit zu erhalten; immer sei er ab- gewiesen worden. Er hätte verhungern müssen, wenn mitleidige Nachbarn und seine armen Verwandten ihn nicht unterstützt hätten. Der Vertreter der Landesversicherungsanstalt beharrte bei dem ge- machten Angebot und erachtete diesen Standpunkt als durch die ärztlichen Gutachten gedeckt. Er beantragte den über das Angebot gemachten Anspruch als unbegründet abzuweisen. Das Oberver- sicherungsamt verurteilte die Landesversicherungsanstalt, vom 28. August 1911 ab dem G. Invalidenrente im Jahresbetrage von 212,49 M. zu gewähren. Der Standpunkt der Landesversicherungsanstalt und des Hof- ratS Reichel zeigt, wie berechtigt die Beschwerden über die Welt- fremdheit mancher Aerzte und Versicherungsanstalten sind. czn«ltsgzi»Hlervel'ismmIungen. Die Schiffer und die Landtagswahl. Am Sonntagnachmittag tagte in der Neuen Philharmonie eine Schifferversammlung. die �meist von Schiffahrtsangestellten, zum kleinen Teil auch von selbständigen Schiffern besucht war. Referent aar Genoffe Karl Liebknecht . Er verwies zunächst darauf, daß sich infolge der wirtschaftlichen EntWickelung die großen S-biff- ahrtsgesellschäften immer mehr ausbreiten und auch durch Gesetze und Verordnungen den kleinen selbständigen Schiffern gegenüber be- lünstigt werden, während die kleinen Kahnbesitzer infolge dieser Eni- vicklunginihrerwirtschaftlichen Existenz schwer bedrücktwerden. Meistens ist eS nur noch der Schein einer Selbständigkeit, den die kleinen Schiffs- cigentümer haben. In Wirklichkeit sind auch sie im wesentlichen nichts anderes als Arbeiter, die für schwere Arbeit einen verhältnismäßig geringen Lohn erhalten und deshalb in der Hauptsache dieselben Interessen haben wie die Angestellten und Arbeuer in der Schiffahrt. Ferner wies der Referent nach, datz die Sozraldemokraiie im Reich«» tag wie im Landtage sich der Interessen der Schiffer angenommen hat. So ist die Sozialdemokratie als einztge Partei mit aller Entschiedenheit gegen die Schiffahrtsabgaben eingetreten. Nach einem Ueberblick über die ollgemeinen politischen Verhältnisse zeigte der Redner, daß die Schiffer, sowohl die Arbeiter als auch die Ileineii Selbstälidigen, ihre Interessen nicht besser wahren können als durch Anschluß an die Sozialdemokratie und ihre Unterstützung bei den Wahlen. Mit lebhaftem Beifall wurde der Vortrag d-S Referenten sowie die Ausführungen der Diskussionsredner ausgenommen, die unter Anführung von Tatsachen aus dem Berufsleben der Schiffer zu dem- selben Ergebnis kamen wie der Referent und zur Wahl der sozial' demokratischen Wahlmänner aufforderten. Zu einer stürmischen Auseinandersetzung zwischen Libe ralen, Konservativen und Sozialdemokraten kam es am Sonntag abend in einer von den Nationalliberalen und Fortschrittlern nach dem Bahnhofshotel in Storkow einberufenen Versammlung. Den Ansprachen der beidxn liberalen Kandidaten, Pfarrer T r a u b(Fortschrittler) und Amtsgerichtsrat a. D. Liepmann fNationalliberals trat Ge- nosse Pieck in einer halbstündigen Rede entgegen. Er ersuchte zunächst die in Storkow stark vertretenen Liberalen. ihre an- gebliche Freundschaft für Versammlungs- und Meinungsfreiheit dw durch zu beweisen, daß sie die Lokalinhaber veranlassen, ihre Säle auch der Sozialdemokratie für Versammlungen zur Verfügung zu stellen. Er warnte die Wähler davor, den Versprechungen der liberalen Kandidaten zu viel Glauben beizumessen. Die bisherigen Taten der liberalen Parteien beweisen zur Genüge, daß sie keinen Willen und auch keine Kraft haben, die Versprechungen einzulösen. Nur die Wahl von Sozialdemokraten verbürge eine wirkliche Vertretung der unteren Schichten der Bevölkerung. Die Liberalen versuchten durch Lärmen und Trampeln die An- klagen unseres Genossen zu übertönen. Sogar der Vorsitzende der Versammlung, Herr Bahnvorsteher a. D. Sachse, beteiligte sich an den, Trampeln. Auch versuchte er wiederholt, den Redner am Weiterreden zu verhindern und wollte ihm schließlich das Wort entziehen, weil er bereits fünfundzwanzig Minuten ge- sprachen habe. Aber auf Protest der anwesenden Arbeiter mußte er ihn doch schließlich ausreden lassen. Dann folgten in bunter Reihe konservative, fortschrittliche und nationallibcrale Redner. Die konservativen Diskussionsredner zogen ebenfalls gegen die Liberalen scharf vom Leder, wenn auch aus anderen Beweggründen und mit anderen Argumenten, als der sozialdemokratische Redner. Nachdem unser Redner auf die vielfachen Entstellungen unter erheblicher Schwierigkeit nochmals zum Wort gekommen und Herr Traub das Schlußwort gehalten hatte, erreichte die Versammlung gegen 12 Uhr ihr Ende. Sie kann als voller Erfolg der Sozial- demokratie verbucht werden. In Wannsee referierte in einer gutbesuchten Wählerversammlung Genosse Witt- Wannsee . Seine Ausführungen wurden mit reichem Beifall aufgenommen. In Nicder-Schöneweide geißelten die Kandidaten des Kreises Genossen H o f e r und G r o g e r den reaktionären Einfluß Preußens auf unsere gesamten politischen Verhältnisse unter großem Beifall der gutbesuchten Versammlung. In Kummcrsdorf bei Storkow führte in einer LandtagSwähler- Versammlung Genosse Pieck in einer Ansprache den Anwesenden die Notwendigkeit regsamster Wahlagitation für die Sozialdemokratie vor Augen. In Karlshorst behandelte in äußerst gut besuchter Versammlung Genosse Dr. Bretts ch e i d das Thema:„Ich bin ein Preuße". Leider konnte die Versammlung wegen des anhaltenden Regens nicht unter freiem Himmel auf dem vorgesehenen Grundstück statlsinden, sondern mußte im Lokal„Fürstenbad" abgehalten werden. Erschienen war zur angesetzten Versammlung auch ein Aufgebot von vier Gen- darmen und ebensoviel OrtSpolizisten. Wahrscheinlich war die Ruhe, Ordnung und Sicherheit deS Ortes, die nach der Begründung der Karlshorster„Regierung" auf Vermehrung der Polizeiorgane erheblich leiden sollten, diesmal nirgends im Orte gestört. Die Hüter der Ordnung mutzten wieder abziehen, ohne irgendwie in Tätig« keit getreten zu sein, da die Versammlung wegen des anhaltenden Regens nach außerhalb, nämlich nach Rummelsburg , verlegt wurde, weil im Orte selbst uns kein genügend großer Saal zur Versamm- lung zur Verfügung steht. Dem Referenten wurde nach seinen Ausführungen reicher Beifall gespendet._ Huq Industrie und Kandel. Börsenspekulationeu deS Königs von Montenegro. Dem„Börsen-Eourier" wird aus London geschrieben:.In City- kreisen, die seinerzeit auch sehr genau über die Interessen englischer Kabinettsmitglieder an der amerikanischen Marconigesellschaft unter- richtet waren, spricht man über ausgedehnte Börsen- s p e k u l a t i o n e n, die der König der Schwarzen Berge in Ver- bindung mit einer französischen Bank in Szene gesetzt habe. König Nikita soll, kurz vor Ausbruch des Krieges, an eine Pariser Bank herangetreten sein, um ein Darlehen auf 239 999 Pfund Sterling zu erlangen, für das er 19 Prozent Zinsen offerierte. Diese Bank lieh die Summe dem König jedoch zu 3 Prozent, machte aber zur Be- dingung, daß er einem Syndikat, das die Bank gründete, kurz vor Ausbruch des Krieges das genaue Datum des Beginns der Feindseligkeiten bekanntgeben würde. König Nikita sowohl, als auch sein rühriger Vertreter in Paris , ein Herr Miuchkovich, sollen an dem Syndikat beteiligt sein. Dieses Syndikat soll nun während der letzten Monate Millionen- gewinne eingeheimst haben, ganz apart davon soll aber Nikita auch auf eigene Rechnung in Budapest , Wien , Paris und London in Balkanwerten, Rio Tintos, Canadian PacisicS und De BeerS spekuliert haben. Als die Situation im Balkan nun plötzlich eine günstige Wendung nahm, wurden die Pariser Speku- lanten überrascht, da sie sich noch nicht genügend gedeckt hatten. Um dies zu ermöglichen, soll der König von Montenegro die Skutariaffäre auf die Spitze getrieben haben. Diese Mitteilungen, die frühere, in der russischen Presse verbrettete Behauptungen be- statigen, geben dem Balkankrieg eine neue häßliche Note. Während Tausende von Männern auf den Schlachtfeldern oerbluteten, haben „königliche" Börsenjobber durch die Opfer ihre leeren Taschen füllen können. Direkte und indirekte Koksverteuerung. Aus Kohlenhändlerkreisen wird uns geschrieben:„Der Preis für Gaskoks aus den Berliner Gasanstalten hat heute ein« Höhe erreicht, wie selten zuvor. So betrug der Preis für 299 Zentner Gaskoks im Jahre 1996 nur 179 M., stieg dann in 1997 auf 219 M. und 1998 gar auf 289 M. ab Gasanstalt, während der Preis für das gleiche Quantum im Jahre 1912 wieder 215 M. betrug. Für das laufende Jahr ist der Preis für 299 Zentner erneut gestiegen und kostet heute dem, der sich rechtzeitig eingedeckt hat, 295 M., im freihändigen Verkehr ist der Preis noch höher. Damit hätte der Preis für Koks ab Anstalt allerdings noch nicht den hohen Stand von 1998 erreicht, das aber ist nur scheinbar. In Wirklichkeit ist der Preis für Koks, durch eine einfache Verkaufs. bestimmung der Verwaltung der Berliner Städtischen Gaswerke weit höher gestiegen. Koks besitzt bekanntlich mehr als jedes andere Brennmaterial die unerwünschte Eigenschaft, Waffer in hohem Grade auszusaugen und, da Wasser zum Ablöschen des glühend aus den Retorten kommenden Kokses unerläßlich ist, so unterliegt das wicklich auf 299 Zentner verladene Quantum ganz erheblichen Schwankungen, je nachdem, ob der Koks naß oder abgetrocknet zur Verladung kommt. Wiederholte Vorstellungen seitens des Verbandes der Kohlenkleinhändler veranlaßten die GaS- anstalt schließlich, auf je 299 Zentner 199 Hektoliter gebrochenen resp 215 Hektoliter ungebrochenen Koks zur Verladung zu bringen. Dabei ist festgestellt worden, daß dieses Quantum bis zu 259 Zent- ner wog. Seit Anfang dieses Jahres aber hat die Gasanstalt von diesem Verfahren Abstand genommen. Also— der Preis für einen Waggon Koks— fft um 59 M. seit dem gleichen Zeitraum des ver- gaiigcnen Jahres gestiegen, das im Waggon verladene Quantum aber in fast allen Fällen erheblich reduziert. ES kommt häufig ge- nug vor, datz der Koks triefend naß aus dem Waggon abgefahren werden muß und bedeutend weniger Hektoliter enthalt als ein anderer, mit trockenem Koks beladener Waggon. Aber alle Ersatz- ansprüche für das im KokS enthaltene Wasser werden von der Per- waltung der städtischen Gaswerke kurzerhand mit dem Hinweis auf die Verkaufsbedingungen abgewiesen, in denen es heißt:„Win übernehmen keinerlei Bürgschaft für die gleichmäßige Beschaffenheit des Kokses, weder inbezug auf die Heizkraft, noch auf den Feuchtig- keitsgehalt." Da mindestens die Hälfte der Kohlenkleinhändler ge- zwangen ist, den Koks waggonweise zu beziehen(die Hauptpro- duktionsstätten für Koks liegen außerhalb Berlins in Tegel . Schmargendorf usw.), so ist es begreiflich, wenn die Kohlenhändler gegen die jetzt beliebte Art des Koksverkaufes seitens der Gas- anstalten protestieren. Auch die Konsumenten sollten sich diesem Protest anschließen, da die Verteuerung des Kokses min- bestens zu einem Teile auf die Konsumenten abgewälzt werden muß."_ Konkurse im April. Die Ziffer der im April 1913 eröffneten Konkurse ist nach einer Zusammenstellung der„Bank" auf 962 ge- stiegen, im April 1912 waren es 765, 1911 nur 658 Konsurse. Dir Steigerung erklärt sich aus den Krediteinschränkungen der Banken und"ist eine Folge der durch den Balkankrieg hervorgerufenen Schwierigkeiten auf dem Geldmarkt. JuliuS Pintsch A.-G. Der Jahresabschluß weist einen Rein» gewinn von 1,628 Millionen gegen 1,614 Millionen auf. An Dividende werden wie im Vorjahre 8 Proz. gezahlt. Die Ab« schreibungen werden mit 1,936 Millionen bemessen. Sericbts- Leitung. Die Ansiedelungskommission vor Gericht. Tborn, 2. Mai. Der Restgutsbesitzer Gustav Mügge aus Hoch» darf, Kreis Briefen, hatte sich heute vor der Strafkammer wegen Beleidigung von Beamten der Ansiedelungskommission zu verant- Worten. Die Straftat wurde in einer Beschwerde des Mügge an das Ministerium für Landwirtschaft gefunden, worin er schwere Vorwürfe gegen Beamte der Ansiedelungskommission erhebt, nach» dem eine Eingabe an die Kommission ohne Antwort geblieben war. Mügge führte Klage über folgende Fälle: Auf dem Ansiedelungs» gut Schönsee stand ein Dampfdreschsatz zun, Verkauf. Mügge wandte sich deswegen an die Ansiedelungskommission in Posen, die 5999 M. verlangte. Er bot 2599 M. und zuletzt 3999 M. Es wurde ihm aber mitgeteilt, der Preis könne nicht billiger gestellt werden. Trotzdem ist der Dampfdreschsatz für 8999 M. an einen Händler verkauft worden. Das bedeute eine Zurücksetzung der Ansiedler» die in erster Linie berücksichtigt"werden sollten. Ein andermal wandte sich Mügge an die Ansiedelungsiommission mit der Bitte, ihm Eisenbahngleise und Kippkowren zu überlassen, da er einige Brüche einebnen wollte. Er wurde an das Ansiedelunysgut Treu» hausen verwiesen. Dort kaufte er 299 Meter Gleis und eine Weiche. Als er aber das Gekaufte abfahren lassen wollte, wurde es ihm vorenthalten. Dem Kutscher wurde nicht einmal Bescheid gegeben, sa datz das Fuhrwerk unnützerweise von morgens bis nachmittags fortblieb. Aehnlich würden auch andere Ansiedler behandelt. Auf Treuhausen war gleichfalls ein Dampfdreschsatz zu verkaufen. Ein Ansiedler aus Pfeilsdorf bot 1599 M., später sogar 2999 M. Den Zuschlag erhielt aber ein Händler für 1159 M. Die Staatskasse ist also um 859 M- geschädigt. Besonders beleidigend erschien der letzte Teil der Beschwerde, worin es heißt:«Ein Kaufmann er» zählte mir, wenn man von einem Ansiedelungsgute etwas kaufen wolle, so müsse man„schmieren". Er hätte voriges Jahr sich ver» gedenS bemüht, von dem Gute Rebkau, Kreis Kulm , Kartoffeln zu erhalten. Erst als er dem Verwalter 199 M. in die Hand drückte, hätte er in drei Tagen die Genehmigung gehabt. Aehnlich« Fälle sind mir noch viele bekannt. Ich bitte diese Fälle zu unter» suchen und mir Bescheid zukommen zu lassen." Bei der vom Ministerium angeordneten Untersuchung wurde Mügge vcrantwort- lich vernommen und mußte nun die im letzten Teil seines Schrift. satzeS erhobenen allgemeinen Vorwürfe detaillieren. Der Beamte. den er der Bestechlichkeit beschuldigte, ist der Gutsverwalter v. Wy» siccki aus Rebkau, der Kaufmann, der ihm von dein Kartoffel» Handel erzählt hat, der Kaufmann Kalka aus Kornatowo. Heber die„ähnlichen Fälle" befragt, gab Mügge an, daß ihm persönlich der Gutsvcrwalter Oldenburg vom Ansiedelungsgute Vielau auS fiskalischen Beständen 29 Zentner Roggen geborgt habe. Als er im Herbst das Quantum abgeben wollte, habe Oldenburg gesagt, er möge lieber bar bezahlen. Das sei auch geschehen. Er sei überzeugt, daß Oldenburg dies Geld nicht an die Kasse der AnsiedelungSkom» Mission abgeführt habe, da er zu jener Zeit bereits nach Vielau versetzt war. Der Ansiedler Kilper habe gleichfalls 29 Zentner?is- kalischen Roggen von Vielau geborgt. Als er die Schuld bezahlen wollte, habe Oldenburg gesagt, er möge das Geld nur an den Inspektor Wirmeister abführen, der müsse auch tvaS haben. End. ich habe der Gutsvcrwalter Klettke aus Pniewitten von dem Wagen. bauer Kulizowski aus Briefen zwei Wagon bezogen und ihn ver. anlaßt, statt dessen eine Nutzholxrechnung aufzustellen, obwohl Nutz. Hölzer niemals geliefert wurden. Die eigenartige Gc,chaftSfuhrung der Beamten charakterisiere auch eine Bemerkung des Fleischer. meisterS Wardacki aus Briefen. Als Kaufmann Kalka ihm erzahlte, er Dabe mit einem AnsiedelungSgute ein Roggengeschäft über 39 Tonnen nicht machen können, da der festgesetzte Preis zu hoch sei. da meinte Wardacki, das sei doch sehr einfach, einen niedrigeren Preis zu erlangen: es werden 29 Tonnen bezahlt und 25 geliefert. Die Beweisaufnahme ergab, daß die Beschuldigung gegen v. Whsiecki grundlos war, datz aber auf den anderen Ansiedelungs- gütern Unregelmäßigkeiten vorkamen, die zu üblem Gerede Anlaß gaben. Das Gericht hielt den Wahrheitsbeweis zwar nicht für er- bracht, billigte dem Angeklagten aber den Schutz des§ 193 zu und sprach ihn frei._ Alkoholfolgen. Brutale Mißhandlungen seiner Frau und seiner Kinder hat sich der Arbeiter Paul Haupt zuschulden kommen lassen, der gestern aus der Hast der 7. Strafkammer des Landgerichts I vorgeführt wurde.— Der Angeklagte ist seit dem Jahre l993 verheiratet, der Ehe entsprossen drei Kinder, die jetzt 8, 7 und 6 Jahre alt sind. Die drei Kinder wie auch die eigene Frau hatten unter der rohen Willkür deS Angeklagten in der furchtbarsten Weise zu leiden. Er schlug bei dem geringsten Anlaß auf Frau und Kinder ein, so daß sie mitunter tagelang mit Beulen und offenen Wunden bedeckt herumliefen. Wenn er des Nachts betrugen aus der Kneipe kam. fiel er wiederholt über seine Frau her und bearbeitete sie mit irgendwelchen Werkzeugen, die sich gerade in seiner Nähe befanden. Als der kleine 7jährige Fritz einmal die Schnapsflasche des Vaters versehentlich zerbrach, erhielt er von diesem mit einem dicken Knüppel einen Schlag über den Kopf. Als das Kind einige Tage später mit einer großen eiternden Wunde in die Schule kam, wurde es von dem Lehrer dem Rektor vorgeführt, der dann die Polizei benach» Segen der Mißhandlungen der Frau und zweier Kinder wurde der Angeklagte im Dezember v. I. von der Strafkammer zu e i n e m Jahre Gefängnis verurteilt, während die Verhandlung be- züglich der übrigen Mißhandlungen abgetrennt wurde.— In der gestrigen Verhandlung bestritt der Angeklagte, sich der Mißhandlung schuldig gemacht zu haben; er wurde jedoch durch die Beweisaufnahme überführt. Mit Rücksicht auf die von ihm an den Tag gelegte Roheil einem schwächlichen Kinde gegenüber lautete das Urteil auf eme Zusaystrase von vier Monaten Gefängnis. Schwere Strafe gegen einen„Köpenicker ". Eine Köpenickiade. die sich im März d. I. in Sotterhausen bei «angerhausen ereignete, hatte jetzt ein Nachspiel vor dem Nord- äuser Landgericht. Bei dem Stcuerbeamten der genannten Ge» Häuser Landgericht. Bei dem Steuerbeamten ver genanmen«>e. meindc erschien an jenem Tage in eleganter Kleidung der Bureau. schreiber Brösel aus Sangerhausen und stellte sich RegierungSA assessor von Bohlen-Hallbach vor. der im Auftrage der Merseburger Regierung die Raffen prüfen müsse. Bereitwilligst wurden rh« Listen und Kasse vorgelegt. Nach erfolgter„Prüfung befchlag.
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