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feit an, hinter ihm jedoch reckt sich, alle innertürkischei� Berwicke�  langen überragend, eine andere Gefahr empor: der Anspruch Ruh- tands auf eine Einmischung in die armenische Frage. Rußlands   armenische'Politik ist eng verknüpft mit dem rufst- schen Vordringen in Persien   nach dem Abschluß.des cnglisch-russischen Vertrages vom Jahre 1907. Seitdem Rußland   in der iwrdpersischen Provinz Aserbeidshan auch militärisch festen Fuß gefaßt hat, richtete 'ich seine Expansion weniger nach Teheran  , als nach der türkischen  Grenze, die nach der Besitzergreifung des strittigen Grenzgebietes am Urmiasee durch Rußland   in militärisch-strategischer Beziehung außerordentlich bedroht wird. In dem Maße wie die Türkei   zuerst durch Italien   und dann durch die verbündeten Balkqnstaaten ge- schwächt wurde, faßte Rußland   nicht nur festen Fuß in diesem wichtigen Grenzgebiete,, sondern zwang auch die Türkei  , ihre Truppen von der Grenze zurückzuziehen und ihm den Weg nach Ostanatolien zu öffnen. Zu gleicher Zeit fand das armenische Problem in der russischen Presse eine immer größere Beachtung. Gestützt auf ihren Einfluß in den privilegierten und besitzenden Schichten der kauka- sischen Armenier, begann die russische   Regierung mit den Armeniern zu liebäugeln; der kaukasische Statthalter Fürst Woronzow-Taschkow inaugurierte eine mehr armeniersreundliche Politik,' und der russische   Botschafter in Paris  , Jswolsky, konferierte mit den arme- nifchen Notabeln, die sich zu einer besonderen Beratung in Paris  zusammengefunden hatten. Inzwischen bereitete die russische   Presse natürlich ausgenommen die Arbeiterpresse den Boden vor für die Befürwortung der russischen Einmischung, und die liberale Rjetsch� forderte ebenso wie die chauvinistischeNowoje Wremja", . Rußland   dieBesreierrolle" in Türkisch-Armenien übernehmen müsse. Die Zustände, die zurzeit in Armenien   herrschen, begünstigen dieses Vorhaben außerordentlich. Zwar hat die türkische   Revolu- -ion, an der auch die armenischen   Revolutionäre hervorragenden lnteil nahmen, der hamidischen Vernichtungspolitik gegen die Ar- menier ein Ende gemacht. Aber die sozialpolitische Rückständigkeit des jungtürkischen Regimes, seine Unfähigkeit, an eine Lösung der nationalen und wirtschaftlichen Probleme zu schreiten, kam auch in Armenien   zum Ausdruck und schuf den Boden für die Gärung, die zurzeit im armenischen   Volke herrscht. Schon allein die Tatsache, daß die jungtürkische Regierung es nicht wagte, den kurdischen Häuptlingen und Feudalherren das Land fortzunehmen, das sie nach den Metzeleien der 90 er Jahre den Armeniern geraubt, mußte aus die armenische Bevölkerung, die zu 8S Proz. aus Ackerbauern besteht, einen niederschmetternden Eindruck ausüben. Hierzu kommt noch, daß der Krieg die Lage der Armenier ungeheuer verschlechtert at. Für Spanndienste und Truppenernährung ist fast alles Vieh der armenischen   Bauern fortgetrieben, und was der reguläre Soldat übrigließ, hat der kurdische Räuber gestohlen. Der durch den Krieg gesteigerte moslemitische Fanatismus hat naturgemäß auch die Beziehungen zu den Armeniern verschärft, und so ist es denn kein Wunder, daß die Panik unter der armenischen Bevölke- cung wächst und diese, trotz ihrer Abneigung zu Rußland  , der russischen Eroberungspolitik in die Arme treibt. Diese Politik verdient jetzt um so mehr Beachtung, als ihre bisherige Entwickelung sie als ein Unglück für das armenische Volk kennzeichnet. Während des russisch  -türkischen Krieges von 1877/78 war es der Eiwfall der russischen Armee unter dem Kommando der armenischen Ganeräle Ter-Gukasoff, Lasareff und LoriS-Melikoff, der nachher den Vernichtungskampf Abdul Hamids gegen die Ar- menier heraufbeschwor. Allerdings setzte Z 61 des Berliner   Ver­lages für Armenien   dieselben Reformbedingungen fest, wie für .Mazedonien  . Aber weder Rußland  , das eine solche Vorliebe für hl?.Befreiung" Armeniens   gezeigt hatte, noch die anderen Ver- iragsmächte drangen darauf, daß diese Reformen durchgeführt wurden. Als in den 90 er Jahren die Armeniermetzeleien ein- setzten und etwa 300 000 Armenier in Trapezund, Bitlis  , Tiarbekr, Konstantinopel   unter den Dolchen und Degen der offiziellen Mörder sielen, war es in erster Linie Rußland  , das eine Intervention der Mächte für die Armenier verhinderte. In den Jahren vor der russischen Revolution übernahm die Zarenregierung selbst die Me- thode Abdul Hamids, indem sie die Nationalgüter der kaukasischen lrmenier einzog, die Kerker mit Tausenden von Armeniern füllte und endlich den tatarischen   Pöbel gegen die armenische Bevölkerung losließ, die bei den Progromen in Baku  , Elisabethpol, Alexandropol  u. a. ungeheuere Opfer davontrug. Auch nachher hielt die Ver- folgung der Armenier, wie der kürzlich stattgefundene Monftre- Prozeß gegen Hunderte von armenischen Intellektuellen zeigte, an, und nur die Aenderung der politischen Konjunktur im Kaukasus  führte neuerdings eine Abschwächung dieser VerfolgungSpolitik herbei. Tie russische   Regierung zieht jetzt ihre Truppen im Kaukasus  zusammen, baut neue Straßen am Urmiasee und verstärkt mit jedem Tage die in Persien   stationierten Truppen. Am gefähr- Ochsten ist aber ihre Wühlarbeit unter den Armeniern und Kur'öen. Während sie jene durch ihre.Ageuts provacateurs zu Aufständen aufzuwiegeln sucht, die ihr Anlaß zum Eiuschreiten bieten könnten, reizt sie die zum Teil in Kurdistan  , zum Teil im benachbarten Persien   lebenden räuberischen Kurdenstämme zu Armenier- Metzeleien auf. Daß durch ein solches Doppelspiel die Spannung in Armenien   ungeheuer derschärft wird, versteht sich von selbst. kn der Türkei   werden deshalb Stimmen immer lauter, ':c neben politischen Reformen in Armenien   auch eine durchgreifende Lösung der armenischen   Agrarfrage verlangen. Nur in dieser Richtung kann eine Lösung des gesamten armenischen  Problems gefunden werden. Findet die türkische   Negierung nicht die Kraft, diese Reformen durchzuführen, hofft sie noch jetzt, an ihrer altgewohnten Verschleppuugspolitik festzuhalten, so gibt sie Rußland   nur die Möglichkeit einer Einmischung in die armenische Frage. In diesem Augenblicke aber würde die Frage der Auf- teilung der asiatischen Türkei   auf der Tagesordnung erscheinen, die nicht nur für Rußland  , sondern auch für Deutsch  - land, Frankreich   und England als lockende Beute erscheint. Neue Unruhe». Konstantinopel  , 7. Mai. Nachrickten des armenischen Patriarchats zufolge sollen drei Armenier im Sandschak Müsch vonKurden ermordet und ein armenisches Dorf geplündert worden sein. Von armenischer Seite werden fortgesetzt Tabellen über die Missetaten der Kurden veröffentlicht. Ein im Laufe der vorgestrigen Sitzung der armenischen   Nationalversammlung   ver- lesener Bericht stellt die Lage in Adana   als derart bedrohlich hin, daß sogar Massakers zu befürchten seien. KniM Schuld. In den etwa freikonservativenG r e n z b o! e n" schreibt der Herausgeber Herr George Cleinow in interessanter Weise über den Fall Krupp: Man erfährt zunächst, daß schon seit Monaten in den politischen Salons geraunt wurde, im Kriegsministerium seien Bestechungen vorgekommen. Im Januar verdichteten sich die Gerüchte dahin, mehrere Direktoren der Firma Krupp stünden unter Anklage wegen Landesverrat. Aber erst durch Liebknecht wurde die Oeffentlichkeit über die Sache unterrichtet. Herr Cleinow wendet sich dann scharf gegen den Versuch, die ganze Angelegenheit alssozialdemo- kratische Hetze" oder als einKonkurrxnzmanöver" einer vom Zentrum begünstigten.Firma'(Thyssen) hinzustellen. Dann rückt Herr Cleinow die Verantwortung der Firma Krupp ins rechte Licht, indem er die innere Organisation der Firma und insbesondere die des Berliner   Bureaus darstellt: Er sagt dar- über: Die Berliner   Vertretung für Kriegsmaterial ist erst in den letzten zehn oder zwölf Jahren eingerichtet worve». Früher genügte ein Ingenieur, der die Abnehmer von FriedenSmalerial be- suchte und ihnen schnell gewünschte Auskunft gab. Die Beziehungen zu den Staatsbehörden wurden von der Essener   Zentrale direkt gepflegt. Ten Verlehr mit dem Kriegsministerium und dem Aus- wältigen Amt besorgte der inzwischen verstorbene Direltor Mens- hausen entweder persönlich oder durch Vermittelung eines seiner Assistenten, die sowohl als frühere Staatsbeamte wie auch durch persönliche und verwandtschaftliche Beziehungen ohne weiteres direkten Zutritt zu den höchsten Regierungsstellen hnttem Im vornehmen geselligen Verkehr wurden die geschäftlichen Beziehungen taktvoll gepflegt mid ausgebaut, lernten die Vertreter der Firma die Ansprüche des Staates kennen.... Natürlich war eine solche Geschäftsführung schwierig. Sie er- forderte ausgezeichnete Leiter, Männer von größter persönlicher Er- fahrung, die. selbst auf dem chöchsten Kultur- und Bildungsniveau stehend, stark genug waren, sich mit starken Persönlichkeiten umgeben zu können und mit ihnen zusammen zu arbeilen, die eS infolgedessen auch verschmähen durften, für besondere Zwecke Kreaturen zu ge- brauchen, die vielleicht einmal den Namen der Firma gefährden konnten. Nach Mcnshausens Fortfall hat man versucht, die hervor- ragende Persönlichlest durch eine zweckmäßigere Organisation zu er- setzen. Jetzt gibt eS in Berlin   ein großes Bureau, über dem ein Direktor schwebt, dem mehrere Artillerie» offi ziere, Kaufleme, Agenten usw. angehören, mit einem Wort, ein ganzer Stab von Beamten; schließlich ist auch noch eine besondere Filiale des Pressebureaus zum Verkehr mit der Berliner   Journalistik eingerichtet. Unter diese» Voraussetzungen kann die Firma die Verantwortung für die Tätigkeit Brands   nicht ahlehnen, selbst dann, wenn das Gesamt- direktorium überhaupt leine Kenntnis von ihr erhalten hat, weil eS sich um einen Posten handelte, für den die AnstellnngSbedingungeu sehr wohl nnr dem Rcssortdireltor bekannt zu werden brauchten. Aber selbst in diesem Falle bleibt die Verantwortung bei der Firma drstchen, denn sie hat die Berliner   Organisation genehmigt. An dieser Berantwortlichlcst könnte auch dann nicht ge- rüttelt werden, wenn es wahr sein sollte, daß die Organisation auf die Anregung eines früheren Kriegsmini st erS hin geschaffen wurde.... Jede Branche hat ihre Sitten und Gebräuche, Usancen, ihren ungeschriebenen Ehrenkodex, den niemand ungestraft verletzen darf____ Ich meine: die Firma Krupp hat die durch ihre Brauche gezogenen Grenzen nicht respektiert, wenn sie das, sagen wir ruhig, aristo» kratische Geschäft in die Hände von Subalternen legte und wenn sie der Auskundschaftung des deutschen inneren Marktes eine auf nachgeordnete Stellen des KriegSministeriumS eingerichtete Organisation gab. Brand, ein früherer Unteroffizier, erhielt ein Gehalt von siebentausend Mark und außerdem»och fnnstausend Mark Rcpräsentattonsgclder! Wohl gemerkt: ein Unteroffizier, der wider ein Erstndergenie noch ein großzügiger Verkäufer ist." Die gegenwärtige Organisation des Kruppschen Nachrichten, diensteS beruht auf falschen Grundsätzen. Sie entbehrt der Ethik, an die die Firma Krupp nun mal gebunden ist: Der Chef einer Privatfirma, der der Ehre teilhastig wird, das ReichSoberhaupt in seinem Hause freundschaftlich zu bewirten, darf durch seine ver- antwortliche Direktoren nicht in die Lage gebracht werden, Beamte besolden zu müssen, die StaatSdiener zum Bruch des Treueides gegen den Monarchen verleiten. Darm wendet sich Herr Cleinow dem Verhalten deS Kriegsmini st ers zu. WaS Mte dem Herrn Kriegsminister unter den obigen Ver- Hältnissen, wenn er schon ans die Mitwirkung der bürgerlichen Parlamentsfraktionen verzichten wollte, besser angestanden: die Der- teidigung der Firma Krupp oder die Verteidigung der Armee? Der Herr Kriegsminister sprach von Feldwebeln und unteren Beamten, die mit Brand in Verbindung getreten waren, so kühl, daß man zu dem Glauben kommen könnte, es handle sich hier um ganz all- tägliche Vorgänge, die auch im Kriegsministerium seitens der Vor- gesetzten als unabänderliche Schickung hingenommen werben. Ich meine, der Herr Kriegsminister hätte seine persönliche Stellung und, was wichtiger ist, das Ansehen des Kriegsministeriums und damit der Armee und zu deren Anwalt ist er doch bestellt besser gewahrt, wenn er ein Wort der Anerkennung für Krupp in diesem Augenblick vermieben und statt dessen mit mmachsichtlicher Verfolgung derjenigen gedroht hätte, die es schon gewagt oder je» mals wagen würden. Ehre und Disziplin der Armee anzutasten. Wollteder Herr Kriegsminister den persönlichen Freunddes Kaisers schonen? Galt eS allgemeinstaatliche Interessen zu schützen? Der Herr Kriegsminister hat schließlich an die Dankbarkeit der Nation appelliert, die sie der Firma Krupp schulde. Ganz abgesehen von allem anderen halten diese AngabendesHerrn Kriegsministers vor einer ernsten Kritik nicht stand. Die Verdienste der Firma Krupp werden durch ent- sprechende Leistungen von Staat und Steuerzahler aufgewogen; sie hat keine besonderen Ver. d i e n st e, die es rechtfertigten, daß der Herr Kriegsminister und die staatserhaltenden Parteien über ihnen vergessen dursten, das KrtegZministerium gegen beleidigende und zersetzende Eingriffe in Schutz zu nehmen und der Regierung den Rücken gegen den Imperialismus" des Großkapitals zu stärken. Die Firma Krupp hat ihre Pflicht getan wie tausend andere Firmen, und ihre Pslichl- ersüllung zusammen mit den glücklichen Verhältnissen, die der Reichsgründung folgten, trägt ihren Inhabern eine gute Rente in Gold und Ansehen. Diese Feststellung durch den Herrn Kriegsminister wäre für die Ausbreitung staatserhaltender Ge. sinnung, staatsbürgerlicher Erziehung sicher wertvoller gewesen, als manches dicke Buch, das darüber geschrieben wurde. Es wird mir entgegengehalten werden können, Alfred Krupp  habe seinerzeit darauf verzichtet, in Frankreich   eine Geschütz- gietzerei einzurichten, mit der ausdrücklichen Begründung, daß sich Frankreichs   Kanonen einmal auf Preußen richten könnten. Das war vor 1360. Seitdem haben sich die Zeiten ganz erheblich geändert und Krupysche Jitgenienre haben sowohl in Rußland   wie i» Frankreich   das Härteverfahreu für Panzer- platten und Granaten, sowie die dazugehörigen Anlage» eingeführt und eingerichtet. Auch die Firma Krupp wird gegenwärtig von rein kapitalistischen Gesichtspunkten geleitet. Und es ist lediglich das wohlverstandene Interesse beider, deS Staats sowohl wie der Privatfirma, das eintreues" Zusammenwirken bedingt. Darum scheint es mir nicht nur unangebracht, sondern auch im höchsten Maße gefährlich, in die geschäftlichen Be. Ziehungen zweier Faktoren romantische Begriffe hinein» tragen zu wollen, die mit dem Geschäft selbst nichts zu tun haben. Das Geschäftsgebaren der Kanonenfirma steht mti der all­gemeinen Entwickelungstendenz im Einklang. Für sie ist die Welt in erster Linie Markt, und seit sie in aller Welt Konkurrenz ge» funden, auch die moderne� Arena, aus der sich alle Kräfte, körpcr- liche, geistige und moralische, ftei tummeln können. Die Ten» denz führt über die staatlichen und nationalen Grenzen hinaus; ihr einziger sichtbarer Matzstab ist ein internationaler Wert: das Gold. Tie Menge des im Kampsc gewonnenen Goldes aber ist auch der ein- ige Wertmesser für den Grad der Leistungsfähigkeit, und es will mir, rein vom Stand- Punkt der kapitalistischen   Entwickelung aufgefaßt, nichts natürlicher scheinen, als wenn in dem allgemeinen Wettstreit eine so gewaltige Organisation wie die von Krupp nun auch danach trachtet, sich den Staat, in dessenSchutz sie erstarkt ist, voll st än» dig unterzuordnen: bewußt durch Einfluß- »ahme auf die Politik des Staates, unbewußt durch Zersetzung der staatlichen Organe beim Kampf um den inneren Markt. Man fühlt sich stärker und. damit berechtigter als der Staat und überschätzt die eigene Bedeutung für die Nation, die folgerichtig in erster Linie auch als Äiarkt(Konsument) gewertet wird. Man geht aber in solcher Ueberhebung um so weiter, je mehr man die Abhängigkeit der Staaten vom Gelde kennt und je mehr man gewahr wird, welche Anstrengungen von selten aller Staaten gemacht wer- den. um das Privatkapital an sich zu ziehen und eS bei sich festzu- halten." In diesen letzten Ausführungen wird die Einzel- erscheinung Krupp mit Recht aus den allgemeinen Entwicklungstendenzen des Kapitalismus   erklärt und in der Tat ist die Anklage gegen Krupp zugleich ein vernichtendes Verdikt gegen das System, das solche Fäll� erzeugt.___ polWcbe Ocberficbt» Die Auflösung des preußischen Landtags. DerReichSanzeiger" veröffentlicht die Verordnung, durch welche der preußische Landtag aufgelöst wird, Das Herrenhaus wird gleichzeittg vertagt. Die Auflösung des Landtags hat lediglich eine formale Bedeutung. ES soll vermieden werden, daß der alte Landtag noch zu Recht besteht, während der neue beretts gewählt wird. Agitatoren und Presse des Zentrums. Der aus der Zentrumspartei   ausgeschlossene Graf ÖpperSdorff nimmt das Auftreten verschiedener Zentrumsagitatoren, besonders deS Windthorstbund- Redners Dr. Scharmitzel zum Anlaß, um in seiner WochenschriftKlarheit und Wahrheit" die verlogene Rhetorik der klerikalen Versammlungsredner zu geißeln. Er widmet ihnen folgende schöne Charakieristil: Tie noble Sitte, Anwesende in einer Versammlung vor nicht orientierten Menschen anzugreifen, die jeder Möglichkeit der Nachprüfung des ihnen vorgeschwatzten UnsinnS entbehren und vom Angegriffenen nicht auf- zuklären sind, weil er sie nichr kennt, scheint nachgerade zur üblen Gewohnheit zu werden, die um so widerlicher wirkt, als dieselbe Sorte von Rundreiserednern mit demselben Aiemzuztz den tiessten öffentlich möglichen Änix vor demverehrten Geheim- rat Porsch" zu absolvieren sich nicht enthalten kann. DaS Weih- rauchfaß in der einen, irgend ein übelriechendes Quodlibet in der anderen Hand, so stellen sich diese Rbetoren aus daS Podium Set' gemeinsamen christlichen Basis" vor ihre nichtsahnenden Hörer hin. Erbaulich; ein Minimum von Takt und Bildung müßte die Herren vor solcher Schaustellung warnen.... Die Herren Loerbieien ihre eigenen Rekords, und im umgekehrten Verhältnis zu der Qualität der Talente wächst die Qualncty der Leistung. Schon sinkt die Diskussion, die Diskussion um für den Katholiken wichtigste Lebensgrundsätze in ödestes Sumpfland; von leiser Berdächngung bis zum Pharisäergeschrei, von der dunklen Hintertreppe bis ins grelle Licht der öffentlichen Versammlung. von dem von Mund zu Mund, unhörbar fast, unkontrollierbar ver- schlepplem Gerücht bis zu den spekrakelnden Beschtüsien voraus» fichtsvoll zusammengetrommelter Majoritäten, vom persönlichen Getuschel bis zur offenkundigen Fälschung offenkundiger Tatsachen; errötend blickt man auf die Artung der Gegner, die. wenn eS daS Koleriebedürinis will, selbst die Sonne leugnen, die ihnen aufs Schädeldach brennt." Dann beißt es über die Leiter der Zenttumsblätter, von denen Herr Scharmitzel behauptet hat, daß sie Wahrheit und Klar» heit verbreiten: Rings sitze» die Auguren im Kreise, sehen sich an und keiner lacht. Aon Geist nicht eine Spur, alleS ist Dressur. Jeder weiß. in und außer der Partei, jeder, daß nirgends die Wahrheit so rücksichtslos geknebelt, die Freiheit so ungeniert beschninen, daS Recht mit so kühl wägender Gewalt gebrochen wird, wie in der Pressefür Wahrheit, Freiheit und Recht". Und daß es diese Entrechiung, diese Fesselung, dieser Zwang zu Unwahrheit oder Schweigen sind, die der Quertreiber- presse ms Leben halten. Wenn irgend ein Provinzblättchen vom Wege bachcmitischen Denkens weicht, setzt sich Herr Dr. Porsch in eigener Person in Tätigkeit, spart mit Mahnung und Rüge nicht und ziscbt und pischt in tausend Kleinigkeiten. Wenn du gegen den wüstesten Schimpf der patentierten Gazetten in Köln   und Breslau AuaS- bürg oder Neiße von ihm ein Singreifen forderst: vergebens. er kann leider so gar nichts machen. Weiß der Apologet de« re» gierenden Dutzend daS alles nicht? Auch nicht, wie rücksiwtslos Verleger und Redakteure niedergebüttelt werden, bis der Aermsle. den es gerade trifft, seelisch oder finanziell zusammenbricht und den von der Not erpreßten Elb unbedingter Willensentsagung leistet?* Graf Oppersdorfs kennt, wie man steht, die edlen Kämpfer für die Zentrumsmoral.__ Der neue Bischof von Münster  An Stelle des zum Erzbischof von Köln   erwählten Dr. Felix v. Hartmann ist heute der bisherige münsterische Kapitularvitar Johannes Poggenburg   zum Bischof von Münster   gewählt worden. Der neue �Bischof ist eine Sohn Westfalens  . Er ist am 12. Mai 1362 in Ostbevern  , einer kleinen Ortschaft des Kreises Warendorf  , geboren. Nachdem er an der damaligen Akademie. jetzigen WilhelmS-Unidersttät Münsters Theologie studiert hatte.' wurde er 1889 zum Priester geweiht, 1898 zum Rektor der Filial- kirche zu Urnermeideoich bei Duisburg   ernannt und 1902 zum Präses der Jugendvereine des Bistums berufen. Als dann der Tomdechant Dr. Felix v. Hartmann den Bischofsstuhl in Münster  bestieg, wurde Johannes Poggenburg   Domkapttulor von Münster  . Jetzt folgt er dem bisherigen Bischof im Amte oder. wie. es im klerikalen Jargon heißt, auf den hohen Stuhl des hl. Ludgerus. Soweit bekannt, gehört der Neuerwählte zur sogenannten Berlin  -BreÄauer Richtung, ebenso wie sein Vorgänger. Geborene Gesetzgeber. Nach dem letzten Bericht der Matrikelkommission des Herren» Hauses find in derErsten Kammer" gegenwärtig Berechtigungen auf Sitz und Stimm», die königlichen Prinzen ungerechnet, vor­handen;