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Nr. 115. 30. Jahrgang.

Ev

Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

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Zwei Zeitgenossen.

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Dienstag, 13. Mai 1913.

Der Anwärter auf den Nobelpreis für Literatur

und

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der Anwärter auf den Friedens- Nobelpreis.

Das Staatserbaltende im Männer- bekannt war, daß es sich schon des öfteren mißfällig über höhere feits natürlich ganz ungerechtfertigt war, denn späterhin erfuhr

gefang.

als Mitglied aufgenommen und mitgebracht hatte, obwohl von ihm Beamte ausgesprochen habe und sogar die Institution der Krieger­vereine mißachte. Kaum hatten sich Kulicke und Schulze begrüßt Die Lage hat sich ja zur Abwechselung wieder einmal entspannt, und die Körperformen ihrer Begleiterinnen hochleben lassen, als sie aber sie ist immer noch gefahrdrohend genug. Seltsamerweise stellt des besagten Subjekts ansichtig wurden. Da sie nicht mit Unrecht es sich jetzt heraus, daß nicht die wirklich bestehenden Truppen eine befüre teten, dieses könne aus ihren Damen Schlüsse ziehen, die Gefahr allerersten Ranges sind, sondern am schlimmsten hausen jetzt geeignet seien, sie in der öffentlichen Meinung herabzusehen, also in Deutschland die drei nichtbewilligten Kavallerieregimenter. Sie verleumderische Beleidigung begehen, taten sie sich sofort zusammen, reiten Attaden, wie sie es als wirkliche, Fleisch und Blut und um diese geplante Straftat zu verhindern. Zuerst bestellten sie & nochen tragende nie hätten tun können, sie brausen über Deutsch -( deutschen) Sekt und stellten dann in freiem Mannesmut die Be­land dahin und versehen einen Aufklärungsdienst", von dem sich siberin des Betrunkenen Ferkels" vor die Wahl, entweder zwei die gewicgtesten Schlachtententer noch nichts träumen ließen. Eine solche, splendide Gäste zu verlieren oder jenen Menschen, der ledig moderne wilde Jagd, von der Budgetkommission zu ewigem, förper- lich einen Wisky mit Soda konsumiere, vor die Tür zu sehen. Und losem Spuk verdammt, gespensternde Ulanen, Husaren und Drago- da zeigte es fich, daß auch diese Frau, deren blonde Perüde ur­ner, die beweisen, daß nicht nur die Toten, sondern auch die Unge- deutsch wirkte, sich der allgemeinen patriotischen Stimmung nicht borenen schnell réiten. Da es mit dem Leutnant und den zehn hatte entziehen können. Furchtlos und ohne ntit der Wimper zu Mann nichts war, hoffen die Herren Ueberpatrioten jetzt den Reichs- zucken, forderte sie das Subjekt auf, seine wenig Gewinn bringende tag durch die drei nicht existierenden Kavallerieregimenter über- Gegenwart in ein weniger vornehmes Lokal zu verlegen, und als rumpeln zu können und tummeln die schemenhaften Reiterscharen dasselbe zögerte, der Aufforderung nachzukommen, arrangierte die fräftig in ihren Spalten. Die sind die schlimmsten. Freund fluge Frau einen fleinen Hausfriedensbruch, so daß ein Polizist, Oertel ruft für ganze Schwadronen Hurrah! und die Gespenster nach lebereichung eines größeren Liförs, in der angenehmen Lage Oertel ruft für ganze Schwadronen Hurrah! und die Gespenster war, das Subjekt auf die Wache mitzunehmen. Seine wirren An­überreiten den gesunden Menschenverstand am hellen Tag.

dem fühlten wir uns gegenseitig moralisch verpflichtet, was meiner­ich, daß der Stahlkönig mit dieser Reklame immer noch mehr Geld verdient hat als ich. Mir blieb.nichts anderes als das gewiß sehr erhebende Bewußtsein, eines Königs Freund zu sein. In diesem Glück wiegte ich mich, folgte allen Winken des Stahlkönigs, die von nun an stets an mich ergingen, sobald er irgendwelche Neue­rungen in seinem Riesenreiche einführte. Mit nicht ganz uneigen­nüßigen Gefühlen natürlich!

Nach kurzer Bahnfahrt saß ich in dem offenen Landauer und ließ mich, auf dem Gummi der Räder wiegend, durch den ersten Frühling fahren. Ich zog die Einladung aus der Tasche. Was mochten sich diese Yankees ausgedacht haben? Ersatz der Handarbeit durch Maschinen natürlich. Wir stehen ja im Zeitalter der leblosen Kräfte. Irgendeine neue Maschine, die durch eine einzige Drehung ihres gewaltigen Körpers ein paar hundert Menschenhände ersetzt. Gräßlich!" dachte ich. Wo werden wir Menschen noch hin­kommen, wenn wir letzten Endes nicht auch zu Maschinen werden?" Der Landauer hatte die liebliche Landschaft durchfahren. Nun hoben sich über den Horinzont gewaltige, rote Häuserkoloffe. Schornsteine stredten ihre langen Hälse in schwarze Wolfen, bie gen Himmel kreisten. Rauch und Ruß schwängerten die Luft. Wir näherten uns den Stahlwerken. Und da begannen die in Form Sollte aber auch diese neueste Schutztruppe der Reaktion nicht gaben dort von gemeiner Mizgunst, alten Rebegreifen und gewerbs- und Farben sich gleichenden Arbeiterhäuser den Weg zu säumen. in der Lage sein, mit dem Umsturz fertig zu werden, so geben wir Stirn und fielen um so weniger ins Gewicht, als der Polizist unter die sonst zur Tagesarbeitszeit leer waren, Männer in höheren in der Lage sein, mit dem Umsturz fertig zu werden, so geben wir mäßiger Unzucht trugen den Stempel der Verleumdung auf der Was mir sofort auffiel, war, daß in den Vorgärten dieser Häuser, unertänigst anheim, die Sache einmal mit dem nationalen Männer­gesang zu versuchen. Der hat doch jetzt in Frankfurt Proben ab- seinem Dienſteid bekunden konnte, die Herren Kulide und Schulze Jahren und solche, die die 40 kaum überschritten hatten, ihren gelegt, die jedes patriotisch empfindende Herz mit Donnergewalt hätten die Abführung des Subjekts mit zweistimmiger Abfingung Garten bestellten. Sie gruben ihr Gartenland. Aber wie sie gelegt, die jedes patriotisch empfindende Herz mit Donnergewalt des Preisliedes begleitet. So verhinderten zwei gesinnungstüchtige, gruben! Hastig, mechanisch, Stich für Stich, ohne fich umzu­bewegt. Nicht nur des Basses Grundgewalt, wie er aus Brüsten mit der Verdienstschnalle oder dem Roten Adler Vierter aufsteigt. geistesgegenwärtige Männer öffentliches Aergernis und überliefer- schauen. Nicht einen Augenblick verließ die Hand den Spaten, ten einen Vaterlandslosen seiner gerechten Strafe. das Auge den Boden. Keiner sog den Hut. Wie aufgedrehte Nicht nur der Bariton, wie er jüngeren Kanzleiräten eigen ist, ehe Mechaniken vollführten sie, einer wie der andere, in gleichmäßig die Wichtigkeit des Amtes und der Dämmerschoppen das Befehls­organ zum Baz abdunkelt. Nicht nur der Tenor, den man am leicht raschem Tempo ihre. Bewegungen, deren Grenzen vorgeschrieben schienen. Die gebogenen Rücken gingen auf und ab bewegten Künstlerschlips und an den kulanten, von Oberfellnern der ersten Hotels abgelernten Gebärden unschwer erkennt und dessen Blondheit ein Abglanz verschwiegener Kellnerinnenliebe frönt. Sondern auch die Herren Kapellmeister, die, wie man las, ihren Raiser militärisch begrüßten und dann in die Schlacht um den Kaiserpreis zogen. Vierzigmal erscholl aus gerundeten Männer­mündern das Preislied und bauschten sich über vierzigmal wech­selnde Männerbäuche die bewährten einstigen Hochzeitsfräde. Und das Publikum hielt vierzigmal dem Ansturm stand und brachte es jogar fertig, als Dreingabe noch die Hymne: Mit Gott für Kaiser und Reich" stehend anzuhören, sowie den Chor: O weile, Gottes­frieden"! Ob dieser in der von der Sänger- Vereinigung erflehten Weise wirklich verweilt hat, geht aus dem Bericht nicht hervor.

Das Staatserhaltende des Männergesangs hat sich auf jeden Fall wieder glänzend bewährt. Wenn man liest, daß der Potsdamer Männergesangverein unter seinen 170 Mitgliedern nicht weniger als zwölf Hoflieferanten bereinigte, so fann an den guten Gesinnungen dieses Vereins kein Zweifel bestehen. Allerdings muß festgestellt werden, daß diesmal der Schneider des Kaisers nicht mitsang und somit ein Glanzpunkt in der Veranstaltung fehlte. Und während die Männerstimmen dröhnten und säufelten, der Tenor die Melodie mit einigem Aechzen gen Himmel führte, die Bässe die Adressen der reizvollsten Frankfurter Nachtlokale austauschten, schien nur ein Gedante die ganze imposante Versammlung zu beherrschen: zu­sammen, in dumpfer nahrhafter Gemütlichkeit die Herrlichkeiten im Stalle der staatlichen Ordnung zu verteilen und keinen andern an die Krippe heranzulassen.

Jeder, der jetzt an den erhebenden Kaisertagen aus Frankfurt zurückkommt, wird solche und ähnliche rührende Züge von der vater­ländisch hochgespannten Feststimmung zu berichten wissen. Lächelnd und ohne große Worte werden sie von den gewaltigen Strapazen erzählen, die ihnen der reichliche Alkoholkonsum auferlegt habe, die sie aber gern getragen hätten in dem Bewußtsein, jeder müsse das Seine zum Gelingen des Festes beitragen. Und bleiben wird das leuchtende Gedenken, unter den Augen des Kaisers in der britten Reihe von hinten gestanden zu haben, schweißvoll und ein­geengt, im knappen Frad der lang bergangenen Hochzeit und bren­nenden Ladstiefeln und mit tausend Gleichgesinnten die Verse ge­jungen zu haben, die so naturwahr und treudeutschehrlich die Situa­

tion ausdrückten:

Und wird mir der Weg zu weit, nehm' ich meine Fiedel, Sing' von deutscher Herrlichkeit mir ein lustig' Riedel! Karl Paul i..

L'homme boeuf

-

Von Lo Lott.

Der Ochle.

Der Amerikaner Taylor hat eine Arbeitsmethode ein= zuführen versucht, der zu­folge die Fabritarbeiter ein von einem Zeitmesser figier­tes Arbeitspensum abzuar beiten sich verpflichten.

Unser Herr X. 9. läßt Ihnen mitteilen, daß er in seinen Etablissements eine neue von Amerika aportierte Methode zweds möglichster Reduzierung der Arbeitszeit, die für jegliche mecha­nische Hantierung erforderlich ist, eingeführt hat. Wir bitten Sie, dieserhalb unverzüglich nach dorthin zu kommen, da wir annehmen müssen, daß diese famose Methode, die auf dem Gebiete ratio­neller Zeitausnutzung eine Sensation bedeutet, für Sie von großem Interesse sein wird."

ab und auf.

Sind das Menschen oder sind das schon Maschinen?" dachte ich und wandte mich ab, denn etwas Fremdes, Unheimliches tvar bei diesem Anblick über mich gekommen, ein Gefühl des Schauderns, wie ich es einmal gespürt, als ich in die Station Der Letten" getreten war, jener Jrren, die den Sinn des Lebens rettungslos verloren hatten.

Warum arbeiten die Leute zu dieser Zeit für sich, gesunde arbeitsfähige Menschen? Und wenn sie das fun, warum liegt nicht diese friedvolle Gemächlichkeit über ihrem Tun, die den Segen der Eigenarbeit bedeutet.

9.2

Der Wagen hielt vor des Stahlkönigs Schloß. Wie immer empfing er mich auf der Terrasse. Mit dem ersten Blick schon bes merkte ich, daß auch er verändert war. Sonst ein beweglicher Herr, der seine Rede mit lebhaften Gesten gern begleitete, stand er mir nun steif und bewegungslos gegenüber, als hingen Eisengewichte an seinen Armen.. Er sprach hastig, mit dem ersichtlichen Willen, teine Minute Zeit zu verlieren. Er fuhr nicht mit jener typischen Bewegung, die jedermann an ihm fannte, wohlgefällig über seinen Bart. Eine erschreckende Nervosität lag in seiner steifen Ruhe. Wir traten in das Haus. Mit knappem Griff, als fürchte er, au weit zu gelangen, drückte er auf einen elektrischen Knopf.

" Ich lasse Ihnen unseren Herrn Meunier fommen. Er wird hnen die famose amerikanische Methode zeigen, die er in meinen Fabriken eingeführt hat."

Und dann kam Herr Meunier wie ein aufgezogener Binnsoldat belegungslos bis quf die Beine.

Ich muß sagen, daß ich in höchster Erwartung den Fabrik­gebäuden zuschritt,

" Was ist es...", begann ich, und in der Spannung des Augenblicks wollte ich meine Hand auf Herrn Meuniers Arm legen.

"

Der Männergesang, meine Herrschaften, in nationalem Sinne ausgeübt und unter staatlicher Kontrolle vorgetragen, ist wie das bekannte didflüssige Oel, das jede, auch die stürmischste See be­ruhigt. Wer seine Stimme in der Hymne Mit Gott für König und Vaterland" ertönen lassen durfte, kann sie nie wieder gegen die höchsten Güter abgeben. Ein besonders rührendes Beispiel erlebte Herr Meunier fuhr entfekt zur Seite und fah mich strafens an. man in den Tagen des Sängerwettstreits in einem Frankfurter So lautete der Brief, den ich eines Morgens erhielt, als ich Wie können Sie zwedlos Ihre Hand bewegen, mein Herr? Nachtlokal, dem Betrunkenen Fertel". Da trafen sich der Rentier mich gewohnheitsgemäß an die Arbeit sehen wollte. Ich zögerte Jede Bewegung ist Zeit, mein Herr! Mit dieser Bewegung haben das macht... Bitte wollen Rulide aus Steglitz und der Hoflieferant Schulze aus Potsdam. feinen Augenblid, legte Papier und Feder bei Seite, und machte Sie eine Viertelstunde Zeit verloren Es zeigte sich, daß das deutsche Familienleben in beiden so fest ver- mich reisefertig, um der Einladung zu folgen. Denn sie fam Sie mir Ihr Tageseinkommen nennen?" wurzelt war, daß sie sich selbst diese kurzen Tage in der Fremde von meinem Freund, dem Stahlfönig. Wie ich zu dieser Freund- Das fiel mir gerade ein, Herrn Meunier mein Tagesein nicht ohne Familienanschluß hatten denken können, sondern daß sie schaft gekommen bin? Der Stahlfönig brauchte für einen fommen zu verraten, das ich mir überdies noch nicht einmal selbst unter den Töchtern der Stadt sich eine Begleiterin gesucht und ge- Artikel, den er neu auf den Martt zu werfen beabsichtigte, figiert hatte. funden hatten. Außerdem befand sich in den anmutigen Lokal ein eine Reklame, die ich zu schreiben beauftragt war. Diese Außerdem ist der Mann verrückt. Da fannst Du ja etwas Subjekt, das ein Berliner Verein in unverständlicher Verblendung Reklame gefiel ihm und brachte mir viel Geld ein, Seit- Schönes erleben", dachte ich.

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