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Nr. 120. 30. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt.

Aus der Partei.

Ein eingeleiteter Aufruhrprozeß.

Sonntag, 18. Mai 1913.

anlagung durch die Gemeinde, so müsse Kläger   von der Gemeinde- lustigen Damen zu verjubeln. Ein Fräulein 1. veranlaßte er, mit Nachsteuer freigestellt werden.

Ein hartnäckiger Erpresser

ihren Ersparnissen ein Zahnatelier zu kaufen. Nachdem er noch mehrere andere gleichartige Schwindeleien begangen hatte, wurde ihm wohl in Berlin   der Boden zu heiß. Er kaufte eine wertvolle Bei der diesjährigen Maifeier kam es bekanntlich in Rüst rin mußte sich gestern in der Person des Dieners und Masseurs Franz und ebenso ließ er sich von einem Pelzwarengeschäft in der Möbeleinrichtung auf Abzahlung, die er dann sofort lombardierte gen zu einem blutigen Zusammenstoß mit der Polizei, bei dem Nägele vor der 2. Strafkammer des Landgerichts III   verantworten. Friedrichstraße zwei wertvolle Belze auf Kredit liefern. In Be­mehrere Personen mehr oder minder schwer verletzt wurden. Wie Der aus Bahern stammende Angeklagte war in Freiburg   i. B. von Augenzeugen berichtet wurde, hat nicht etwa die feiernde Volks- mit einem jest in Wilmersdorf   wohnhaften Dr. B. näher bekannt gleitung der U. fuhr er dann nach Dresden  . Auf dem dortigen masse den Anstoßz zu dieſem Renkontre gegeben, sondern die Nervo- geworden. Dieser engagierte ihn mit einem Monatsgehalt von Bahnhofe ließ er die U. in dem nach Berlin   zurückfahrenden Zug fität und Schneidigkeit der an der oldenburgisch- preußischen Grenze 150 M. als Diener für seine hiesige Wohnung. Das sehr vertrau- ſizen, während er selbst in den Wiener   D- 3ug stieg. stationierten preußischen Polizeibeamten. Jetzt hat nun, wie uns liche Verhältnis zwischen Herrn und Diener ging schon nach kurzer Monaten. Das Gericht ging jedoch mit Rücksicht auf das gemein­Der Amtsanwalt beantragte eine Gefängnisstrafe von sieben ein Privattelegramm meldet, die Staatsanwaltschaft nicht gegen die Polizeibeamten wegen Amtsüberschreitung, sondern Dr. B., der sich viel im Auslande aufhält, die Kündigung mit der und erkannte auf 1 Jahr Gefängnis und 2 Jahre Ehrverlust. Zeit in die Brüche. Der Angeklagte erhielt eines Tages von gefährliche Treiben des Angeklagten über diesen Antrag hinaus gegen vier Teilnehmer an der Maifeier Anklage wegen Aufruhr gleichzeitigen Aufforderung, die Wohnung zu verlassen. Der An­erhoben. geflagte weigerte sich, die Wohnung zu verlassen, und drohte mit einer Anzeige wegen Vergehens gegen den§ 175, wenn ihm Dr. B. nicht sofort 10000 m. zahle. Er setzte die Wohnung in eine Art Verteidigungszustand und ließ selbst Dr. B. nicht mehr in seine eigene Wohnung hinein, so daß dieser in einem Hotel Wohnung nehmen mußte. In dieser Situation wandte sich Dr. B. an Dr. Magnus Hirschfeld   als Vorsitzenden des Wissenschaftlich­humanitären Komitees". Schließlich blieb jedoch nichts übrig, als sich an die Kriminalpolizei zu wenden, da sich der Angeklagte nach wie vor weigerte, die Wohnung, in der er sich verbarrikadiert hatte, zu verlassen, bevor ihm nicht die 10 000 m. gezahlt worden seien. Der hartnädige Erpresser wurde durch eine List aus der Wohnung herausgelodt und verhaftet. Das Gericht erkannte dem Antrage des Staatsanwalts ge­mäß auf 8 Monate Gefängnis.

Aus Industrie und Handel.

Die koloniale Rohstoffversorgung. Daß auch die Arbeiter ein Interesse an unserer Kolonialpolitik haben, ist eine ständige Redens­art der bürgerlichen Kolonialpolitiker geworden. Und zwar soll die Rohstoffversorgung unserer Industrie aus eigenen Kolonien, die E- manzipation vom Rohstoffe liefernden Ausland", eine Lebens­frage" nicht nur für die deutsche Industrie, sondern auch für die Arbeiter sein. Können unsere teuren Kolonien diesen Zweck der Roh­stoffversorgung überhaupt erfüllen? Ist Aussicht vorhanden, daß die deutschen Kolonien beispielsweise die dentſche Textilindustrie jemals auch nur zu einem bedeutenden Teil unabhängig" machen? Eine Antwort auf diese Frage geben die amtlichen Erhebungen über die Baumwollspinnerei in den Jahren 1908 und 1909. Danach waren 1909 vorhanden: 405 Baumwollspinnereien mit 10,09 Millionen Spindeln. Verarbeitet wurden insgesamt 422,07 Millionen Kilo­gramm Rohstoffe.

Davon tamen:

aus Nordamerika  

"

Ostindien.

"

Aegypten  ..

Millionen Kilogr. in Broz. 269,65 63,88 15,15 8,83 0,13

63,96

37,30 0,55

den deutschen Kolonien Das bedeutet, daß anstatt der 10,09 Millionen Spindeln nur 13 120 laufen könnten, wenn die deutsche Industrie allein auf die Baumwoll- Produktion der Schutzgebiete angewiesen wäre. Selbst wenn man berücksichtigt, daß die Baumwollproduktion in den Kolonien einer Steigerung fähig ist, wird man zugeben müssen, daß Aussichten für eine auch nur teilweise Emanzipation" der Textilindustrie nicht vorhanden sind.

Gerichts- Zeitung.

Gefeßliche Begünstigung von Steuerhinterziehern. Nachdem die Regierung zu Wiesbaden   durch Nachveranlagung für die Jahre 1901 bis 1911 einen Herrn Daque zu Frankfurt   a. M. zu einer Nach- Einkommensteuer von 18 000 m. herangezogen hatte, weil der Staat in dieser Höhe benachteiligt worden sei, zog auch der Magistrat von Frankfurt   a. M. Herrn Daque zu einer Nach steuer in Höhe von 19 000 M. Heran, da auch die Stadt infolge von Hinterziehung der staatlichen Steuer zu kurz gekommen sei.

Der Bezirksausschuß zu Wiesbaden   wie die von Daque gegen

ben Magistrat gerichtete Klage ab.

Das Oberverwaltungsgericht gab aber am Freitag der Klage statt und stellte D. von der Nachsteuer für die Gemeinde frei. Be­gründend wurde ausgeführt:

Hier handele es sich nicht darum, daß die Stadt D. ganz mit der Steuer übergangen habe, und auch nicht um eine steuerfreie Veranlagung seitens der Stadt, sondern nur um eine zu niedrige Veranlagung zur Gemeinde- Einkommensteuer. Unter diesen Um­ständen stehe den Gemeinden ein Recht auf Nachsteuer nur zu in dem Falle des§ 83 des Kommunalabgabengesetzes, nämlich in dem Falle, daß eine Hinterziehung direkter Steuern der Gemeinde gegenüber stattgefunden habe. Eine Hinterziehung der Gemeinde gegenüber(§ 79 des Kommunalabgabengesetzes) habe hier aber nicht stattgefunden, sondern nur eine solche dem Staate gegenüber. Im übrigen stehe den Gemeinden ein Recht auf Nachsteuer(§ 85 des Kommunalabgabengesetzes) nur zu bei völliger Uebergehung oder steuerfreier Beranlagung durch die Gemeinde. Da auch dieser Fall hier nicht gegeben sei, sondern nur eine zu niedrige Ver­

Kleines feuilleton.

Verjährte Preßbeleidigungsklage. Aus der Sturm- und Drangzeit des und Drangzeit des Theaterdirektors Dr. Zidel stammt die Privatklage, die dieser vor länger als zwei Jahren gegen den Präsidenten der Bühnengenossenschaft, Schau­spieler Nissen, und den Schriftsteller Erik Schlaikjer angestrengt hatte. In dieser Sache stand gestern Termin vor dem Schöffen­gericht Berlin- Mitte   an. Dr. Zidel wurde vom Rechtsanwalt Dr. Frankfurter vertreten, die nicht anwesenden Angeklagten, und zwar Herr Nissen von dem Rechtsanwalt Dr. Friedenstein, Herr Schlaifjer vom Rechtsanwalt Dr. Alsberg verteidigt. Dr. Zidel fühlt sich durch die Behauptungen beleidigt, die einerseits in einem Die Broschüre Nissen bestellte Arbeit" überschriebenen Artikel des Genossenschaftsorgans Neuer Weg", andererseits in zwei von Schlaikjer in der Welt a. M." veröffentlichten Artikeln Ent­hüllungen aus dem deutschen Theaterleben" aufgestellt worden find. Die Beleidigungsklage war seinerzeit bis zur Erledigung der Bickelschen Konzessionssache ausgesetzt worden, die Verhandlung hat sich dann durch allerhand Gründe weiter verzögert. Jezt wurde vom Gericht die Frage der Verjährung angeregt, da sich aus den Akten ergab, daß die bei Prezdelikten vorgeschriebene Ver­jährungsfrist von 6 Monaten durch eine richterliche Handlung nicht unterbrochen worden ist. Rechtsanwalt Dr. Frankfurter hielt diese Annahme nicht für zutreffend, ihm wurde aber von der Gegenseite widersprochen. Dr. Zidel verwies darauf, daß Herr Nissen es doch nach seinen Behauptungen in erster Reihe auf Klar­stellung der ganzen Angelegenheit ankomme, sich nun plöblich hinter einem Zufall verschanze, der es ihm nun wieder unmöglich mache, seine tatsächlichen Behauptungen vor Gericht zu beweisen. Das sei doch unbegreiflich. Die Verteidiger erwiderten, daß das Gericht die Frage der Verjährung von Amts wegen zu prüfen ver­pflichtet und die Anregung dazu nicht von den Angeklagten aus­gegangen sei.

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Das Gericht entschied, daß das Verfahren wegen eingetretener Verjährung einzustellen und die Kosten dem Privatkläger aufzu­erlegen seien.

Heiratsschwindler.

Ein vielseitiger Schwindler, der nach Verübung mehrerer Straftaten nach Wien   geflüchtet war und erst von dort ausgeliefert werden mußte, ist der Zahntechniker Willi Wettstadt, gegen den das Schöffengericht Berlin- Mitte unter Vorsitz des Amtsgerichtsrats Dr. Legenau zu verhandeln hatte.

Stille

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Einbruch in einem Pfarrhaus.

Wegen eines Einbruchdiebstahls im katholischen Pfarrhause Oberschöneweide   stand gestern der 19jährige mehrfach vorbestrafte Alexander Diekert vor der 1. Straffammer des Landgerichts II. Der Angeklagte traf, am 22. März in einem Berliner   Kaffee­lokal mit einem ihm angeblich nicht näher bekannten Mann zu­fammen und verabredete mit ihm einen Einbruchsdiebstahl im ge­nannten Pfarrhause, dessen örtliche Verhältnisse er gut kannte, da er dort früher mit seinem Vater, der dort Töpferarbeiten auszu­führen hatte, gewesen war. Die beiden Komplizen überstiegen nächtlicherweile den Zaun des Pfarrhausgartens, stiegen durch ein angelehntes Fenster in das Haus, öffneten mit einem Dietrich das Amtszimmer des Kuratus Rennoch und schlossen mit dem in einem Pult liegenden Schlüssel den Geldschrank auf. Sie erbeuteten etwa 1760. M. und teilten die Beute. Der Angeklagte hat seinen Teil bis auf einen kleinen Restbetrag von 33,50 M. sehr schnell verjubelt. Er wurde zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt.

Wochen- Spielplan der Berliner   Theater. Königl. Opernhaus. Sonntag: Margarete. Montag: Madama Butterfly  . Dienstag: Don Juan  . Mittwoch: Cavaleria rusticana. Bajazzi. Donnerstag: Die Meistersinger von Nürnberg.( Anfang 5 Uhr.) Freitag: Lohengrin.  ( Anfang 8 Uhr.) Sonnabend: Maientönigin. Der Sonntag und Montag: Unbestimmt.( Anfang Barbier von Bagdad. 72 hr)

Königl.Schauspielhaus. Sonntag: Die Quizows. Montag: Bolts­borstellung: Julius Cäsar  . Dienstag: Boltsvorstellung: Hamlet  . Mitt­woch: Ariadne auf Naxos  . Donnerstag: Volksvorstellung: Minna von Barnhelm. Freitag: Boltsvorstellung: Gök von Berlichingen.( An­fang 7 Uhr.) Sonnabend: Boltsvorstellung: Wilhelm Tell  . Sonntag: Ariadne   auf Naros. Montag: Boltsvorstellung: Wallensteins Lager. Die Biccolomini.( Anfang 7, Uhr.)

Deutsches Opernhaus. Sonntagnachmittag 3 Uhr: Fidelio. Abends: Der Mikado  . Montag: Martha. Dienstag: Das Mädchen aus dem goldenen Westen  . Mittwoch: Der Mikado  . Donnerstag: Oberon. Frei­tag: Die lustigen Beiber von Windsor. Sonnabend: Mikado. Sonntag: Martha. Montag: Das Mädchen aus dem goldenen Westen.( Anfang 8 Uhr.)

Deutsches Theater. Sonntag: Der lebende Leichnam. Montag: Ein Sommernachtstraum. Dienstag: Erdgeiſt. Mittwoch: Der blaue Bogel. Donnerstag: Hamlet  . Freitag: Benthefilea. Sonnabend: Der Montag: Ein Sommernachts. blaue Vogel. Sonntag: Fauft. 1. Teil. traum.( Anfang 8 Uhr.)

Kammerspiele. Sonntag: Einnahme von Berg- op- Zoom. Montag: Mein Freund Teddy. Dienstag, Mittwoch und Donnerstag: Die Ein­nahme von Berg- op- Zoom. Freitag: Der Arzt am Scheidewege. Sonn­abend: Mein Freund Teddy. Sonntag: Die Einnahme von Berg- op- Zoom. Montag: Mein Freund Teddy.( Anfang 8 Uhr.)

Leffing- Theater. Bis auf weiteres täglich: Alt- Wien.( Anfang

8 Uhr.)

Berliner   Theater. Sonntagnachmittag 3 Uhr: Große Rosinen. Abends und an den übrigen Tagen: Filmzauber.( Anfang 8 Uhr.)

Theater in der Königgräßer Straße. Sonntag: Das Buch einer Frau. Montag: Die fünf Frankfurter  . Dienstag: Das Buch einer Frau. Mittwoch: Die fünf Frankfurter  . Donnerstag: Das Buch einer Frau. Sonnabend: Das Buch einer Frau. Freitag: Die fünf Frankfurter  . Sonntag: Die fünf Frankfurter  . Montag: Das Buch einer Frau.( Un­fange.)

Der unverschämte. Der Arzt seiner Ehre. Allabendlich: Professor Bern­Kleines Theater. Sonntagnachmittag 3 Uhr: Lottchens Geburtstag. hardi.( Anfang 8 Uhr.)

Theater des Westens  . Abbendlich: Der Vogelhändler.( Anfang 8 Uhr.)

Montis Operetten- Theater. Sonntagnachmittag 3 Uhr: Der fidele Bauer. Allabendlich: Der lachende Ehemann.( Anfang 8 Uhr.)

Der wegen ähnlicher Schwindeleien schon vorbestrafte Ange­lagte hatte es, wie die Beweisaufnahme ergab, verstanden, mehrere heiratsluftige Damen vollständig auszuplündern, um sie dann, wenn er ihnen alles abgenommen hatte, fißen zu lassen. Deutsches Schauspielhaus  . Sonntag: Der König. Montag: Ein Bekanntschaft einer Frau J., mit der er sich, obwohl er verheiratet idealer Gatte.( Anfang 8 Uhr.) Durch ein Heiratsvermittlungsbureau machte der Angeklagte die idealer Gatte. Dienstag: Alt- Heidelberg. Mittwoch bis Montag: Ein und Familienvater war, berlobte. Unter allen möglichen Vor­Lustspielhaus. Sonntagnachmittag 3 Uhr: Cornelius Boß. Montag spiegelungen nahm er ihr dann in einigen Wochen die gesamten bis Freitag: Majolika. Sonnabend bis Montag: Der lustige Kakadu. Ersparnisse ab, die er dazu verwandte, sie mit anderen heirats-( Anfang 8%, Uhr.) Kinder zermalmen kann. Ihm fehlt die Hippe, der Vernichtung| nung, daß er uns in einigen Tagen entweder mitraffen oder ver­beraltetes Werkzeug: in ein Stahlgefäß ist das Verderben wie in schonen werde, daß dann aber der Ueberlebende wieder ruhig Pandoras Büchse eingeschlossen, das beim Aufschlagen brüllend in schlafen könne. Aber sechs Wochen lang, Tag und Nacht, dem Tode tausend Messerschneiden zerspringt. ausgesetzt zu sein, ohne Kampf, ohne die leiseste Hoffnung auf ein Die Bühnenleiter und die Dichterehrung. Zur Arno Holz  - hohles Pfeifen, daß die Granate das Rohr verlassen. Und dann uns vor die Möglichkeit gestellt, drei Tage lang aus tausend Ge­Ein dumpfer Knall aus weiter Ferne, dann verkündet ein baldiges Ende, da erschlaffen auch eiserne Nerven. Und hätte man Ehrung wollte der Bühnenverein   in seiner Generalversammlung tommt sie angesaust mit einem Zischen, als ob ein Dampfstrahl schüßen im offenen Felde beschossen zu werden, dann aber nie Stellung nehmen. Er schob die Frage aber vom Tisch herunter: von ungeheurer Pressung durch ein Ventil getrieben würde. mehr das Zischen einer Granate zu hören, wenn wir mit dem zahlreiche Theater hätten sich schon an der Ehrung durch Aufführungen Stärker und immer stärker wird das Brausen, bis in unmittelbarer Leben davongekommen, wir hätten es angenommen, mit Freuden! beteiligt. Arno Holz   macht nun im Berliner Tageblatt" nähere Nähe die Luft erdröhnt Angaben über diese Beteiligung: ein plößlicher Augenblick unheimlicher Nun begann das Versteckenspiel zwischen dem Volt und seinen " Eine Anfrage bei den Veranstaltern der privaten Samm­und krachend schmettert das zerspringende Stahlgeschoß Beinigern. Matraßen auf dem Kopf, Kinder an der Hand, so Iung" ergab:" 3ivei Theatertassen, Stuttgart   50, Oldenburg   20", ſeine ſpiken Splitter nach allen Seiten. Es gibt kein Gefühl, der zogen sie winselnd durch die Straßen, aus den beschossenen Quar­und eine weitere Bergewisserung: einige, ganz wenige," Trau. Spannung vergleichbar, die alle Nerven ergreift, wenn das Sausen tieren in solche, die im Augenblid weniger bedroht. Wie die ge­in weiter Ferne beginnt. mulus"-Aufführungen! Ich konstatiere also: man hat mich von fangenen Ratten fuhren sie im Käfig herum, von einem Winkel Der Soldat, der im Toben der Schlacht nur an Angriff und in den anderen, und lustig pfiffen die Schrapnelle hinein in die seiten der deutschen   Theater zu meinem 50. Geburtstag mit 70 M. geehrt, und im übrigen ist zu diesem Datum tein Stüd von Sieg denkt, der vorzugehen sucht, um den Feind aus seinen atemlos eilenden Menschen. Unsäglich komisch wäre diese Hekjagd mir aufgeführt worden! Denn daß eine Reprise des Stellungen zu verjagen, der selbst den Tod ins Feld hinaus- gewesen, wenn nicht die abgerissenen Arme von Kindern und " Traumulus" unter diesem Gesichtspunkt nicht zählt, versteht sich geschleudert, merkt es kaum: aber friedliche Städter, die fern vom Weibern ihre Spuren bezeichnet hätten. Die Friedhöfe füllten sich für jeden Wissenden von selbst." Kampf ihrer Wege gehen, hören es mit Grausen. Anfangs hoffen mit Gehezten, denen eine Meliniterplosion beide Augen verbrannt Der Dichter jagt, die ganze Angelegenheit wäre gleichgültig, die unglücklichen, es feien vereinzelte Schüffe, für die Verschan- oder ein Schrapnell ein halbes Dußend Knochen im Leibe zerbrochen wenn es sich nicht um einen Kernpunkt in der Geschichte unseres Tag für Tag frachen die Granaten herein und es wird deutlich, für Särge: in Laten gewidelt, wurden Bündel von Gliedmaßen zungen bestimmt, die aus Irrtum die Stadt getroffen hätten. Aber hatte. Die Friedhöfe bekamen Zuspruch; es gab nicht genug Bretter Theaters handelte," um die Tatsache nämlich, daß er den Anstoß gegeben hat, daß sich in unserem Drama eine neue Sprache daß der Feind Weiber und Kinder töten will und nicht Soldaten. in die Erde versenkt. formte. Und er schließt seine neue Kundgebung zum Kapitel Besonders nachts lieben sie es, Meliniigranaten zu schleudern, weil Dichterehrung" mit der Forderung, die er aussprechen darf und mehr Leute auf einem Fled beisammen liegen; fie fällt in ein Die Kroll Oper wagte sich gestern mit ihrem noch form­muß und für die auch im Vorwärts" eingetreten wurde: eins Bimmer, wonach Albaneſenartzehn Menschen zusammen­feiner letzten großen Dramen zum kommenden Herbst aufzuführen. gedrängt schlafen, und am nächsten Tage findet man ihre Arme losen Ensemble unbekümmert auch an Wagners" Tannhäuser  ". Das Drama Sonnenfinsternis" zunächst. und Beine in den umliegenden Straßen und ihre Eingeweide auf Wenn ein Grashupfer sich unterfängt, die Sterne zu erspringen, so Nur zehn Bühnen­den Dächern. kann man das nicht bewundernd wie eine Heldentat anschauen. leiter, die sich entschließen, und der Bann ist durchbrochen! Ich wiederhole: diese Aufführungen geschähen nicht für mich, der ich Mit dem Entsetzen der Hilflosigkeit beginnen die Unglücklichen Aber auch der grimme Zorn schweigt. Die Aufführung fam nur als Mansch und Person vollkommen gleichgültig bin und gar nicht zu ahnen, daß Europa   nichts weiß und daß es von Montenegro wenig über die niedere Welt der Grasspiben empor. Sie brachte mit glatten Worten getäuscht wird, wie so oft vorher. Da gehen nur ein plattes Ergebnis zuwege: die Gipfelungen der Leidenschaft in Frage komme, sondern im Intereffe der Weiterentwickelung Boten hinaus, tollkühne Leute, die für ein kleines Vermögen ihren in Gesang und Spiel waren wie weggejichelt. Der Tannhäuser Aber anderthalb Hundert leistungsfähige, literarisch berant- und sie lassen Flaschen die Bojana hinunterschwimmen und rufen achtenswerten Entfaltung durch; bis dahin blieb seine Arbeit alles Niemand weiß heute, wo ihre Knochen bleichen. Leonor Engelhardts zwang sich nur im lebten Afte zu einiger be­wortliche Bühnenleiter haben eben gefagt und haben zunächst ge die Menschheit um Hilfe an. Im Neh, das der vorsichtige Feind in allem theatralisch kalt. Die Elisabeth der Marcella Roeseler kniffen. Werden sich trotzdem ihrer zehn zusammenfinden, die durch den Fluß gelegt, fangen sich die Briefe, zum Ergößen der war dramatisch unreif; ein persönlich bedeutender Inhalt fehlte die Scham packt? beschießenden Soldaten. ganz, auch die Stimme gibt ihn noch nicht her. Jean Sterns Der Totentanz der Belagerten. Ein Augenzeuge der Be- Der Feind ist überhaupt in heiterer Stimmung. Als be- Landgraf( Theodor Lattermann sang die Rolle nicht) brachte es Schießung Stutaris bucht in der Neuen Freien Presse" seine Er- sondere Aufmerksamkeit erfindet er die Halbstundenschüsse". Um auch nicht zu dem Eindruck, der diese Gestalt wuchtig macht; des lebnisse. Sie sind aufpeitschend grauenboll. Er schreibt: 7 Uhr früh sauſt die erste Granate in die Stadt. Und alle dreißig Sängers Stimme versagte fast regelmäßig, wenn man Entscheidendes Wenn ich künstler wäre, so würde ich ihn mit der Feder Minuten, genau wenn der Zeiger die Etunde zeigt, folgt ihr mit erwarten mußte. Eben dies ließ auch Robert Leonhardts Wolfram zeichnen, den zischenden Tod, den fürchterlichsten im ganzen Toten- mathematischer Genauigkeit je eine bis zum späten Abend. Und nicht wertvoll werden. Das Orchester spielte die Musik strecken­tanz, den Menschen ersonnen. Auf einem blanken Stahlzylinder man weiß, daß zur festgesetzten Stunde jeder innehält in seiner weise wie im Konzertgarten herunter. Beim Nahen des Pilger­reitet er durch die Luft wie die Here auf dem Besen, mit ent- Beschäftigung und des Todes harrt, aufatmend, wenn der platende chors im letzten Afte sprangen zwei Blastöne mit einer Bucht über fleischten Armen das Geschoß umflammernd, und der schwarze Stahl den Nachbar zerrissen hat. das Tonensemble hinaus, daß man meinte, in nächster Sekunde Mantel zieht ihm flatternd nach im Winde. Seine Augenhöhlen Anfangs, folange die Geschosse einige Stunden lang zischten müsse ein Auto aus den grünen Kulissen hervorjagen. Soll man find lauernd auf die Stadt gerichtet, der er mit teuflischem Grinsen und dann Ruhe eintrat, ertrugen wir es mit Gelassenheit. Wir all dieses schweigend dulden, weil eine Sommeroper spielt? Um ausauft, und sie suchen ein Haus, in dem er zitternde Weiber und gingen in den Straßen herum und trotten dem Tode, in der Hoff- des Publikums willen, das sich zahlreich einstellte, darf man kaum

deutscher Kunst!"

Hals wagen.

Mufit.