Cndfcnbocbzdt.Sie winden ihr schon den Jungfernkranz, der Prinzessin ausdem Hause Hohenzollern, von deren berückender Holdseligkeit uns dieSchmocks der bürgerlichen Presse auf allen Märkten und Gassen so oft vor-gesungen haben, das; um ein Haar sogar wir davon überzeugt sind.Sie winden ihr den Jungfernkranz, all die hochgemuten Patrioten.von deren äußerer und innerer Holdseligkeit wir minder überzeugtsind. Sie klappen schon probend die Kinnbacken auf und zu, umdas Hurra recht tönend ans der deutschen Männerbrust aufsteigenzu lassen, sie verleihen durch eifriges Bürsten den ältesten Zhlinder-hüten einen letzten melancholischen Glanz, und die wackersten Hau-degen der Berliner Schlächterinnung üben schüchtern den Sattelsitzauf martialischen, aber frommen Gäulen, um im Festzuge an derSpitze zu paradieren. Deutschland ist in Aufregung, denn bei Kaisersist Hochzeit!Deutschland in Aufregung? ES denkt gar nicht daran. Deutschlandist froh, daß der Frühlingschimmel heiter lacht. Deutschland schautaus, ob die politischen Wetterwolken sich auch bald verziehen.Aber Aufregung wegen der Familienfeier im Schloß? Warumdenn und wieso?? Aufgeregt ist man vielleicht in den Be-zirken der geiitig Minderbemittelten, in denen die Landwehr-dienstauSzeichnung II. Klasse als hohe Ehre eingeschätzt wird, undvor allem ist die in irgend einer Hinsicht patriotische Presse auf-geregt und bemüht sich, durch lautes Geschrei Krethi und Plethi zurGarnierung der Rinnsteine ain Hochzeitstage aufzubieten. Da gibtes denn keine Ausnahmsn � von der„Kreuzzeitung" bis zum„Berliner Tageblatt" geht es, von den sogenannten unparteiischenBlättern, den General-, Lokal- und KreiSanzeigern ganz zu schweigen.Bon früheren Gelegenheiten her weiß man, daß uns nichts erspartbleiben wird. Die Firma, die die Hochzeitskutsche lackiert hat, kannman loyalen Bürgern doch beileibe nicht verschweigen, und der loyaleBürger erhebt auch berechtigten Anspruch darauf, von seinem Leib-blati mit der Nase auf die duftende Brautwäsche gestoßen zu werden— um jedes Spitzenhöschen muß er genauesten Bescheid wissen.Kurz und gut, bis zu dem Tage, da sich, gewissermaßen im Beiseinaller guten Patrioten, der Cumberländer mit elegantem Kavalleristen-satz ins Brautbett schwingt, wird sich'S, Ivohin man auch in derbürgerlichen Presse greift, schleimig und breiig anfühlen. AlleSchleusen des Byzantinismus sind gezogen.Das deutsche Volk in seinen weiten und breiten Schichten steht,so weit eS nicht von einem Schauer des Ekels geschüttelt wird, demunwürdigen Spektakel mit gelassener Ruhe gegenüber. Freilichempfinden auch wir menschlich genug, um dem Kaiserkind zuwünschen, was wir jedem Proletarierkind wünschen: daß es in derEhelotterie keine Riete ziehen möge. Aber gerade deshalb muß unsdas tolle Gebaren der bürgerlichen Presse um so widerwärtiger, umso Iviirdcloser erscheinen, da sie doch genau weiß, daß man hier nichtgeprüft hat, ob sich da? Herz zum Herzen findet, sondern daß beidiesem Paar die hohe Politik mitspricht. Wäre die Welfenfragenicht, so wäre auch diese Hochzeit nicht.Allerdings ist auch die Welfenfrage ein reichlich geheimnisvollesDing, das den Massen des deutschen Volkes im tiefsten Herzen un-gefähr ebenso gleichgültig ist wie die Skutarifrage. Die Welfenfragedatiert aus dem Jahre 18(36. Als damals die Sache der Habsburgerund ihrer Verbündeten schief ging, flüchtete der blinde König Georgvon Hannover auf das bei Rltenburg gelegene Jagdschlößchen seinesSchwiegervaters, das den Namen führte„Zur fröhlichen Wiederkunft".Dieser Name war einer jener ironischen Witze, an denen die Weltgeschichtenicht arm ist, denn für den Welsen gab e-Z weder eine fröhliche, nocheine traurige Wiederkunft in seine„angestammten" Lande, sondernBismarck, der sich später wie eine gistgeschwollene Viper gegen dieangeblich umstürzlerische Sozialdemokratie erhob, betrieb damalskaltblütig den Umsturz litt großen: er zerschlug die hannoverscheKönigskrone, die mindestens so legitim war toie die Krone Preußens,gleich einem faulen Ei und ließ samt dem Kurfürstentum Hessen,dem Herzogtum Nassau und der freien Stadt Frankfurt das König-reich Hannover verschwinden.Georg V. aber war ein starrfinniger alter Herr, der es umalles in der Welt nicht einzusehen vermochte, daß die GnadeGottes über einem von Gottes Gnaden plötzlich verlöschen könne,nannte sich deshalb ruhig weiter von Gottes Gnaden König vonHaimover und beteuerte aus seinem neuen Hoflager Hietzing, unterden Fittichen des österreichischen Doppeladlers, ab und zu in einerProklamation unverbrüchlich seine Rechtsansprüche auf das Land,das längst als preußische Provinz von Pickelhauben verwaltet wurde.Auch besoldete er, als es 1867 wegen der luxemburgischen Fragezwischen Frankreich und Preußen loszugehen schien, aufholländischem Boden die vielbesprochene Welfenlegion, die freilichnie in die Lage kam, auch nur einen Schuß loszubrennen,weil eben der deutsch-französische Krieg um drei Jahre vertagtwurde. Für Bismarck aber war diese Welfenlegion ein hoch-willkommener Vörwand, das konfiszierte Privatvermögen des Königsdauernd einzusacken und aus diesen Millionen jenen berüchtigtenReptilienfonds zu bilden, aus dem ein großer Teil der deutschenPresse mit geheimen Trinkgeldern gespeist und so bismärckisch durch-feucht wurde.Die Welfenfrage gewann eine gewisse Aktualität, als die imHerzogtum Braunschweig regierende Welfenlinie ausstarb undein BundeSratsbeschlutz vom 2. Juli 1885 den nächsten Thron-anwärter, den Herzog von Cumbcrland, ältesten Sohn Georgs V.,der Thronfolge für verlustig erklärte, wenn er sich nicht seiner An-spräche auf Hannover begebe. Da der Cumberländer dazu wenigLust verspürte, wird seitdem Braunschweig von einem Re-genten verwaltet. Nachdem nun im vergangenen Jahre derälteste Sohn des Herzogs von Cumberland gestorben ist undder zweite und letzte Sohn in die Familie Hohenzollern hinein-heiratet, erscheint— glückliches Deutschland!— die Welfenfrage„gelöst", denn wenn der Herzog selber einmal gestorben und der PrinzErnst August versöhnt ist, existiert eben kein Kandidat fürden hannoverscheu Königsthron mehr, und die Wclfenpartei, die beiden letzten Reichstagswahlen immerhin noch etwas über KKXXK)Stimmen aufbrachte, aber eigentlich nur ein Anhängsel des Bundesder Landwirte ist, kann ihre Fahne zusammenrollen und für immerim Wandschrank verschließen. Zumal wenn, wie gemunkelt wird,der BundeSratsbeschluß von 1885 umgestoßen und der Ehemannder Prinzeß Viktoria Luise auf das Dhrönchen von Braunschweiggesetzt wird.Das ist die Welfenfrage, mit der das Legitimitätsgespenst des18. Jahrhunderts im hellen Tageslicht des 20. Jahrhunderts umher-spukt. Das deutsche Volk aber in seiner Mehrheit hat sich in dengewaltigen politischen und sozialen Kämpfen der Gegenwart mitanderen Dingen zu befassen und überläßt die Gespenster vom Schlagder Welfenfrage Hofschranzen und Hoflakaien und Leutchen,die mit affenartiger Gelenkigkeit an den Stammbäumen derDynastien auf« und abklettern. Dem deutschen Volk liegtganz und gar nichts daran, ob aus der BraunschweigerHofkutsche das Denkerhaupt eines Hohenzollern oder einesWelfen herausschaut, und auch BraunschweigS Bevölkerung, dieAnno 1836 einen Welfenherzog mit faulen Eiern bis zur Grenzeseines Ländle geleitete, wird kaum den Hals recken, um einen anderenWelfenherzog einziehen zu sehen, auch dann nicht, wenn er an derSeite einer Tochter Wilhelms II. erscheint.So ist das politische Drum und Dran dieser politischen Heiraterst recht nicht geeignet, in den Massen für die Hochzeit Gefühle zuerwecken, die nun einmal nicht vorhanden sind. Im Gegenteil! DieMassen werden höchstens, wenn man von der Lösung der Welfen-frage im Brautbett viel Wesens macht, mit gemischten Gefühlen anden Umstürzler Bismarck und an seinen Reptilienfonds denken undmit einer freilich nicht dynastischen Pietät an die faulen Eiervon 1836!Die katboUfebe„Juta".Tie internationale„unabhängig e"(katholische)Telegraphenagentur„I u t a", durch die eine neue Aera desklerikalen Preßwesens begründet werden sollte, ist. wie unsaus Chur(Schweiz) gemeldet wird, pleite und wird, wenn sichnicht in den Kreisen des höheren Klerus willige Geldgeberfinden, voraussichtlich am 1. Juli ihre Pforten schließen.Im Jahre 1911 wurde mit einem gewissen Pomp dieFinanzierung der„Juta" mit einem Kapital von 2 MillionenFranken verkündet. Es gehörten danlals der Oberleitung an:Tr. Jakob Rohner, Fabrikant. Advokat Geser-Rohner. Dr.Lantpert, Professor des kanonischen Rechts in Freiburg,Ludwig Kaul, Journalist und als„technischer Berater" derSchriftsteller und Chefredakteur der„Reuen Zürcher Nachrichten" G. Baumberger— alle in der Schweiz. Obgleich dasUnternehmen vom Klerus unterstützt wurde, gingen die Ge-schäfte schlecht. Da tauchte plötzlich ein Amerikaner F. Wein-schenk als Generaldirektor auf, und nunmehr setzte eine Organisation nach amerikanischem Muster ein. Sei es, daß denHerren Aktionären dieses amerikanische, rücksichtslose Vor-gehen nicht konvenierte— sei es, daß sie die Undurchführbar-kcit des Unternehmens bereits nach einein halben Jahre ein-sahen und für ihr liebes Geld fürchteten— kurz: einesschönen Tages kaufte sich der Amerikaner den ganzen Aktien-Vom ecbtcleiitfcben famiUenlcbcn*Herr August Wilhelm Müller, Stadtreiscnder in Zigarren undSpirituosen, Mitglied der Loge zu den drei Dattelpalmen, freiwilligerAgitator des Wehrbundes und Gönner von Jung-Deutschland, anti-semitischer Wahlmannkandidat in Moabit und Hausbesitzer im Boye-rischen Viertel, sitzt mit seiner Gemahlin, geb. Lehmpuhl, Tochterdes Titular-RechnungSratS Lehmpuhl, am FrühstückStifch. Er undsie sind rein-arischer Abstammung, Abonnenten des„Lokal-AnzeigerS"und der„StaatSbürger-Zeitung", um den zwei Seelen in ihren Brüsten,der geistig'hochinteressierten und der deutschvölkisch begeisterten Ge-nüge zu tun. Mit seinen jüdischen Kollegen kann er in Fixigkeit nichtkonkurrieren, deshalb macht er das Geschäft mit Deutschtum. SeineRede für Krupp im deutschvölkischen Kegelklub„Donau" ist rühmlichbekannt geworden. Von„ungenannter Seite" ist ihm daraufhineine Bestellung auf 166 Halbliterflaschen Kümmel und 56 Kistche»„Teutschland in der Welt voran" zugegangen. Das Geschäftgeht also.Zu seinem Hause ist er auf seltsame Weise gekomnien. Er spielteeines Abends mit zwei Herren Skat, deren Aussehen ihn stutzigmachte und die sich denn auch schließlich als„Deutsche" namensMandelstamm und Silberfarb herausstellten. Mandelftanim verloran August Wilhelm Müller 7 Mark und 16 Pfennige, natürlich(!)ohne sie zahlen zu können. Als Müller aus Begleichung drang,blieb dem Mandelstamm nichts anderes übrig, als ihm sein Haus(Doppelhaus, fünfstöckig, zwei Lifts, Warmwasserheizung, Tresor,Dunkelkammer, Vacuumreinigcr, Dachgarten) im Bayrischen Viertelaufzulassen, wobei dieser Mandelstamm, seiner Bereitwilligkeit nachzu schließen, mindestens 7 M. verdient haben muß. Jetzt ist MüllerHausbesitzer, ist aber drauf und dran, sein Haus gegen zwei anderein Friedenau zu vertauschen und will diese wieder gegen eine ganze.nagelneue Villcnkolonie.„Müllers Idyll" genannt, abgeben. Aberjetzt fitzt er beim Frühstück, seiner Wichtigkeit als Wahlmannskandidatbewußt und es entspinnt sich zwischen ihm und seiner noch etwasunvollständigen Gattin folgende Unterhaltung.Müller: Heute werde ich also wieder den vereinigten Mächtendes Umsturzes und des Judentums eiitgegei, treten. Ist eS doch indiesen Zeiten der Unterwühlung der heiligsten Ideale und deS An-sturms gegen Thron und Altar...Frau Müller: Aber Manne, das haste ja gestern schon ge,agt.da in dieser Versammlung, na wie heißt sie doch, wo die 12 Leutewaren und der Rechtsanwalt...Er: Du meinst in der imposanten, von zahlreichen echtdeut,chenGesinnungsgenossen besuchten Kundgebung für den einzigen KandidatenBerlins, der national durchaus zuverlässig und ein mierniüdlicherKämpfer gegen die am deutschen VollSkörper eine unersättlicheSeuche fressende, im Dunkeln wühlende, die Sittlichkeit untergrabende,deutsche Treue und Redlichkeit verhöhnende, die höchste Stelle wieein Wall umgebende, semitische...(Hier geht ihm der Atem aus. Frau Müller benutzt die Pause,bis er wieder genügend deutschvölkische Luft geschnappt hat.)Sie: Schatz!, da steht, er habe Wollustgefühle bekommen, alsder Knabe noch ei» wenig zuckte. Das war doch sicher ein Sozial-demokrat.Er: Diese Ansicht habe ich auch gestern am Stammtisch vertreten. Aber, ist es zu glauben, ein Staatsbeamter, ein höhererStaatsbeamter, der Aktuar Schulze erlaubte sich die Bemerkung, ichsei... ich sei...Sie: Manne, um Gotteswillen, was?'.Er(dumpf):... ein Idiot! Aber er soll eS mir bezahlen!Zur fteiwilligen Jahrhundertspende des rein-arischen Stammtisches„BiSmarck-Eiche" hat er sein Scherflcin verweigert. Das soll nichtunbekannt bleibe». Ich möchte nicht in seiner Haut stecken.Sie: Aber daS ist ja fürchterlich!Er: Wahrhaft fürchterlich! Gerade in diesem Jahre der Jahr-Hundertfeier...Sie: Ja und er hat es schon oft gemacht, steht dalEr: Wo? Wo steht daS? Der Aktuar Schulze?Sie: Aber nein, der Knabenmörder l Die Kolonialwaren-Handlung hat'ne ganze perverse Kundschaft gehabt! Denk' mal an.Und in der vornehmen Gegend!Er: Das ist wieder Wasser auf die Mühlen des Umsturzes.Daß gerade im Ticrgartenviertel, wo, allerdings untermischt vonFremdkörpern, die Edelsten der Nation wohnen.....Sie: Hör nur! Bei der Zerstückelung des Jungen floß sehrviel Blut! Er hat ihn ganz kunstgerecht zerteilt! Nein, soetwas! Schatz!, bitte streich mir noch ein Brötchen, ich muß daslesen!Er: Wenn das heute mit der Wahl nur gut geht. Sonst kannich mit der neuen Schnapsmarke„KönigStreuer Moabitter" ein-packen.Sie: DaS müssen sie doch au-S dem WahIfoudS zahlen. Dukönntest eigentlich Probeflaschen im Wahlbureau ausstellen.Er: Sehr gut l DaS mach' ich! UebrigenS, wenn man nur er-fahren könnte, mit was sich der Knabenmörder so entsetzlich besoffenhat. Wenn's ein SchnapS von unserer Finna war, könnte man aufdie Etiketten drucken:„Hilft gegen die stärksten Gewissensbisse!Münzende Referenzen von Lustmördern, Brandstiftern usw."!bestand von 2 Millionen auf und nakim von allen, die W'anfänglich so lebhaft„f ü r d i e g u t c S a ch e" ins Zeug gelegthatten, auf echt amerikanische Art und Weise stummen Ab-schied. Nun schaltete und waltete Weinschenk, der zum Vati-kau in besonders guten Beziehungen stand, nach Herzenslust.Gespart brauchte mit deni Gclde nicht zu werden, denn mansprach nicht nur von den 2 Millionen Aktienkapital, sondernwußte sich in gewissen Kreisen noch von anderen Haufen„ir-dischcr Güter" zu erzählen. Es wurden damals Agentur-bureaus in München, Berlin, Wien, Karlsruhe, Zürich undspäter auch in Düsseldorf gegründet.Zunächst suchte sich Weinschenk einen Generaldirektor undseine Wahl fiel ans den Rechtsanwalt A u g u st R u m p f inMünchen(1. Vizepräsident des Katholikentages in Mainz).Tiesem war nun die Oberleitung und damit auch die organi-satorische Tätigkeit übertragen, mit anderen Worten: er alsNichts ournalist sollte das Unternehmen aus die Höhe bringen.Es gelang ihm nicht. Darauf wurde ein Holländer von Wein-schenk berufen, mn das Unternehmen zu restaurieren: dochauch dieser verschwand bald.Was an mißlungenen Versuchen und Geldausgaben ge-leistet worden ist, soll geradezu haarsträlibend sein. Es istdies ganz deutlich daraus ersichtlich, daß Weinschenk, der dochals Amerikaner gewiß an kleine Extravaganzen gewöhnt ist.nicht mehr länger zusehen will, trotzdem das Aktienkapitalnoch nicht einmal ganz aufgebraucht ist, denn laut„Bund"sollen erst etwa 799 999 Frank verausgabt worden sein. Dieersten journalistischen Hauptkräfte(Kaul, Kral, �oternbauer,Vcrvega, Cavaler, Carry) lösten sich bald vom Unternehmenlos. Kaul, ein katholischer Journalist und anfänglich Direktorder„Juta", soll laut„Sccolo" aus Gründen derTendenzder„Int a" den Rücken gewandt haben.So sind von den 2 Millionen Frank, mit denen dasUnternehmen begründet wurde, in zwei Jahren 799 999 M.verpulvert worden. Von dem Rest von 1 399 999 Frankspricht niemand. Man sucht anderweitig neues Geld. Es sollversucht werden, neues Kapital im klerikalen Lager aufzu-tteiben. Nach den bisher gemachten Wahrnehmungen scheinenaber diese Versuche erfolglos geblieben zu sein. Es darf diesals ziemlich sicher angenommen werden, denn sonst hätten die„Neuen Zürcher Nachrichten" gewiß längst der Welt die froheBotschaft verkündet, daß die„Juta". ihren Gegnern zuniTrotz, weiter„blühen" werde.Was die„Juta" nach dem Plan ihrer Gründer werdensollte, wird genau gekennzeichnet in einer salbungs-vollen, vieloersprechenden Broschüre, die iin Jahre 1919„An den hochwürdigsten Episkopat und diehochwürdigsten Ordensobern der römisch-katho-I i s ch e n St i r ch e des Erdkreises" vertraulich gesandt wurde.In diesem Programm hieß es wörtlich:„Ueber das Programm der Juta ist nicht viel zu sagen; eSist vor allem dasjenige, welches der hl. Vater, der Kardinal-staa t s s e krc t ä r und andere höchste Stellen ihren Spitzenans Herz legten: unentwegt im Dienste zu stehen der objektivenWahrheit, der Gerechtigkeit und der Unabhängigkeit. In treuerErfüllung dieser Aufgabe versteht eS sich von selber, daß dieJuta der Tendenzwirtschast der bisherigen Agenturenberichtigend entgegentritt. Es ist geschäftlich allessorgfältig in Erwägung uns Berechnung gezogen, denn man istsich vollständig bewußt, welch ungeheure Verantwortung manvor Gott und der ganzen katholischen Welt einging,indem man das Unternehmen schuf. Tann wird es noch eineandere Aufgabe erfüllen, nämlich nach und nach einen Jugend-geist heranzubilden, der das volle Verständnis fnrdie Universalität der katholischen Kirche be-sitzt. Hauptsache ist uns bleibt die Bedienung der katholi.sch e n und christlichen Presse. Dabei ist nicht zu übersehen, daß,Ivenn erst die Juta sich stärker entwickelt hat, sie ein wichtigesMittel zum Ausbau der katholischen Presse ist und zurSchaffung katholischer Blätter, wo solche nochfehlen. Wenn Episkopat und Ordensobcrc des ganzen Erdballesdem Unternehmen als Gönner �ur Seite stehen, dann erst wirdes werden, was sein Name besagt, ein wahrhaft internationales,universelles und unabhängiges Unternehmen."Trotz der vielen Beteuerungen, daß die„Juta" mit deinVatikan nichts zu tun habe, sagt man in den journalistischenKreisen der Schweiz dem Unternehmen gute Beziehungen zurrömischen Kurie nach. Bei der Ausweisung der„�nta" ansItalien erklärte der Exdirektor Ludwig Kaul einem Journa-listen, er habe seine guten Gründe, zu glauben, daß die„Juta"vom Vatikan beeinflußt sei und daß der geheimnisvolleSie: Stein, so etwas! Hör' nur:„Dem ganz das vornehmeGepräge des Tiergartenviertels tragenden Haus sieht man es wirk-lich nicht an, daß in ihm der Knabenmord begangen worden ist!"Das ist doch fürchterlich IEr: Schrecklich! Da sinken sicher die Mieten! Da sieht manwieder, von welch empörenden Folgen ein solche? Verbrechen be«gleitet ist. Da werden die Sünden des Dieners heimgesucht bis inden dritten und vierten Stock.Sie: Ach. ich möchte das Scheusal furchtbar gern mal sehen.Ob wohl in der Gerichtsverhandlung alles so ganz genau erzähltwird, so... alles, was so Menschen wachen... und ob der Jungeschon öfter und so...Er: Die Verhandlung ist doch unter Ausschluß der Oeffcntlich-keit. A. propos Ausschluß der Oeffentlichkeit! Fast hätt' ich dieWahl vergessen. Weib! Reich' mir Hut und Stock und die Likör-proben! Ich muß zum Kampf mit Gott für König und Vaterland!Sie: Vergiß auch die Kundenliste nicht! Nein, wenn in denZeitungen nur mehr darin stände, was der Ritter mit dem Jungengemacht hat. Die Hauptsache fehlt immer. Aber Dich ruft nun diePflicht. Hoffentlich setzest Du was ab.Er: Na. etwas muß doch bei der Wahl herauskommen. Also,lebe wohl! Kämpfe zu HauS für unsere gute Sache im Gebet undin der Stille!Sie: Jawohl, August Wilhelm, und von den anderen Lauf-jungen muß ich noch lesen, die auch so... so Neigungen gehabthaben.Er: Nun denn, so nehm' ich Abschied von dieser trauten Häuslichkeit,in die kein störender Laut der brutalen Offentlichleit dringt, um fürden Kandidaten deutschvölkischer Ertüchtigung und echt germanischerAbwehr aller sensationslüsternen, Misch verseuchten Kreise(er istschon auf der Treppe. Man hört noch:) Kaiser und Reich...Krupp, der Stolz Deutschlands... hundert Stück mit einen, RabattHurra, Hurra, Hurra!Sie(ihm nachrufend): Du, der Wechsel von Levy muß heutegezahlt werden!Er(von unten): Gegen die Juden, für die reine deutsche Rasse!Da muß ich erst noch ein paar Kisten„Wotan mit Buffellcder-Dcck-blatt" verkaufen!August Wilhelm Müller zieht zur Berennung deS Umsturzesaus. Frau Müller geb. Lehmpuhl setzt sich oben zurecht und be»ginnt strahlend die" Lektüre:„Ritter, der, perversen Neigungenhuldigend, sich stets an junge Burschen drängte, um mit ihnen Per-boteneS zu treiben..Sie träumt.Er kämpft gegen den Schmutz in Wort und Bild.