BeiriebSmiltelgemeliischaft nicht, bezeichnete diese abee in einemeigenen Antrag als eine Etappe. die zur R e i ch S e i s e n«bahnge meinschaft führen muß. Bis zur lleberführung derEisenbahnen in den Besitz des Reiches könnten die Bahnen im Besitzder einzelnen Staaten bleiben Und die Erträge könnten nach einemzu vereinbarenden Maßstab diesen Staaten zufließen. Gegen einederartige Lösung wendet sich freilich Preußen mit all seiner brutalenGewalt und so lange das Klasienwahlrecht besteheu bleibt, wird sichdaran nichts ändern. Die preußische Tarifpolitik ist auf die Sonderintcressen der Junker zugeschnitten, und die Sozialpolitik derpreußischen Eisenbahnverwaltung gewährt den EisenbahnarbeiternLöhne, die bis zu 200 Mark pro Jahr geringer sind als die ihrersüddeutschen Kollegen.— Der sozialdemokratische Antrag wurde mitganz schwacher Mehrheit abgelehnt, während der widerspruchsvolleZentrumsantrag Annahme fand.Einen kleinen Erfolg erzielte unsere Fraktion mit dem weiterenAntrage, der Verkehrsumleitungen, die nur zum finanziellen Vorteileines Staates vorgenommen werden, als mit dem Artikel 42 derReichsverfassung unvereinbar bezeichnet. Natürlich sind mit diesemBeschluß die Umleitungen noch nicht beseitigt, sondern die Regierungsoll eben in ihren Konferenzen mit Vertretern der anderen StaatenForderungen im Sinne des Beschlusses erheben. Sie soll weiter fürWürttemberg den ihm nach seiner Lage gebührenden Anteil amDurchgangsverkehr von Nord nach Süd beanspruchen. Dieser Berkehrist zurzeit stark von Württemberg abgelenkt durch die Vernachlässigungder Linie Berlin— Stuttgart— Zürich.Durch einen weiteren Beschluß sprach sich die Kanuner für dieErrichtung eines besonderen Verkehrsministeriums aus, dem auch derStraßen« und Wasserbau sowie die staatlichen Autolinien unterstelltwerden sollen.Von besonderem Interesse waren einige verkehrZpolitische Betrachtungen des VolkSparteilers Hautzmann, der gestand, daß manmit der Einführung der IV. Wagenklasse in Württemberg und mitder Erhöhung des Tarifs für dieselbe von 2 auf 2,3 Pf. Fiasko gemacht habe. Dabei hat die Hälfte der Mitglieder der Volkspartei fürdie IV. Wagenklasse und die ganze Fraktion für den Tarifsatz von2,3 Pf. gestimmt! Damit wird die Haltung unserer Fraktion glänzendgerechtfertigt, die vor 4 Jahren leider vergeblich alle Kräfte anstrengte,um die Tariferhöhung zu verhüten. Es wird aber jetzt ebenso schwersein, jenen Schwabenstreich wieder rückgängig zu machen, wie esschwer ist, die Fahrkartensteuer im Reiche wieder zu beseitigen.Ministerpräsident v. Weizsäcker erklärte zwar am Sonnabend, dasnächste Ziel müsse die Aufhebung dieser Steuer sein, und unsereFraktion stellte den Antrag, die Regierung möge im Bundesrat fürdie baldige Aufhebung derselben eintreten. Wahrscheinlich wirdaber dieser Antrag bei der in der nächsten Sitzung erfolgenden Ab-stimmung schon im wiirttembergischen Landtag abgelehnt werden,denn Zentrum und Bündler wollen diese VerkehrSsteuer nicht missen.Zur Jesuitenfrage.Wie halboffiziös mitgeteilt wird, befassen sich zurzeit alle be-teiligten RessortS der Bundesstaaten mit einer Klärung der wichtigenund streitigen Frage, ob landeSrcchtliche Vorschriften, die ein Reichs-gefetz aufhob, von selbst wieder bei der Beseitigung deS letzterenaufleben, was für die Stellungnahme des Bundesrats in derJesuitenftage von besonderer Bedeutung sein muß.Nach der obigen Mitteilung ist der Stand der Angelegenheitfolgender:Gemäߧ 2 der Reichsverfassung gehen Reichsgesetze denLandesgesetzen vor. Diese Bestimmungen haben in dem vor-liegenden Falle praktisch nur eine Bedeutung für Preußen undSachsen, da bei den übrigen Bundesstaaten eine Konkurrenz derReichs- und Landesgesetzgebung in bezug auf den Aus-schluß des Jesuitenorden» nicht in Betracht kommt. Inden übrigen Bundesstaaten werden Landesgesetze nur teilweisedurch das Jesuitengesetz gegenstandslos, wie'z.B. in Württemberg.Sie dürsten daher auch ohne weiteres wieder aufleben, wenndie Zulassung der Jesuiten reichsgesetzlich ausgesprochen wird.Die reichsgesetzlichen und landesgesetzlichen Bestimmungen inPreußen und Sachsen sind in bezug auf den Ausschluß derJesuiten aber gleichbedeutend. Sowohl das ReichSgcsetz, wieauch das preußische Gesetz vom Jahre 1875 bestimmen, daß.der Jesuitenorden ausgeschlossen ist. In Sachsen bestehen so-wohl verfassungsrechtliche Bestimmungen, wie außerdem nochSie Seportstlon.Auch in Deutschland gibt es Schwärmer für die Deportationder Verbrecher. Sie sind in erster Reihe in jenen Kreisen zu suchen,die auch Fanatiker deS Richtbeils sind und sich bei jeder Gelegenheitfür die Prügelstrafe einsetzen� In ihren menschenfreundlichenTräumen sehen sie schon die Sandwüsten SüdwestafrikaS und dieFiebersümpfe Kameruns von deutschen Sträflingen besiedelt, undsicher verlockt sie der Gedanke der Deportation deshalb nicht amwenigsten, weil sie hoffen, auch politische Gegner dorthin entsendenzu können, wo der Pfeffer wächst. Wenn die Liebert und Oertelund Westarp s tutti quanti an die Möglichkeit denken, etwa allesozialdemokratischen„Hetzer" und.Verführer" auf Nimmerwiedersehenübers Wellmeer zu schicken, läuft ihnen sicher das Wasser im Mundezusammen.Angesichts nun der neuerlichen Versuche, daS DeportationSsysteinauch auf Deutschland zu übertragen— Versuche, die sich bis zueiner Anregung im Reichstage verdichtet haben— ist ein Buch vonhöchstem Interesse, in dem auf Grund eingehender Studien undReisen über Wesen und Wirken der Deportation berichtet wird.Als der Verfasser, Dr. Robert Heindl, Assesior auf der Polizei-direktion München, seine Reise antrat, stand er dem Problem voll-kommen vorurteilsfrei gegenüber, lediglich als ein guter Kenner dereinschlägigen Literatur. Alö er, voll reicher Erfahrungen, zurück-kehrte, geschah c-Z als entschiedener Gegner der Strafverichickung, derdurchaus die Ansicht eines höheren Beamten in Neukaledonien teilte:„Die Deportation ist der Ruin eines Landes."Das Buch, in dem Heindl über seine Eindrücke in Neukaledonien,auf den Andamanen, in der spanischen Strafkolonie Ceuta und aneinigen gleichgearteten Orten berichtet, ist flott und flüssig geschrieben,vielleicht ein' wenig zu flott, denn mit einer gewissen forciertenSchneidigkeit legt er gern Zynismen wie den folgenden hin:.DerHausknecht deS Hotels ist, wie ich zu meinem Bedauern hörenmußte, Witwer. Der"Arme verlor seine Frau kurz vor seiner Ab-reise nach Neukaledonien, weil er sie ermordete." Dergleichen Dingesind nicht nach jedermanns Geschmack, und verraten zudem, wenn siesich wie hier häufen, einen Mangel an Gestaltungskraft und wirkeneintönig. Aber von diesen<-chönheitSfehlenl abgesehen, ist das Buchwerlvoll durch die Erkenntnisse, die es vermittelt, und wenn nebenNeukaledonien auch die anderen Berschickungsorte reichlich zu kurzkommen, genügen gerade die Erfahrungen in der französischen Ver-brecherkolonie, um alle Anhänger der Deportation ad absurdum zuführen.Grund für Grund nämlich, den sie zur Stütze ihrer Theorienvorzubringen pflegen, wird in dem HeindlsSen Buche widerlegt, nichteiner bleiöt unerörtert. Gern hängen die Anhänger des Bei-fchickunzssystems ihrer mittelalterlichen Gesinnung daS Mäntelchen•) Dr. Robert Heindl. Meine Reise nach den Strafkolonien.Mit vielen Originalaufnahmen. Verlag Ullstein u. To., Berlin, Wien.gesetzliche, nach denen alle Orden, einschließlich der Jesuiten,ausgcschlosseir sind. Es handelt sich hier also insbesondere umeine Klarstellung dahin, ob die Landesgesetzgebung, sobald dieReichsgesetzgebung von ihrem Gebiete Besitz ergreist, schlechthindauernd beseitigt wird, oder ob die Landesgesetzgebung hierdurchlediglich suspendiert wird. Im enteren Falle würde die Landes-gesetzgebung nach Beseitigung der Reichsgesetze nicht wieder auf-leben, in dem zweiten Falle dürften sie ohne weiteres wieder inKraft treten.Ein Kulturdokumeut.Die„Deutsche BergwerkS-Zeitung"(Nr. 112) enthält folgendesInserat:„Dringende Bitte!Ein unbemittelter strebsamer Naturforscher, dessen bisherigeErfolge den Beweis liefern, daß feine Tätigkeit für die Wissenschaftwertvoll ist, bittet edle Menschen um Unterstützung, um seineForschungen fortsetzen und abschließen zu können. Bei denkbargrößter Bescheidenheit sind dazu etwa 930 M. nötig, die aber ledig-I'.ch im Juteresic der Wissenschaft aufgewandt werden sollen. Müßte dieFortsetzung der jahrzehntelang mit großem Fleiß unter großen Eni-behrungen und Opfern betriebenen Forichunzen und Arbeiten, die jetztkurz vor dein Abschluß stehen, wegen Mangel an Mitteln auf-gegeben werden, so wäre das ein Verlust für die Wissenschaft.Sich zur Erlangung des kleinen Kapitals an das Ausland zuwenden, muß im Interesse der deutschen Forschung und desdeutschen NnmenS vermieden werden. Sollte die nötige Summedurch Zeichnung nicht voll gestellt werden, wird das Fehlendegegen Verpfändung sehr wertvollen wissenschaftlichen Materialsgesucht. Die diesbezüglichen Forschungen liegen auf geologischem,paläoanthropologischem Gebiet. Speziell ist es Bittendem geglückt,auf paläontologischem Gebiet Ausgrabungen und Entdeckungen zumachen, die nicht nur für Deutschland toiffenschaftlich wertvollsind, sondern in geologischer wie in paläontologischer Beziehunggleichsam eine Lücke ausfüllen zwischen Funden aus aufeinanderfolgenden Formationen Amerikas und im besonderen Englands undBelgiens.... Die Erpedition dieser Zeitung ist bereit, Gaben ent�gegenzunehmen und weitere Auskunft zu erteilen."In Deutschland werden Milliarden für den Krieg, für die Vernichtung der Kultur verbraucht, da bleibt kein Geld übrig, den leiblichen und geistigen Hunger der Wissenschaft zu stillen.Das Ende des Balkanhncgeo.Verhandlungsschwierigkeiten.London, 19. Mai. Wie das Reutersche Bureau erfährt.herrscht in diplomatischen Kreisen noch große Ungewißheitdarüber, welcher Weg für den Friedensabschluß eingeschlagenwerden wird. Es ist kein Anzeichen dafür vorhanden, daß dieVerbündeten, mit Ausnahme Bulgariens, bereit sind, dieFriedenspräliminarien in der gegenwärtigen Form zu unter-zeichnen. Es liegt Grund zu der Annahme vor. daß sowohldie griechischen wie die serbischen Delegierten von ihren Regie-rungen die nötigen Instruktionen für die in dem Friedens-vertrage gewünschten Modifizierungen erhalten haben. Dieerste Gelegenheit wird wahrgenommen werden, um eine Zu-ammenkunft der Balkandclegierten zu veranstalten, damit sieuntereinander über die von ihren Regierungen vorgebrachtenPunkte beraten und dann gemeinsam eine Entscheidung dar-über treffen, welcher Weg eingeschlagen werden soll. Bisjetzt ist noch keine Zusammenkunft der Friedensdelegiertenveranstaltet worden.Die internationalc Fiuanzkoui Mission.Paris, 19. Mai. Bezüglich der in Paris zusammentreten-den internationalen Finanzkommission berichtet der„Temps".die Treibundmächte hätten die Ansicht ausgesprochen, daß dieKriegführenden in der Konferenz lediglich eine beratendeStimme haben sollen. Die Balkanverbündeten dürften gegendiese Auffassung Widerspruch erheben. In den Kreisen derTripleentente glaubt man, daß von den Balkanstaaten, fallsdiesen nur eine beratende Stimme eingeräumt werden solle.nicht verlangt werden könne, daß sie in den Friedensprälimi-narien eine finanzielle Verpflichtung betreffs der Entschei-düngen der Pariser Konferenz übernehmen. Es sei deshalb dieder Humanität über und reden verzückt und begeistert davon, wieim Gegensatz zu Zuchthäusern und Gefängnissen, die werteschaffendeArbeit in der freien Luft einer Kolonie der Gesundheit wie demEharakter des Sträflings gleich zuträglich sei, der Besserungdiene und aus dem Gefallenen schließlich wieder ein„geachtetes Mit-glied der menschlichen Gesellschaft" mache. Nun steht es aber leidermit der Gesundheit der Deportierten genau wie mit ihrer werte-'chaffenden Arbeit, ihrer Besserung und der Achtung, die sie sich er-ringen: alles vier existiert nur in der Phantasie der DeportationS-ichwärmer. An der Hand statistischer Tabellen weist Heindl nach,daß, auf die gleiche Zahl Sträflinge ausgerechnet, die Ziffer derKrankheitStage sich belauft inNeukaledonien franz. Zuchthäusernfür daS Jahr 1900 auf 109 303 auf 86 300... 1902. 102 260. 84000... 1904. 93 479. 74 800Dabei ist das Klima NeukaledonienS verhältnismäßig idealzu nennen. In der Fieberhitze von Neu-Guyana, daS man nichtumsonst die„trockene Guillotine" genannt hat, sterben Jahr fürJahr, wie die amtliche Statistik offenbart, 8, 9. 10, 11, 12. ja 14und 13 vom Hundert aller Sträflinge.„Todesstrafe", sagt Heindlmit Recht,„ist humaner als solche Vivisektion."Was die Besserung angeht, betonen die Verfechter der Deportationmit besonderer Vorliebe, daß in einer Strafkolonie für eine ganzeMenge von Delikten die Möglichkeit fehlt. �„Dem Münzverbrecher,"chreibt etwa Wagner in seinem Buch„Die Strafinseln",„fehlt es anzeeigneten Metallen und Werkzeugen, dem Notzüchter an weiblichenOpfern, dem llrkundenfälscher an Papier und Federn, dem betrügen-chen Bankrotteur an vertrauensseligen Gläubigern, dem Bahn-lefährder an Schienengleisen usw. usw." Demgegenüber betontHeindl, daß Sittlichkeitsdelikte in Neukaledonien sehr häufig vor-kommen, Urkundenfälschungen ebenso häufig wie in anderen Ländern,Brandstiftung, Betrug und Unterschlagung keineswegs unbekannteDinge sind— auch von Münzverbrechen hat man schon gehört.Hemmungslos aber tobt sich das Laster der Päderastie aus. demwohl jeder verfällt, daS gerade die jüngeren Elemente als um-wordene„Königinnen" in feuien Bannkreis zieht, und das so wiederzrr Ursache zahlreicher Leidenschaftsverbrechen wird. Tie Kriminal-tatistik von Neukaledonien berichtet für ein Jahr von 36 Fällen vonMord und Totschlag bei einer Kopfzahl von 9800 Sträflingen. InLondon müßten, die gleiche VerbrechenSziffer vorausgesetzt, jährlich33 000 Morde begangen werden, statt wie in Wirklichkeit 10 bis 20.Daß der deportierte Sträfling sich wieder in die Achtung derGesellschaft" emporarbeften könne, ist, wie Neukaledonien zeigt, einNonsens. Jeder Freie kennt den Freigelassenen und keiner würdemit ihm auch nur Gruß und Händedruck lauschen: die bestraftenVerbrecher, die freigelassen in der Großstadt leicht untertauchen undhier vielleicht noch einmal ein neues Lebe» beginnen können, gehörenin der Strafkolonie ein für allemal zur Kaste der Verfemten undGeächteten, denen sogar der Eingeborene mit schwer verhohlenerVerachtung begegnet. Die meisten suchen denn auch, statt den Versuchzu machen, sich„emporzuarbeiten", ihr Heil in der Flucht. Auchmit der von den DeportationSschwärmern gerühmten Sicherheitgegen Entkommen ist es nichts. Bis 1904 waren nach NeukaledonienRede davon, den Wortlaut der VräUmmarien dabin abzuän»dern. daß eS heißt: Die Pariser Konferenz hat die Aufgabe, diefinanzielle Frage zu„prüfen", statt zu„regeln". Fernerwird gemeldet. Oesterreich-Ungarn habe den Vorschlag ge»macht, daß alle Entscheidungen der Finanzkommission ein-stimmig gefaßt werden müßten.Tic Räumung Albaniens durch die Türkei«Äonstantinopel, 19. Mai. Die Heimbeförderung der tür-kischcn Truppen aus Albanien begegnet Schwierigkeiten vonfeiten Griechenlands, das anfänglich seine Zustimmung ge»geben hatte, jetzt aber Einwendungen erhebt. Aus diesemAnlaß haben zwei Mächte bei der Athener Regierung Schritteunternommen. Die Truppen sollen in Beirut an Land gesetztwerden. Die ursprüngliche Llbsicht, einen Teil der Truppenin den Häfen des Schwarzen Meeres auszuschiffen, ist infolgedes Widerstandes Bulgariens aufgegeben worden«Tic Situation in Armeilien.Genosse P a r v u s schreibt uns aus K o n st a n t i n o p e l:Die Armenier sind in Angst und Sorge und suchen die Auf-mcrksamkcit Europas auf sich zu lenken. In der lehren Zeit brachtenauch türkische Zeitungen Nachrichten über eine verdächrige Gärungunter den Kurden und erhoben warnende Rufe. Jetzt ist die lritischeSituation offiziell anerkannt und die arnienische Frage ist damitauf die Tagesordnung gekommen, von der sie nicht so leicht ver«schwinden wird.Ein Memorandum, das dem Großwesir Mahmut Scheskat Paschavom armenischen Patriarchen und von Delegierten des armenischenNationalvereins überreicht wurde, läßt sich in seinen Hauptpunkten sozusammenfassen:1. Es wird eine mündliche und schriftliche Agitation fürArmeniermassakerS getrieben. Beweis: Das Herumreisen von JagubDschemil und HoSrow, beide bekannt feit den Metzeleien von Adana.Die Agitation anderer bekannter Pogromleute. Die Propagandader Zeitung„Papagan" in Mersina und anderer lokaler Blätter.2. Die Kurdenchefs halten gemeinsame Beratungen zu einemunbekannten Zweck ab. Beweis: Die Zusammenlünfte der Kurden-chefS in Diarbekir, die von Mehmed Bey, dein �okn deS Bali vonBitliS, in Gharsan einberufene Versammlung der kurdischen Stammes-Häuptlinge.3. Gewisse lokale Behörden schließen die Augen vor den Machi-Nationen der kurdischen Agitatoren oder leisten ihnen sogar Vorschub.Von dem Vali von BitliS wird behauptet, daß er die kurdischenMörder und Räuber frei herumlaufen lasse, dagegen unschuldigeArmenier verfolge. Vom Vali von Adana heißt es. daß er imregen Verkehr mit den kurdischen Pogromagitatoren stehe.Als Indizien der sich vorbereitenden Metzeleien wird angeführt,daß die Muselmanen, die unter den Armeniern wohnen, ihre Häuserverlassen und sich in die muiclmanischen Viertel flüchten.Insbesondere beklagen sich die armenischen Bauern, daß sie vonden Kurden an den Landarbeiten verhindert werden und ohne Waffensich überhaupt nicht mehr aufs Feld oder in die Nachbardörfer zugehen trauen.Daß die türkische Regierung diesen Zuständen ein Ende setzenmöchte, daran ist nicht zu zweifeln. Aber erstens sind die Provinz-behörden Asiens von der Regierung in Konstantinopel nicht allzusehrabhängig, zweitens müssen diese Behörden mit dem Einfluß derKurdenchefs rechnen, drittens muß auch die Zentralregierung selbstmit der Macht der Bandenchefs rechnen, woraus sich ihre schwacheund schwankende Politik ergibt.Außerdem ist die m u s e l nr a n i s ch e Bevölkerung tatsäch-lich durch den a l l e r ch r i st l i ch e n F e l d z u g, den die Balkan-staaten so glorreich durchgeführt halten, stark erregt worden.und der armenische Patriarch besürchtel mir Recht, daß die vomKrieg zurückkehrenden R e s e r v i st e n in die entlegenen asiatischenProvinzen wo sie die Herren sind, einen fanatischen Christen-haß mitbringen werden.Clngani.Noch ein Panama.Budapest, 18. Mai.(Gig. Ber.) Für die neugeschaffeneLandwehrartillerie—- eine große„nationale" Errungenschaft—hat der Staat jetzt ein ziemlich wüstes Gut, für daS langekein Käufer aufzutreiben war. um 5-150000 Kronen gekaust.Das oppositionelle Blatt„Pesti Rapla" teilt jetzt mit, daß die22 000 Verurteilte deportiert, Fluckitverftichc wurden unternommen13227, von denen 944 gelangen. Während also rund 4'/z Proz. derDeportierten entkamen, betrug die Zahl der Flucht versuche inden französischen Strafanstalten nur 0,1 Prozent.Und nun zu der vielbenannten„wertcschaffenden Arbeit". DieArbeit der Sträflinge gleicht im Wesen der Sklavenarbeit und in derTat gab eS eine Zeit, wo die neukaledonischen Verurteilten wie Sklavenverschachert wurden und ihre Arbeitskraft einen Handelsartikelbildete. Im Jahre 1873 verlangte ein Engländer namens Higginsonvon der Regierung wegen einer Vertragsverletzung Schadenersatzund erhielt ihn in Sträflingsarbeitstagen ausbezahlt, d. h. die Straf»Verwaltung verpflichtete sich, ihm zwanzig Jahre hindurch je drei»hundert Sträflinge zu liefern und für ihre Verpflegung und Ueber»wachung selbst zu sorgen. Der industriöse Mister Higginson ver»kaufte diese Sträflinge an eine Gesellschaft zum Abbau von Nickelweiter und löste aus diesem Sklavenhandel ein schönes«rück Geld.Das ist ein Fall von mehreren Fällen des MenschenschacherS, wieer durch die Kritik des Partaments jetzt abgestellt ist, ohne daßnatürlich die Arbeit der Sträflinge in eine andere ethische Kategorieeingerückt wäre. Daß mit Sklaven statt mit freien Arbeitern zuarbeiten, aber heute ein nationalökonomischer Unsinn und ein ver»schwenderiscker LuxuS ist, zeigt die Tatsache, daß ganz Neukaledoniennach fünfzigjähriger KolonisierungStätigleit nicht mehr alö 150 Kilo-meter Straße besitzt und daß der Kilometer der Regierung auf60 000 Fr. zu stehen kommt I Nicht mit Unrecht betont Heindl.„daß die Arbeit von zehn Sträflingen nicht annähernd der-jenigen eines einzigen freien Manne» gleichkommt". Nichtviel anders geht es mit der Elite der Freigelassenen.denen ein Stück Land zur Bebauung überwiesen wird.Von rund 1300 Konzessionären. über die eine Statistikaus dem Jahre 1891 berichtet, waren nur 13 Proz.„gut", von 49 Proz. konnte man annehmen,„daß siesich eine Existenz schaffen werden", über 13.3 Proz. läßt sich dasUrteil der Enquetekommiision noch zweifelhafter aus und von24 Proz. heißt es,„desinitiv verloren für die Strafkolonisation".DaS ist ein klägliches Ergebnis, und seit dem Jahre 1891 haben sichdie Dinge noch verschlechtert. Der Durchschnittswert der Produkteeiner Konzession beläuft sich im Jahre aus ganze 439 Frank, unddaS auf dem besten, fruchtbarsten Boden, auf dem die Kleeäckerneunmal im Jahre gemäht werden können!Nach allem versteht man die Fragen, die Heindl sich beim Be-treten NeukaledonienS vorlegt, aus der Verwunderung heraus,„daßdie Hauptstadt des metallreichen, gesunden Neukaledonien nachfünfzigjähriger Kolonisation über das EntwickelungSstadium einesaustralischen BuschstädtchenS noch nicht hinauSgediehen war:„Woranmag das liegen? Was lähmt die Unternehmungslust dieser Herr-lichen Kolonie? WaS hält den freien Einwanderer von diesem Landdes ewigen Frühlings ab?" Und man hat auch die Antwort: dieDeportation!Aber unsere DeportationSfanatiker wird natürlich die Bilanzdieses Werkes trotz alledem nicht eine« Besseren belehren, wie auchalle Argumente gegen die Prügel- und Todesstrafe sie nicht vonihrem reaktionären Blödsinn abbringen können.Hermann Wendel.