.In denjenigen Bezirken, in welchen die UrWahlen in Formvon Fristwahlen vorgenommen worden sind, finden im Laufedieser Woche die Stichwahlen für die Wahlmänner statt. Auf-gäbe unserer Partei mutz es sein, überall dort, wo die eigenenKandidaten zur Stichwahl stehen, alles daran zu setzen, um siezum Siege zu bringen. Wo aber die Kandidaten der Fortschritt-lichen Volkspartei ausgefallen sind, gilt es, zu der-hindern, datz die Reaktion bei den Abgeordnetenwahlenden schließlichcn Erfolg davonträgt. Danach solltenunsere Freunde überall handeln, wo die Wahl schwarz-blauer Kandidaten in Frage kommt."Das sei. so lamentiert die„Deutsche Tages-Atg.",„dieglatte Aufforderung von Partei wegen, gegebenenfalls auchdie Sozialdemokratie zu unter st ützen, direktoder indirekt, und was für die Wahl männerwahlengilt, wird dann wohl für die Abgeordnetenwahlenerst recht gelten sollen". Auch die„Kreuz-Ztg." ergeht sichin ähnlichen Klagen.In ihrer Abendausgabe tut dann die„Deutsche Tages-Zeitung" wieder so, als sei es den Junkern total gleichgültig.ob sie ein paar Mandate mehr oder weniger eroberten. Zu-gleich aber sucht sie dem Freisinn vorzureden, datz er beieinem solchen Vorgehen keinen besonderen Gewinn habenwerde, da er doch auch in einigen Wahlkreisen der bürgerlichenHilfe bedürfe. Da das Junkerorgan jedoch vermutet, daßder Freisinn bei der Berechnung seiner(Hiancen doch wohl zueinem anderen Resultat kommen könnte, droht es ihm nnt„Folgerungen für die allgemeine Behandlung". Das„Dämpfungsabkommen" sei schon die„unwürdigste politischeHandlung unserer modernen Parteigeschichte" gewesen. Setzeder Freisinn aber diese Politik fort, so könne er nur noch„alsder rechte Flügel der Sozialdemokratie angesehen werden".Die Möglichkeit, ein Dutzend Mandate zu verlieren, istden Junkern so auf die Nerven gefallen, datz sie nicht eimehr den Fluch der Lächerlichkeit scheuen!»Auch die Nationalliberalen haben nun schleunigst eineoffizielle Stichwahlparole ausgegeben, die so formuliert ist:„Im Hinblick auf die im Laufe dieser Woche stattfindendenWahlmännerstichwahlen(Fristwahlen) verweisen wir auf denBeschlutz des 4. Preutzifchen Vertretertages der NationalliberalenPartei in Hannover am 6. April d. I., der wie folgt lautet:„Der 4. Allgemeine Preußische Vertrctertag spricht die Er-Wartung aus, datz bei den kommenden preutzifchen Landtags-Wahlen die Wahlkreisorganisationen und die Kandidaten gegen-über der Sozialdemokratie keinerlei Verpflichtungen über-nehmen."Im Sinne dieses Beschlusses liegt es, datz überall dort, woWahlmänner anderer bürgerlicher Parteien inStichwahl mit sozialdemokratischen Wahlmännern stehen,die nationalliberalen Wähler unbedingt für die bürger-lichen Wahlmänner eintreten."Stichwahlen.Das Ergebnis in Pinneberg-ElmShorn wird von den Fort-fchrittlern noch immer angezweifelt. Das Landratsamt hat fest-gestellt, datz für Graf v. Moltke(Frei!.) 207, für Fegter(Vp.) 121und für v. Elm(Soz.) 122 Wahlmänner gewählt seien. Diefortschrittliche„Elmshorner Zeitung" ist nun mit der Ausschaltungder Fortschrittler aus der Stichwahl gar nicht zufrieden, sie schreibt:„Nach unseren Feststellungen hat unser Kandidat Abg. Fegter122. eventuell noch einen bis ztoei Wahlmänner mehr erhalte»,während für den sozialdemokratischen Abgeordneten v. Elm 121gezählt werden." Die Abgeordnetcnwahl wird schon die Klarheitbringen, die Hauptsache ist, datz dann die Fortschrittlcr nicht ver-sagen.In Bielefeld stellt sich nach den Stichwahlen das Resultat wiefolgt: Sozialdemokraten 235, Fortschritt 114, Nationalliberale 290,Ehristlich-Soziale 101, Konservative 330 Wahlmänner. Stichwahlzwischen Sozialdemokraten und Konservativen.In Braadcnburg-Wcsthavelland kommt die Sozialdemokratiehart an die Stichwahl; es wurden gewählt: 179 Sozialdemokraten,18l Fortschrittlcr, 45 Nationalliberale, 365 Konservative. 4 Wahlmänner sind noch in det Stichwahl zu wählen.In Lregnitz-Goldbcrg-Haynau haben die Fortschrittler bei denStichwahlen 22 Wahlmänner gewonnen. Das Gesamtergebnisstellt sich nach dem„Liegnitzer Anzeiger" nun folgendermaßen dar:272 Liberale, 272 Konservative, 62 Sozialdemokraten.Danach wäre Wahlmännergleichheit zwischen Liberalen und Konser-vativen vorhanden. Der„Liegnitzer Anzeiger" bemerkt hierzu, daßdie Resultate vom Lande bis jetzt noch nicht amtlich mitgeteilt seien.Im Wahlbezirk Knssrl-Witzenhnusen sind nach den bisherigenFeststellungen gewählt worden: 154 Deutschsoziale, 81 Fortschritt-liche und 58 sozialdemokratische Wahlmänner.Im Wahlkreise Flensburg ist nach vollendeten Stichwahlen dasResultat folgendes: Der Nationallibcrale hat 202, derfortschrittliche Kandidat Wittrock 142, der Sozialdcmo-krat 65 Wahlmänner erhalten. Also Stichwahl zwischen Fort-schrittlern und Nationalliberalen.Eine Erinnerung.Aus Aulatz der Anwesenheit des Kronprinzen bei Elöffnung derJahrhundertfeier-Ausstellung in Breslau erinnert die Breslauer„Bolkswacht" an das erste Auftreten des damals noch sehrjugendlichen Herrn gegen die Sozialdemokratie vorzehn Jahren. Damals fühlte fich auch der erst 20jährige Krön-Prinz berufen, in die Angriffe auf die Sozialdemokratie mit ein-zustimmen, die die vom„Vorwärts" veröffentlichte Kruppaffäre derPartei zuzogen. In dem weltverlorenen Städtchen O e l s, in demder Kronprinz ein Schloß besitzt, wurde eine Arbeiter- Depu-tation zusammengetrommelt, die dem Kaisersohn die Ergeben-heit der gesamten deutschen Arbeiterschaft ver-sichern mußte. An diese richtete der Kronprinz dann denbekannten Erlaß, daß er sich freue, daß„keine Gemeinschaftzwischen Euch und jenen Elenden(gemeint war dieSozialdemokratie) bestanden hat oder je bestehenwird", und daß Wilhelm II. über die„treue Gesinnung, dieEuer Wortführer heute gelobt, freudige Genugtuung'empstmden habe und daß ihm„dieser Tag unvergeßlich'bleiben werde.Die Kundgebung deS jugendlichen Thronfolgers erregte damalsgroßes Aufsehen. Im Reichstage mußte sich der Sohn Wilhelms II.eine kräftige Antwort durch Genossen Bebel gefallen lasten.Jetzt berichtet nun die„Bolkswacht", daß der Sprecher jenerArbeiterdeputation, der Tischler Selig. Mitglied des Holz-arbeiterverbandes und der sozialdemokratischenPartei war. Auf die Weigerungen SeligS, die ihm zugemuteteRolle zu übernehmen, wie sich überhaupt an der Deputation zubeteiligen, wendete sein damaliger Arbeitgeber ein, daß er dereinzige sei, der in OelS den Mund auf tun könne.Auch fürchte er als Arbeitgeber große geschäftlicheNachteile, wenn Selig sich weigere, das Amt zu übernehmen,Selig sagte schließlich zu, da er wegen schwerer Krankheitund de? zu fürchtenden Terror der Patrioten an einer anderen Unter«kunft verzweifelte.Vielleicht, so schließt die„Bolkswacht" die Erinnerung, machtjemand jetzt einmal den Kronprinzen darauf aufmerksam, wie naheer damals den„Elenden" war und wie gute Fortschritte dieBewegung der Elenden in Oels und im ganzen Reiche in dieserZeit gemacht hat!_Herabsetzung der Altersgrenze.Wie die„Berliner Volkszeitung" erfährt, ist im Reichsamt deSInnern eine Vorlage bereits ausgearbeitet, durch welche die Herab«setzuna der Altersgrenze für die Erreichung der Altersrente von70 auf 65 Jahre verfügt wird. Diese Vorlage hat jedoch im Reichs-tag bisher nicht eingebracht werden können und kann auch einst-weilen nicht eingebracht werden, weil man noch nicht weiß, woherman das Geld für die Durchführung nehmen soll. Zuerst sollten dieMittel gewonnen werden durch die Leuchtölvorlage; da deren Ver-abschiedung jedoch in der nächsten Zeit nicht zu erwarten ist undandere Quellen nicht gefunden werden können, ist diese Verzögerungzu einer Notwendigkeit geworden.Wenn es sich um Militärforderungen handelt, dann ist mannicht so verlegen um eine Quelle, aus der man schöpfen kann. Dorthandelt es um Milliarden, hier aber würde man schon mit einemAufwand von etwa 12 Millionen Mark auskommen können.Sommertaguug des preußischen Landtages.Das preußische Abgeordnetenhaus wird noch in der erstenHälfte des Monats Juni zu einer Session, die auf dreiTage berechnet wird, zusammentreten, um das Präsidium zuwählen, das den Landtag bei der Feier des Regierungs-jubiläums des Kaisers vertreten soll.Abermals die„Affenkomödie".Wegen Beleidigung des Abgeordnetenhauses wird sich am Frei-tag, den 23. Mai, vor der elften Strafkammer des Landgerichts IGenosse Wachs zu verantworten haben. Bekanntlich wurde Ge-nossc Wachs am 9. November des vorigen Jahres als verantwort-licher Redakteur des„Vorwärts" zu 200 M. Geldstrafe verurteilt,weil durch den Artikel„Eine reaktionäre Affenkomödie" das Junker-Parlament angeblich beleidigt worden sein soll. Die von Wachs ein-gelegte Revision wurde vom Reichsgericht verworfen. Dagegenwurde der Revision des Staatsanwalts stattgegeben, der zwei Mo-nate Gefängnis beantragt und gegen obiges Urteil Berufungeingelegt hatte. Die Sache wurde zur nochmaligen Entscheidungund Verhandlung an die Vorinstanz zurückgewiesen.Das Sncle des ßalhantmcges.Stellungnahme des Balkanblindes zu denFriedensverhandlungen.London, 21. Mai. Wie das Neutersche Bureau erfahrt,haben die Delegierten der verbündeten Balkanstaaten heutevormittag eine Sitzung abgehalten, um die Abänderungen derin der gestrigen Sitzung der Botschastervereinigung skizziertenFriedenspräliminarien zu redigieren. Wenn derEntwurf fertiggestellt sein wird, wird er Sir Edward Greydurch den Delegierten Nowakowitsch überreicht werden. DieVerbündeten wünschen neben den anderen bereits erwähntenPunkten eine genauere Bestimmung der Funktionen derPariser.Finanzkommission. Man glaubt allgemein, daß dieAbänderungen derart sein werden, daß sie ohne Schwierig-keiten angenommen werden können, sei es in der Form vonZusicherungen, sei es in der Form von redaktionellen Acnde-rungen des Entwurfs._Oeftemieb.Die auswärtige Politik vor dem Parlament.Wien, 21. Mai. Abgeordnetenhaus. In der fort-gesetzten ersten Lesung des Budgetprovisoriums wandtesich der tschechische Agrarier Stanick gegen die äußere PolitikOesterreich-Ungarns. Die Monarchie dürfe auf dem Balkan nichtmit Gewalt auftreten, wenn sie sich Freunde schaffen wolle. Sichätte mit den Balkanstaatcn einen Vertrag schließen sollen, datz diealbanesischc Küste unbefestigt bleibe. Ein künstliches Albanienwerde den Frieden auf dem Balkan nicht sichern. Auch die innerePolitik der Monarchie müsse der nationalen Zusammensetzung desStaates angepatzt sein. Die Tschechen wollten einen Ausgleich, abernicht um jeden Preis, sie wollten die.Gleichberechtigung beiderVölker in den böhmischen Ländern.Der Christi ich-Soziale Stöcklcr erklärte: Unsere auswärtigePolitik war vollständig im Recht, unsere Interessen zu wahren undzu sichern. Wir begreifen nur nicht die Geheimnistuerei des Aus-wältigen Amts während des Krieges. Die militärische Bereitschaftwar absolut notwendig, um uns vor Ueberraschungen zu schützen.Sozialdemokrat Dr. Adler verwies auf die große Wirt-schaftliche Not der breiten Bevölkerung undwarf der Leitung der inneren Politik vor, daß sie fortgesetztMißgriffe begehe. Heute wisse man, daß die K r i e g s g e-fahr nicht von außen, sondern von innen ge-kommen sei, daß sie eine fingierte, vomLiterarischenBureau herbeigeführte sei. Wenn die Monarchiezu Beginn des Balkankrieges den Balkanstaaten volle Freiheitihrer Aktion gelassen und von ihnen nur ein selbständigesAlbanien mit Skutari verlangt hätte, so wäre dieses Zielwahrscheinlich billiger, ohne kriegerischen Aufwand zu er-reichen gewesen. Die Sozialdemokraten hätten nur dieschärfste Verurteilung der Politik dieser Regierung.Der italienische Abgeordnete P i t a c c o protestierte gegen diefortschreitende Slawisierung Triests und des Küstenlandes, welcheden Zielen des Bündnisses mit Italien zuwiderlaufe. DaS Ver-halten der Regierung und der Parteien zur italienischen Rechts-fakultät sei illoyal und könne nicht ohne Rückwirkung auf die öffent-liche Meinung Italiens bleiben.frankmch.Eio«euer Block?Paris, 19. Mai.(Eig. Ber.) Herr Caillaux hat aufdem gestrigen Bankett der radikalen und radikalsozialistischenPartei seine Ministcrrcde gehalten. Was die in die parla-mentarischen Verhältnisse Eingeweihten schon lange wußten,ist nun offen deklariert: er ist der Mann, der zur NachfolgeBarthous bestimmt ist, wenn es der Opposition der Linkengelingt, in der Militärfrage zu siegen.Darum mußte in der Rede Eaillaux' vor allem seineStellung zu den Heeresprojekten interessieren. Sie ist etwashalbschlächtig, und Genosse Jaurös darf heute in der„Humanits" von ihr mit Recht sagen, daß sie im Vermitte-lungsvorschlag einer— mehrere Monate dauemden—„Ber-längerung" der Dienstzeit die Argumentation der Militaristenmehr rechtfertige als zurückweise. Aber im ganzen hat Caillauxüber die Organisation der nationalen Verteidigung in einerDemokratie, über den Gegensatz der„bewaffneten Nation" zurBerufSarmce und über die gereckte Verteilung der Lasten desMilitarismus ganz vortreffliche Sätze gesagt, die zeigen, wieturmhoch der französische Radikalismus, tvcnigstens in seinenDoktrinen, über dem deutschen Liberalismus aller Schattte-rungen steht.Bestimmter als die Caillauxschen Erklärungen klangendie Ausführungen des ehemaligen Ministers Doumeraueüber die Wiederherstellung des Blocks. Manhat über diesen Gegenstand in der letzte» Zeitviel geschrieben und diskutiert. Im„Courrier Europeen"haben sich auch angesehene Politiker der geeinigtcn sozio-listischen Partei darüber geäußert. Nicht jeder denktdarüber so hitzig wie H c r v s, nicht so optimistischwie Genosse Albert ThomaS, der loyal fein Festhalten amMinisterialismus bekennt. Aber auch Compöre-Morclund Baillant sind der Ueberzeugung, daß das Ziel, diePläne der militaristischen Reaktion zu vereiteln, das Zu-sammengehen mit der bürgerlichen Linken rechtfertige. Inder Tat, die Situation ist heute keine andere als in derDrehfuskrise oder vielmehr, sie ist für die Demokratie nochgefährlicher, da seither ein bedeutender Teil der bürgerlichenIntelligenz zur Reaktion abgeschwenkt ist und die anti-parlamentarischen Stimmungen in allen Klaffen die republi-konischen Energien geschwächt haben. Doumerque sprachzuerst etwas wehleidig über die Taktik der Sozialisten, dieden Radikalen einige Mandate weggenommen, aber dafür der„Republik" Schaden angetan habe und meinte, daß beiunseren Genossen schon eine bessere Erkenntnis platzzugreifenscheine. In Wahrheit haben die französischen Sozialistennichts zu bereuen. Wenn sie mit der bürgerlichen Linken sooft in Konflikt gekommen sind und sogenannte„radikale"Ministerien aufs schärsstc bekämpft haben, so geschah dasdarum, weil die Politiker des französischen Radikalismus so-gar die demokratischen Interessen der von ihm vertretenenSchichten aus Machtgier und in ihrer Verstrickung in diekapitalistische Korruption preisgegeben hatten.Sie werden die geringe Meinung von der Zukunft desRadikalismus behalten und dennoch in die Lage kommenkönnen, die bürgerliche Linke zu unterstützen. Auch einMinisterium Caillaux, wenn es die Aufgabe, gegen die Mili-taristen Front zu machen, die Intrigen des neue Hoffnungschöpfenden Klerikalismus zu hintertreiben und die stecken-gebliebene Sozialgesetzgebung ein Stück vorwärts zu treiben,ernst nehmen wird. Man braucht sich über Caillaux keineIllusionen zu machen. Auch er ist ein Mann des Großkapi-tals. Aber er repräsentiert Finanzkreisc, die die Steigerungihrer Profite aus dem wachsenden Vertrauen auf die friedlicheEntWickelung der Geschäfte erwartem Und weil gegen ihnals den Unterzeichner und Befürworter des Marokkoabkommensdie ganze Meute der nationalistischen Kläffer losgelassen ist,so stellt er sich schon dadurch als der Vertreter der Gegen-tendenz, als Anhänger einer phrasenlosen, nüchternen Friedens-Politik dar. Die deutsch-französische Annäherung hat in ihmsicher keinen prinzipiellen Gegner, wenn er auch, so wenig alsirgendein Franzose, welcher Partei immer, Lust dazu habenwird, offizielle Schritte zu ihren gunsten zu tun, so lange dieDrobung der Ausnahmepolitik über Elsaß-Lothringen schwebt.Die Radikalen brauchen also nur zu wollen, und die Hilfeder Sozialisten ist ihnen für eine Politik der demokratischenHeeresrcform, der längst fälligen Aufgaben auf sozialhygieni-schem und sozialpolitischem Gebiete und des internationalenFriedens sicher._Opposition gegen den Kriegsminister.Paris, 21. Mai. Kriegsminister E t i enn e erklärte gesternim Budgctausschuß der Kammer bei der Begründungder Kreditvorlage von 400 Millionen, die für die Zurückbehaltungder Jahresklasse erforderlichen Matznahmen seien so dringenderNatur, daß er es auf sich genommen Habe, die Ausgaben unverzüglich und auf seine eigene Vergntwortong zu machen. DieseErklärung rief bei den Radikalen und Sozialisten große Erregunghervor. Eine von den Sozialisten Sembat und THömaS beantragte Resolution, durch welche der Minister aufgefordert wurde.keinerlei Ausgaben vorzunehmen, bevor die Kammer die erforder-lichen Bewilligungen erteilt habe, wurde mit 9 gegen 8 Stimmenabgelehnt.JaureS greift'den Kriegsminister in der„Humanite"lebhaft an und bezeichnet dessen Borgehen als ungesetzlich. DieKammer werde zu erklären haben, ob es als eine erlaubte undregelmäßige Sache anzusehen sei, datz der Kriegsminister auf seineeigene Autorität hin den Kredit von 400 Millionen verwendet.Italien.Ein neuer sozialistischer Abgeordneter.SI»m, 19. Mai.(Eig. Ber.) Im Wahlkreise Oviglio inder Provinz A l c s s a n d r i a, in dem durch den Tod des bis«herigen Abgeordneten eine Ersatzwahl nötig geworden war, ist derParteigenosse Rechtsanwalt Sciorati gewählt worden. Er kammit dem klerikal-konfervativen Kandidaten in Stichwahl, wobei diebürgerlich-radikalen Elemente ihre Stimmen dem Sozialisten zu-wandten, der 4515 gegen 3763 Stimmen erhielt. Der Wahlkreis,der borwiegend ländlich ist, wurde zum erstenmal pon unsererPartei erobert.Dänemark.Der Wahltag.Kopenhagen, 21. Mai.(Privattclegramm des„Vorwärts".) Der Wahltag hat faktisch die Er«Wartungen der Optimisten gerechtfertigt.Die vor drei Jahren angestrebte Mehrheit der Radikalen undSozialdemokraten ist, falls das endgültige Wahlergebniskeine Korrekturen der bis jetzt bekannten Resultate bringt.nunmehr zur Tatsache geworden. Es sind gewählt(die Zahlenin Klammern bedeuten die bisherige Fraktionsstärke): 43(66)Liberale, 3 2(24) Sozialdemokraten, 31(29) Radi-kale, 7(13) Konservative und 1(1) Wilder. Damit sind dieKonservativen in der Zweiten Kammer vollständig ab-getan; sie können bei der jetzigen Parteikonftellation nichteinmal das Zünglein an der Wage bilden. Denn dieMajorität beträgt 58 Stimmen, Sozialdemokraten undbürgerliche Radikale(etwa der deutschen Gerlachgruppe gleich)haben aber zusammen 63 Mandate.Dies Ergebnis der Wahl hat aber eine noch größere Be»deutung. Es zeigt, daß schon die jetzigen Wähler nichtnur die W a h l r c f o r in des alten B c r n t s e nbilligen, sondern daß sie die Unzuverlässigkeit des sichum den früheren Staatsminister Christensen gruppierendenrechten liberalen Flügels erkannt und daher sozialdemokratisch-radikal gestimmt haben. Die Wähler billigen also vollaufdie Tätigkeit der beiden Parteien miteinem radikalenWahlrechtsprogramm, sie haben dafür Sorge ge-tragen, daß die Wahlrefornivorlage Berntsens, die schon vonder Kammer angenommen ist, das mindeste dessen wird, wasdurchgeführt werden soll.Es fragt sich nun, was die nächste Folge ist? Ob KlausBerntsen selbst am Ruder bleibt und seine Vorlage durch-ührt, oder ob er einem radikalen Ministerium Platz macht.Vieles spricht für das Verbleiben Berntsens, bis die Wahl-reform erledigt ist. Aber noch sind natürlich keine Eni»scheidungen der Pateien getroffen.