Nr. 127. 30, Jahrgang.1. Stildfit des Jotmirts" fietlintr WsdiM.S-Nkg. 25. U«> 191B.Die Cailallefeier der berlinerflrbeiterlcbaft.Es war ein guter Gedanke, die Gestaltung der Versammlungen zur Gedenkfeier der Gründung des AllgemeinenDeutschen Arbeitervereins der Bildungsorganisationder Partei zu überlassen. Das war an sich schon ein ficht-bares Zeichen, an dein der Abstand von damals und heutegemessen werden konnte: einst dieser eine kleine Verein, vonWenigen ersehnt, von Einem ins Leben gerufen, von denMassen, denen er geschaffen war, kaum gekannt, noch wenigerbeachtet— heute die Millionen umfassende, in allen Lebens-sunktionen der Proletarierklasse wirkende Bewegung, dielängst den engen Bau der reinen Parteiorganisation ge-sprengt hat, deren Strom sich stets verbreitert und inimmer mächtigeren Teilen hinströmt; einst in der Haupt-stadt ein winziges Häuflein Unbemerkter und heute diegesammelte Macht, die sich eben wegen ihrer Stärke dczentra-lisicren muß und die es ohne Angst um ihre 5kraft tunkann,— die nicht nur für den Kampf um den Einfluß imStaat, nicht nur für den um mehr Anteil am Ertrag derArbeit und für den um preiswürdige Lebensmittel ihre eigenenOrganisationen mit allen ihren zahllosen und sinnvollen Ver-zweigungen hat, sondern die nun auch dazu gelangen konnte,das Bildungswesen der Arbeiterklasse selbst und aus eigenerKraft auch ausreichend zu regeln.Dann aber hob die Tätigkeit des Bildungsausschusscs denAbend hinaus über eine Art von Volksversammlungen ausbesonderem historischen Anlaß und machte ihn zur Feier.Das taten nicht nur die Chöre und Rezitationen, die überallam Beginn und am Ende standen, dazu trugen auch dieReden bei.Gerade bei L a s s a l l e s Reden und Schriften, die sichzu� so erheblichem Teil mit Preußen beschäftigen, ist esbesonders schade, daß der harte Kampf, die Not des Tagesuns gar so selten dazu kommen lassen, in sie uns zu ver-senken. Daß wenige Fahre nach seinem Tode Bismarck dasDeutsche Reich mit dem von Lafsalle geforderten allgemeinenund gleichen Wahlrecht zusammenklammern werde, konnteLassalle nicht wissen. Sein Schlachtruf vor fünfzig Jahrengalt der preußischen Wahlreform, die heut noch nicht ge-macht ist und die der Oberjunker bewußt durch die Ein-führung des Reichstagswahlrechts für ein als recht ohn-mächtig gedachtes Parlament in dämmerigen Hintergrundschob. So sind Lassalles Worte über das allgemeine,gleiche, direkte und geheime Wahlrecht für uns heutelebendigste Wahrheit— und waren es besonders an einem Tag,wo Berliner Richter durch die Verhängung von Gefängnis-strafen das— Ende des„Junker"- und„Geldsackparlamcnts"herbeiführen wollten....Und sind Lassalles Worte über den infernalischen Charakterder i n d i r e k t e n S t e u c r n, die die Insassen des Käfigsder Kapitalsherrschaft noch den Wärter bezahlen lassen, derihre Unfreiheit bewacht, heute weniger wahr und darum aucherschütternd, als in den sechziger Jahren? Hat dieses Systemder Tücke seither nicht einen glanzvollen Aufstieg gefeiert inden Taten der Schwarzblauen und raunt es nicht wieder inden Gängen und Zimmern des Reichstags von neuen Plänender Volksauswucherung fiir Rüstungszwecke, auf daß wir inein paar Jahren dem Selbstherrscher aller Reußen noch mehr»imposante deutsche Manneskraft" in Untertänigkeit vorführendürfen, als das in diesen Klimbimtagen ruhmreich geschehen?Daran konnten die Redner nicht vorbeigehen: des Gegen-satzes zwischen dem höfischen Brimborium vor der Staffagedex Gaffer und der Gedenkfeier des Volkes an den erstenWeckruf für die deutschen Kapitalssklaven wurde überall ge-dacht. Und da uns in diesen Tagen bald wohl noch mehrdie schwarzweiße Preußengloire um die Ohren geschlagen wird,um uns zu betäuben, blieb auch nicht unerwähnt, wie diesergute, liebe, musterhaft wohltätige Staat die Masse seinerwerktätigen Bewohner von dem Beginn ihres selbständigenl Lebens an gereizt, verfolgt, gepeinigt hat, wozu nun auch'stnmer mehr noch die neue Junkermethode der Verhöhnung'tritt, die mit Arbeitergeld die Arbeiterjugend ihren Elternund ihren Interessen entfremden ivill, die ungeniert daszweierlei Recht zum Staatsgrundgesetz erhebt, den Polizeileutnant zum Parlamentspräsidenten und das Volk in Waffenzur Garde der Scharfmacher und Streikbrecher machen möchte.Der kapitalistischen Ausbeutung und der ihr stets sorestlos geleisteten preußischen Staatshilfe galt der Kampfdes Einen von der Assisenrede bis zum Offenen Antwortschreiben und bis zu dem Triumphzug von Ronsdorf. DieMillionen, die heute in seinem Geist gegen die gleichen Feindekämpfen, haben ihn nicht vergessen!*Die Sozialdemokratie Groß-Berlins hatte 14 solcher Feiernarrangiert. In allen wurden Festreden gehalten. Unsere stimm-begabten Genossen verschönten die Feier durch Fcstgesang.Und auch der Prolog, der überall gesprochen wurde, trugviel dazu bei, die Zuhörer in eine gehobene Stimmungzu versetzen. Der Besuch der Veranstaltungen war glänzend.Es gab nicht wenige Genossen, die da fürchteten, unsere Genossen undGenossinen, die eben die schwere Arbeit der Landtagswahlbewegunghinter sich haben, würden nicht so zahlreich erscheinen wie es er-wünscht ist und wie man eS von den Genossen gewöhnt ist. Um somehr können wir unserer Freude Ausdruck verleihen, daß allegehegten Befürchtungen gegenstandslos waren. Die Arbeiterschaft ließ es sich nicht nehmen, in Massen die Veranstaltungenzu besuchen, zum großen Teil in Feiertagskleidung, wodurchschon an sich etwas Festliches in die Veranstaltungen getragen wurde.Besonders zu erwähnen ist auch, daß überall viel Frauen an-wesend waren und daß die männliche und weibliche Jugend sehrzahlreich herbeigeströmt war, um aus berufenem Munde Schilde�rungen über den Werdegang der Partei entgegenzunehmen. In allenSälen, die wir besuchten, saßen wir— oft in drangvoll fürchterlicherEnge— jung und alt, Kopf an Kopf mit begeisterten Augen denstimmungsvollen Darbietungen folgend oder den interessanten Aus-führungen der Redner mit angeregtester, gespanntester Aufmerksamkeitlauschend.Nun noch einige Einzelheiten über die verschiedenen Veran-staltungen.In Happoldts Brauerei in der Hasenheide war dergroßen Saal bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Festrede hielthier Genosse Wissel!, während der Gesangverein Kreuz-berger Harmonie durch seinen schönen Gesang die Anwesendenerfreute. Besonders erwähnt muß noch die überaus geschmackvolleSaaldekoration werden, die dem architektonisch schönen Saal einfeierliches Gepräge verlieh.Der große Saal des Gewerkschaftshauses war bis aufden letzten Platz besetzt, als die Versammlung durch Chorgesangvom Gesangverein„Liberte" eingeleitet wurde. Der Prolog wurdevom Genossen Gustav Winkler gesprochen und Genosse P f a n n-k u ch— einer unserer ganz Alten— konnte den Anwesenden vielInteressantes über die Entwicklung der Parteibewegung sagen.In K e l l e r s F e st s ä l e n, Koppenstraße, waren der große Saalund die Galerien vollständig besetzt. Mit Aufmerksamkeit und Be-geisterung lauschte man auch hier den GefangSvorträgen— Gesang-verein Fichte Georgina—, dem wirkungsvollen Prolog und deninteressanten Ausführungen des Referenten Genossen Wurm.Der Saal der Brauerei Friedrichshain— einer dergrößten Versammlungssäle Berlins— war bis auf den letzten Platzbesetzt. Die Gesangsvorträge hatten hier die Thiloschcu Chöreübernommen, während das Referat Genosse EduardBernstein erstattete. Die Stimmung in der Versammlungwar vorzüglich.Als wir das Saalgebäude der Brauerei König st adtbetraten, scholl uns stürmisches Händeklatschen entgegen, das demGenossen H a a s e galt, der hier das Referat übernommen hatte undgerade in kraftvollen Worten seiner Meinung über das gegen-wärtige Preußen Ausdruck verlieh. Die Sangesabteilung Norden Iwar es, die das Festlied sang.Der große Saal war auch hier überaus stark besetzt.Die G e r m a n i a- F e st s ä l e in der Chausseestraße warengleichfalls das Ziel von Tausenden. Hier hielt Ritter den Vor-trag über die Geschichte der Partei, während der Gesangverein NeuErwacht die Feier durch Gesang verschönte und der Genosse MaxM a h l e r den Prolog wirkungsvoll rezilierte.In den Pharus-Sälen in der Müller st raße hattenwir Schwierigkeiten, überhaupt in den Saal zu gelangen, da hierdie Polizei den Saal wegen Ueberfüllung absperren muhte. DieTische hatte man zum großen Teil aus dem Saale entfernt. Abertrotzdem reichten die Sitzplätze nicht entfernt aus für die Massen.die erschienen waren, um der Jubiläumsfeier beizuwohnen, undviele, sehr viele mußten sich mit einem Stehplatz begnügen.Genosse Däumig war es hier, der unter dem Beifall der über-füllten Versammlung die Festrede hielt. Mit Dank wurden auch der Prologund die GesangSvorträgs der Gesaugvereine„Lerche" sowie„Gesund-brunner Harmonie" aufgenommen. Nicht ganz so stark besucht wardie Veranstaltung im'Moabiter G e s e l l s ch a ft s h a u s inder Wiclefstratze, obgleich auch hier der Saal vollständig gefüllt war.Mit großem Jnleresse folgten die Anwesenden den interessantenDarlegungen des Genossen H e in e, dessen Ausführungen lebhaftapplaudiert wurden. Beifall fanden auch sowohl der Sprecher desPrologs wie die Gesangsvorträge dos Männerchors Moabit.Der große Saal bei Bartsch, Neukölln, Her-m a>i n st r a ß e, war viel zu klein, um allen Erschienenen Unterkunftzu gewähren, und so mußlen denn viele furchtbar eingekeilt miteinem Stehplatz vorlieb nehmen. Die Festrede, die Genosse Legtenhielt, wurde mit Begeisterung aufgenommen und auch die Gesangs-Vorträge des Männerchors Neukölln sowie die Rezitationensanden lebhaften Beifall.Auch in Charlottenburg waren viele Männer und Frauendem Rufe der Partei gefolgt und so war der große Saal des Volks-hauseS rasch gefüllt. Den Vortrag hielt hier Genosse PaulHirsch, während die Liedertafel- Charlottenburg durch Gesangs-aufführungen erfreute.In Schöneberg waren die Rathaussäle zu der Veranstaltungausersehen und als die Gesangsvorträge des SchöneberaerMännerchors die Feier einleiteten warder Saal dicht besetzt.Reserent war hier Genosse Scheid e m a n n, der in wirkungs-voller Weise die wesentlichsten Vorgänge der 60 Jahre vor den Zu-Hörern Revue passieren ließ.In Lichtenberg war der ,S ch w a r z e A d I e r' bis auf denletzten Platz gedrängt voll. Das Referat erstattete hier Genosse Pieck,während Genosse Kastle r den Prolog sprach und der Männer-ch o r S ü d- O st den Festgesang absolvierte.Das G e s e l l s ch a f t S h a u s in der Kreuzstratze zu P a n! o w,in dem die Genossen von Pankow-Nieder-Schönhausen die Feier be-gingen, war gut besucht. Den Vortrag hielt hier Genosse D u p o n t,dessen Ausführungen mit lebhafte« Beifall begrüßt wurden.Auch die Rezitationen sowie die Gesangsvorträge der Lieder-freunde Pankow fanden ein dankbares Auditorium.£lus Industrie und ftandd*Gegen die deutschen Ausfuhrprämien.Die durch das deutsche Einfuhrscheinsystem geförderte Getreide-ausfuhr nach Rußland und Finnland erregt schon seit langem denZorn der ruffischen Produzenten und den Wunsch nach einer Gegen-Maßregel. Die Einführung besonderer Zölle ist dazu besondersempfohlen worden. Erst kürzlich fand in Petersburg eine Dele--giertenkonferenz wirtschaftlicher Körperschaften zur Beratung überMaßnahmen zur Verhinderung ausländischer Getreideeinfuhr nach>Finnland statt. Dort haben die meisten Konferenzteilnehmer denStandpunkt vertreten, daß die Einführung besonderer Zölle aufdas nach Finnland eingeführte Getreide und Mehl ohne Rücksicht;auf Deutschland jederzeit geschehen könne, da nur für eine allge-meine Abänderung des ftnnländischen Zolltarifs die im geltendenHandelsvertrage vereinbarte vorherig« Benachrichtigung Deutsch»lands mit längerer Ansagefrist(2 Jahre) obligatorisch sei.— Sokommt vielleicht wenigstens ein ausländischer Staat den deuffchenKonsumenten zu Hilfe, um sie gegen den gesetzlich konzessioniertenGetreidcwucher zu schützen!_Der Stahltrnst im Welthandel.Durch die Vernehmungen von Angestellten des amerikanischenStahltrusts im Prozeß wegen Vergehen des Trusts gegen die Sher-man-Akte(Antitrust-Gesetzs werden allerlei interessante Einzel-heiten über den Machtbereich und die.Gcschäftsmanipulationen einessolchen Riesengebildes bekannt. So sagte nach der„Köln. Ztg."James A. Farrell, der Präsident der Steel Corporation, folgendeskleines feuiUeton.Tos verschwindende Waterloo. Man schreibt uns aus Brüssel:Es gibt jetzt Leute in Belgien und wie es scheint auch in England,die sich sehr um Waterloo sorgen. Die Presse bringt Zuschriften,schon gibt es„Meinungen", die Deputierten des Wahlkreises, zu demWaterloo gehört, sprechen beim Minister vor— mit einem WortWaterloo ist in die gefährliche Sphäre der„Fragen" gerückt. Eshandelt sich darum, ob Waterloo„erhalten" werden soll. Es zeigtsich nämlich, daß auch die Ebene um Waterloo, wie man in solchenFällen zu sagen pflegt, dein Zeitgeist seinen Tribut zollen muß, derallen historischen, militärischen und sentimentalen Interessentenzum Trotz das Schlachtfeld von Waterloo als Bauterrain zu wertenbeginnt. Auf dem blutgedüngten Boden hat man längst mit Kelleund Spaten zu wirtschaften begonnen. Haus um Haus— mankann hier auch sagen Wirtshaus um Wirtshaus— ist aus demSchlachtfeld emporgewachsen. Darob große Auflegung bei dem undjenem Oberstleutnant, bei etlichen Blättern und auch einigen umden Frcmdcnbesuch besorgten zivilen Autoritäten, die über Prosa-uation, Störung des Aspekts, ja sogar über an der Militärwisscn-ichaft verbrachte Untaten klagen. Was speziell diese betrifft, soscheint die Sache mehr als übertrieben, denn was zu studieren undzu berechnen war, ist reichlich geschehen und die Aufnahmen deskartographischen Instituts dürften auch die wissensdurstigsten Ossi-ziere befriedigen. Was aber die„Profanation" des Schlachtfeldesbetrifft, die eine höchst verdächtige bürgerliche Ideologie anruft, sowäre sie schlechthin zu ertragen. Die Heilighaltung des Schlacht-selbes ist weniger eine Ehrung der Toten als eine Verherrlichungdes Kriegswahnsinns und zudem eine ästhetisch und sentimental dra-pierte Spekulation, auch in der Richtung des Fremdenverkehrs....Denn es ist schon möglich, daß das„entweihte" oder vulgär ausgc-drückt verbaute Waterloo die englische Fremdenflut etwas ein-dämmen könnte. Aber daß die dicht wohnenden Belgier ein gutesStück freier Erde, das niemandem nützt, brachliegen lassen sollen,weil sich die reifcbedürftigen Ladies und Gentlemen von jenseitsdes 5!anals Wellingtons Taten von kreischenden Führern an Ort undStelle demonstrieren lassen wollen, ist vielleicht kein zureichenderGrund für die„Erhaltung" des Schlachtfeldes von Belle-Alliance.Immerhin, die Zeiten ändern sich. Waterloo, Waterloo!hlorne plainc!(düstere Ebene) sang Victor Hugo. Heute fährtman mit der Trambahn von Brüssel nach dem Schlachtfeld vonBelle-Alliance. Wirtshäuser mit mehr oder weniger historischenNamen umlagern die„Butte"(Hügel) mit dem Löwen, in dessenRachen Schwalben hausen; und ein„Panorama" bietet die Jllustra-tion zu den Erläuterungen des Fremdenführers über die„Stel-lungen" der Armeen Napoleons, Blüchers und Wellingtons... Fehltnur noch der letzte Kulturftreich— das Kino für den Film vonWaterloo. Ein smarter Victor Hugo würde schließlich auch aufzu-treiben fein. Oh,„rnorne plainc!,",.,Ein neuer Tchiffstyp. In dem Streben, im Schiffsbetriebeeinen möglichst hohen Grad der Wirtschaftlichkeit zu erzielen, hatman auch in der Gestaltung des Schiffskörpers die mannigfachstenVersuche gemacht. So hat man in den letzten Jahren auf Grundverschiedener Vorversuche ein Schiff mitgewellter Außen-haut konstruiert, über das Dr. Michaelsen im neuesten Heft der„Umschau" nähere Mitteilungen macht. An beiden Schiffsseitenlaufen zwei Wülste von etwa 1,2 Meter Breite und etwa 0,30 MeterHöhe, die gleichzeitig als Schlingerkiele dienen und die einen sehrgünstigen Einfluß auf die Bildung der Bug- und Heckwelle habenund so die am Heck auftretenden Wirbelbildungen, die die Propeller-Wirkung hemmen, bis zu einem gewissen Grade unterdrücken. BeiVersuchen an Modellen mit glatter und mit gewellter Außenhauthatte sich die überraschende Tatsache ergeben, daß der Widerstandbei den letzteren um 16 Proz. geringer war, und so ging mandazu über, ein Schiff von 4600 Tonnen, die„Monitoria", zubauen. Bei Vergleichsfahrtcn, die mit der„Monitoria" und einemgenau entsprechenden Schiff mit glatten Seiten unternommenIvnrden, ergab sich, daß die„Monitoria" bei 10 Knoten Fahrt und100 Pferdestärken Maschinenleistung 410 Tonnen beförderte,während das glatte Schiff unter denselben Bedingungen nur 350bis 369 Tonnen schleppte. Die„Monitoria" wies also eine Mehr-leistung von 14,5 bis 17 Proz. auf. Dabei ist die Ouerstabilität desSchiffes sehr gesteigert; sobald einer der Wülste auftaucht, nimmtvas aufrichtende Moment plötzlich zu, und die so erzielten weicherenBewegungen des Schiffes werden überdies noch durch die schlinger-dämpfende Wirkung der Wülste unterstützt. Wichtig ist ferner dieMaterial- und Kostenersparnis, da durch die gewellte Außenhauteine größere Steifigkeit gegen Belastung in horizontaler Richtunggegeben ist, so daß der Spantabstand auf ein Vielfaches gesteigertist. Bei dem zweiten Schiff dieses Typs, der„Hyltonia", hat mandadurch diixBaukosten um 32 000 M. verringern und die Lade-fähigkeit um 80 Tonnen steigern können. Hierzu kommt noch eineErsparnis an Kohlen, die ebenfalls dem Ladegewicht zugute kommt.Der Ursprung des neuesten Gesellschaftstanzes. Ueber denUrsprung des„Tango", der jetzt in den Salons aller HauptstädteEuropas so sehr beliebt ist, macht ein„Wissender" im„Journal"bemerkenswerte Mitteilungen. Er definiert den aus Argentinieneingeführten Tanz als den Bauchtanz, der nicht von einzelnen Per-fönen, sondern paarweise getanzt wird, und erzählt, daß er direktaus dem„Froschviertel" in Buenos Aires stamme; dieses Viertel isteines der schmierigsten und gefährlichsten Stadtteile der HauptstadtArgentiniens: es lebt dort aller Abschaum der menschlichen Gekell-schaft, gewesene und werdende Zuchthäusler. Die unheimlichenSchenken, in denen dieses Volk verkehrt, zeichnen sich durch seltsamenSchmuck aus: sie sind fast alle mit Ueberresten alter Petroleum-können bedeckt. Neben den originellen Bauwerken befinden sich dieSchuttabladestellen der Hauptstadt. Und hier leben die argentinischen„Apachen", eigenartige Kreuzungen von Lateinern und Indianern,von brauner Gesichtsfarbe, glatt rasiert, mit stark pomadisiertenHaaren. Der von ihnen erfundene Tango, den sie mit ihren Frauentanzen, ist nichts anderes als ihr musikalisch rhythmisierter Gangden sie mit allerlei recht eindeutigen Gesten begleiten. Für euro-päische Salons ein herrliches Vorbild!Musik.„Lohengrin" bei Kroll. Sogenannte»Sommeropem�sind immer mißliche Unternehmungen. Händelt eS sich jedoch umAufführungen Wagnerscher Werke so darf sich die Kritik ander Anerkennung selbst der redlichsten Absichten nichtgenügen lasten. Angesichts dieses dritten Wagners läßt sich keinFortschreiten zum Besseren konstatieren. Im Gegenteil. Die Regiearbeitet mangelhaft. Und zwar gleich von Anfang. Von lebhafterBewegung der Chöre keine Spur. Damen wie Herren, Krieger,Edelfrauen. Pagen stehen wie Oelgötzen. Dann die Besetzungdes Orchesters. Wo blieben die von Wagner vorgeschriebenen Klang-cffelte: Teilung der Geigen, Benutzung von drei Flöten, dreiKlarinetten ulw.? Es klappte nicht recht. Die Tempi,gerade im letzten Akt gegen den Schluß hin werden vielzu überstürzt genommen.'Es kam keine weihevolle Stimmungauf— oder doch nur momentweise.Unter allen Mitwirkenden ragte Frida Langendorff stimm-lich wie darstellerisch um Hauptes Länge hervor. Ihre Ortruderinnert an die stärksten Vertreterinnen dieser Rolle, an eine Terninaoder Emanuela Frank. Das war eine Bravourleistung! MarcellaR o e s e l e r(Elsa) fehlt es zurzeit noch am echtwagnerischen dra-matischen Akzent in der Stimme und gänzlich an Spiel. Begäbesich die offenbar noch jugendliche Anfängerin in die Hand eineseisern strengen Regisseurs, so verspräche sie wohl einmal eine guteElsa und tüchtige Kraft zu werden. Robert vom Scheidt(Telra-mund) und Leonor Engelhardt(Lohengrin) vermochten nurteilweise wirllich Treffliches zu geben. Hingegen offenbarte RudolfM o e st(König) edle bassistische Vorzüge; und Karl Rudow sangden Heerrufer gleichfalls sehr gut. Zum Schlüsse gab es»großenBeifall— allein das hat nicht viel zu bedeuten. Es bleibt dabei:diese Aufführung war kein Ereignis!«. k.Notizen.— Ein archäologischer F u n d von großer Bedeutungist bei Pra dello Fercha, tu der Nähe von Aosta gemacht worden.Bei Ausgrabungen wurde das Skelett eines Mannes aus demBronzezeitalter zutage gefördert, das eine Länge von 6 Fuß besitzt.An den Beinen befinden sich große Ringe mit Inschriften, die nochnicht entziffert werden konnten. Das Skelett wurde dem TurinerMuseum überwiesen.— Frankreich auf einer deutschen Aus st ellung.Die Vorlage der französischen Regierung, die einen Kredit von493 500 Fr. fiir die Teilnahme Frankreichs an der Leipziger Aus-stellung für Buchgewerbe und graphische Kunst im Jahre 1914 fordert,ist zur Annahme gelangt.— Der Goldfund bei Ebers>v aide Ivurde S. M. vondem Chef des Messingwerkcs zur Verfügung gestellt.— Aron Hirschwird dafür einen Orden bekommen.