Dachdecker.SluSsperrung in Leipzig . Die Dachdeckermeister Leip- zigS haben sämtliche Dachdecker, sowohl die im Zentralverband wie auch die in der Lokalorganisation organisierten, ausgesperrt, weil sie einem Tarifentwurf nicht zustimmten, der für die Arbeiter Verschlech- terungen brachte. Es wird gebeten, Leipzig zu meiden. In der Nürnberger Portefeuilleindnstrie ist eS wiederum zu einem Tarifabschlusi zwischen der Vereinigung der Lederwarenfabrikanten Deutschlands und dem Verband der Sattler und Portefeuiller ge- kommen. Trotzdem der Geschäftsgang seit IS Jahren noch nicht so schlecht war als gegenwärtig, gelang es doch, ohne Arbeitseinstellung die Mindestlöhne um 1 M. zu erhöhen, für alle Zeitlohnarbeiter und Arbeiterinnen eine Lohnerhöhung von 2 Pf. pro Stunde ab 1. Sep- tember 19l3 und 2 Pf. ab I.März ISIS zu erreichen. Die auf Zeit- lohn Beschäftigten erhalten die auf Wochentage fallenden gesetzlichen Feiertage zur Hälfte, alle aufAkkord beschäftigten männlichen mit 2,S0M. und weiblichen Arbeiter mit 1,2S M. pro Feiertag vergütet. Wegen der Bezahlung der Ueberstunden, des Akkordlohntarifes, des Wartens auf Zuschnitt, der Schlichlungskommission usw. gelten die Bestimmungen des Reichstarifes. Die an sich nicht großen Erfolge finden ihre Er- klärung in dem schlechten. Geschäftsgang und den rückständigen Ver- Hältnissen in den übrigen Gewerben Nürnbergs . Erst wenn diefe einigermaßen nachgekommen sind, wird es den Portefeuiller» möglich sein, mehr zu erreichen. Was sie bereits haben, danken sie ihren guten OrganisationSverhSltnissen, denn alle Portefeuiller und Portefeuille-Arbeiterinnen sind freigewerkschaftlich organisiert. ElnsUna. Tas Ende der Mailänder Streikbewegung. Rom , 31. Mai 1313.(Eig. Ber.) Nach einigen unruhigen Tagen. in denen man eine Ausdehnung des Streiks auf die gesamte Arbeiterschaft drr Stadt befürchtete, ist der Mailänder Sympathie- streik dadurch beigelegt worden, daß die Besitzer der Automobil- fabriken sich bereit erklärten, mit ihren Arbeitern zu unterhandeln. Die Ausdehnung des Automobilftreiks auf alle Metallarbeiter, und die Versuche, auch die anderen Ardeiterkategorien zum Niederlegen der Arbeit zu veranlassen, war gerade durch die Weigerung der Unternehmer veranlaßt worden, mit dem streikenden Personal der Automobilfabriken nicht zu verhandeln. So be- zeichnet die Bewegung, die ganz von den Syndikalisten ge- leitet war und im Gegensatz zu dem Rat der Arbeiterkammer und der sozialistischen Parleiseklion auf den Generalstreik hingedrängt hatte, insofern einen Sieg, als sie die Einschüchterung der Unter- nehmer und der Behörden erreicht hatte; mißlungen war sie aber insofern, als sich die Arbeiterklasse nicht bereit gefunden hat, auf das Signal der Syndikalisten hin den allgemeinen Ausstand zu proklamieren. Eine ernstere Störung der Ordnung ist nur während des partiellen Streiks der Trainbabner erfolgt. Während der zwei Tage dieses Streiks wurden die Traniwagen von der Kavallerie bedeckt! die Streikenden versuchten auch durch Errichtung von Barri- kaden den Verkehr zu hemmen. Als eine Gewalttat der Polizei ist eS zu bezeichnen, daß diese den Vorsitzenden des Streikkomitees, den Syndikalisten Corridoni, verhaftete, weil er für die Ausdehnung des Streiks Propaganda machte. Da der Streik nicht strafbar ist, kann auch die Propaganda für den Streik nicht verboten sein. Vor allem war die Verhaftung CorridoniS und anderer im Vordergrund der Bewegung stehenden Syndikalisten eine kolosiale Dummheit der Polizei, die zu ernsten Unruhen hätte führen können. Es hat den Anschein, als ob gerade dieser Uebergriff der Polizei, der die Gefahr einer energischen Reaktion nahelegte, die Unternehmer zum Nachgeben veranlaßt hat. Legen yütteozsdeitei'schllt?. Mit einem nicht zu überbietenden Eifer hetzt die Werkspresie ! legen den von der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften ge- orderten Hüttenarbeiterschutz, über dessen zwingende Notwendigkeit aber auch in den Kreisen der ernsthaften Sozialpolitiker kaum noch ein Zweifel besteht. DaS gerade reizt die Werksjournalisten, Gegengründe scheffelweise anzufahren. Jedoch: blinder Eifer schadet nur! Das müssen auch die Hüttenbarone erleben. Ihre zungen Leute verderben ihnen schließlich doch den Brei, sie schlagen mit jedem neuen Grund gegen Hüttenarbeiterschutz die anderen durchschlagenden Gründe zu Boden, oder aber deren Haltlosigkeit liegt klar zutage. Zuerst operierte man mit der schweren Be- lastung der Industrie; weitere Lasten zu tragen sei unmöglich. Die Geschäftsberichte der Aktiengesellschaften, deren glänzende finanzielle Entwicklung, die steigenden Ausschüttungen an die Aktionäre, werfen solche Einwände aber unbarmherzig zu dem Ge- rümpel abgetaner Argumente. Die früher oft erhobene Bedenken — zum Schein erhoben—, kürzere Arbeitszeit verführe zu Wirts- ' Hausbesuch und sonstigen schädlichen Ausschweifungen, ist zu ab- genutzt. Damit läßt sich schon gar nichts mehr machen. .Stimmt'S?' Er schwingt die lange Peitsche. .König, Gott und Baterland I' Wählbar ist ein jeder Deutsche, Doch gewählt wird Heydebrand. Von der Weichsel bis zur Elbe Steht die Zeit seit langem still, Und die Dummheit bleibt dieselbe, Weil der liebe Gott eS will. Trostlos leuchtet über Blinden Seine Sonne fort und fort. Lustig flattert in den Winden Ein zerfetztes Königswort. (E. Steiger im.SimPlicissimuS'.) Notizen. — Musikchronik. Dienstagabend 8'/, Uhr findet in der Berliner Bockbrauerei das VII. VölkS-Sinfonie- Konzert des Blüthner-OrchesterS statt. AIS Solist wirkt der Flötist Richard Möbus mit. Das Programm enthält: Ouvertüre zur Oper .Die weiße Dame' von Boieldieu , Militärfinfonie Nr. 11 von Haydn , AK von Bach, Fantasie aus»Hansel und Gretel' von Humperdinck und den Walzer»Du und Du' von Joh. Strauß . Eintritt 30 Pf.— Weitere Konzerte finden am Mittwoch in der Brauerei Königstadt, und am Freitag im Moabiter GesellschastshauS, Wiclefstr. 24, statt. — Festlonjunktur in der Kg l. Oper. Die Veran- staltungen des Kgl. Opernhauses ermangeln so ziemlich deS öffent- lichen Interesses. Man weiß ein- für allemal, waS das System Hülsen leistet sund mißtraut daher auch jedem Neubau eines Kgl. Opernhauses, solange diese? System, das ja nicht bloß am Namen Hülsen hängt, weiter besteht). Muß man von der Kgl. Oper not- gedrungen reden, so handelt eS sich sicher nicht um Kunstangelegen- heften. Eben macht dies vorbildliche Institut von sich reden, da eS für die sogenannten Festaufführungen, die keine sind, doppelte Preise fordert. Neugierige sind gewarnt. — Petersburg als Zweimtlltonenstadt. Nach dem Bericht über das Jahr 1312, den die stattstische Abteilung des Petersburger Stadtamtes soeben veröffentlicht, hat die Einwohner- zahl der russischen Hauptstadt die zweite Million bereits überschritten. Die genaue Ziffer ist 2 l)18 536. Die durchschnittliche Vermehrung der Bevölkerung beträgt alljährlich 43(XX) Köpfe. � Diesem Aufschwung stehen jedoch andere bedenkliche Momente gegenüber. Der Sterblich- keitsprozentsatz hat zugenommen. Im Jahre 1311 betrug er 21,1 von IlXX). — Die Zukunft des K o m ö d i en h au ses. Die Direktoren Meinhard und Bernauer, die bereits das Berliner Theater und das Theater in der Königgrätzer Straße«geschäfts- tüchtig' ausschlachten, haben auf eine Reihe von Jahren nun auch das Komödienhaus übernommen(vom 1ö. September an). Da verfiel man auf den grandiosen Einfall— technische Schwierigkeiten vorzuschieben. Im kontinuierlichen Betrieb lasse sich keine unter 12 Stunden hinabgehende Arbeitszeit einfiihren. Das in der Praxis schon längst bekannte Problem der dreifachen Schicht entzog solcher Schlußfolgerung die Grundlage. Tann sollte Arbeitermangel das Hindernis für die Einführung der Achtstunden- schicht sein. Es sei nicht möglich, die auf zirka 133 333 Mann zu beziffernden Arbeitskräfte zu beschaffen. Deshalb müsse es bei der Zwölfstundenschicht bleiben. Mit solcher Dummpfiffigkeit ist schon gar kein Durchkommen. Die Rechnung ist ökonomisch und mathe- inatisch falsch. Zwar sind in der Großeisenindustrie zirka 333 333 Menschen beschäftigt, ein großer Teil davon aber überhaupt gar nicht in den in Betracht kommenden Hüttenbetrieben. Auf sie ent- fällt noch nicht der dritte Teil. Oekonomisch ist die Rechnung falsch, weil sie von der alten Produktionstechnik ausgeht, bei der tausende Verrichtungen, die jetzt automatisch sich vollziehen, von Hand- arbeitern zu leisten waren. Tie„Rh.-Westf. Ztg." kam kürzlich auf den schlauen Gedanken, die Forderung besseren Hüttenarbeiter- schutzes durch Hinweis auf die Bequemlichkeit der Arbeit abzu- lehnen. lind sie findet, daß die Zahl der Feuerarbeiter immer mehr schwindet, die schweren Verrichtungen in wachsendem Maße von der Maschine übernommen werden. Bald hatte das Blatt das Vergnügen, auf Grund einer von der Südwestdeutfchen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller herausgegebe- nen Denkschrift den Beweis zu erbringen, daß die fortschreitende Technik den Arbeiter immer mehr aus den Feuerbetrieben ver- dränge. Der Verfasser— Dr. Alexander Tille — zeigenden Weg, den die EntWickelung gegangen, nämlich den, an die Stelle der Menschenarbeit den Automaten zu setzen. Man müsse sich ein großes modernes Hüttenwerk vor Augen halten, um die verblüffend weitgetriebene Ausschaltung der menschlichen Handkraft zugunsten der Maschine zu erkennen.... „Für den Unternehmer sind technisch-vollkommene Einrich- tungen wirtschaftlicher als altmodische und beschwerliche, und gefährliche Arbeiten teurer als leichte und ungefährliche, und er vermeidet sie und verringert sie aus eigenem Antriebe, wo er kann. Diese Verbesserungen beginnen bereits mit der Ueber- dachung der Betriebsstätten. Auf einem Werk an der Saar sind im Hochofenbetrieb nur noch 2Z� Prozent aller Arbeiter nicht unter Dach beschäftigt. Fast überall sind an die Stelle großer Menschenmengen, die der Glut oder der Gefahr besonders aus- gesetzt waren, wenige Kräfte getreten. Zum Aufladen des Roh- eisens waren an einer Hütte früher 24 Mann mit schweren Ar- beiten beschäftigt, heute 6 Mann bei leichter Arbeit. Das Ent- leeren der Klärteiche der Hütte, bei dem die Arbeiter in Schlamm und Wasser treten müyen, erfolgt heute automatisch. Beim Transport der Rohmaterialien sind 63 Prozent Arbeiter weniger notwendig geworden. Das Entleeren des Materials in die Gicht- schüssel des Hochofens erfordert nur die Hälfte der Arbeiter. Durch die Einrichtung des doppelten Gichtverschlusses sind die Arbeiter den gefährlichen Gasen nicht mehr ausgesetzt. Die Gaskanalreinigung ist auf den sechsten Tteil der Zeit herabgemindert, das Abstechen des Eisens am Ofen ist nur noch 4 bis Smal gegen früher 13 bis 12mal in der Schicht nötig. Das Stopfen des Gichtloches erfolgt maschinell. Kurzum, die Zahl der Feuerarbeiter im Hochofenbetrieb hat sich für die gleiche Er- zeugung berechnet, um 33 bis 43 Prozent vermindert. Dabei sind diese verminderten Feuerarbeiter nicht mehr entfernt so sehr der Hitze ausgesetzt wie ehedem." Diese Darlegungen bezwecken den Nachweis, daß die Leichtig- keit und Bequemlichkeit der Arbeit keinen Anspruch auf Ver- kürzung der Arbeitszeit rechtfertigt. Daß sie den Einwand, die große Zahl der erforderlichen Arbeitskräfte gestatte nicht die Ein- fuhrung der dreigeteilten Schicht, über den Haufen werfen, daran denkt man nun wohl nicht. Der Versuch, die Arbeit als nicht auf- reibend erscheinen zu lassen,, zerschellt aber wieder an der Tatsache des schnellen Verbrauchs der Arbeiter. Haben doch im vergange- nen Jahre die Gewerbeinspektoren festgestellt, daß der Arbeiter- Wechsel in der Eisengroßindustrie darum so groß sei, weil die Leute nach kurzer Zeit einfach auf die Straße gesetzt werden. Trotz der planmäßigen Verjüngung des Arbeiterstammes ist aber die Krankenziffer in den Hüttenwerken um zirka 53 Prozent höher als im Durchschnitt aller Krankenkassen. Also, mit der Bequemlich» keit und gesundheitlichen Ungefährlichkeit der Arbeit, die man vor- täuschen möchte, ist eS auch nichts. Ein Einwand nach dem anderen, den die Unternehmer gegen den geforderten Hütten- arbeiterschutz ins Feld führen lassen, zerschellt an dem granitenen Felsen der entgegenstehenden Tatsachen. Tie Aufsehen erregen- den Feststellungen der Fabrikinspektoren über das Durchschnitts- alter der Stahlwerksarbeiter, das systematische Abstoßen der schnell verbrauchten Arbeitskräfte, das ununterbrochene Heranholen noch junger, unverbrauchter Kräfte, die hohen Krankenziftern, alles Er- scheinungen furchtbaren Raubbaues können in ihrer demonstrativen Bedeutung auch nicht durch eine andere„wissenschaftliche' Arbeit vermindert werden, die ebenfalls von dem genannten Verein schnell bestellt und den„maßgebenden" Stellen zur gefl. Beachtung unter- breitet worden ist. Ter Verfasser, Dr. rer. pol. R. Kind erhielt den Auftrag, nachzuweisen, daß die zwönlfstündigen Arbeits- schichten in Wirklichkeit weit kürzere Arbeitszeiten umschließen. Vielleicht' hat Herr Kind das Prädikat„gut" bekommen. Er „beweist" ziffernmäßig, daß die jetzige zwölfstündige Schicht den Arbeiter durchweg nur 6 bis 3 Stunden in einer Täfigkeit fessele. Die übrige Zeit werde durch Pausen ausgefüllt. In manchen Betrieben stelle sich die effektive Arbeitszeit gar nur auf 4 Stunden 37 Minuten!— Solche Rechenkünste sind einfach gar nicht disku- tabel. Die Arbeit hält jeden in den Hüttenbetrieben Beschäftigten während der ganzen Schicht gefangen. Neben den Hauptarbeiten im eigentlichen Produktionsprozeß ist noch eine Summe von Neben- und Vorrichtungsarbeiten zu leisten, die einfach nicht berücksichtigt werden. Wir nehmen von den Machenschaften des Verein? für Scharftnacherei und gegen Sozialpolitik— genannt„Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller— Notiz, um zu zeigen, mit welchem Eifer und mit welchen Mitteln man einen besseren Hüttenarbeiterschutz zu verhindern sucht. Bei dem Einfluß jener Gesellschaft könnten ihre Treibereien Erfolg haben, wenn nicht auf die Fadenscheinigkeit und völlig hinfälligen, sich meistens wider- sprechenden Argumente hingewiesen würde. Klmftmu der in den Konsnmbnckereitn btschiistigten Arbeiter. Frankfurt a. M.. 31. Mai. Dem VerbandStag der Bäcker, der morgen hier beginnt, ging heute«ine Konferenz der in Genossenschaftsbetrieben beschäftigten Bäcker voraus. Tie Konferenz, die von ungefähr 123 Delegierten beschickt war, hatte die Aufgabe, eine Frage zur Entscheidung zu bringen, die in den letzten Monaten im Fachorgan sehr eifrig de- battiert wurde: Reichs-, Bezirks- oder Ortstarif? Notwendig machte sich die Stellungnahme zu dieser Frage, weil der mit dem Zentralverband deutscher Konsumvereine abgeschlossene ReichZtarif am 31. Juni 1314 abläuft. Einmütigkeit bestand darin, daß der Reichstarif am 1. Juli dieses Jahres gekündigt werden soll. Nur über die Gestaltung deS neuen abzuschließenden Tarifs gingen die Meinungen auseinander. Die Konferenz trat ohne Entgegennahme eines Referats gleich in die Diskussion über die Frage Reichs-. Bezirks- oder Ortstarif? ein. Tabei zeigte es sich sofort, daß die Mehrzahl der Delegierten auf dem Standpunkt steht, daß die Or- ganisation den Reichstarif nicht entbehren kann. Besonders waren es die Vertreter aus den ländlichen Bezirken, die die Borteile deS Reichstarifs gegenüber den Orts- oder Bezirkstarifen hervorhoben. Durch den moralischen Druck des hinter dem Reichstarif stehenden Zentralverbandes deutscher Konsumvereine werde viel mehr erreicht als durch Verhandlungen zwischen Organisationen und örtlichen Vereinen. Das mußten auch die größten Opponenten gegen den Reichstarif, die Vertreter von Rheinland und Westfalen , zugeben. Diese machten mehr grundsätzliche Einwände gegen den Reichstarif. Die zentralen Tarifverhandlungen im Baugewerbe, bei den Malern und auch bei den Holzarbeitern, brachten ihnen die lleberzeugung, daß der Reichstarif doch nicht allzu große Vorteile für die Arbeiter» schaft bringe. Einsfimmigkeit herrschte darüber, daß der bestehende Tarif große Mängel aufweist, die unbedingt ausgemerzt werden müßten.— Ter Inhalt des Tarifvertrages ging fast allen Tele- gierten über dessen Form. Ein Vertreter des Vorstands, Kahl» Hamburg , wies darauf hin, daß die Tarifidee sich seit Abschluß des ersten Reichstarifs gewaltig ausgebreitet habe. Damit hätte sich aber auch die Lage der Arbeiter wesentlich verbessert. Man müsse auch bedenken, wie schwer es überhaupt sei, die kleinen Vereine in ein Organisationsverhältnis zu bringen. Wenn man jetzt Be- zirks- oder Ortstarife abschließe, dann fange man wieder von vorne an. Man solle auch nicht verkennen, daß es eine sehr große Anzahl Konsumvereine gebe, die froh wären, wenn sie von ihrem Tarif wieder los wären. Lediglich dem Zentralverband deutscher Konsum- vereine sei es zu verdanken, daß man diese Vereine im Tarifoer» hältnis habe. Tiefer sei mit allem Nachdruck dahinter, daß die an» geschlossenen Vereine sich nicht außerhalb des Tarifs stellen. Bei der prinzipiellen Abstimmung, welche Art Tarifver» träge abzuschließen seien, entschieden sich die Delegierten einstimmig für den Reichstarif. Der Vorstand unterbreitete nun einen Entwurf für einen neuen Tarif, den Kahl- Hamburg ausführlich begründete. Zu- nächst stellte er fest, daß die Vorlage in vielen Fargen weit über die heute geäußerten Wünsche hinausgehe. Der Vorstand habe be- sonders zwei Fragen in den Vordergrund gestellt: die Erhöhung des Minimallohnes und eine zeitgemäße Regelung der Ortszuschläge, Besonders eine Reform dieser Zuschläge habe der Vorstand als Fundament der neuen Tarifverhandlungen vorgesehen. Verbessc- rungen bringe der neue Entwurf in der Ferienfrage, ferner bezüg- lich der Hilfsarbeiter, Einbeziehung anderer im Beruf beschäftigten Personen, wie Backmeister, Schichtenführer usw. Eines dürfe man bei der Beratung nicht übersehen, daß mit Rücksicht auf die Kon- kurrenzfähigkeit der Genossenschaften die Forderungen nicht zu hoch bemessen werden dürften. An dieses Referat schloß sich eine D e b a t t'e. die die ganze Nachmittagssitzung ausfüllte. Dabei kamen wiederholt Wünsche zum Ausdruck, die zeigten, daß besonders in den kleinen Vereinen bei Tarifabschlüssen großzügige soziale Gesichtspunkte oft vermißt wer» den. Die Redner begründeten eine Reihe Anträge, die über die Vorstandsvorlage hinausgingen. Diese Wünsche bezogen sich be- sonders auf bessere Ausgestaltung der Ferien, größere Berücksichti- gung bei Ortszuschlägen, Verlängerung der Eßpausen bei Schicht- arbeit, Einführung der achtstündigen Arbeitszeit und Zuschläge für Nachtarbeit. Verbandsvorsitzender A l l m a n n- Hamburg warnte die Delegierten, ihre Forderungen über die Vorstandsvorlage hin- auszuspannen, da diese das Ergebnis gegenseitiger Verhandlungen mit dem Transportarbeiterverband seien. Würden weitergehende Anträge angenommen, müßte erneut mit diesem verhandelt werden. Schließlich gelangte der Entwurf des Hauptvorstandes ohne wesentliche Aenderungen zur Annahme. Damit waren die Arbeiten der Konferenz erledigt. 13. Gtneraloersammlnng der Kölker und Konditoren. Frankfurt a. M., 1. Juni. Im hiesigen Gewerkschaftshause wurde heute vormittag die 13. ordentliche Generalversammlung des Zentralverbandes der Bäcker, Konditoren und verwandten Berufsgenossen Deutschlands eröffnet. Die Tagung ist von 113 Delegierten, 4 Vorstandsmit- gliedern, 3 Gauleitern und 2 Vertretern des Verbandsorgans be- sucht. Die Generalkommission vertritt K übe-Berlin . Als Gäste sind Vertreter der Bruderverbände von Schweden , Dänemark , Nor - wegen, Oesterreich und der Schweiz anwesend. Zur Leitung dps Bureaus wurden Verbandsvorsitzender A l l m a n n- Hamburg und Hetzschold- Berlin als Vorsitzende, und W i n k l e r» Dresden und M e tz o l d- Berlin als Schriftführer bestellt. Bei der Festsetzung der Tagesordnung wurden Anträge, die Frage der Verschmelzung sämtlicher Organisationen der Nah- rungsmittelindustrie auf die Tagesordnung zu setzen, mit allen gegen 3 Stimmen abgelehnt. Tas Vorstandsmitglied W e i d l c r< Hamburg hatte vorher für den Vorstand erklärt, da bereits der letzte Verbandstag in Berlin in einer Resolution ausgesprochen habe, daß der Verband prinzipiell und aus Zweckmäßigkeitsgründen für die Errichtung eines Verbandes aller in der Nahrungs- und Genuß- Mittelindustrie beschäftigten Arbeiter sei, wäre eine erneute Stellungnahme überflüssig. Erst wenn von der anderen Seite be- stimmte Vorschläge kommen würden, könne man erneut in eine Be» ratung über diese Frage eintreten. Abgelehnt wurde auch, die Ab- schaffung der Nachtarbeit als besonderen Tagesordnungspunkt zu behandeln. Die vorgesehene Tagesordnung fand Bestätigung. Nach Entgegennahme einer Reihe Begrüßungsansprachen und' der Wahl verschiedener Kommissionen erstattete Verbandsvorsitzen- der A l l m a n n den Geschäftsbericht des Borstandes. Er verwies auf den gedruckten Geschäftsbericht, der die drei letzten Jahre umfaßt. Es wird in demselben konstatiert, daß die verflösse- nen drei Jahre für den Verband in jeder Beziehung außerordentlich erfolgreich waren, sowohl in der Vergrößerung der Mitgliederzahl, als auch in den Erfolgen bei den Lohnkämpfen und auch in der finanziellen Entwickelung der Organisation. Die Zahl der Mitglieder stieg in der Geschäftsperiode um rund 13 333: von 23 353 am Schlüsse des Jahres 1339 auf 33 361 Ende 1312. Den Fortschritt deS Verbandes kann man erst richtig ermessen, wenn man berücksichtigt, daß er vor neun Jahren, Ende 1333, erst 6332 Mitglieder zählte. Der Aufschwung ist also gerade- zu glänzend. Auch die Zahl der weiblichen Mitglieder vergrößert sich ständig. Unter den 33 361 befinden sich 4939 weibliche Mit» glieder; 1939 waren es erst 3361. An erfolgreichen Lohnkämpfen war die Berichtsperiode außerordentlich reich. DieS ist ja nicht verwunderlich, denn die Ge- schaftSperiode stand von Anfang an im Zeichen aufsteigender Wirt» schaftskonjunktur. Solche Zeiten müssen die Verdandsmitglieder ausnutzen, um nachzuholen, was sie leider in früheren Jahren wegen der damals noch schwachen Berufsorganisation versäumt haben. Das gilt in noch höherem Maße für die Arbeiter und Ar- beiterinnen in der Honigkuchen-, Waffel- und Kakes-, sowie in der Schokoladen- und Zuckerwarenindustrie, als für die Arbeiter in den Bäckereien. Ein weiterer Ansporn zu diesen zahlreichen Lohn» kämpfen war die enorme Steigerung der Preise aller LebenSmitte l» die die Kollegen und Kolleginnen geradezu dazu aufpeitschen mußte, nun alles daranzusetzen, einigermaßen den AuS» gleich in ihrer Lebenshaltung dadurch herbeizuführen, daß sie ver- suchten, ihre so schon kummerlichen Löhne durch die Lohnkämpfe etwa? zu verbessern und auskömmlicher zu gestalten. Die meisten und umfangreichsten Lohnkämpfe hatte das Jahr 1311 aufzuweisen. denn in dieses Jahr fallen die großen und erfolgreichen Streiks der Bäcker und Konditoren in Berlin und Hamburg , desgleichen ,der Streik in den Schokoladenfabriken von Dresden und Umgegend. Die Organisation hat sich in der Geschäftsperiode mehr und mehr Anerkennung bei den K l e i n m e i st e r n des Bäcker- und Konditor- gewerbeS. wie be, den Brotfabrikanten und ebenso auch be, den Fabrikanten der Lebkuchen-, KakeS- und Waffel-, Schokoladen- und Zuckerwarenindustrie zu erringen gewußt Obgleich deren Organu. sationen noch auf allen ihren Schartmachertagungen gegen die Forderungen des Backerverbandes und gegen o-n Abschlug von Tarifvertragen Sturm geblasen haben, mehrte sich zusehends dm Zahl der Ärbeitgeberkorporationen und auch die Zahl der einzelnen Arbeitgeber, die es im Kampfe nicht erst auf eine Kraftprobe mit der Organisation ankommen lassen wollten, sondern es vorzogen. sich zu verstandigen und Tarife über die Lohn- und ArbckltSbedin» gungen mit ihr abzuschließen. Insgesamt fanden in der Geschäftsperiode statt: 328 Lohn« bewegungen und Streiks, die sich auf 523 Orte mit 1'2 357 Betrieb«, erstreckten. In diesen Betrieben waren 33 363 Arbeiter und Arbeite- rinnen beschäftigt, von denen 31 897 an den Lohnkampsen dire�j
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