veteMgk Earen. Von den 328 LoHnkämpsen endigten 271 oHne Arbeitsniederlegung, also als friedliche Lohnbewegungen. Diese erstreckten sich auf 262 Orte mit 5776 Betrieben und 20 766 Beschäftigten, von denen an den friedlichen Lohnkämpfen 16 113 Ar- beiter und Arbeiterinnen direkt beteiligt waren. In 57 Fällen kam es zum Angriffstreik, Abwehrstreik oder zur Aussperrung unserer Kollegen und Kolleginnen. Es wurden mit den Unternehmern resp. mit deren Korporationen 23ö Tarife für 17 10g Beteiligte ab- geschlossen, davon 204 Tarife bei den friedlichen Lohnbewegungen und 31 Tarife bei Streiks. Die E r f o l g e der Lohnbewegungen inkl. der Streiks und Aus- sperrungen waren: Für 14 012 Beteiligte wurde eine wöchentliche Arbeitszeitverkürzung von 69 091 Stunden oder für den einzelnen Beteiligten von durchschnittlich 4,93 Stunden errungen. Für 25 606 Beteiligte wurde eine wöchentliche Lohnerhöhung von 43 155 M. oder für den einzelnen Beteiligten von 1,69 M. er- rungen. Lohnaufschlag von Ueberstunden oder über- Haupt erst die Bezahlung der Ueberstunden wurde für 23 258 an om Lohnkämpfen Beteiligte errungen, desgleichen für 7198 Be- teiligte höhere Bezahlung der Sonntagsarbeit. Beseitigung von Kost undLogis beim Arbeitgeber oder nur die Beseitigung der Kost oder die Erringung von Ferien wurden für 17 046 an den Kämpfen Beteiligte erreicht. Das sind Erfolge, die zu weiterem rüstigen Streben für die Vergrößerung der Organisation und die durch solche Stärkung mög- lich werdenden weiteren erfolgreichen Lohnkämpfe anspornen müssen. Nach dem Kassenbericht war es dem Verband möglich, das Vermögen des Verbandes in den drei Jahren nahezu zu verdoppeln. Es betrug am 1. Januar 1910 214 210?N., Ende 1912 aber 410 852 Mark. Die Einnahmen betrugen 1 919 725 M., die Ausgaben 1 723 082 M., der Ueberschutz also 196 642 M.! davon entfallen 28 731 M. auf die Lokalkassen. Die Ausgaben für Unterstützungen sind stark in die Höhe gegangen. Die Arbeitslosenunterstützung pro Mitglied gerechnet ist im Jahre 1911 etwas gefallen, dagegen 1912 wieder in die Höhe gegangen; die Reiseunterstützung war 1910 höher als im Jahre 1912 und fiel 1911 wieder etwas. Die Krankenunter- stützung ist von Jahr zu Jahr gestiegen, im letzten Jahre ganz be- deutend. Insgesamt wurden für diese drei Unterstützungsarten verausgabt 458 145 M. für 426 573 Tage; davon entfallen auf Ar- beitsloscnunterstützung 260 253 M. für 231897 Tage, auf Reise- Unterstützung 19 762 M. für 18 087 Tage und auf Krankenunter- stützung 178 124 M. für 176 594 Tage. Die Zahl der Arbeitslosen- unterstützungstage ist gegen die Periode 1907—1909 um 65 000 Tage gestiegen, die Zahl der Krankentage hat sich mehr als verdoppelt. Das Sterbegeld ist von 1910 auf 1911 um die Hälfte gestiegen, im Jahre 1912 gleich geblieben. Für Streiks im Berufe wurde 1911 viermal mehr verausgabt als in den zwei vorhergehenden Jahren und dem darauf folgenden Jahre; insgesamt 233 008 M. Für Streiks an andere Verbände wurde im letzten Jahre die gleiche Summe aufgewendet als in den beiden früheren Jahren zusammen, nämlich 59 744 M. Allmann ging dann auf die vorliegenden Anträge ein. Die Lohnkämpfe würden in der Zukunft erbitterter und viel lang- wieriger sein als bisher. Dazu sei es notwendig, den Kampffonds zu starken. Leider deute darauf nur ein Antrag hin, der durch vier». Extrawochenbeiträge im Jahre die Kampfmittel vermehren wolle. Dagegen hätten 68 Zahlstellen Anträge gestellt, welche die Unter st ützungen erhöhen wollen, ohne für die nötige Deckung zu sorgen. Damit würde man aber die Organisation zu Lohnkämpfen unfähig gestalten. Die Anträge auf Einrichtung neuer Bezirke und Anstellung neuer Bezirksleiter müßten alle ab- gelehnt werden, denn in keinem der in Betracht gezogenen Gebiete sei die Mitgliederzahl so stark, daß ein angestellter Bezirksleiter sich bezahlt machen würde. Am Schlüsse seiner Ausführungen betonte der Redner, regste Mittätigkeit und Aufklärungsarbeit eines grckßen Teiles der Mitglieder fei eS bisher gewesen, die den Erfolg erfreu- lichen Fortschrittes der Organisation herbeigefiihrt hätte. ES gelte auch in der Zukunft, alles daran zu setzen, weiter die große Mass« der Mitglieder zu eifrigster Mitarbeit anzuspannen. Wo das er- reicht würde, werde man in jeder Weise in der Zukunft noch bessere Fortschritte erzielen können als bisher.(Lebhafter Beifall.) Die Verhandlungen werden sodann auf Montag vertagt. 'Ziigenäbetveguiig. Wie Jugendliche in die bürgerliche Jugendbewegung gepreßt werden. Der Kampf um die Jugend nimmt immer mehr u n g e s e tz- l i ch e Formen an und zeigt, daß den Freunden der bürgerlichen Jugendbewegung jedes Mittel recht ist, um Mitglieder in diese hineinzupressen. In Waldau. KreiS Liegnitz , verkündete der Orts- geistliche während der Kirche von der Kanzel herab, daß am 18. Mai im Dorfe eine Versammlung Jugendlicher stallfinde, zu der alle FortbildungSschüler erscheinen müssen. In Waldau ist eS aber so. wie in den meisten anderen Orten: Es kommen eben nicht mehr alle Ortsbewohner in die Kirche. Infolge- dessen hatten auch vier Fortbildungsschüler keine Kenntnis von der Versammlung und gingen nicht hin. Groß war aber das Erstaunen, als die vier amtliche Strafbefehle folgenden Inhalts er- hielten: Sie haben am 18. d. Mts. bei der V e r s a m m l u n g der Fortbildugsschüler unentschuldigt gefehlt. Die Uebertretung wird bewiesen durch die Anzeige des Schulleiters. Es wird deshalb hiermit gegen Sie auf Grund der ZZ 9 und 10 des Statut« der Fortbildungsschule eine bei der hiesigen Amts- lasse zu erlegende Geldstrafe von 50 Pf., an deren Stelle, wenn sie nicht beizutreiben ist, eine Haft von einem Tage tritt, hierdurch festgesetzt.(Dann folgen die Angaben über Einspruch usw.) Waldau, den 21. Mai 1913. Der Amtsvorsteher (folgt Name). Abgesehen davon, daß in Waldau zwar eine ländliche Fort- bildungSschule besteht, die im Interesse der Agrarier während des Sommers aber keinen Unterricht erteilt, ist es geradezu ein Hohn,.auf Grund des Statuts der Fortbildungsschule" einige Schüler deshalb zu bestrafen, weil sie nicht an einer Verfamm- lung teilgenominen haben, wozu sie überhaupt nicht die geringste Verpflichtung hatten. Der.gesetzeskundige" Amtsvorsteher wird die Strafbefehle wieder zurücknehmen müssen, sonst wird ihm die richterliche Entscheidung, die angerufen worden ist, eines besseren belehren. Auf alle Fälle ist das Borgehen gegen die mit den Strafbefehlen bedachten Fort- bildungSichüftr wieder ein neuer Beweis dafür, mit welchen Mitteln verl'uchl wird, der bürgerlichen Jugendbewegung Mitglieder zuzuführen. Der Zweck heiligt auch hier die Mittel.' Zus Incliiftm und Kandel . Ter Lerliuer Arbeitsmarkt im Monat April. Die Depression auf dem Berliner Arbeitsmarkle hat sich noch verschärft, da zu den daniederliegenden Großindustrien der Metall� und Maschmen-, der Holz- und Baubranche noch die Tamenkonseklion hinzutrat. Der Metallarbeiterverband zählte am Schlüsse des Berichtsmonats ,,rka 4000 Arbeitslose, ebenso groß ist die Zahl der unbeschattigten Holzarbeiter, und die P r i v a tbau tätig ke. t m Groß-Berlin liegt fast ganz brach. In den ArbeitSirachwelsen kamen aus 100 offene Stellen 176 Männer bezlv 136 Frauen gegen 162 bezw. l2> in der Parallelzeit deSVor- jahres. Bei den Frauen fft ein ganz erhebliches Heruntergehen der Kassenmilglieder zu verzeichnen, die sonstigen Daten auS der Mitgliederbewegung der Krankenkasse., und d.e Einnahmen der Lal�deSversicherunqSanstalt Berlin auS Markenbeiträgen geben keinen weiteren Anhalt für die anhaltend ichlechte Konjunktur, die den Berliner Arbeitsmarkt beherrscht. Em preußischer Oberbürgermeister für die kommunale Lebensmittelversorgung. In der Staatswissenschaftlichen Vereinigung zu Königsberg i. Pr. sprach Geh. Regierungsrat Dr. Wilms, der Oberbürgermeister von Posen, über die modernen Probleme der großstädtischen Kommunen. Bei dem Gebiete der Lebensmittelversorgung wies er darauf hin, daß ein Hauptnahrungsmittel, das Brot, ganz besonders dazu geeignet wäre, d a ß s i ch d i e K o m- munen seiner annähmen, falls zwingende Gründe hierfür vorliegen sollten, da sidb die Bearbeitung dieses Artikels, wie kaum ein anderer, zum Großbetrieb eignete. Die Erfahrungen, die man mit dem Seefischverkauf, in Verbindung mit Koch- kursen, gemacht hätte, wären recht ermutigend. Schwieriger sei die Frage der F l e i s ch v e r s o r g u n g. Nur in be- scheidencm Maße sei hier das Ausland herangezogen worden; die Ergebnisse seien im allgemeinen zufriedenstellend gewesen, und man hätte noch bessere Resultate erzielen können, wenn man den Fleischverkauf für längere Zeit hätte durchführen k ö n n en. Es existierten indes Rücksichten auf das Fleischergewerbe. Was werden die liberalen Stadtväter und Magistratsherren sagen, die immer ihre manchesterlichen Theorien ins Treffen führen, wenn sie zur kommunalen Lebensmittelversorgung Stellung nehmen sollen? In Wirklichkeit aber ist es nur die Sorge um den Gevatter Bäcker und Fleischer, die sie davon abhält, das durchzuführen, was dringend im Interesse der Allgemeinheit liegt. Der Milchkrieg in Cham (Kanton Zug ) ist in ein neues inter - essantes Stadium getreten und es hat gerade den Anschein, als ob die Bauernfübrer die Bauern mit Gewalt dem Ruin entgegentreiben wollen. Durch Bemühungen der Regierung des Kantons Zug ist die Basis zu einer Verständigung zwischen dem Verband der zugerisch - aargauischen und luzernischen Milchgenossenschaften und der Nestlä und Angela Swiß Milk Co. in Cham gefunden worden: 1. Die Nestls und Angls Swiß Milk Co. hat ihre frühere Offerte wieder aufgenommen und offeriert einen Jabrespreis von 17,50 Fr. per 100 Kilo franko Cham . Der Vorstand des Verbandes der zugerisch -aargauisch-luzernischen Milchgenossenschaft akzeptiert diesen Preis. 2. Es soll an Cham sämtliche Milch des Verbandes, die noch nicht an Käser definitiv ver- kaust ist, geliefert werden. Unter nichtverkaufter Milch ist die Milch von mindestens 6000 Kühen zu verstehen. 3. Diejenigen Genossen- schaften, die zufolge eingegangener Verträge(Butter- und Schotten- lieserungen usw.) die Milch nicht sofort liefern können, erhalten eine Maximalfrist von drei Monaten zu dieser Lieferung. Der Vorstand hat über diese Vereinbarung eine Abstimmung veranstaltet, die aber negativ ausgefallen ist. Als Resultat wurde der Milchsiederci mitgeteilt, daß höchstens für die Milch von 2500 Kühen garantiert werden könne. Infolgedessen hat die Siedcrci ihre Offerte wieder zurückgezogen und der Kampf geht weiter, heftiger als vorher. Es ist eine Selbsttäuschung der Bauern, wenn sie sich einbilden, den Milchpreis auf der künstlich gesteigerten Höhe halten zu können. Bei der infolge der großen Käseüberproduktio» vorhandenen Milchschwemme ist der Preis auf die Dauer nicht mehr zu halten. Was wird die Folge sein? Die Milchsiederei mit den ihr zu Gebote stehenden Millionen kann warten, und die Bauern verbände werden bald genug noch merken, daß sie doch nachgeben müssen, denn wenn die vielen Tausend Liter Milch, die täglich in die Chamer Milchsiederei geliefert wurden, auch noch dauernd ver buttert und verkäst werden, so ist ein bedeutender Butter- und Käse- abschlag die unausbleibliche Folge, zur Freude der Konsumenten und nicht zum wenigsten der Arbeiterschaft; denn diese leidet unter der fortwährenden Preissteigerung am meisten. Nicht daß man den Bauern ihren Verdienst nicht gönnte; nein, aber die Art und Weise, wie die Milchpreise in den letzten Jahren künstlich in die Höhe getrieben und die Bauern zur einseitigen Milchwirtschast verleitet wurden, rächt sich jetzt. Der Kaliabsatz. In der gestrigen Gesellschaftsversammlung des Kalisyndikats wurde mitgeteilt: Während das Kalisyndikat im ersten Quartal dieses JahreS einen Mehrabsatz von 6 Millionen Mark gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres erzielen konnte, ist der Mehr- absatz in den absatzschwachen Monaten April und Mai je 250 000 M. gewesen, so daß sich also das Plus in den ersten fünf Monaten 1913 auf zirka 6'/, Millionen M. gegen den gleichen Zeitraum des Vor jahreS stellt. Dieser Mehrabsatz, der an sich befriedigend ist, hat nicht genügt, um die Beteiligung der 28 neuen Werke zu decken, welche in den letzten Monaten des Jahres 1912 und ab 1. Januar 1913 dem Kalisyndikat als Gesellschafter beigetreten sind, sowie der- jenigen Werke, welche Zusatzquoten erhalten haben. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß das A u S I a n d an dem Mehrabsatz weniger beteiligt ist als das Inland, und daß be- sonders daS Geschäft in den östlichen Staaten Europas unter den Balkanwirren und der G e l d k r i s i S gelitten hat. Auch der Absatz nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika ließ in den ersten Monaten dieses Jahres infolge ungünstiger Verhältnisse auf dem amerikanischen Düngemittelmarkte zu wünschen übrig. Die„Allgemeine Elektrizitäts-Gcsellschaft" teilt mit, daß entgegen anderslautenden Angaben die Zahl der Beschäftigten keineswegs zurückgegangen sei. Vielmehr seien die starken vorjährigen Rekord- ziffern der A. E.-G. sowohl in Bezug auf die fakturierten Umsätze als auch die vorliegenden Aufträge durch die Ziffern des laufenden Jahres erheblich überschrrtten worden. Währungsreform in Amerika . Senator Tillmann hat einen Brief des Präsidenten Wilson veröffentlicht, in welchem dieser eine sofortige Währungsreform empfiehlt und er- klärt: Wir sind loyaler Weise dem Lande gegenüber verpflichtet, sie durchzuführen, so daß jeder Versuch, eine künstliche Verwirrung zu schaffen, nachdem die Tarisvorlage Gesetz geworden ist. durch ein freies Kreditsystem ausgeschaltet wird, das es jedermann, reich oder arm, ermöglicht, im Geschäftsleben selbst seine Vorsorge zu treffen. Soziales. Ein neuer Knebel für die Laudarbeiter. Unter Bruch der Reichsverfassung wurde im Jahre 1912 bekanntlich vom Preußischen Landtag ein Gesetz beschlossen, mit Hilfe dessen arbeitsscheue Personen durch die Verwaltungs- (Polizei-) Behörden in Arbeitshäusern untergebracht werden sollen. Als unsere Genossen im Landtage auf diesen Ver- fassungsbruch hinwiesen und betonten, daß das Gesetz nur eine Waffe gegen mißliebige Arbeiter sein sollte, war die Regierung und die Junkcrmehrheit sehr entrüstet. Jetzt zeigt sich von Tag zu Tag mehr, daß insbesondere den Landarbeitern mit diesem Gesetz eine neue Rute gebunden worden ist. Ganz kraß tritt der Mißbrauch des Gesetzes im Interesse der Junker in folgendem- Schreiben zutage, das ein Guts- Vorsteher im ostpreußischen Kreise Pr.-Eylau an einen Arbeiter richtete: .Liebhausen, den 22. Oktober 1912. Der Deputant Hermann Krause au? Liebhausen wird hiermit nach Maßgabe des Gesetzes vom 23. Juli 1012(G. S. S. 195) nochnials und zwar zum letztenmal aufgefordert, die Arbeit auf- zunehmen und zwar unter der Verwarnung, daß im Weigerungs- solle nach Absatz II(Verfahren zur Anordnung des Arbeitszwauge«) Abs. 1 und 2 gegen Krause die Unterbringung in einem Arbeits- bause beantragt werden ivird, weil er durch seine Arbeitsscheu das Fortlommen feiner Familie gefährdet. Desgleichen wird gegen den Schorwerker Otto Krause die Unterbringung und Einleitung der Fürsorgeerziehung beantragt werden, da ein längeres Verweilen im Elternhause bei Krause unter den obwaltenden Umständen die Erziehung de« Otto ftrmchd gefährdet. Der Gutsvorstand. (L. S.) gez. Mattern." So wird ein ehrlicher Arbeiter, der es bei irgend einem Agrarier nicht mehr aushalten kann, einfach zu einem Arbeits- scheuen gestempelt. Zur Ausführung dieser Drohung ist es ja schließlich nicht gekommen. Aber die Tatsache, daß solche Drohungen von einer amtlichen Stelle ausgesprochen werden können, spricht Bände und beleuchtet wie ein Blitzlicht die preußischen Zustände. Werden die vorgesetzten Behörden nun gegen diesen Gutsvorsteher einschreiten? Augenunfall durch Glühbirnen. Die minderjährige Arbeiterin Elsa T. hat am 7. oder 8. No� vember 1910 im Betriebe eine Verletzung deS linken Auges erlitten. Der Unfall ereignete sich dadurch, daß der Arbeiterin im Betriebe der Gasglühlichtgesellschaft Auer beim Lampeneinrichten eine Birne zersprang und ihr ein Stückchen Glas in das linke Auge flog. Trotz der Schmerzen, welche die C. sofort empfand, arbeitete sie noch etwa 8 Tage weiter, ehe sie den Augenarzt zu Rate zog. Der von der Verletzten bei der Norddeutschen INctall-Bcrufsgenossenschaft er- hobene Anspruch auf Unfallrente wurde zurückgewiesen, weil nicht erwiesen ist, daß die C. im November 1910 im Betriebe einen Un- fall erlitten hat. Außerdem hängt nach ärztlicher Ansicht die Eni- zündung der Hornhaut des linken Auges mit dem angeblichen Unfall ursächlich nicht zusammen. Inzwischen war auch das unverletzte rechte Auge in der gleichen Weise erkrankt. Die von der Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid erhoben« Berufung wurde vom Schiedsgericht für Arbeiterversicherung für den Stadtkreis Berlin zurückgewiesen. Das Schiedsgericht stützt sich auf ein von dem Prof. Dr. A. eingefordertes Gutachten. Nach diesem Gutachter besteht eine sogenannte parenchymatöse Horn- Hautentzündung, die nur aus luetischer Grundlage entstehen kann. Nach dem Ausfall der ärztlichen Untersuchung kann indessen kein Zweifel bestehen, daß die Verletzte hereditär belastet ist. Gogen diese Entscheidung rekurierte die Klägerin beim Reichsversicherungs« amt. Es wurde betont, daß, wenn die Basis für die Erkrankung der Augen auch bestanden haben mag, dann ist dem Unfall zum mindesten eine verschlimmernde Wirkung beizumessen; um so mehr dürste dies der Fall sein, als das verletzte linke Auge von der Er» krankung an parenchimatöser Hornhautentzündung betroffen wurde. Das Rcichsversicherungsamt forderte ein ärztliches Ob er gut- achten von dem Direktor der Königlichen Universitäts-Augenklinik Professor Dr. Br. ein. Der Obergutachter kommt zu dem Er- gebnis, daß die parenchymatöse Hornhautentzündung auf beide» Augen als Unfallfolge aufzufassen ist. Darauf verurteilte das Reichsversicherungsamt die Berufsgenossenschft zur Entschädigungs» Pflicht. In den Urteilsjjründen des erkennenden Senats heißt es u. a.:„Das Reichsversicherungsamt hat zunächst den von der Klägerin behaupteten Unfall als erwiesen angenommen, denn die Klägerin hat von Anfang an behauptet, daß eines Tages um die Wende des Monats Oktober 1910 bei der Arbeit eine Glühbirne geplatzt sei und daß sie in demselben Augenblick im linken Auge einen Schmerz gefühlt habe. Diese Angaben sind von der Zeugin M. bestätigt worden. Es ist daher durchaus wahrscheinlich, dag ein der vielen umherspritzenden Glassplitterchen das Auge der Klägerin getroffen hat. Wenn nachher weder von der Samariterin nock) von dem erstbehandelnden Augenarzt Dr. T. eine Verletzung des Auges gefunden worden ist, so findet dies, wie auch Prof. Dr. B. annimmt, eine genügende Erklärung dadurch, daß der Splitter nur gegen und nicht in das Auge hineingeflogen ist. Im übrigen hat das Rcichsversicherungsamt gemäß dem dort ihm eingeholten Obergutachten den ursächlichen Zusammenhang des auf beiden Augen der Klägerin bestehenden Leidens mit dem Unfälle bejaht. Das Gutachten wird dadurch bestätigt, daß die- Klägerin von dem Unfälle an Schmerzen auf dem linken Auge gefühlt und daß das Leiden von diesem Auge seinen Ausgang genommen hat." Der Klägerin wurde vom Beginn der 14. Woche bis zumt->i 31. Juli 1912 die Vollrente und vom 1. August 1912 ab eine Rente! von 25 ißroz. zuerkannt._ Unfall in der Wohnung. Ein Bauunternehmer in Barmen hatte mehrere Zimmerer zu! einer größeren Arbeit nach dem entfernten Botropp geschickt. Da noch keine Baubude errichtet war, so muhten die Handwerker ihre Arbeitsgeräte mit in ihr gemietetes Zimmer nehmen. Als nun der 23 Jahre alt« Zimmerer E. einen Kasten auf den Schrank im Zimmer stellen wollte, fiel von diesem unerwartet ein Revolver herab, der sich beim Aufheben entlud und den jungen Mann schwer an beiden Augen verletzte. Für seinen Beruf ist der junge Mann dauernd unfähig geworden. Er verlangte von der Berufsgenossen, schaft Unfallrente. Doch hier hatte er kein Glück, denn die Bau- gewerksberufsgenosienschast erklärte, daß von einem Betriebsunfall keine Rede fein könne, weil die Verletzung bei der Ordnung der eigenwirtfchaftlichcn Angelegenheiten sich ereignet habe und weder örtlich noch zeitlich und ursächlich mit dem Betrieb im Zusammen- hange stand. Dem Schiedsgericht schrieb der Verletzte, daß von einem Betriebsunfall doch die Rede fein müsse, denn er habe keine Vergnügungsreise gemacht, sondern sei von seiner Firma auf Montage geschickt worden. Er sei gezwungen gewesen, das ganze Handwerkszeug in die ihm fremde Wohnung zu nehmen und dort einer Betriebsgefahr zum Opfer gefallen. Das Reichsversicherungs- amt habe immer erklärt, daß die Reisen der Monteure zum Be- triebe gehörten. Und um eine solche Montagereise handele es sich im vorliegenden Fall«. Denn um diese Reise auszuführen, sei jeder Monteur gehalten, neben dem etwaigen Werkzeug auch Kleidungs- stück« usw. mitzunehmen, was eben zu seinem persönlichen Ge- brauch: diene. Derartige ihm selbst gehörige Dinge seien daher in diesem Falle dem Arbeitsgerät durchaus gleichzuachten, und sei auch ein Monteur bei der Unterbringung derartiger Gerätschaften in der Wohnung, die er sich doch notwendigerweise mieten muß, wenn er an einem fremden Orte Arbeiten ausführen will, immer noch im Betriebe. Die eigenwirtschaftliche Tätigkeit in der Woh. nung beginne eigentlich erst dann, wenn er sich wirklich wohnlich eingerichtet habe,. Der Unfall sei aber entstanden bei der Unter- bringung des Arbeitsgerätes in einer ihm ganz fremden Wohnung. Er konnte auch nicht wissen, daß ein geladener Revolver auf dem Schranke lag, und sei somit einer Betriebsgefahr zum Opfer ge» fallen. Das Schiedsgericht gab jedoch der Genossenschaft recht. Ebenso das Rcichsversicherungsamt. In den Gründen heißt eS: Die Reise sei allerdings vom Kläger im Interesse des Betriebes zurückgelegt worden und„der versicherten Betriebstätigkeit zuzurechnen. Die Verrichtung aber, die er am Tage nach der Ankunft in Botropp in der dort gemieteten Wohnung vornahm, sind eigenwirtschaftlicher Natur und können dem Betriebe nicht zugerechnet werden. ZTCan kann auch nicht von dem Gesichtspunkte aus zu Bejahung eines Betriebsunfalles gelangen, daß der Unfall den Kläger nicht be- troffen hätte, wenn er nicht die im Betrtebsinteress« zurückgelegte Reise nach Botropp hätte machen müssen. In diesem weiten Sinn« kann der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Betrieb und dem Unfälle nicht geltend gemacht werden, denn eS ist davon auszugehen, daß das Gewerbeunsallversicherungsgesetz Entschädigungen gewährt für die Folgen von Unfällen, die sich bei dem Betriebe ereignen, d. h. bei einer Tätigkeit, die die Zwecke des Betriebes zu fördern bestimmt sind." Dies treffe aber im vorliegenden Falle nicht zu, denn„hier stand das eigenwirtschaftlich« Interesse deS Klägers selbst dann noch im Vordergrund, wenn, wie schließlich behauptet worden ist, der Revolver beim Herabnchmen von Handwerkszeug vom Schrank gefallen ist".
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