der fortzuschicken, damit nicht noch ein größeres Unheil ent. stehe; aber der Kommissar sagte:„Jetzt habe ich das Kommando; halten Sie das Maul!" Dann flogen die Säbel aus den Scheiden und ohne ein Wort zu sagen, wurde in die Menge eingeschlagen. Den ersten Hieb über den Hinterkopf erhielt der Arbeiter I a n k e, als er mit ausgebreiteten Armen die Menge zurückdrängte und zu beruhigen suchte. Blindwütend wurde auf flüchtende Frauen und Kinder einge- schlagen, am Boden Liegende erhielten noch Säbelhiebe; es knallten die Polizeirevolver. Daß einzelne Personen aus der Menge sich zur Wehr setzten, mag zutreffend sein. Es kann auch möglich sein, daß auf beiden Seiten Schüsse fielen, doch irgendwelche Schuß- Verletzungen wurden nicht festgestellt. Die meisten Verletzten haben Säbelhiebe auf die zur Abwehr erhobene» Hände und den Hinterkopf erhalten. Ein Beweis, daß die Polizei ihr Heldenwerk gegen Fliehende verrichtete! Ein anderer Frauendorfer Arbeiter wurde ebenfalls von der Polizei übel zugerichtet. Wie die Polizei in ihrer blinden Wut vorgegangen ist, mag noch hier ein Vorfall, der sich vor dem Hause Herrenwiesener Straße 4 abgespielt, beleuchten. Tort stachen vier Schutzleute auf einen jungen Menschen ein, der sie flehentlich bat, ihn doch in Ruhe zu lassen und als ein Vorübergehender die Schutzleute aufforderte, von ihrem sinnlosen Tun Abstand zu nehmen, erhielt auch er einige Säbelhiebe über den Kopf und die linke Hand. Den Streikenden wird man die Schuld an dem bedauerlichen Vorfall nicht in die Schuhe schieben können, denn sie haben sich auch am Mittwochabend sehr zurückgehalten, was schon aus der Tatsache hervorgeht, daß unter den vielen Verletzten sich nur e i n Streikender befindet. Hätte die Stettiner Polizei mehr Besonnenheit bekundet, so wäre diese Metzelei unterblieben. Ja, hätte die Polizei von An- fang an es nicht unterlassen, den Streikbrechern mehr auf die Finger zu sehen, wäre sie dagegen eingeschritten, wenn diese Burschen auf harmlose Passanten mit Flaschen und Steinen war- sen und sich mit Messer und Revolver ausstatteten, so wäre sicher- lich Brandenburg nicht zum Mörder geworden und die Bluttat hätte nicht zu dem fürchterlichen Gemetzel geführt. Aber die Stettiner Polizei handelte hier nicht anders, als in Streikfällen die Polizei allerorten zu tun pflegt. Die schamlose Hetze gegen die organisierte Arbeiterschaft hat die Wirkung ge- zeitigt, daß die Behörden in jeder Lohnbewegung ein Verbrechen sehen. Und die widerliche Verherrlichung jener schwachen Cha- raktere in der Arbeiterschaft, die den Bestrebungen ihrer klassenbewußten Kollegenschaft entgegentreten, hat es zuwege gebracht, daß je länger je mehr unter diese Schwächlinge sich Rohlinge mischen, die hier, statt das Eingreifen der Behörden fürchten zu müssen, dielmehr unter deren Schutz ihren wilden Trieben die Zügel schießen lassen können. Für diese Zuspitzung der Verhältnisse tragen unsere Scharf- wacher die Verantwortung! Der Aehrbeitrsg in der Budget- Kommiiiion. Ueber den Umfang und die Art, wie das Einkommen zum Wöhrbeitrag herangezogen werden soll, wurde in der Freitags- sitzung der Kommission lebhaft debattiert. Die Konservativen wollten, daß Einkommen bis SO MO M. mit dem sechsfachen. Ein- kommen von SOOM bis 100 000 M. mit dem achtfachen und Ein- kommen über 100 000 M. mit dem zehnfachen Betrage in Anrech- vuitg gebracht s kapitalisiert< werden.-- Die Volksparteiler dagegen forderten, daß Einkommen von 7500 M. und darüber ohne l�rcksicht auf daS Vermögen mit dem achtfachen Betrage heran- gezogen werden. Wenn das Einkommen zum mindesten 60 Proz. aus der Beschäftigung in freien Berufen, im Gewerbe, Handel oder der Landwirtschaft herrühre, ist der Beitrag der Abgabepflich- iigen um 30 v. H. herabzusetzen.— Die Sozialdemokraten stellten die folgenden Forderungen: „Das Einkommen wird, soweit es aus ruhegehaltsberechtigter. lebenslänglicher Anstellung stammt, mit dem 12!� fachen, im übrigen, wenn es nicht mehr als 10000 M. beträgt, mit seinem sechs- fachen, wenn es mehr als 10 000 M., aber nicht mehr als 50 000 M. beträgt, mit seinein achtfachen, wenn es mehr als 50 000 M., aber nicht mehr als 100 000 M. beträgt, mit seinem zehnfachen, i- wenn ei mehr als 100 000 M., aber nicht mehr als 500 000 M. beträgt, mit seinem 12 �fachen. wenn es mehr als 500 000 M. beträgt, mit seinem 15fachen i Betrage in Ansatz gebracht." Weiter forderten die Sozialdemokraten, daß durch Reichs- g e s e tz das Einkommen festgestellt wird, die Veranlagung also nicht den Bundesstaaten überlassen bleibt. Genosse David wandte sich gegen die volksparteiliche Forderung, den Wehrbeitrag erst von Einkommen von 7500 M. an zu erheben. 90 Proz. aller akademisch gebildeten Beamten würden nach dem volksparteilichen Antrage von dem Beitrag befreit bleiben. Das wäre aber eine schreiende Ungerechtigkeit gegen den geschäftlichen und gewerblichen Mittelstand, der mit dem Vermögen, das im Betriebe steckt, herangezogen wird. Die Beamten haben in der Regel ein sicheres Einkommen bis zu ihrem Ableben, und bei ihrer so oft betonten nationalen Gesinnung werden sie doch gern zahlen. Besonders wichtig und notwendig ist, durch ein Reichsgesetz das Einkommen festzu- stellen und demgemäß abgabepflichtig zu machen. Die sozialdemo- kratischen Forderungen, wie auch die von David gegebene Begrün- dung wurden von allen bürgerlichen Parteien angegriffen. Der Hinweis des Genossen David, daß die Zahlung eines Wehrbeitrags sich wiederholen werde, animierte den Grafen Westarp zu der Erklärung, daß von einer Wiederholung keine Rede sein könne. DaS Zentrum fei damit einverstanden, daß Einkommen von über 200 000 M. mit ihrem zwölffachen Betrage in Anrechnung gebracht werden. Die sozialdemokratischen Anträge, die die Veranlagung durch Reichsgesetze und eine stärkere Heranziehung der großen Vermögen herbeiführen wollen, wurden abgelehnt gegen die Stimmen unserer Genossen, der Bolksparteiler und Elsässer. Ter 8 1 wurde sodann nach den Anträgen Westarp-Erzberger gestaltet.— Vermögen von 10 000 bis 30 000 M. werden nur dann für den Wehrbeitrag herangezogen, wenn der abgabepflichtige Be- srtzer gleichzeitig ein jährliches Einkommen von 5000 M. hat; Vermögen von 30 000 bis 50 000 M. nur dann, wenn der Bescher ein jährliche, Einkommen von 3000 M. hat. Außerdem werden nach den sozialdemokratischen Anträgen die großen Vermögen etwas schärfer herangezogen, als anfänglich in Aussicht genommen war. Nach Z 14 des Entwurfes soll das Vermögen der Ehegatten zur Heranziehung für den Wehrbeitrag zusammengelegt werden. Das Zentrum forderte für Familien mit Vermögen unter 200 OOO Mark eine Ermäßigung des Beitrages um je 10 v. H. für den dritten und jeden weiteren So� der jeiner Dienstpflicht genügt hat. Abg. Behrens forderte für solche Abgabepflichtige, die nicht Soldat waren, eine Erhöhung des Wehrbeitrages um 10 V. H.. ebenso für solche Pflichtige, die 35 Jahre alt sind, ohne eine gesetzlich gültige Ehe eingegangen zu sein.— Die Konservativen forderten, daß dem Haushaltungsvorftande auch das Vermögen der Angehörigen hinzugerechnet wird, aus welchem ihm eine Nutznießung zusteht.— Genosse Wurm verlangte, im Zen- trumsantrag 100 000 statt 200 000 M. zu setzen. Der Antrag Behrens sei unannehmbar. Die Erfüllung der Militärdienstpflicht bei der allgemeinen Wehrpflicht dürfe nicht prämiiert werden. Die Geburtenziffer durch eine Junggesellenfteuer heben zu wollen, sei völlig verfehlt. Wenn Staat und Gesellschaft den sozialdemo- kratischen Bestrebungen folgen würden, die gute soziale Verhältnisse herbeiführen wollen, wäre ein Geburtenüberschuß garantiert.— Sowohl von der Regierung wie auch von bürgerlichen Rednern wurde der Antrag Behrens bekämpft und dann abgelehnt, ebensp der sozialdemokratische Antrag; dagegen fand�der Zentrumsantrag Annahme. Die Kommission beschloß weiter,'den Stand des Ver- mögens und Einkommens am 31. Dezember 1913 als für die Ver- anlagung maßgebend zu bestimmen. Den Grundstücken, die der landwirtschaftlichen Benutzung dienen, soll bei der Veranlagung der 25fachs Betrag zugrunde gelegt werden. Die Sozialdemokraten beantragten, diesen Para- graphen zu streichen, also landwirtschaftliches Vermögen wie an- dexes zu behandeln. Das Zentrum und die Konservativen hatten Anträge gestellt, die die Begünstigung des landwirtschaftlichen Vor- mögens noch erhöhen.— Die Debatte über diese Anträge wird am Sonnabend sortgesetzt werden. * Das Großkapital revoltiert. Die„Kölnische Zeitung " erklärt zu der in der Budgetkom- Mission erfolgten Einigung über die Ausgestaltung des einmaligen Wehrbeitrags: „Daß die Vorschläge der Kommission schließlich Gesetz wer- den, ist uns denn doch zweifelhaft, und wir hoffen, daß die Regierung diese Vorschlage, wenn sie ihr auch von einer großen Mehrheit des Reichstags entgegengebracht werden, im Interesse unserer wirtschaftlichen und politischen Entwickelung von der Hand weisen wird. Der Schatzsekretär hat bei der Erörterung gestern die Erklärung abgegeben, die Regierung werde sich allen- falls mit einer Belastung der großen Vermögen von 1 bis 1% Prozent abfinden. Nichtsdestoweniger hat die Kommission den Höchstsatz auf IM Proz. festgesetzt. Es läßt sich nicht bestreiten, daß eine Abgabe von IM Proz. vom Vermögen in Verbindung mit den gewaltigen Lasten, die unsere gewerblichen Betriebe an Staats steuern, an Kommunallasten, an Beiträgen sozialpolitischer Natur, an mehr oder weniger freiwilligen«Stiftungen usw. zu tragen haben, ganz außerordentlich drückend sein wird und in nicht wenigen Betrieben geradezu krisenhafte Störungen hervorrufen muß. Andererseits ist aber die Be- fürchtung nicht von der Hand zu weisen, daß das Groß- kapital, wenn die schwere Belastung wirklich Gesetz werden sollte, sich dagegen wehren und zu Maßregeln seine Zuflucht nehmen wird, die dem Zwecke der Gesetzgeber, aus diesen großen Vermögen möglichst viel Geld zu ziehen, ein Schnipp- chen schlagen. Das wäre gewiß zu verurteilen; aber die Regierung muß mit dieser naheliegenden Möglichkeit rechnen. Es ist de-halb sehr am Platze, daß sich die Regierung die Frage vorlegt, ob sie gerade im Interesse des Aufkommens des erforderlichen Betrages sich mit der hohen Wgabe, die von der Kom- Mission vorgeschlagen wird, abfinden darf, oder ob sie auf einem »irrigeren Höchstsatz beharren muh." Die Sehnsucht nach den Meitern. Eine Überaus amüsante Debatte hat sich dieser Tage auf der Hauptversammlung der Deutschen Kolonialgesellschaft zu Breslau entsponnen. Die Gesellschaft, eine Organisation von Kolonialinteressenten und Kolonialschwärmern, vermißt in ihren Reihen die Arbeiter, und noch mehr bedauert sie eS, daß sie mit ihrer Agitation und Propaganda nicht an die Kreise des ProletarialS herankommen kann. Auf daS Vergnügen und die Ehre, bei ihren Kongressen mit den Vertreiern der Arbeiterschaft zusammen zu sitzen, würden die Herren Geheimräte, Kommerzienräte und Professoren ja schließlich verzichten, aber sie möchten doch gar zu gern die Arbeiter für die Förderung der Koloniolpolitik gewinnen und ihnen ihre Ab- neigung gegen die kapitalistischen und militaristischen Unternehmungen jenseits der Meere austreiben. ES sind nun zwar in dieser Beziehung schon gewisse Anfänge gemacht worden, und mit begreiflichem Stolz erzählte einer der Redner, daß er jährlich zweimal von einem Vertreter der Ver' einigung der Straßenkehrer in Berlin um einen kolo- malen Vortrag gebeten werde, und ein anderer rühmte, daß in Magdeburg zu den Veranstaltungen der Kolonialgesellschaft jedes- mal 600 bis 600 Arbeiter sogar in schwarzen Gehröcken oder schwarzen Anzügen erschienen. Aber die Magdeburger Gelben und die Blaue Berliner Slraßenfegervereinigung, die vielleicht ein be- sondereZ Interesse an dem kolonialen Schmutz nimmt, genügt den Herren denn doch nicht, und sie haben den dringenden Wunsch, an breitere Schichten heranzukommen. Die Frage ist nur, wie das gemacht werden soll, und so wurde denn recht eifrig über die Mittel und Wege hin und her geredet. Im Prinzip war man sogar zum äußersten entschlossen, denn der ehemalige Kolonialstaatssekretär v. Lindequist stieß auf Zu- stimmung, als er ausrief:.Die Deutsche Kolonialgesellschafi muß in dieser Beziehung— verzeihen Sie daS harte Wort— etwas demokratischer werden!" Es wurde dann wieder des längeren und breiteren bewegliche Klage darüber geführt, daß die Führer der Sozialdemokratie die Arbeiterschaft daran verhinderten, die»belehrenden" Abende der Kolonialgesellschafi zu besuchen, bis ein Braunschweiger Kommerzienrat auf den genialen Vorschlag verfiel, den Gewerkschaften Borträge von Mitgliedern der Kolonial- geselllchaft anzubieten. Wir sind überzeugt, daß diese Anregung bei den Gewerkschaften die denkbar größte Gegenliebe gefunden haben würde; denn was könnte ihnen sympathischer sein, als daß heute eine Leuchte der Kolonialgesellschafi. morgen der General Keim vom Wehrverein und übermorgen ein Wanderredner des Deutschen Flottenvereins feine natürlich durch Lichtbilder verzierte Weisheit.verzapfte". Und schließlich, da der einen.unparteiischen" Organisation recht ist, waS man der anderen zubilligt, wird man eS dann auch mit Freuden begrüßen, wenn sich der Generalleutnant v. Lieber herabläßt, als Referent in freigewerkschaftlichen Versammlungen die Schönheiten de» Programms des Reichsverbandes zur Bekämpfung der Sozial« demokratie zu erläutern. Zu schade, daß der hübsche Gedanke auf der Kolonialversamm- lung gleich wieder im Keime zerstört worden istl Als schon alles von seiner Vortrefflichkeit überzeugt war, erhob sich ein Landrichter aus Köslin und stellte fest, daß die Gewerfchaften sozialdemokratisch seien. Er würde eS als ein großes Unglück ansehen, wenn eine so angesehene Gesellschaft wie die Deutsche Kolonialgesellschafi m i t der Sozialdemokratie paktieren oder sie als gleich. berechtigten Faktor anerkennen würde. Das schlug ein. Mit der Sozialdemokratie paktieren— nein, das war unmöglich. Mahnend erschien vor dem geistigen Auge der Versammelten die Ge- statt des Kasseler Oberbürgermeisters, der sich durch eine Geburts - anzeige in einer sozialdemokratischen Zeitung den gerechten Zorn aller wahren Freunde de-Z Vaterlandes zugezogen hat. Man erkannte, daß man sich durch den Wunsch, die Arbeiterschaft heranzuziehen, habe verleiten lassen, einen sehr be- denklichen Weg zu betreten. Eine kleinlaute Resolution wurde an- genommen, in der es heißt, die Deutsche Kolonialgesellschaft werde in dem Bestreben nicht nachlassen, für den kolonialen Gedanken immer weitere Kreise des deutschen Volkes zu gewinnen. Nicht ein- mal dazu schwang man sich auf, nach dem Vorbild des seligen Nalionalvereins zu Anfang der sechziger Jahre die Arbeiter für die geborenen Ehrenmitglieder zu erklären, und seufzend geben die Ar- beiterfreunde einem anderen Kommerzienräte recht, der schon im Laufe der Debatte resigniert geäußert hatte:.Das Glück, die Arbeiter zu unseren Mitgliedern zu haben, werden wir, glaube ich, nicht erleben."_ poUtifcbe Qcberficbt Zur Stichwahl im 12. Berliner Landtagswahlkreise macht die klerikale„Schlesische Volksztg." einen sehr akzep- tablen Vorschlag. Sie fordert direkte Unterstützung des Ge- nassen Ernst gegen den fortschrittlichen Kandidaten Dr. R u n z e bei der bevorstehenden Stichwahl. Das Zentrumsblatt schreibt: .Diesem Freisinn gebührt eine Lehre; es geht nicht länger an. daß er bei allen Parteien sein Glück versucht und als Hausierer ins Hans kommt. Er hat sich der Sozialdemokratie angeschlossen, ist ihr gehorsamer Diener und Lakai geworden, um Konservative und Zentrum zu schädigen. Nicht die Sozialdemokratie hat ihre Prinzipien verleugnet, sondern der Freisinn. Daber gebührt ihm, wenn es sich um die Stichwahl R u n z e- E r n st handelt, die gebührende Strafe für sein Verhalten. Ganz abgeseben davon, daß Herrn Runze auch nur durch indirefte Hilfe ein Mandat zu verschaffen, den Wählern des Herrn Rechtsanwalt Ulrich recht schwer, ja fast unmöglich fallen möchte. Darum ist es nur recht und billig, daß sich die freisinnige sichere Erwartung, daß Herr Runze schließlich„das Rennen machen wird", nicht erfüllt und der Genosse Ernst ihn im Finish um Kopfeslänge schlägt. Mit der einen der so„aus- sichlSreichen Sticbwahlen" kann es also leicht Essig sein." «schließlich erörtert das Zentrumsblatt noch weiter die Notwendigkeit einer positiven Unterstützung des Genossen Ernst und begründet diese seine Auffassung mit der Schlechtigkeit des Freisinns.— Die Sozialdemokratie wird nichts dagegen haben, wenn die Konservativen diesen Rat des mit ihnen ver- bündeten Zentrums befolgen. Eine freisinnige ZAahllüge. AuZ SchleSwig-Holstein wird uns geschrieben: Bei der Stichwahl im Wahlkreise ElmShorn-Pinneberg. die zwischen unserem Genossen v. Elm und dem freikonservativen Wahl- rechtsfeind Grafen v. Moltke auSzufechten war, sind die fort- chrirtlichen Wahlmänner wie Schafleder ausgerissen, ja 12 von ihnen haben sogar noch für den freikonservativen Wahlrechisseind gestimmt. Slatt nun schämig von der Geschichte möglichst wenig zu reden, machen die fortschrittlichen Blätter ein großes Geschrei und behaupten- die Sozialdemokratie habe den Kreis an die Reaktion ausgeliefert- So schreibt die„Voss. Zeitung": „Im Wahlkreis ElmShorn-Pinneberg haben die Sozialdemo- kraten den Konservativen erfolgreich Hilfe geleistet. Dort wurde der bisherige freikonservative Abg. Graf Moltke in der Stichwahl gegen den Sozialdemokraten v. Elm mir 214 gegen 120 Stimmen wiedergewählt, nachdem im ersten Wahlgang 204 freilonseroative, 117 sozialdemokratische und für den Reichslagsabgeordneten Fegter 113 fortschrittliche Stimmen abgegeben waren. Der fortschrinliche Kandidat war also mit nur vier Stimmen Mehrbeil durch den Sozialdemokraten aus einer für diesen auSsicbtslosen Stichwabl verdrängt worden. Das war nur dadurch möglich geworden, daß die Freikonservativen mir Hilfe der Sozialdemokratie sieben fort- schrittlicke Wahlmannsmandate für ungültig erklärt hatten." Am Abend des 16. Mai wurde festgestellt, daß v. Elm 122, der Forischrittler Fegter 121 Wahlmänner erhalten habe. Am anderen Tage aber behauptete die Leitung der Fortschrittlichen Bolkspartei, Fegter habe 122 Stimmen und v. Elm nur 121, so daß Fegter mit v. Moltke in Stichwahl komme. Nicht nur diese Nachricht wurde dulch die fteisinnige Provinzpresie verbreitet, sondern auch die, daß die Sozialdemokraten gleich im ersten Wahlgange für Fegter stimmen würden. Diese letztere Behauptung war direkt unwahr; die Sozialdemokratie dachte gar nicht daran, im ersten Wahlgange ein- fach zugunsten des Freisinns abzudanken. Während so öffentlich die unwahre Behauptung verbreitet wurde, stellte die Leitung der Fort- schrittlichen Volkspartei im Kreise an die sozialdemokratische Partei- leitung die Zumutung, sie möge gleich im ersten Wahlgange einige ihrer Wahlmänner für Fegter abkommandieren, damit er in die Stich- wähl komme. Damit blitzten die Fortschritller aber ab. Im ersten Wahlgangs erhielten Stimmen: v. Moltke 202, v. Elm 117, Fegter 113. Es mußte also Stichwahl stattfinden zwischen v. Moltke und v. Elm. Nun behauptet die„Voss. Ztg.", die Sozialdemolratie habe darauf hingearbeitet, daß nicht Fegter, sondern v. Elm in die Stichwahl gekommen sei, sie habe dazu die Hand geboten, daß sieben fortschrittliche Wahlmänner für ungültig erklärt wurden. Die Gültigkeit der Wahl dieser sieben Wahlmänner ließ sich einfach nicht verteidigen. Aber auch die Konservativen und die Sozialdemokraten haben sich gefallen lassen müssen, daß ihnen je 4 Wahlmänner gestrichen worden sind. Rechnet man den Fort- schrittlern die 7 und den Sozialdemokraten die 4 gestrichenen Wahl» männer zu, dann hätte immer noch v. Elm eine Stimme Mehrheit gegen Fegter(121 gegen 120) und mußte mit Molike in die Stich- wähl kommen. Es ist also n i cb t S mit der Auslieferung des Kreises Pinne- berg an die WahlrechtSfeinde durch die Sozialdemokratie. Fest steht vielmehr, daß die sreisinnigen Wahlmänner insgeheim den Beschlutz gefaßt haben, bei einer Stichwahl zwischen v. Elm und v. Moltke fitfi der Stimme z u enthalten. Sie haben also den Wahlkreis der Reaktion ausgeliefert. Da« war z» erwarten. Einmal fehlt es den fortschnttlichen Wahlmännern an dem Mut, für den Sdzialdemokraten zu stimmen, dann aber auch wollen sie die Konservariven nicht gar zu sehr erbosen, denn sie brauchen deren Unterstützung gegen die Sozialdemokratie der der ReichsiagSwahl. So liegen die Dinge in Wirklichkeit. Nationalliberaler Jammer. Die„Nationalliberale Correspondenz'. das offizielle Organ der nationalliberalen Partei Deutich- landS. gibt in ihrer Nummer vom 6. Juni an erster stelle einer Zuschrift aus dem Barnimer Landtagswahlkreise Raum, in der längere Ausführungen zu dem Wahlresultat, das in diesem Wahlkreise zu verzeichnen ist. gemacht werden. Der Artikel ist ein herzbewegendes Gejammer darüber, daß die Konservativen dieses Wahlkreises die Nationalliberalen so ganz nichtssagend behandelt haben. Die Angabe der Konservativen in ihrem Wahlaufruf, sie hätten vergeblich ein Zusammen- gehen mit den Liberalen gegen die drohende Sozialdemokratie nachgesucht, wird als unwahr bezeichnet, soweit es die National- liberalen betrifft. Dann wird ausführlich die Entstehung des Wahlkompromisses, das zwischen den Fortschrittlern und den
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