Nr. 145.
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Wieder erneute Schmach!
Heute tritt dieser Landtag zusammen, dessen bloße Existenz eine Provokation des preußischen Volkes ist. Entsprungen aus dem Sieg der Gegenrevolution über das Volt, aus dem Bruch der Verfassung, die mit dem Blute der Stämpfer von 1848 ertauft war, ist seine Rechtsgrundlage eine fortwährende Vergewaltigung des Rechts, ein Triumph der Junkermacht und das Werkzeug ihrer Herrschaft.
Donnerstag, den 12. Juni 1913.
politische Ueberzeugung preis, die in jener Thronrede zum Personen mehrere Revolverschüsse gegen das Automobil ab, feierlichen Ausdruck kam. Sie tapituliert vor der durch die der Großwesir schwer verwundet wurde. Er wurde Macht der Junker und prägt damit aufs neue den ins Kriegsministerium zurückgebracht, wo Boltsmassen ein, daß es sich bei der Wahlrechtsfrage um eine Machtfrage handelt.
er eine halbe Stunde später seinen Geist aufgab. Auch sein Adjutant, der Schiffsfähnrich Ibrahim, ist von einer Kugel getroffen und getötet worden. Der Ministerrat ist im Kriegsministerium zusammengetreten, die Militärbehörden haben die erforderlichen Maßregeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung ergriffen.
Und davon hängt schließlich alles ab: die Massen selbst müssen erkennen, daß es sich bei der preußischen Wahlrechtsfrage um die Entscheidung über die ganze politische Gestaltung der deutschen Politik handelt. Das preußische UnUnter dem Verdacht einer der Mörder des Großwesirs recht ist heute die Grundlage der politischen und sozialen zu sein, ist ein Mann namens Topai Tewfit in einer Verhältnisse im Deutschen Reich. Nur wenn es beseitigt Bedürfnisanstalt des Stadtviertels Yedikpascha verhaftet wird, wird die Bahn frei für allen weiteren Fortschritt. Dies worden. Er trug zwei Revolver und mehrere Patronen bei Der Wahlkampf, den wir hinter uns haben, hat die Er- muß jedem Einzelnen der Entrechteten flar werden und fich. Die Polizei setzt die Untersuchung fort. bitterung und den Zorn nur noch vermehrt, zugleich aber auch aus dieser Erkenntnis der Entschluß reifen, die Wurzel Mahmuds Nachfolger. die Einsicht gefestigt, daß hier das bloße Wählen allein nicht aller politischen Knechtschaft auszureißen trotz aller Wider- Ronftantinopel, 11. Juni. Durch ein Jrade bes Sultans ist genügt. Unter dem Dreiklassenwahlrecht kommen wir nicht stände. Dieser Entschluß muß kommen. Denn immer der Minister des Aeußeren Prinz Said Halim Pascha zum vorwärts, tönnen wir nicht vorwärtskommen, und wendeten wieder stoßen die Volksmassen bei jedem Schritt, den sie interimistischen Großwefir ernannt worden. Der Hattihumajan wir noch so schlaue tattische Manöver an. Doch vorwärts vorwärts tun wollen, auf die Schranke, die die preußischen( Bestellungsurkunde) ist heute nachmittag auf der Pforte verlesen müssen wir und unsere Entschlossenheit ist gerade durch Junker errichtet haben. Wenn die Wahlrechtsfeinde hoffen, worden. Die übrigen Minister bleiben im Amte. Der Ministerdie Geringfügigkeit des Wahlergebnisses noch gestärkt worden. daß sie den Wahlrechtskampf losgeworden sind, weil die Be- rat ist auf der Pforte zu einer Sizung zusammengetreten. Sang- und flanglos wird dieser Landtag eröffnet iverden. wegung eine zeitlang weniger stürmisch war, so irren fie. Es heißt, Wilhelm II. sei durch die Vorbereitungen für die Ihre eigene Tätigkeit zwingt ja zu immer erneuertem An- Viel Geschrei und wenig Wolle. Jubiläumsfestlichkeiten so in Anspruch genommen, daß er für sturm und die Größe ihres Widerstandes zwingt nur zur die Eröffnung nicht die nötige Zeit finde. Uns düntt aber, immer neuen Verschärfung unseres Rampfes. daß der Verzicht auf eine Thronrede den Herren oben auch Der neugewählte Bandtag wird nur ein paar Tage aus anderen Gründen recht gelegen tommt. Denn was sollen beisammen sein, er wird sich konstituieren, Wilhelm II. grafie fagen? Sollen sie von der Wahlreform schweigen, dann tulieren und dann verschwinden. Erst im Spätherbst will er müssen sie fürchten, daß der Schrei der Empörung ihr Jubi- feine Tätigkeit beginnen. Dann wird auch die Regierung läumsgetöse schrill übertönt, daß vor dem Ruf der Entrechteten sich erklären müssen, was sie über die dringendste Aufgabe ihr Hoch und Heil verklänge. Wollen sie aber wiederum von der Gegenwart eigentlich denkt, wann und ob sie eine Wahlder dringendsten Aufgabe der Gegenwart sprechen, dann reform in Angriff nehmen will. Und dann wird auch würden ja die Herren des Landtages verstimmt, dann würde unsere Tätigkeit beginnen und die Wahlrechtsfrage wieder ben Junkern wenig festlich zu Mute, dann käme ein Mißton, ein leichter zwar, aber ein den höchsten Herrschaften umso unangenehmerer, in die Jubiläumsfreude. So schweigen sie und nur das Unrecht schreit.
Der Großwelir erfchoffen!
*
Mit dem Zettelfasten des Zentrums, Herrn Erzberger , begann der zweite Tag der zweiten Lesung des Wehrgefees. Wer an sprudelnder Zungenfertigkeit Gefallen findet, fonnte auf seine Kosten kommen, sonst niemand. Im tische Weise, in der die vielen falschen Töne und chauvinistiUebrigen war Herrn Erzbergers Rede die alte patrioichen Uebertreibungen unangenehm auffielen. Daß er an ostes gestriger Rede gar mancherlei zu tadeln hatte, konnte diesen nur mit Genugtuung erfüllen; daß Herr Erzberger indes die abgebrauchte Schablone anwandte, Ar gumente totzuschlagen, die unser Redner gar nicht gebraucht hatte, stellt der Geschicklichkeit des Zentrumsredners nicht das beste Zeugnis aus. Er mußte sich denn auch von Noske in einer persönlichen Bemerkung eine derbe Abfuhr gefallen laffen. Der eisernen Stirn des Herrn Erzberger wollen wir im übrigen alle Anerkennung zollen; denn es ist wohl felten, daß ein Abgeordneter bei seinen falschen, auf Notizen und Zeitungsberichten beruhenden Behauptungen bleibt, wenn ihm ihre Unrichtigkeit auf Grund des Stenogramms nachgewiesen wird. Daß des 3entrums patriotischer Bewilligungseifer dort aufhört, wo eine ihm nicht genehme Steuer beginnt, fand auch in dieser Rede dankenswerte Bestätigung. Ohne ein paar platte Bemerkungen über die Sozialdemokratie geht es bei Herrn Erzberger nie; daß er aber die Kafernenunruhen in Frankreich mit der dort voll zogenen Trennung von Staat und Kirche in Busammenhang
Das
auf die politische Tagesordnung Deutschlands gestellt sein. Wahlrechtskämpfe dauern lange und erfordern große Kraftanstrengungen und große Opfer. Aber schließlich zeigt die Geschichte, daß all diese Kämpfe unter größeren oder Doch wenn im Landtag von dem Einzigen, wonach das geringeren Erschütterungen, je nach der Vernunft der Herrpreußische Volk leidenschaftlich verlangt, gefchwiegen wird, im schenden, doch stets mit der Erweiterung des Wahlrechts geReichstag ist vom preußischen Wahlrecht gesprochen worden. endet haben. Auch dem Dreiklassenwahlrecht schlägt bald die Der Abg. Noste hat an ein berpfändetes Königs- Stunde. Denn: wir müssen vorwärts! wort, das nicht eingelöst ist, erinnert. Er hat die unerhörte Tatsache angeführt, daß man die Rechtlosigkeit in dem gleichen Momente aufrecht erhält, in dem man dem Volke die schwersten Opfer durch die neue Heeresvorlage auferlegt. Konstantinopel , 11. Juni. Der Großwesir Er hat im Namen der deutschen Sozialdemokratie erklärt, daß, Mahmud Schewket Pascha begab sich in Begleitung wenn die Wahlrechtsvorlage nicht mit der Einlösung des seiner beiden Adjutanten Echroff Bei und Ibrahim Bei nach Königswortes, dann gegen den König gelöst werden wird. der Hohen Pforte, als vor dem Brunnen des Sultans Rayazid brachte, zeigte nur, aus welchen Blüten ein Bielgewandter Was hat die Regierung darauf geantwortet? Der Staats- awei Personen, die sich in einem Automobil verborgen hatten, Sonig zu saugen vermag, wenn er sich seine herrliche Oberfetretär Delbrück hat sich die konservative Argumentation zu feuerten. Schewket Pascha wurde sofort tödlich ge. mehrere Revolverschüsse auf den Großwefir ab- flächlichkeit zu bewahren versteht. eigen gemacht, daß mit der Vorlage jener elenden Spott troffen und verstarb in einigen Augenblicken. Auch sein ler und der Konservative Herr von Putlit polemisterten Die folgenden Redner: der nationalliberale Herr Semgeburt aus Dreck und ohne Feuer, die dem früheren Landtage Flügeladjutant Ibrahim Bei wurde bei dem Attentat ver- vergeblich gegen die guten Gründe des sozialdemokratischen als Wahlreform zugegangen war, das Königsversprechen be- wundet, und desgleichen auch ein Diener des Großwefirs. Redners. Dann fam Herr Müller- Meiningen. reits eingelöst, die dringendste Aufgabe der Gegenwart" also Nach einer der Berliner türkischen Botschaft von dem merkt man sofort, auch wenn man nicht im Saale ist; denn erledigt sei. Die Regierung und den König treffe keine Schuld, ottomanischen Auswärtigen Amt zugegangenen Depesche ver- Herr Müller hat immer große Heiterkeit, genau wie berantwortlich sei der Landtag. Man sieht, das starke schied der Großwefir eine Stunde nach dem Attentat. Der preußische Stönigtum, dessen Kraft und Macht uns unaufhörlich Name des mutmaßlichen Täters ist Topan Kadri. Die Herr Oertel, die sich ja beide gerne gegenseitig anulfen. Auch diesmal war das Herrn Müllers Anfang, was von gepriesen wird, das ein so stolzes Besiktum des preußischen Motive find bisher ganz unbekannt. Herrn Derte I, unter großem Vergnügen des Hauses damit Boltes sein soll, dieses Königtum ist mitsamt seiner Regierung Motive unbekannt! Aber die Tat selbst ber- quittiert wurde, daß er, unter oftentativer Hervorkehrung nach der Auffassung des Staatssekretärs plötzlich zur völligen kündet deutlich die Unsicherheit der inneren Verhältnisse der feiner breiten Rückenfront gegen den freisinnigen Redner den Ohnmacht verurteilt, es trägt für die Lösung der dringendsten Türkei , die auch jetzt nach dem Frieden keinen Moment zur Saal verließ. Gegen unseren Sprecher erlaubte sich Herr Müller die geschmackvolle Bemerkung, er babe eine Rede Aufgabe der Gegenwart keine Verantwortung, es tann nichts Ruhe und Stabilität kommen kann. Mahmud Schewket Müller die geschmackvolle Bemerkung, er habe eine Rede ausrichten, wenn es gegen den Willen der Junker und für Bascha war der angesehenste und energischste Mann der Jung- mit viel Theaterdonner gehalten. Gemach, Herr Müller, das Recht des Voltes wirken soll. Diese Ohnmacht einem türken. Aber weder war es ihm gelungen, dem Kriege eine und Vorsicht mit solchen Vergleichen, denn dann war Thre Landtage gegenüber, der im preußischen Volke nicht den andere Wendung zu geben, noch die Sicherheit im Innern Nede Varieté. Wenn der fortschrittliche Redner es als geringsten Rückhalt hat, dessen Grundlage ungesetzlich ist, aufrechtzuerhalten, troz Ausnahmezustand und militärischer Ehrensache der Parteien bezeichnete, verschiedene mit großer dessen Zusammensetzung nicht zum geringsten Teil durch den St a che für den gewaltsamen Sturz Dittatur. Man darf annehmen, daß das Attentat die Mehrheit angenommene Resolutionen in die Praxis umzudes früheren setzen, oder wenn er von der Möglichkeit kommender KonTerror bedingt ist, den bei den öffentlichen Wahlen behörd- Ministeriums, für die Ermordung des Kriegsministers flitte zwischen Parlament und der Heeresverwaltung sprach, liche Organe zugunsten der Wahlrechtsfeinde ausüben, Nazim Pafcha ist. so mußte er durch die vergnügte Heiterkeit der Sozialdemo diese Dhnmacht des Königtums von so treuen Monarchisten Am 23. Januar hatte Enver Bei durch seine be- fratie belohnt werden. Das war gar nicht anders möglich. zugestanden zu bekommen, ist ja ein recht merkwürdiges waffnete Demonstration das Ministerium zum Rücktritt ge- Du lieber Gott: Die bürgerlichen Parteien( oder auch nur die Bugeständnis. Wozu das Königtum, wenn es so ohn- zwungen und Mahmud wieder in die Macht zurückgeführt. liberalen allein) und Durchsetzung von Forderungen Bon dem Besieger Abdul Hamids erwarteten die Jung- gegen die Militärverwaltung oder gar ernste Konflikte! Ein mächtig ist? Es ist nicht unsere Sache, gegen diese Auffassung des türken die Rettung. Die Friedensverhandlungen wurden ärgerer Widerspruch in fich selbst ist kaum denkbar. Die Staatssekretärs von der Macht und der Stellung der preußi- abgebrochen, der Stampf begann aufs neue, bis schließlich Herrschaften,( sogar die Liberalen allein) hatten in der Verschen Monarchie zu polemisieren. Nur fonstatieren wollen nach dem Fall von Adrianopel , nach bielen unnüßen Opfern gangenheit mehr als einmal Gelegenheit, wichtigen liberalen Mahmud Schewket dort stand, wo seine Vorgänger gestanden Bestrebungen zur Verwirklichung zu verhelfen. Die ihnen wir, daß außer den Wahlrechtsfeinden und den Regierungs - hatten. Jest ist er selbst, der einft der gefeierte Seld der dazu gebotenen parlamentarischen Möglichkeiten haben sic Leuten niemand in Preußen glauben wird, daß mit der Ab- revolutionären Armee war, der Kugel des Mörders zum niemals ernsthaft angewandt und werden fie auch fürderhin lehnung der Wahlreform das feierliche Versprechen der Thron Opfer gefallen. Hart rächt das Geschid an den Jungtürfen( trop sozialdemokratischer Hilfe) nie anwenden, fie werden rede eingelöst ist. Und bestätigen wollen wir dem Herrn Staats- eigene und fremde Schuld. reden, reden, reden. sekretär, daß auch wir den politischen Wert des königlichen VerDann stand der Reichskanzler auf. Alle Welt sprechens, wenn auch vielleicht nicht ganz so gering wie er, so glaubte, daß er etwas zu sagen hätte, und das müßte auch jebenfalls nicht viel höher eingeschätzt haben. Und danken Ronftantinopel, 11. Juni. Das Breffebureau hat ein eigentlich so sein, wenn ein Reichskanzler das Wort ergreift. wollen wir ihm schließlich für die Aufklärungsarbeit, die er amtliches Rommunique veröffentlicht, demzufolge der Groß- Aber er hatte nichts zu sagen. Stein gar nichts, was nicht geleistet hat. Ruft er doch aufs neue den Rechtlosen in als er sich heute morgen in seinem Automobil aur Pforte be- gierungen nicht ebensogut hätte aussprechen können. Doch efir und Kriegsminister Mahmud Schefket Bascha, ein rbeliebiger Geheimrat im Auftrage der Verbündeten RePreußen zu, daß sie sich nur auf ihre eigene Straft ver- geben wollte, auf dem Bajazetplate, an einer Straßenfreu- wir wollen dem Kanzler nicht unrecht tun: etwas sagte er lassen tönnen, daß sie von nirgends anders her Unterstügung zung wegen Erdarbeiten halten lassen mußte. In diesem Augen- dennoch. Er mahnte die bürgerlichen Parteien zur Einigung, zu erwarten haben. Leichten Herzens gibt die Regierung die blic gaben aus dem Publikum heraus einige unbekannte er lud zum Stompromiß ein. Jeder andere Saz seiner Rede
Die amitliche Verlautbarung.