war belanglos. Und der erwähnte verdient um deswillen besonders hervorgehoben zu werden, weil er mit den von verständnisinniger Heiterkeit begleiteten Worten schloß: „Lassen Sie uns„handeln", ineine Herren." Das gewiß nicht vom Reichskanzler so. wie es vorn Hause aufgefaßt wurde, gemeinte Wort„handeln" wird das Zeichen der nächsten Tage sein. Und daß dieses Wort, ganz spontan, die umgekehrte Deutung erfuhr, die der Redner erstrebte, das ist nicht allein der Humor der Sache, sondern das einzige er- kennbare Wahrzeichen Bethmännischer Regierungsweisheit: Lassen Sie uns„handeln". Dieser unfreiwillig komische, aber für die Situation einzig bezeichnende Schluß der kurzen Kanzlerrede stand in auffallendem Gegensatz zu der nervös- pathetischen Drohung, daß alle Konsequenzen einer etwa ablehnenden Haltung der Parteien gezogen werden wiirden. Herr von Bethmann braucht kaum zu fürchten, beim Wort genommen zu werden. Nach der Rede des Kanzlers gingen die Ausführungen des Reichsverbandsgenerals L i c b e r t im Wirrwarr der Unterhaltung des Hauses unter. Er sprach von der Zu- sanimengehörigkeit von Fürst und Staat, die in Preußen auch in den schwersten Zeiten zusammengehalten hätten(offen- bar dachte der gloriose Historiker an den dritten und vierten Friedrich Wilhelm). Hierauf sprach kurz der Welse C o l s- Horn, und den Schluß machte Herr Bassermann, der (sachkundiger als in anderen Dingen, er ist Rittmeister d. R.) über technische Zusainmenhänge der Kavallerieformationen mit dem übrigen Heere redete. Dann aber forderte er mit aller Schärfe, in bekannter Ueberbewilligungsrnethode, die Wiederherstellung der von der Budgetkommission gestrichenen drei Kavallerieregimenter. Herr B a s s e r m a n n verstieg sich in seiner Beweisführung für ihre Notwendigkeit zu der kaum glaublichen Auffassung, daß Kavallerieattacken ä la Vionville auch in zukünftigen Kriegen zu erwarten seien. Was er über den Wert der Reiterei als Aufklärungstruppe sagte, war zu einem kleinen Teil richtig, aber für diesen Zweck haben wir Kavallerie genügend. Im übrigen emp- fehlen wir Herrn Bassermann das Buch des Reiter- generals von Bernhardt über den n ä ch st e n Krieg zum eifrigen Studium: vielleicht begreift er dann den von allen ernsten Sachverständigen gerügten Unfug von geschlossenen Kavallerieattacken. Aber wer weiß, vielleicht auch nicht, und das wäre gar nicht so merkwürdig. Morgen kommt als unser Redner Genosse Ledcbour zu Wort. _ Die Ceiden der Fiiobililierten. Die glorreiche Politik der schwarz-gelben Imperialisten mit ihrer konfusen Unbeständigkeit weist nur einen einzigen ruhenden Pol in der Schwankungen Flucht auf: die monatelangen Leiden der vielen unglücklichen Reservisten und Landwehrleute, die bei Beginn des Balkankrieges mobilisiert und an die Süd- und Ostgrenze der Monarchie transportiert wurden. Die bitteren Klagen dieser armen Opfer einer unfähigen Politik sind als Gegenstück zum Fall Redl charakteristisch für idie Zustände im Heerwesen unseres.brillanten Sekundanten", sie find aber auch eine schwere Anklage gegen den Mlitarismus und die Kriegsheye überhaupt. Unsere österreichischen Genossen haben im Abgeordnetenhause an den Landesverteidigungsminister eine I n t e r- pellation gerichtet, in der folgende Tatsachen angeführt werden: Mangel an Bekleidung und Schuhwerk, ungenügender Kälte- schütz;— ungenügende Bequartierung: Ueberfüllung, höchst gesundheitsgefährliche Notbaracken;— schlechte Menage: hungernde Mannschaft, wucherische Zwischenhändler, keine erhöhte Löhnung;— Mißbrauch der Leute zu Parade-, Salutier- und ähnlichem Drill statt zum Felddienst;— harte Strafen aus geringen Anlässen, rekrutenmätzige Behandlung der Familienväter;— zahlreiche Erkrankungen, Simulationsriecherei, selbst Todesfälle. Zum Beweis berufen sich die Interpellanten auf Briefe von der Grenze, die ihnen täglich zu Dutzenden zugehen. Eine Auswahl fügen sie. natürlich ohne Namen oder sonst nähere Angaben, aber nach sorgfältiger Prüfung der Zuverlässigkeit der Absender, als Material bei. Hören wir einiges daraus: AuS Dalmatien schreibt einer: Ueberfülltes Quartier im Magazinraum, notdürftiges Stroh- lager am Boden und leichte Sommerdecken. Erst nach 14 Tagen, vor einer Inspektion, gab es Strohsäcke. Kein Waschwasser. Kein Abort. Man wusch sich in Regenpfützen. Folge: Krank- heiten. Der Arzt schrieb die Leute kompagniemarode und kennzeichnete sie als Simulanten.— Ein anderer: Transportverpflegung(48 Stunden) auf eigene Rechnung zu Wucherpreisen. 200 Mann meiner Baracke, wie die Heringe. Dienst wie in der Kaserne, obwohl 8a Prozent Verheiratete sind, die nach Hause denken. Einer ist irr- sinnig geworden. Dazu Strafen auf Strafen. Verwendung zu Straßen- arbeiten. Lager zuerst in Zelten, auf nassem Boden, in den eigenen Kleidern(die überhaupt mangels ausreichender Monturen eine große Rolle spielen). Bon den W e i h n a ch t s s p e n d e n aus dem Reiche kamen auf den Mann 60 Heller..Helft uns, sonst sind wir zur Selb st wehr gezwungen, was bald geschehen kann I Bei einigen Kompagnien wurden bereits die scharfen Patronen abverlangt.. Ein Dritter: Vier Wochen ans Stroh in Zelt oder Baracke. Erst nach sechs Wochen Hemd und Unterhose erhalten. Trinkwasser aus einer Regenwasserzisterne, neben der die Leute Ersatz für die fehlende Latrine gesucht hatten. Eine Latrine gab es erst, als Leute krank geworden waren. Auch hier Artilleristen als Straßenarbeiter, wozu sie drei Kasernenjahre und drei Waffenübungen zur Ausbildung bedurften..Strammes Salutieren, Paradegriffe, Knöpfe- und Schuhputzen. Täglich wird eine Stunde zu Salutierübungen ver- wendet." Schlechte Verpflegung im Marodenzimmer, die den Kompagnien überlassen ist; infolgedessen häufig gar keine (in einem Falle zwei Tage lang) oder kalte Verpflegung. Liederlich gebaute K r a n k e n b a r a ck e n, in die der Wind pfeift. Kommt ein starker Sturm, dort nicht selten, so müffe» die Kranken, selbst mitten in der Nacht, fliehen, um nicht von den Brettern erschlagen zu werden..In... mußten vorige Woche die kranken Reservisten um 11 Uhr nachts aus ihren Baracken fliehen. Bei Tage konnten sie ihre Blusen im Meere schwimmen sehen."— Gesuche um Urlaub wegen Sterbefalls in der Familie, Wochen- bettS usw. werden, wie ein Vierter erzähst,.prinzipiell" abgelehnt. Dagegen kam die vor kurzem zugelassene Beurlaubung von S Proz. sehr vermögenden Leuten(ProtektionS- lindern) zugute, während Familienversorger zurückbehalten und zu überflüssigsten Diensten verwandt werden. Einen Monat hatten hier die Leute Quartier in zwei Ziegelöfen. In einem ein offener Kochherd.' Lager: 2 Strohsäcke für 3, auch 1 für 2 Mann. Nachher Unterbringung in einer Klosterschule: 80 in einem mittelgroßen Zimmer. Staub. Ungeziefer wie zuvor. 13 ernste Krankheits- fälle, darunter Gelenkrheumatismus und Lungenentzündung, Schar- lach, Diphtherie. Ein Todesfall: der Mann war zweimal vom Arzt als Schwindler bezeichnet worden und kam ins Spital, als er nicht mehr gehen konnte. Mit leichteren Krankheiten darf man sich gar nicht melden. Trotz staubiger, schweißtreibender Arbeit(Bäckerei) leine Badegelegenheit. „Solche Briefe gibt es Tausende", sagt die Wiener.Arbeiter- Ztg.",.und aus allen vernimntt man die Klagen über das gleiche Leid. Die Oeffentlichkeit weiß noch gar nicht, wie viele Tausende Menschen es sind, die so behandelt werden. Doch des Jammers Ende ist noch gar nicht abzusehen. Das alles aber ist nur Grenz- dienst im Frieden. Nun male man sich erst den Krieg selbst aus mit seiner vielfachen Zahl von Menschen und der grenzenlos ge- steigerten Verwirrung. Und mit dieser Gefahr haben die maßgeben- den Kreise monatelang freventlich gespielt. politische debersicbt. Ter Arbeitsplan des Reichstags. Im Seniorenkonvent des Reichstages wurden am Mittwoch Dispositionen über die durch das Regie- rungsjubiläum beeinflußten Geschäfte in den nächsten Tagen getroffen. Es wird gewünscht, daß die Debatten über die Wehrvorlage bis Sonnabend zu Ende gehen. Darauf sollen Montag und Dienstag sitzungsfrei bleiben. Wird die Debatte über die Wehrvorlage Sonnabend jedoch nicht zu Ende ge- führt, dann wird nur der Montag freigegeben und am Diens- tag die Debatte fortgesetzt werden. Am Sonnabend will der Präsident aus Anlaß des Jubiläums eine Ansprache halten, eine besondere Festsitzung soll jedoch nicht stattfinden. Im Laufe der nächsten Woche soll sodann das Staatsangehörigkeitsgesetz, das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz, Wahlprüfungen und Petitionen auf die Tagesordnung gestellt werden. Graf Posadowsky und sein Doppelgänger. Genosse N o s k e ist das Opfer eines nur zu leicht begreiflichen Irrtums geworden, als er am Dienstag in seiner Rede unter den Gründern der auf den Luftmilitarismus spekulierenden Atlaswerke auch den derzeitigen Reichstagsabgeordneten Grafen Posadowsky aufführte. Graf Posadowsky entrüstete sich höchst komödiantenhaft darüber, daß ihm Noske leichtfertigerweise eine solche Schmach an- getan habe. Das„Berliner Tageblatt" erklärt nun, daß Genosse Noske sich zur Rechtfertigung seiner Behauptung keineswegs auf eine Presse- Nachricht, sondern auf die von den Atlaswerken selb st an die Presse versendeten Prospekte hätte berufen können, die neben dem Abgeordneten von Böhlendorff-Kölpin und dem unvermeidlichen Octavio von Zedlitz auch den Namen des Grafen Posadowsky ausdrücklich aufgewiesen hätten. Wenn es dem ehemaligen Staatssekretär des Innern also daran gelegen hätte, seinen Namen in entsprechende Entfernung von der luft- militaristischen Gründung zu bringen, so sei es doch besser gewesen, schon damals wegen Mißbrauch seines Namens Protest zu erheben. Graf Posadowsky wird sich nun darauf berufen, daß er ja mit dem Atlasgründer gleichen oder doch ähnlichen Namens nicht identisch sei. Denn in der Tat war der Graf Posadowski- Wehner. der in Gemeinschaft mit den Böhlendorff-Kölpin. Octavio vcn Zedlitz, Major a. D. Parseval usw. auf dem Gründerprospekt figurierte, nicht identisch mit dem Reichstagsabgeordneten und ehe- maligen Staatssekretär Grafen Posadowsky-Wehner . Wenn selbst das„Berliner Tageblatt" das heute noch nicht gemerkt hat, um wie viel weniger vermochte das die politisch viel weniger orien- tierte G« schäftsweltzu bemerken, die natürlich in dem Grafen Posadowski-Wehner, der da neben dem Major a. D. Parseval ge- nannt wurde, nicht einen total Unbekannten vermutete, fondern natürlich den ehemaligen Staatssekretär, derzeitigen Reichstags- abgeordneten und Ehrenvorsitzenden der National- flugspende Arthur Adolf Grafen von Posadowsky-Wehner . Argwöhnische Gemüter könnten zu der leicht begreiflichen Ver- mutung gelangen, daß bei der luftmilitaristischen Gründung der Atlaswerke der Name des Grafen Posadowski-Wehner nur deshalb benutzt worden sei, um geflissentlich den Anschein zu erwecken, daß der Reichstagsabgeordnete Graf Posadowsky-Wehner , einer der einflußreich st en Gönner des luftmilitaristischen prozentpatriotischen Unternehmens sei! Und wenn der Reichstagsabgeordnete Graf Posadowsky diesen Trick damals ohne Protest passieren ließ, so verrät es in der Tat ein geradezu bemerkenswertes Komödiantentum, wenn er sich am Dienstag gegen den Irrtum des Abgeordneten Noske in so outrierter Weise zu ver- wahren suchte! Die luftmilitaristische Gründung der AtlaSwerke scheint ober- faul zu sein; aber auch die Haltung des Staatssekretärs a. D. und Reichstagsabgeordneten Graf Posadowsky ist mehr als seit- sa m! Kompromi�vcrhandluugen. Wie das offiziöse Telegrapheitbureau mitteilt, finden zurzeit unverbindliche Besprechungen zwischen leitenden Persönltchkeiten verschiedener Fraktionen statt, die den Zweck verfolgen, eine Verständigung anzubahnen. Uebcr die Richtung, in der sich diese Kompromißverhand- lungcn Mischen dem Zentrum und den National- liberalen bewegen, schreibt die klerikale„Köln . Volksztg.": „Um den nationalliberalen Wünschen entgegenzukommen und auf dem Boden der Forderungen der Nationalliberalen eine Einigung zu erzielen, hat man im Zentrum vorläufig die grund- sätzlichen Bedenken gegen eine Reichsvermögenssteuer zurück- gestellt und die Bereitwilligkeit bekundet, einer Reichsvermögens- steuer zur Deckung der Wehrvorlagen eventuell zuzustimmen. Angesichts der Stellungnahme deS Rerchskanzlers gegen eine Reichsvermögensfteuer mehren sich aber die Stimmen, welche wieder auf die ursprüngliche Regierungsvorlage zurückgreifen und die als Sicherungsgesetz von der Regierung vorgeschlagene VermögenszuwachSfteuer als direk- tes Reichsgesetz zu einer ReichSvermögenSzu- wachs st euer ausarbeiten wollen. Sollte auch dagegen der Reichskanzler wieder ein Unannehmbar aussprechen, dann wäre man so ziemlich am Ende des Lateins angelangt, um so mehr, als in einer Reichsvermögenszuwachssteuer auch der Gedanke der Erb- anfallsteuer in gewissem Maße berücksichtigt ist." Von der Regierang ist dieses Unannehmbar Wohl nicht zu erwarten und das der„Deutsckfen Tageszeitung", die auch die mildeste Form der Erbesbesteuerung perhorresziert. wäre kein Hindernis. Aber daß die Nationalliberalen sich auf einen so kläglichen Rückzug begeben wollen, obwohl sie die patriotische Heuchelei des Zentrums entlarven und eine gründliche Besitz. besteuerung durchsetzen könnten, wäre allerdings recht bezcich- ncnd.__ Ernüchterung. Die anfängliche Opferwilligkeit der besitzenden Klaffen ist in dem gleichen Maße abgeflaut, in dem die Verhandlungen in der Budgetkommission dem Wehrbeitrag feste Gestalt ver- liehen. Die ganze kapitalistische Presse jammert heute bereits darüber, daß der Wehrbeitrag für die höheren Vermögen auf eine direkte Konfiskation hinauslaufe. Am besten faßt die Stimmung, die in kapitalistischen Kreisen herrscht, der halb- offiziöse.Berliner Lokal-Anzeiger" zusammen vr die Sätze: .Die freudige Stimmung, mit der die große Oeffentlichkeit das notwendige Vermögensopfer dem Vaterlande darbringen wollte, hat mehr und mehr einer Ernüchterung Platz gemacht, und nun, da die Beschlüsse der Reichstagskommission sich voll- ständig übersehen lassen, muß man wirklich daran zweifeln, ob ihre Annahme dem Plenum des hohen Hauses und, falls dieses keinen Grund zu Bedenklichkeiien finden sollte, den Verbündeten Regierungen noch mit gutem Gewissen empfohlen werden kann." Der Artikel weist dann darauf hin, wie erfreulich gegenüber den Kommissionsbeschlüssen die Regierungsvorlage war und klingt dann in folgenden Ratschlag aus: .Der Reichstag hat schon des öfteren Regierungsvorschläge, die an sich einfach und leicht durchführbar waren, von unterst zu oberst gekehrt und nachher mit seiner Weisheit elendiglich Schiff- bruch erlitten. Wir erinnern nur an die Fahrkartensteuer, die er hinterdrein gern wieder losgeworden wäre. Er sollte sich diese Ersahrungen zur Warnung dienen lassen und auch bei dem Wehr- beitrag lieber zu den Grundlagen der Regierungsvorschläge zurück- kehren. Das Volk ist in Steuersachen in den letzten Jahren wirk- lich nicht verwöhnt worden. Um so mehr muß dafür Sorge ge« tragen werden, daß bei der Verteilung neuer Lasten nicht nach Willkür oder unbilligen Parteirücksichlen, sondern nach Recht und Gerechtigkeit verfahren wird." Wenn indirekte Steuern vorgeschlagen worden sind, dann ist es dieser Presse niemals eingefallen. Recht und Gerechtig- keit in den Vordergrund zu stellen. Jetzt, wo zum ersten Male die besitzenden Klaffen etwas schärfer zu den Lasten des Reiches herangezogen werden sollen, schreit man von Kon- fiskation des Privateigentums. So sieht der Patriotismus und die Opferwilligkeit der herrschenden Klaffen aus. Treffen- der konnte das nicht mehr gezeichnet werden, als der der Regierung so überaus nahestehende„Berliner Lokal-Anzeiger" es getan hat._ Reichstagsersatzwahl in Waldeck-Pyrmont . Gestern fand für den Reichstagswahlkreis Waldeck-Pyrmont eine Ersatzwahl statt, die notwendig geworden war, weil der Reichs- tag die Wahl des als gewählt erklärten Abgeordneten Vietmeyer (Wirtsch. Vgg.) für ungültig erklärt hatte. Bei der gestrigen Wahl wurden abgegeben für Vietmeyer(Wirtsch. Vgg.) 5848, für Naumann(Vp.) 4837 und für W e d d i g(Soz.) 1017 Stimmen, zersplittert waren 10 Stimmen. Es ist also Stich- wähl zwischen Vietmeyer und Naumann erforderlich. Bei der Wahl im Jahre 1912 wurde der Antisemit Vietmeyer in der Stichwahl mit 8192 gegen 8039 freisinnige Stimmen ge- wählt. In der Hauptwahl hatte der Freisinn 3687, der National- liberale 2037, der Sozialdemokrat 1690 und der Antisemit 4403 Stimmen erhalten. Ein erheblicher Teil der Nationalliberalcn hatte also damals für den Antiseuüten gestimmt. Auch diesmal hatten die Nationalltberalen nicht etwa die Parole für den frei- sinnigen Abgeordneten Naumann ausgegeben, sondern nur ihren Wählern die Abstimmung freigestellt mit dem Resultckt. daß auch bei dieser Wahl ein großer Teil der Nationalliberalen wieder für den reaktionären Vietmeyer eingetreten ist. Es ist aber gute Aus- ficht vorhanden, daß in der Stichwahl Friedrich Naumann init sozialdemokratischer Hilfe gewählt wird. Auch ein Jubiläumsgeschenk. Der Jubiläumsrummel wird, je ngher der Tag kommt, an dem Wilhelm IL die Regierung übernahm, immer toller. Den Vogel damit haben zweifellos schon jetzt die Bunzlauer Patrioten abgeschosien. Nach der Landtagswahl in Bunzlau -Löwenberg, in der die beiden konservativen Kandidaten.einstimmig" gewählt wurden, denn die Freisinnigen und Sozialdemokraten beteiligten sich nicht an der Wahl, weil der Sieg der Reaktionäre absolut sicher war, versammelten sich die konservaliven Wahlmänner von Rang und Würde zu einem gemeinsamen.Liebesmahl". Dabei hielt der Herr Landrat vom Bunzlauer Kreise folgende Rede: .Wiederum ist es den vereinigten Kreisen Bunzlau und Löwenberg gelungen, zwei treue Diener unseres Königs, Männer von echt preußischem Geist, in die Zweite Kammer zu entsenden. Wir glauben, hiermit unserm Allergnädigsten Herrn das beste JubiläumS-Geschenk dargebracht zu haben." Mit Hilie des elenden Dreiklassenwahlrechts hat Wilhelm II. schon vom Beginn seiner Regierungszeit an solche.Männer von echt preußischem Geist" als Geschenke erhalten, ohne daß er ein Jubiläum feierte. Wenn es nichts kostet, dann sind unsere Kon« servativen mit den Geschenken nicht sparsam. Ter gestäupte Prosessor. Wir haben am Sonntag in kurzer Tarstellung auf die Stäupung des Herrn Professor Bernhard durch unseren Ge- Nossen Kampffmeyer verwiesen. Damit sollte aber nicht ge- sagt sein, daß der betriebsame Herr in anderen Kreisen etwa die Anerkennung fände, nach der er strebt. Nur die Scharfmacher jubeln seiner Tendenzschriststellerei zu, und im Preußischen Kultus» Ministerium mag die.wissenschaftliche Methode" des Herrn Pro- fessors auf das ersehnte Verständnis zu rechnen haben. Wie wir der.Sozialen Praxis" entnehmen, nahm in der letzten Sitzung des deutschen Komitees für Internationale Sozialversicherung Herr Dr. Richard Freund. Vor. sitzender der Landesversicherungsanstalt Berlin Veranlassung, zu betonen, daß die Schrift Bernhards„Anspruch auf eine objektive wissenschaftliche Arbeit nicht erheben" könne. Einem wirklichen Kenner der deutschen Sozialversicherung werde es nicht zweifelhaft sein, daß die„unerwünschten Folgen" gegenüber den gewaltigen Vorteilen, welche die deutsche Sozialver- sicherung dem deutschen Volke gebracht habe, gar nicht in Betracht kommen könnten. .Von einer objektiven wissenschaftlichen Arbeit," so sagte Dr. Freund wörtlich weiter,.muß man verlangen. daß sie das gesamte vorhandene Material berücksichtigt. daß sie auch die gegenteiligen Meinungen zum Worte kommen läßt, daß sie insbesondere an Darstellungen von hervorragenden Fachmännern, wie solche von dem Präsidenten des Reichsversicherungsamtes Dr. Kaufmann und von Dr. Zahn gegeben worden sind, nicht achtlos vorbeigeht; andernfalls kann eine solche Arbeit nur als einseitige Ten- denzschrift betrachtet werden, welche keinen Anspruch auf objektiven wissenschaftlichen Wert erheben kann." Das Deutsche Koinitee für Internationale Sozialversicherung— so berichtet Herr Dr. F r e u n d selbst weiter— hat e i n- mutig ausgesprochen, daß es diesen Ausführungen in allen Punkten zustimmt. Eine bittere Lektion, Herr Professor, aber wohlverdient. Jürs Baterland gefallen. Das AmrumerLokalblatt wundert sich, daß die Leiche des bei Hörnum ertrunkenen und in Amrum geborgenen T orpedo-Obermatrosen Gebhard ohne Sang und Klang durch die Insel zum Dampfschiff nach Wittdün gebracht worden ist: .Trotzdem ganz in der Nähe SmrumS von der Marine Ge- fechtsübungen abgehalten wurden, kümmerten sich die Martaebehörden absolut nicht wettet um den Toten, der im Dienst auch für das Vaterland gestorben ist. Sier wäre doch gewiß durch Kommandierung einer Eskorte v»n ameradon Gelegenheit gewesen, der Bevölkerung zu zeip*
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